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BERLIN Freitag 12. August 1932

B 154 49. Jahrgang

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ScMeminaeii! Panelmanöuer! verschobene Besprechungen- minen und oegenminen

Morgen wollle sich das Preußenzentrum mit Nazis und Deutschnationalen über die preußische Regierungsfrage unter- halten. Die Konferenz ist auf Montag verschoben worden. Die Deutschnationalen können morgen nicht. Herr von Papen erwartete heute Hitler . Hitler ist nicht gekommen. Er kommt erst morgen vielleicht! Dieses Wartenlassen, Zeitgewinnenwollen erinnert an die Verhandlungskünste der Generale im chinesischen Bürger- krieg. Gegen die Offenswe des Zentrums hat die Gegenoffen- sive der Deutschnationalen auf der ganzen Linie begonnen. Maulwürfe an der Arbeit!"Parlamentarische Wühlarbeit des Zentrums."Wieder Parteischacher!"Parteistaat oder Autoritätsstaat?" die Ueberschristen genügen. Die Deutschnationalen verteidigen den d e u t s ch n a t i o- nalen Partei st aat, den wir seit dem 1. Juni haben, mit der Behauptung, er wäreein Autoritätsstaat". Sie sitzen im Rohr und schneiden sich Pfeifen. Wieweit sie den großen Bruder mit dem Hakenkreuz an dem Geschäft belei- ligen, wollen sie selbst bestimmen. Demgegenüber beruft sich der große Bruder mit dem Hakenkreuz grotesk genug! auf die Verfassung von Weimar, auf die Spielregeln der parlamentarischen Demo- kratie...-... Und hier ist der Punkt, an dem das Zentrum einhakt. Es macht den Deutschnationalen Konkurrenz. Die Deuts6)nationalen bieten Beteiligung an einer P r ä s i d i a l r e g i e r u n g". Das Zentrum bietet Beteili- gung an einerK o a l i t i o n s regierung". Und nun ist es an den Nationalsozialiften zu überlegen, welcher von beiden Bietern sie mehr über das Ohr hauen will und welchen von beiden sie selber besser über das Ohr hauen können. Präsidialregierung oder Koalitionsregierung, Kabinett der Köpfe oder schwarzbrauner Block das Bestreben der Nationalsozialisten bleibt auf Alleinherrschaft und hundert- prozentigen Faschismus gerichtet. Ihre Angst aber ist. daß sie hineingelegt, in eine Falle gelockt, zerrieben und verbraucht werden könnten. So stehen sie einstweilen wie das bekannte Tier zwischen den Heiibündeln. Die Deutschnationalen hoffen auf Hindenburg . Er soll gegen die Rückkehr zum parlamentarischen System sein Veto einlegen. Wenn eine Reichstagsmehrheit da ist, die wirklich positiv arbeiten will und kann, so wird sie sich gegen seden Reichspräsidenten durchsetzen. Aber ist ein schwarz- brauner Block eine solche Mehrheit? In Preußen ist der Zwang zum Parlamenta- r i s m u s ohne weiteres gegeben, da ein neuer Minister- prä denk nur von einer Mehrheit des Parlaments in sein Amt gebracht werden kann. Schlau, wie es ist, hat das Zen- trum daher in Preußen zu einer Koalitionsbesprechung ein- geladen. Es wird nie soviel gelogen wie vor einer Wahl, wöh- rend eines Krieges und nach einer Jagd" sagte einmal Bismarck . Er könnte heute hinzufügen:Es wird nie soviel geschoben wie während einer Regierunosumbildung." Ganz besonders unter dergrundsätzlich neuen Art der Staatssührung"!___

Scholz sängt an... Vorstoß deck lieichsrundfunkkommissar«! gegen Dr. Flesch. Amtlich wird bekanntgegeben:Der Rundsunktommissar des Reichsinnenministers, Ministerialrat Scholz, hat am heutigen Tage seinen Dienst angetreten: die Amtsraume befinden sich im Haus des Rundfunks. Scholz hat feine Tätigkeit mit einer Unterredung mit dem Intendanten der Berliner Funkftunde, Dr. F l e f ch. eröffnet, die. wie es scheint. Dr. Flesch zugunsten eines ..gesinnungstüchtigen", d h. nationalloziolistifch orientierten Roch- folgers. aus seinem Amt entfernen soll. Scholz würde von seinen schon sehr weitgehenden diktatorischen Befugnissen ollerding? einen noch weitergehenden Gebrauch machen, wenn er über den Kopf einer Länderregierung m diesem Fall Preußen? den Intendanten ihre? Landessenders oblägen wurde Oder Hot er schon die völlige Zustimmung de? Kommissoriu? Dr. Bracht dazu?

Postonkel Hitler .

vonnöten.

Eondergericht in Berlin . Der Etaatsanwalt bereits ernannt. Wegen Ueberlastung des politischen Dezernats der Staatsanwalt- fchas» beim(andgericht I ist Oberstaatsanwalt Sturm mi« der Ve- arbeitung der Sondergerichtssachen beaustragt worden. Das Sondergericht der sämtlichen drei Land- gerichtsbezirke Berlins wird beim Landgericht I einge- richtet. Die Besetzung des Sondergerichts wird wegen der Ferien wahrscheinlich stark wechseln. Willkür gegen die presse. Ist das eineüberparteiliche" Regierung? Am 5. August hatte das12-Uhr-Blatt" eine Meldung aus Zwickau veröffentlicht, daß dort wegen eines unzulässigen Waffen- koufs eine Untersuchung im Gange sei. Unter den Verhafteten be- fänden sichalle Bezirksführer einer politischen Organi- sation". Am ll. August wurde das Blatt amtlich gezwungen, auf der ersten Seite über alle vier Spalten.ffnweg eine Erklärung ab­zudruckenUeberschrift in drei Cicero, Text in Mittel", wonach die Verhasteten Angehörige des Reichsbanners sind. Begründet wurde diese entwürdigende Zwangsmaßnahme mit der Behauptung, daß diebewußt unklare Berichterstattung über die politische Zugehörigkeit der Täter geeignet sei. den wirklicheiz Sach­verhalt zu verdunkeln und die bestehende politische Spannung zu ver- schärfen". Wie sehr muß danach erst jene Art von Berichterstattung ver- schärsend wirken, die Attentäter, wenn sie Kommunisten sind, auch Kommunisten nennt, während sie nationalsozialistische Revolver- und Bombenhelden schonend alspolitisch Andersdenkende" bezeichnet! Die Redaktion des.,l2-Uhr-Blatt" schrieb an die augenblick- lichen Machthaber im preußischen Innenministerium einen Brief. Sie erhielt darauf folgende Antwort: Aus ihrem Schreiben vom 11. August 1332 entnehme ich min zu meiner Befriedigung, daß Ihnen die Partei- und vereinsmaßise Zugehörigkeit der Waffenschieber nicht restlos geklärt erschien,.

Unter diesen Umständen bestätige ich Ihnen gern. daß ich Ihrer Redaktion gegenüber den Vorwurf einer bewußt unklaren Berichterstattung nicht aufrechterhalten will. Im Auftrage: gez. Dr. Schütze. Das preußische Innenministerium charakterisiert damit selbst sein Verhalten als einen reinen Willkürakt. Wenn man dem Blatte nicht einmal den Vorwurf einerbewußt unklaren Bericht- erstaltung" machen kann mit welchem Recht hat man es dann gezwungen, den wichtigsten Teil seines Raumes für eine behördliche Strafauslage herzugeben? Man muß das Vorgehen gegen das12-Uhr-Blatt" nur mit der inilden Duldung vergleichen, deren sich der lügende, hetzendeAn- griff" erfreut, um den Wert der Behauptung zu erkennen, daß der Parteienstaat" abgeschafft ist und wir unter einerü b e r p a r- t e i l i ch e n" Regierung leben! Neue Haussuchungen. Nach dem Reichsbanner das Liebknecht-Haus. In der zwölften Wittagsstunde fuhren vor der Zentrale der Boten Arbeiterhilfe " in der Dorotheenstraße 77 mehrere Bolizeibereitschaslen vor und durchsuchten die Bäume. heute mittag hat die Politische Polizei auch im Liebknecht- Haus am Bülowplah. beim Verlag und der Redaktion derRoten Fahne" eine Haussuchung vornehmen lassen. Auch in diesem Falle wurden, ähnlich wie bei der Aktion in der Dorotheenstraße, größere Aufgebote von Schuhpolizei in mehreren Automobilen nach dem Bülowplah beordert, wo gleichfalls umfang- reiche Abjperrungsmaßnahmen getroffen wurden. lieber das Ergebnis bei den Durchsuchungen wird noch nichts gesagt, da sich die Aktionen noch im Gange befinden. Einige Angestellte des Verlages wurden zwangsgestellt und der Politischen Polizei zugesührt. Vom Kurierdienst der NGOAp. Waffensuche bei Parteiführern. Das Braune Haus in München hat, wie wir erfahren, am 10. August durch Kuriere die Meldung ausgegeben, in den nächsten Tagen werde bei allen Führern der NSDAP. , der SPD. , des Reichsbanners und der KPD. eine Haussuchung nach Waffen statt- finden. Nur der Stahlhelm werde verschont bleiben, Vielleicht erkundigt sich die Polizei bei dieser Gelegenheit auch danach, wo der Revolver geblieben ist, mit dem Adolf Hitler am 10. November 1923 das berühmte Loch in die Decke des Bürger- bräuhauses geschossen hat. Oerblasse" Bürogeneral. Aeltere Erinnerungen zu neuerer Zlreundschast. Die intimen Verhandlungen, die zwischen Ralionalsozialisten und Reichsrcgierung gepflogen werden, erinnern unwillkürlich daran, daß das nationalsozialistische Hauptorgan, derVölkische Beobachte r", vor gar nicht allzu langer Zeit recht hart über Herrn Schleicher geurteilt hat. Im Juni 1930 begann im Völkischen Beobachter" ein systematisches Kesseltreiben gegen die Generalsclique im Reichswehrministerium", als deren Häupter das Triumvirat Schleicher-Stülpnagel-von dem Busche" bezeichnet wurde. Die Angriffe steigerten sich ständig und erreichten j ihren Höhepunkt in Nr. 247 desVölkischen Beobachter" vom 17. Ok- tober 1930. In diesem Artikel hieß e? über General von Schleicher: Wie soldatisch wenigstens der Titel klingt. Ist aber nur ein blasser politisierender Bürogeneral. Eigentlich muß seine Uniform ihm selbst deplaciert vorkommen. Im .Kriege hatte er, obwohl in der OHK., mit Truppenführung gar nichts zu tun. Nach dem Kriege hat er sich nur p o l i- tisch betätigt. Die Politiker jeder Sorte wissen ein Lied davon zu singen. Der E u t würde ihm entschieden besser stehen als der Soldatenrock. Trotzdem will er nicht darauf verzichten: viel- leicht weiß er. wie zweierlei Tuch, besonders mit breiten roten Streifen, auf Frauen wirkt. Seine Erfolge find wie die eines Romanhelden! Einige Fkauen versuchten schon i h r überflüssiges Leben aufzugeben. Sie besonnen sich aber noch rechtzeitig, daß es sich deswegen doch wohl nicht lohnt. General von Schleicher beherrscht vollkommen den Reichs- wehrmivifter(einschließlich Famili e>." Wenn Herr von Schleicher eine übelnehmerische Natur wäre, so würde er jetzt zweifellos den Unterhändlern der NSDAP , diesen