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BERLIN Sonnabend

13. Auguft 1932

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Der Abend

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Nr. 380

B 185 49. Jahrgang

Hitler will alles!

Papen zeigt sehr weitgehendes Entgegenkommen Aber Hitler will selber Kanzler werden

Telunion meldet:

Adolf Hitler hatte heute vormittag die ange­kündigten Besprechungen zunächst mit dem Reichs­wehrminister von Schleicher und anschließend daran mit dem Reichskanzler von Papen. In beiden Besprechungen zeigte er sich nicht geneigt, auf die Vorschläge der Regierung einzugehen. Er be­ansprucht nicht nur für sich die politische Staatsführung, also das Kanzleramt, sondern auch für seine Bewegung die allein ausschlaggebende Stellung im Reichskabinett. Trok weitgehenden Entgegenkommens der Regierung auf diese Wünsche ist es zu einer Einigung bisher nicht gekommen, da Adolf Hitler auf der restlosen Er­füllung aller seiner Wünsche besteht. Es besteht somit nur noch geringe Aussicht, daß es bei dem für die frühen Nachmittagsstunden vorgesehenen Besuch Adolf Hitlers bei dem Herrn Reichspräsiden ten diesem gelingen wird, Adolf Hitler von der Rich­tigkeit und Triftigkeit der Gesichtspunkte zu über. zeugen, die für die Ablehnung seiner weitgehenden Forderungen maßgeblich sind.

Soweit das genannte Büro. Wie weiter verlautet, hat das ,, weitgehende Entgegenkommen" der Reichsregierung darin bestanden, daß der NSDAP . eine ganze Reihe von Bortefeuilles im Reiche und in Preußen angeboten wurde. Im Reiche sollte u. a. das Innenministerium und die Vize­fanzlerschaft Gregor Straßer gegeben werden!

Heute ist der große Tag der Konferenzen. Hitler bei Schleicher , Hitler bei Pa pen. Papen bei Hinden burg, Hitler bei Hindenburg usw.

Zur Entscheidung steht die Frage, ob die gegenwärtige mit den Nazis sympathisierende deutschnationale Parteiregierung bleiben, ob sie durch eine natio nalsozialistische Parteiregierung ersetzt werden, oder ob eine angenehme Mischung von beiden hergestellt wer­den soll.

Alle diese drei Möglichkeiten werden als Präsidia l- regierungen" aufgezogen. Die Präsidialregierung" ist aber auch nur so ein Schlagwort, unter dem jeder etwas an­deres versteht. Die einen verstehen darunter eine auf Initia­tive des Reichspräsidenten ohne Verhandlungen der Parteien untereinander zustande gekommene Regierung, die selbstver­ständlich, wie jede andere auch, des Vertrauens des Reichs tags bedarf und zurücktreten muß, wenn ihr dieses Vertrauen entzogen wird. Die anderen verstehen darunter eine vom Reichspräsidenten ernannte Regierung der sogenannten ,, star­ken Hand", die auf Reichstagsbeschlüsse pfeift und gegen sie regiert. Diese zweite Form der Präsidialregierung" wird man staatsrechtlich einwandfrei als eine Regierung des Staatsstreichs und des Verfassungsbruchs bezeichnen dürfen.

Wie die Dinge heute liegen, ist es schon ein Gewinn, wenn über sie ganz offen geredet wird. Wir sprechen unsere aufrichtigste Ueberzeugung aus, wenn wir sagen, daß Hinden­ burg nicht die Absicht hat, eine Regierung des Staatsstreichs und des Verfassungsbruchs zu etablieren. Aber ebenso sehr sind wir davon überzeugt, daß es Leute gibt, die den Reichs­präsidenten gerne unter harmlos erscheinenden Redensarten Und zu diesem Zmed auf diesen Weg drängen möchten. scheint uns auch die Formel der Präsidialregierung erfunden

zu fein.

teiisch sein. Ein Reichspräsident, der einer Parteiregierung Vollmachten gegen den Reichstag geben wollte, würde seine Pflicht verlegen. Darum kann im Rahmen des deutschen Verfassungsrechts, nicht nur des geschriebenen, sondern noch mehr des geschichtlich gewordenen, ein Brä fidialkabinett Hitler" niemals in Betracht kommen.

Der Reichspräsident mag sich unter Umständen der Not­wendigkeit fügen, dem Führer einer Reichstagsmehrheit das Kanzleramt anzuvertrauen. Er fann aber nicht den Führer einer Minderheit als Satrapen über das Volk setzen. In dem Augenblick, in dem das geschähe, würde im deutschen Staats­leben ein Bruch eintreten, gegen den jener vom 20. Juli nur ein Kinderspiel gewesen wäre.

haben schon oft betont, daß ein Zentrum, das sich mit Hitler verbündet, von uns nichts als schärfsten Kampf zu erwarten hat. Auf einem ganz anderen Blatt aber steht die Frage, ob es eine verfassungsrechtliche Möglichkeit gibt, das Zentrum aus seiner tatsächlichen Schlüsselstellung zu ver­drängen. Diese Möglichkeit ist auf das entschiedenste zu ver neinen. Wer das Zentrum von der positiven Arbeit aus= schließen will, begibt sich damit auf einen Weg, der ent­weder zu abermaligen Wahlen oder aber zum Ver= fassungsbruch führt.

Hitlers Wünsche sind ohne Verfassungs­bruch unerfüllbar. Dem Anschein nach sind sie ja nur deshalb so hoch geschraubt, weil ein ernster Wille zur Ber­Für den Weg, der jetzt tastend beschritten wird, ist es antwortung nicht vorhanden ist. Führen aber die Berhand­fennzeichnend, daß die pom Zentrum angebotenen Verhandlungen zu feinem Erfolg, so ist der Bankerott der lungen auf unbestimmte Zeit verschoben worden sind. Wir Papen Regierung offenkundig.

Klarheit und Wahrheit!

Sozialdemokratischer Antrag zum Kasseler Skandal

Die sozialdemokratische Fraktion hat im Preu-| tionsführers Kube gegen den stellvertretenden Polizeipräsidenten in ßischen Landtag zu der Kasseler Waffendiebstahls. affäre folgenden Urantrag eingebracht:

Endlich hat der große Waffendiebstahl vom 6. Dezem ber 1930 in der Schutzpolizeiunterkunft in der Hohenzollernstraße in Kassel seine Aufklärung gefunden. Es ist festgestellt, daß die Diebe der SA . angehören. Alle Bemühungen, auch der einfluß­Waffendiebstahl dem Reichsbanner anzuhängen, wie auch angesehene reichsten Personen aus dem nationalsozialistischen Lager, diesen Offiziere aus der Schutzpolizei in Kassel durch Verdächtigungen in Berruf und zu Fall zu bringen, sind gescheitert. Weder der ver­dächtigende offene Brief des nationalsozialistischen Abgeordneten Weinrich gegen einzelne Polizeioffiziere und das Reichsbanner, noch die irreführenden Anträge seines Freundes, des na­tionalsozialistischen Rechtsanwalts Freisler in der Kasseler Stadt­verordnetenversammlung, haben verhindern können, daß die Wahr­heit doch siegte und allen Ablenkungs- und Irreführungsmanövern zum Trotz die wirklichen Täter festgestellt worden sind.

Kassel noch mit den strafgesetzlichen Bestimmungen in Einklang zu bringen ist und 3. bei negativem Ausgang dieser Prüfung gegen den Abg. Kube das. Strafverfahren sofort einzuleiten."

Schwer verletzt und- verhaftet! Der Mordschütze läuft frei herum.

Breslau, 13. August.( Eigenbericht.)

Am Donnerstag wurde der sozialdemokratische Arbeiter Schiewed aus klettenberg verhaftet. Bei einem Zusammenstoß zwischen Reichsbanner und Nationalsozialisten am 10. Juli in kanth erhielt Schiewed mehrere Schüsse, darunter Lungenschuß. Nunmehr wird statt des Täters der Schwer­verwundete unter Anklage gestellt.

Ein Schlag gegen die Selbstverwaltung Ein bedenklicher Referentenentwurf".

in dieser Diebstahlsaffäre griffen die Nationalsozia In der großen Bestürzung über die polizeilichen Feststellungen listen zu den verwerflichsten Mitteln. So hat der Die zuständigen Stellen" bestreiten nicht die grundsätzliche Abg. Kube sich die schwersten Eingriffe in die polizeilichen Er- Richtigkeit der im Vorwärts" aufgedeckten Pläne, die auf mittlungen zuschulden kommen lassen: Er hat am 22. Juli abends eine förmliche Aufhebung der Selbstverwaltungs= nach 23.30 Uhr den stellvertretenden Polizeipräsidenten von Kassel, rechte der Gemeinden und Gemeindeverbände hinziehen. Oberregierungsrat Dr. Mergenthaler, telephonisch angerufen und Es wird jedoch versichert, daß es sich lediglich um einen Re­mit der Drohung, bei dem Stellvertreter des Reichskommissars ferentenentwurf" handele, der bereits aus dem Jahre 1930 seine, des stellvertretenden Polizeipräsidenten, Abberufung veran­lassen zu wollen, eine für die Nationalsozialisten und damit auch für die SA. günstige Behandlung der Waffendiebstahlsaffäre her­für die SA. günstige Behandlung der Waffendiebstahlsaffäre her­beizuführen versucht. Er schloß seine Drohung mit den Worten:

,, Richten Sie sich danach!"

Das Vorgehen des Abg. Kube stellt einen so dreisten und unerhörten Eingriff in das polizeiliche Ermitt­lungsverfahren dar, daß unter allen Umständen die Beamten bei der pflichtmäßigen Erfüllung ihrer Aufgaben in Schuh genom­men werden müssen. Damit der Führer der größten Fraktion im Preußischen Landtag, Abg. Kube, in Zukunft weiß, wonach er sich zu richten hat, beantragen wir:" Der Landtag wolle be. schließen, den Reichskommissar zu ersuchen,

bei der Schußpolizei in Kaffel alle äußeren Einflüsse 1. in dem Ermittlungsverfahren in der Waffendiebstahlssache fernzuhalten, um die Polizeibeamten in der Erfüllung ihrer Eine Bräfidialregierung, die ihren Namen verdient, die Aufgaben gegen Gingriffe in das Verfahren und Amisanmaßung also hauptsächlich auf der Autorität des Reichspräsidenten be- durch fremde Personen zu schüßen; 2. durch die Staatsanwaltschaft ruht, muß die Verfassung schüßen und ehrlich unparprüfen zu lassen, ob das Verhalten des nationalsozialistischen Frat.

stammt.

Nach unserer Kenntnis der Dinge sah jedoch dieser Referenten­entwurf wesentlich anders aus, besonders bezüglich der ent­scheidenden Frage der Zusammensetzung und Wahl des sogenannten Staatsausschusses". Im übrigen hat sich selbstverständlich das frühere Staatsministerium mit jenem Entwurf nie befaßt, wäh­rend heute gar nicht bestritten wird, daß der neue Entwurf in seiner ungeheuer verschlechterten Fassung und mit ganz anderer Trag­weite die Zustimmung der neuen Machthaber findet.

Die Täter gestehen...

Teilnehmer an dem Attentat von Reichenbach ein Primaner!

Breslau, 13. August.( Eigenbericht.) Nach dem mißglückten Handgranatenanschlag auf den sozialdemokratischen Redakteur Paeschke in Reichen bach wurde der S. Mann Wagner, ein erst in diesem Jahre wegen politischer Umtriebe von der Schule