Der Abend
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Nr. 380
B 185 49. Jahrgang
Telunion meldet:
Adolf Hitler hatte heute vormittag die angekündigten Besprechungen zunächst mit dem Reichswehrminister von Schleicher und anschließend daran mit dem Reichskanzler von Papen. In beiden Besprechungen zeigte er sich nicht geneigt, auf die Vorschläge der Regierung einzugehen. Er beansprucht nicht nur für sich die politische Staatsführung, also das Kanzleramt, sondern auch für seine Bewegung die allein ausschlaggebende Stellung im Reichskabinett. Trok weitgehenden Entgegenkommens der Regierung auf diese Wünsche ist es zu einer Einigung bisher nicht gekommen, da Adolf Hitler auf der restlosen Erfüllung aller seiner Wünsche besteht. Es besteht somit nur noch geringe Aussicht, daß es bei dem für die frühen Nachmittagsstunden vorgesehenen Besuch Adolf Hitlers bei dem Herrn Reichspräsiden ten diesem gelingen wird, Adolf Hitler von der Richtigkeit und Triftigkeit der Gesichtspunkte zu über. zeugen, die für die Ablehnung seiner weitgehenden Forderungen maßgeblich sind.
Soweit das genannte Büro. Wie weiter verlautet, hat das ,, weitgehende Entgegenkommen" der Reichsregierung darin bestanden, daß der NSDAP . eine ganze Reihe von Bortefeuilles im Reiche und in Preußen angeboten wurde. Im Reiche sollte u. a. das Innenministerium und die Vizefanzlerschaft Gregor Straßer gegeben werden!
Heute ist der große Tag der Konferenzen. Hitler bei Schleicher , Hitler bei Pa pen. Papen bei Hinden burg, Hitler bei Hindenburg usw.
Zur Entscheidung steht die Frage, ob die gegenwärtige mit den Nazis sympathisierende deutschnationale Parteiregierung bleiben, ob sie durch eine natio nalsozialistische Parteiregierung ersetzt werden, oder ob eine angenehme Mischung von beiden hergestellt werden soll.
Alle diese drei Möglichkeiten werden als„ Präsidia l- regierungen" aufgezogen. Die„ Präsidialregierung" ist aber auch nur so ein Schlagwort, unter dem jeder etwas anderes versteht. Die einen verstehen darunter eine auf Initiative des Reichspräsidenten ohne Verhandlungen der Parteien untereinander zustande gekommene Regierung, die selbstverständlich, wie jede andere auch, des Vertrauens des Reichs tags bedarf und zurücktreten muß, wenn ihr dieses Vertrauen entzogen wird. Die anderen verstehen darunter eine vom Reichspräsidenten ernannte Regierung der sogenannten ,, starken Hand", die auf Reichstagsbeschlüsse pfeift und gegen sie regiert. Diese zweite Form der Präsidialregierung" wird man staatsrechtlich einwandfrei als eine Regierung des Staatsstreichs und des Verfassungsbruchs bezeichnen dürfen.
Wie die Dinge heute liegen, ist es schon ein Gewinn, wenn über sie ganz offen geredet wird. Wir sprechen unsere aufrichtigste Ueberzeugung aus, wenn wir sagen, daß Hinden burg nicht die Absicht hat, eine Regierung des Staatsstreichs und des Verfassungsbruchs zu etablieren. Aber ebenso sehr sind wir davon überzeugt, daß es Leute gibt, die den Reichspräsidenten gerne unter harmlos erscheinenden Redensarten Und zu diesem Zmed auf diesen Weg drängen möchten. scheint uns auch die Formel der Präsidialregierung erfunden
zu fein.
teiisch sein. Ein Reichspräsident, der einer Parteiregierung Vollmachten gegen den Reichstag geben wollte, würde seine Pflicht verlegen. Darum kann im Rahmen des deutschen Verfassungsrechts, nicht nur des geschriebenen, sondern noch mehr des geschichtlich gewordenen, ein Brä fidialkabinett Hitler" niemals in Betracht kommen.
Der Reichspräsident mag sich unter Umständen der Notwendigkeit fügen, dem Führer einer Reichstagsmehrheit das Kanzleramt anzuvertrauen. Er fann aber nicht den Führer einer Minderheit als Satrapen über das Volk setzen. In dem Augenblick, in dem das geschähe, würde im deutschen Staatsleben ein Bruch eintreten, gegen den jener vom 20. Juli nur ein Kinderspiel gewesen wäre.
haben schon oft betont, daß ein Zentrum, das sich mit Hitler verbündet, von uns nichts als schärfsten Kampf zu erwarten hat. Auf einem ganz anderen Blatt aber steht die Frage, ob es eine verfassungsrechtliche Möglichkeit gibt, das Zentrum aus seiner tatsächlichen Schlüsselstellung zu verdrängen. Diese Möglichkeit ist auf das entschiedenste zu ver neinen. Wer das Zentrum von der positiven Arbeit aus= schließen will, begibt sich damit auf einen Weg, der entweder zu abermaligen Wahlen oder aber zum Ver= fassungsbruch führt.
Hitlers Wünsche sind ohne Verfassungsbruch unerfüllbar. Dem Anschein nach sind sie ja nur deshalb so hoch geschraubt, weil ein ernster Wille zur BerFür den Weg, der jetzt tastend beschritten wird, ist es antwortung nicht vorhanden ist. Führen aber die Berhandfennzeichnend, daß die pom Zentrum angebotenen Verhandlungen zu feinem Erfolg, so ist der Bankerott der lungen auf unbestimmte Zeit verschoben worden sind. Wir Papen Regierung offenkundig.
Klarheit und Wahrheit!
Sozialdemokratischer Antrag zum Kasseler Skandal
Die sozialdemokratische Fraktion hat im Preu-| tionsführers Kube gegen den stellvertretenden Polizeipräsidenten in ßischen Landtag zu der Kasseler Waffendiebstahls. affäre folgenden Urantrag eingebracht:
Endlich hat der große Waffendiebstahl vom 6. Dezem ber 1930 in der Schutzpolizeiunterkunft in der Hohenzollernstraße in Kassel seine Aufklärung gefunden. Es ist festgestellt, daß die Diebe der SA . angehören. Alle Bemühungen, auch der einflußWaffendiebstahl dem Reichsbanner anzuhängen, wie auch angesehene reichsten Personen aus dem nationalsozialistischen Lager, diesen Offiziere aus der Schutzpolizei in Kassel durch Verdächtigungen in Berruf und zu Fall zu bringen, sind gescheitert. Weder der verdächtigende offene Brief des nationalsozialistischen Abgeordneten Weinrich gegen einzelne Polizeioffiziere und das Reichsbanner, noch die irreführenden Anträge seines Freundes, des nationalsozialistischen Rechtsanwalts Freisler in der Kasseler Stadtverordnetenversammlung, haben verhindern können, daß die Wahrheit doch siegte und allen Ablenkungs- und Irreführungsmanövern zum Trotz die wirklichen Täter festgestellt worden sind.
Kassel noch mit den strafgesetzlichen Bestimmungen in Einklang zu bringen ist und 3. bei negativem Ausgang dieser Prüfung gegen den Abg. Kube das. Strafverfahren sofort einzuleiten."
Schwer verletzt und- verhaftet! Der Mordschütze läuft frei herum.
Breslau, 13. August.( Eigenbericht.)
Am Donnerstag wurde der sozialdemokratische Arbeiter Schiewed aus klettenberg verhaftet. Bei einem Zusammenstoß zwischen Reichsbanner und Nationalsozialisten am 10. Juli in kanth erhielt Schiewed mehrere Schüsse, darunter Lungenschuß. Nunmehr wird statt des Täters der Schwerverwundete unter Anklage gestellt.
Ein Schlag gegen die Selbstverwaltung Ein bedenklicher Referentenentwurf".
in dieser Diebstahlsaffäre griffen die Nationalsozia In der großen Bestürzung über die polizeilichen Feststellungen listen zu den verwerflichsten Mitteln. So hat der Die zuständigen Stellen" bestreiten nicht die grundsätzliche Abg. Kube sich die schwersten Eingriffe in die polizeilichen Er- Richtigkeit der im Vorwärts" aufgedeckten Pläne, die auf mittlungen zuschulden kommen lassen: Er hat am 22. Juli abends eine förmliche Aufhebung der Selbstverwaltungs= nach 23.30 Uhr den stellvertretenden Polizeipräsidenten von Kassel, rechte der Gemeinden und Gemeindeverbände hinziehen. Oberregierungsrat Dr. Mergenthaler, telephonisch angerufen und Es wird jedoch versichert, daß es sich lediglich um einen Remit der Drohung, bei dem Stellvertreter des Reichskommissars ferentenentwurf" handele, der bereits aus dem Jahre 1930 seine, des stellvertretenden Polizeipräsidenten, Abberufung veranlassen zu wollen, eine für die Nationalsozialisten und damit auch für die SA. günstige Behandlung der Waffendiebstahlsaffäre herfür die SA. günstige Behandlung der Waffendiebstahlsaffäre herbeizuführen versucht. Er schloß seine Drohung mit den Worten:
,, Richten Sie sich danach!"
Das Vorgehen des Abg. Kube stellt einen so dreisten und unerhörten Eingriff in das polizeiliche Ermittlungsverfahren dar, daß unter allen Umständen die Beamten bei der pflichtmäßigen Erfüllung ihrer Aufgaben in Schuh genommen werden müssen. Damit der Führer der größten Fraktion im Preußischen Landtag, Abg. Kube, in Zukunft weiß, wonach er sich zu richten hat, beantragen wir:" Der Landtag wolle be. schließen, den Reichskommissar zu ersuchen,
bei der Schußpolizei in Kaffel alle äußeren Einflüsse 1. in dem Ermittlungsverfahren in der Waffendiebstahlssache fernzuhalten, um die Polizeibeamten in der Erfüllung ihrer Eine Bräfidialregierung, die ihren Namen verdient, die Aufgaben gegen Gingriffe in das Verfahren und Amisanmaßung also hauptsächlich auf der Autorität des Reichspräsidenten be- durch fremde Personen zu schüßen; 2. durch die Staatsanwaltschaft ruht, muß die Verfassung schüßen und ehrlich unparprüfen zu lassen, ob das Verhalten des nationalsozialistischen Frat.
stammt.
Nach unserer Kenntnis der Dinge sah jedoch dieser Referentenentwurf wesentlich anders aus, besonders bezüglich der entscheidenden Frage der Zusammensetzung und Wahl des sogenannten „ Staatsausschusses". Im übrigen hat sich selbstverständlich das frühere Staatsministerium mit jenem Entwurf nie befaßt, während heute gar nicht bestritten wird, daß der neue Entwurf in seiner ungeheuer verschlechterten Fassung und mit ganz anderer Tragweite die Zustimmung der neuen Machthaber findet.
Die Täter gestehen...
Teilnehmer an dem Attentat von Reichenbach ein Primaner!
Breslau, 13. August.( Eigenbericht.) Nach dem mißglückten Handgranatenanschlag auf den sozialdemokratischen Redakteur Paeschke in Reichen bach wurde der S. Mann Wagner, ein erst in diesem Jahre wegen politischer Umtriebe von der Schule