Nr.381 49.Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
Sonntag, 14. August 1932
Ein Mann
K
Es gibt kaum etwas Trostloseres als die Monatsstatistik über die Arbeitsmarktlage in Deutschland . Von dem Millionenheer der Arbeit sind noch gerade 12 779 000 Männer und Frauen übrig geblieben, die in Lohn und Brot stehen. Das sind nicht einmal mehr die Beschäftigtenziffern, wie sie die Berufszählung Don 1882 aufmies. Das Furchtbare dieser Krise aber ist die völlige Stagnation des Arbeitsmarktes: mer einmal in die industrielle Reservearmee eingereiht rourde, hat so leicht keine Aussicht, ihren Reihen wieder zu entfliehen; jahrelang bereits sind Millionen aus dem Produktionsprozeß ausgeschaltet. Die spärlichen Arbeitsvermittlungen gleichen dem Tropfen auf den heißen Stein. Im Monat Juni registrierte das Landesarbeitsamt Brandenburg 666 000 männliche Arbeitslose( dazu noch 252 000 roeibliche Arbeitslose), aber nur 17 000 Vermittlungen. Von diesen 17 000 maren 9000 Vermittlungen überhaupt nur Aushilfen. Der Rest auf die 28 Berufsgruppen der deutschen Arbeitsmarktstatistik verteilt, ergibt jenen traurigen Zustand, roie er im Monat Mai in der Berliner Metallindustrie bestand: bei 104 276 Arbeitsuchenden konnten ganze 577 Vermittlungen vorgenommen werden. Wer heutzutage vermittelt wird, der glaubt erst einmal zu träumen; wenn er zu seiner Zahlstellenexpedition kommt, um sich abzumelden, dann sehen ihn die anderen Arbeitslosen wie einen fernen Geist an, und wenn er letztlich nach Hause kommt, um Frau und Kind zu erzählen, er hätte Arbeit, dann ist das ungefähr so, als hätte jemand das große Los gewonnen.
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Der Weg zur„ Ewigen Hilfe". Da war der Arbeitslose N. N. der Name spielt keine Rolle mit seiner Frau und seinem neunjährigen Kind. Anfangs Arbeiter, wurde er später angelernt und stand, geschickt wie er war, durchaus seinen Mann als Vorlegeschlosser. Er bekam eine Mart pro Stunde Lohn, und da 1929 die Sonne der Konjunktur noch hell genug schien, glaubte er, auch fürderhin die Neubauwohnung mit den 55 M. Monatszins durchhalten zu können. Es haben sich ja in jener Zeit noch ganz andere Leute verrechnet. Aber im Juni 1929 nahte bereits der schwarze Tag. Unser Mann gehörte zu jenen 1759 Mann, die beim Bankrott der Berlin - Karlsruher IndustrieWerke in Wittenau aufs Arbeitsamt wandern mußten. Auch das ging anfangs noch. Es waren die Tage der Hermann- MüllerRegierung, und da konnte sich ein Erwerbsloser mit Frau und Kind wöchentlich seine 28 M. abholen. Nach den ersten 26 Wochen ,, Alu" famen jene 39 Wochen Krise". Da wurde es schon schmaler; es gab nur noch 18,55 M. in der Woche. Schließlich ging auch die ,, Krise " zu Ende, und es blieben übrig 16 m. E. H. Ewige Hilfe.
Mittlerweile tamen 9 Wochen Motstandsarbeit. Jede Woche 4 Tage bei 29 M. Lohn. In der zehnten Woche sollte er nur noch 23 M geben. Das ließen sich die Wohlfahrtsarbeiter nicht gefallen, es wurde verhandelt, es wurde gestreift, es wurde wieder verhandelt, die Unterstützungen wurden gesperrt. Aus Gnade und Barmherzigkeit bewilligte man dem Mann wöchentlich 7,50 m. für Frau und Kind, doch der Streit ging wohl verloren, und am Ende mußten die Geschlagenen mit einer Wochenunterstützung von 12 m. für Frau und Kind fürlieb nehmen.
Jubiläum einer Hose.
Es ist nun klar mie nur irgend etwas, daß von 12 M. Unterstügung kein Mensch 55 M. Monatsmiete zahlen kann, denn viermal 12 sind erst 48, dann fehlten immer noch 7 M., ohne daß eine Krume Brot auf den Tisch gekommen wäre. Also wurde ein
bekommt Arbeit
| 3immer vermietet, das brachte 30 M. Dann mußten von den 50 M. Unterstützung im Monat noch 25 M. zur Miete zugepackt werden, so daß für die Familie täglich 8 Groschen für Essen, Trinken, waschen, Kleiden usw. übrig blieben. Not kennt kein Gebot. Eines Tages fanden sich sieben Leidensgenossen zusammen und beschlossen, jetzt einfach betteln zu gehen. Man muß sich das einmal vorstellen: Berliner Metallarbeiter, die gewiß ihren Stolz haben, die gehen plötzlich betteln. Dann muß ihnen schon das Wasser über den Hals stehen. So zogen sie denn nach Lübars , Hermsdorf , Glienice, Blankenfelde . Schönfließ, Schönerlinde, und abends teilten sie redlich, was sie an Kartoffeln, Mehl, Zucker zufammengefochten hatten; einmal hatte ein Bauer den armen Teufeln fogar eine Wurst gegeben.
Aber der Anzug war inzwischen 7 Jahre alt geworden. 1925 wurde er gekauft. Zwei Jahre wurde er richtig getragen, und es wäre auch ein neuer Anzug gekauft worden, wenn 1927 nicht bei den Berlin - Karlsruhern schon die Kurzarbeit losgegangen wäre. Obendrein tam noch ein Lohnabbau von 12 Pf. pro Stunde, und da war vorläufig nicht zu denken ans Anzugfaufen. Nach 1929 erst recht nicht, und es ist eigentlich ein Wunder, daß die Hose ihre 7 Jahre ausgehalten hat. Was heutzutage an Hemden verfauft wird, hält auch keine 7 Jahre. So war es mit der Bettwäsche, so war es mit den Unterhosen, so war es mit allem, bis noch einmal 15 Wochen Notstandsarbeit dazwischen tamen mit 25 m. in der Woche. Dann waren auch diese 15 Wochen vergangen, und nun mußte etwas geschehen, denn nach der Neueingruppierung wären vielleicht 10 oder 11 M. Wochenunterstützung für unseren Mann herausgefommen.
Schwarzarbeit, ja oder nein?
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Landauf, landab wird die Nase gerümpft über das sogenannte Schwarzarbeiten. Es ist halb so schlimm, als es gemacht wird, be= sonders im Metallhandwerk. Mit der Werkstatt im Rucksack" läßt sich nun einmal herzlich wenig anfangen; auf Schritt und Tritt ist eine Drehbant nötig, und die haben die Arbeitslosen ja nicht. Etwas anderes ist es schon beim Holz. Da hat jemand etwas Tischlerarbeit zu vergeben. Er könnte zum Handwerksmeister gehen, dann würde der Herr Meister kommen, inspizieren: hernach folgte ein älterer Lehrling, wenn es hoch kommt, ein Geselle, der die Arbeit ausführt. Dann kommt der Meister wieder, präsentiert die Rechnung, und sein Unternehmerprofit ist dabei gesalzen und gepfeffert. So sagen fich die Leute: Da drüben in Nr. 68 wohnt der Herr Müller. Der ist schon so lange arbeitslos, der kann uns doch das machen." Natürlich kann der Herr Müller das, er bekommt Geld für Material, 1,20 m. pro Stunde Lohn, und am Ende freut sich der Herr Müller und der Auftraggeber nicht minder, weil er viel Geld gespart hat. Zu einem großen Teil haben nämlich die Apothekenpreise der Handwerksmeister erst den Nährboden für die Schwarzarbeit abgegeben.
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Direktor ist dramatisch. Ein eingefallener Mann betritt das Büro.
Der Direktor: Ja, aber das Kieskarren ist sehr schwer, sind Sie denn noch kräftig genug?"
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,, Ich werde kräftig genug sein, ich muß es schaffen, schon um Frau und Kind willen." ,, Nun gut." Am nächsten Tag geht die Frau zum Nachweis, ihren Mann abzumelden. Also es ist nichts verschwiegen und nichts hinzugesetzt: aber die Arbeitslosen bekamen die Maulsperre, daß da eine Frau tam, die ihren Mann abmeldete, weil er Arbeit bekommen hatte. Und zu Hause war das Ende weg. Zwei Tage und zwei Nächte lang hat der Mann nicht geschlafen vor
Freude über die Arbeit.
3wei Nächte lang ist er aufgestanden und immer die Stube_abgelaufen. Zwei Tage lang hat der Mann mit seiner Frau am Tisch gesessen und beratschlagt, ob man zuerst Hemden oder eine Hose kaufen soll, oder ob man zum Schlächter gehen soll, damit man sich wieder ein Kotelett braten kann. Die Verwandten, die selber alle arbeitslos sind, die kamen und beratschlagten und freuten sich mit. Einer von den weit über sechs Millionen Arbeitslosen hatte endlich Arbeit gefunden!
Der erste Tag im Werk sei aber auch nicht verschwiegen. Der Mann geht an seinen Arbeitsplay. Chorus der anderen: ,, Mensch, was willst du denn hier?" Es war beinahe so etwas wie Aufregung. Es hieß, da wäre ein Familienvater gekommen, und jetzt fliegen sicher die Unverheirateten auf die Straße. Also vorerst eisiges Schweigen um den Neuen. Knapp, daß ihm die anderen antworteten. Obwohl der Neue nun wußte, was er verdienen wird, etwa 50 m. im Lohnakkord, fragt er seine Kollegen, schon um ein Antwort: Gespräch anzufangen: Was wird denn hier verdient?" Das wirst du ja sehen!" Bums, aus. Es war da eine Stimmung, als wäre ein fremder Eindringling gekommen, der den Eingeborenen die Arbeitspläge wegnehmen will. Es scheint, daß alle Maßnahmen ergriffen werden müßten, um diese gefährliche Kluft zwischen den Arbeitslosen und den Arbeitenden zu überbrücken.
Ordnung muß sein.
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Und der Bürokratismus darf nicht aussterben.
Die Vergnügungssteuer und die Getränkesteuer find Steuern, die von den Zahlungsverpflichteten so ungern gezahlt werden wie jede andere Steuer. Die Stadt tann aber nicht darauf verzichten. So weit ist alles klar. Der, der zahlen muß, zahlt eben, so lange er zahlen kann, und wenn er nicht mehr fann, muß er den Laden zumachen. Man kann es der Stadt Berlin nicht verdenken, wenn sie darauf bedacht ist, daß Steuern, die nun mal gezahlt wer= den müssen, auch eingehen und daß sie weiter, wenn die Steuern nicht eingehen, sich um die Einziehung bemüht. Das ist nicht nur ihr Recht, das ist sogar ihre gesetzliche Pflicht. Sie kommt nicht darum herum. Auch so weit dürfte alles klar und einwandfrei sein.
Nun ist da in Berlin D. ein Gastwirt, ein ehrenhafter Mann und Staatsbürger, der seinen Pflichten durchaus nachgekommen ist und nachkommt. Aber siehe da, eines Tages fliegt ihm von der Steuerfasse 5 D des Bezirksamtes Friedrichshain , Berlin NO. 43, Neue Königstraße 83, eine Zahlungsaufforderung ins Haus, er möge innerhalb dreier Tage seine Steuerschuld bezahlen, sonst... zwangsweise Einziehung usw. Und nun die Steuerschuld? Sie beträgt 1, sage und schreibe einen deutschen Reichspfennig Getränkesteuer, 10, sage und schreibe zehn deutsche Reichspfennige Vergnügungssteuer und eine Mart und achtunddreißig Pfennig Mahngebühren, zusammen 1,49 Mart. Fein, was? Wenn sich eine Behörde durchaus lächerlich machen will, kann man ihr das unmöglich verwehren, aber sollte es keine Beschlagen? Dann wende man sie bitte an, ehe man es riskiert, die Gewerbetreibenden durch solche mie Schikanen aussehenden Bürofratismen ein Gebührenbetrag, der den Steuerbetrag um das Dreizehnfache übersteigt noch mehr als bisher zu verärgern. Es fehlt nur noch, daß wegen dieses einen Pfennigs nicht gezahlter Steuer der Gerichtsvollzieher kommt und dem Gastwirt ein Buffet pfändet.
Jener Arbeitslose, der ging nun hin und holte sich für 80 Pf. eine Fußball blase. Dann baute er sich aus starken Brettern eine Fußball blase. Dann baute er sich aus starten Brettern eine Riste, dazu ein paar Stückchen Leder von einer alten Aftentasche, ein eiserner Bügel, ein Fahrradventil, eine Spindel, und so war der Apparat fertig zum Aufspannen von Schuhen, die nachstimmungen geben, die derartige dämliche Bagatellen einfach niederdem Leimverfahren besohlt werden sollten. Ein Kilo Leim kostete 2,25 M., das reicht ziemlich lange, dazu das Leder, so daß bei jedem besohlten Paar Schuhe etwa 50 Pf. Berdienst herausspringen sollten. 50 Pf. find für diese Menschen viel Geld; der Gegenwert für ein Roggenbrot.
Eines Tages bekommt der Mann Arbeit. Ein Wasserwert braucht einen Kieswäscher. Schon die Unterredung mit dem
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