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BERLIN  Dienstag 16. Auguft

#Der Abend

1932

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Spätausgabe des Vorwärts

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Nr. 384

B 187 49. Jahrgang

SA. vor den Toren!

Kommt der Marsch nach Berlin  ? Unser Kundschafterdienst funktioniert

Die S. hat durch ihr Treiben den Berlinern einiges Kopfzerbrechen verursacht. Von den verschiedensten Seiten famen Meldungen über einen geplanten und vorbereiteten ,, Marsch auf Berlin  ". Wir haben versucht, der Sache auf den Grund zu gehen und übermitteln unseren Lesern das Ergebnis unserer Nachforschungen. Die Tatsache, daß es nur Teilbeobachtungen bringt, darf nicht zu Sorg­losigkeit verleiten. Je schärfer die Leute beobachtet werden, desto bestimmter werden sie nicht marschieren.

P

Es hat in diesen Tagen nicht an Gerüchten über den bevor­stehenden Marsch auf Berlin  " gefehlt. Unmittelbar vor den Toren Berlins  , in Hartmanns Brauerei in Reinickendorf  - West, sollten 300 Mann bayerischer SA. stationiert sein, durch Tegel   sollten bereits

500 Mann S2. marschieren, aus Groß- Schönebeck( Oberbarnim) tam die Meldung: 900 Mann SA. unterwegs nach Berlin  , die Nauener SA. sollte angetreten sein zum Proviantempfang für drei Tage, die Pantower S2. war feldmarschmäßig angetreten mit Tornister, und so weiter, und so weiter. 3u Dugenden tönnten ähnliche Meldungen aneinandergereiht werden.

Was steckt dahinter?

Landfriedensbruch der SA  .

Die überfallenen Reichsbannerleute vor Gericht

Breslau  , 16. Auguft.( Eigenbericht.)

Der zweite Berhandlungsfag vor dem Breslauer Sondergericht im Ohlauer Landfriedensbruchprozeß begann um 8 Uhr morgens mit der Feststellung, daß tatsächlich fünf angeklagte Reichs­bannerleute aus Würben am dem frifischen Sonntag bereits gegen 8 Uhr Ohlau   verlassen hatten. Infolge einer Fahrlässigkeit der Vor­untersuchung hatte man angenommen, daß auch ihre Fahrräder von

der Polizei beschlagnahmt worden seien; in Wirklichkeit waren diese Reichsbannerleute zur Ablieferung ihrer Räder am Mittwoch, also vier Tage nach dem Vorfall, aufgefordert worden.

Als erster Zeuge wird der erste Ohlauer Bürgermeister Haunschild

pernommen. Er weiß nichts ungünstiges über die An­getlagten auszusagen. Den Gewerkschaftssekretär Manschte tennt er

SA. hat acht Tage Ferien!

Die Deffentlichkeit ist gründlich hereingefallen auf die von der SA.- Leitung systematisch ausgestreuten Zersegungsnachrichten! Es find allerdings in der vorigen Woche uniformierte SA.- Leute durch Tegel   gelaufen und haben es jedem erzählt: ,, Jezt geht es los!" oder: ,, Wartet nur, jetzt wird geschossen!" Derartige Redensarten Hitlers Marsch auf den Reichspräsidenten  : Entweder die

verbreiten sich in fleineren Ortschaften mit Windeseile, zumal solche Nachrichten sich lawinenartig vergröbern und der Marsch auf Berlin  " ist schließlich fertig. Es stimmt schon, daß die Pankomer SA- Stürme in ihrem Lokal am Marktplatz mit Tornister ange­treten sind. Der Alarmbefehl mar für 9 Uhr abends ausgegeben, und wenn nun zu nächtlicher Stunde unter den alten Bäumen des Bankower Marktplazes die SA. feldmarschmäßig gepadt aus allen Himmelsrichtungen zusammenläuft, dann heißt das im ganzen Norden von Berlin  : Der Marsch auf Berlin   geht los!" In Wirk­lichkeit ging die Pankower   SA. noch am gleichen Abend um Mitter­nacht nach Hause. Zweifellos liegt in Hartmanns Brauerei in Reinickendorf  - West SA., aber bei dem mangelnden Abstand, den der militärisch ungeschulte Laie der Uniform gegenüber hat, werden Meldungen über die Stärke von SA.- Stürmen ständig verdoppelt und verdreifacht. In Wirklichkeit liegen in Reinickendorf  - West 130 SA.- Leute. So geht es weiter bis zu den 900 Marschierenden aus Groß- Schönebeck: die sind weder noch einmal in Liebenwalde  , noch in Oranienburg   gesichtet worden, spurlos, wie diese Gespenster auftauchten, sind sie wieder verschwunden. Denn 900 Mann SA. fönnten zur Not auf zehn unserer größten Laftzüge mit Anhänger befördert werden, das wäre dann aber eine Kolonne, die niemand verborgen bleiben kann. Aehnlich schwierig märe es, 300 Mann SA. nun schon wochenlang in Reinickendorf   zu verpflegen.

Die 3 Standarten von Berlin  . Ueberhaupt die Berliner SA  . Am 1. August wollte die SA.- Leitung in Berlin   drei Standarten( Regimenter) aufgestellt haben. Sie soll sich nur die Zeit dabei nicht lang werden lassen. Es haben genaue Zählungen der bei der letzten Nazi- Lustgarten­Demonstration anmarschierenden SA.- Züge stattgefunden. Von den sechs Zügen sind vier gewissenhaft gezählt worden: jedesmal waren fie etwa 1000 Mann stark, davon zwei Drittel uniformiert. Nun sollen die zwei übriger Züge aus westlicher Richtung doppelt so stark gewesen sein, dann kommt man immer erst auf 8000 Mann weit und breit herangeholter SA. Die Versuche der SA., vor der Reichstagswahl bezirkliche Demonstrationen durchzuführen, bestätigen diese überraschende Tatsache. Auf dem Antonplay in Weißensee waren damals 82 SA.- Leute versammelt, die heilfroh waren, als sie wieder zu Hause saßen; in Buchholz   standen 24 SA.- Leute und guckten sich die Augen aus, wo die anderen blieben, und durch Pankow   demonstrierten vierzehn Tage vor der Wahl einmal 300 Mann. Aber beileibe nicht etwa Pankower SA. Als sich die Bankower SA. an der Kirche sammelte, gingen einige zu einem Erfrischungskiosk und tranten ein Glas Zitronenwasser. 3wei Sozialdemokraten taten desgleichen. Plötzlich sagt ein S2- Mann: ,, Leute trinft aus, wir müssen zum Bahnhof, die anderen holen, denn die wissen in Pankom nicht Bescheid!" So wird mit den gleichen S.- Stürmen ständig an verschiedenen Orten operiert, gestern in Reinickendorf  , heute in Bankow, morgen in Heinersdorf  , übermorgen in Hohenschönhausen. Zum Schluß ergeben sich phan tastische Ziffern über die Stärke der SA  . Man bedenke, daß die ( Fortsegung auf der 2. Seite.)

ganze Macht, oder-

- Urlaub

schon seit langem. Er bezeichnet ihn als einen besonnenen Mann, der erst unlängst bei einer Erwerbslosendemonstration be­ruhigend auf die erregte Menge eingewirkt hatte. Der Bürgermeister erhielt erst während der Zusammenstöße in der August- Feige- Straße Kenntnis von den Unruhen in seiner Stadt. Der Reichsbannerführer Blech trat an ihn heran und forderte von ihm: ,, Sorgen Sie dafür, daß die S2. aus Ohlau   herauskommt und schützen Sie unsere An­gehörigen!" Bürgermeister Haunschild:

forderte darauf Landjägerei an, da er nur über 5 Polizei­beamte verfügte.

Verteidiger Dr. Braun fragte den Zeugen, ob er zu einem Arzt geäußert habe:

nun wird es endlich dazu langen, das Reichsbanner zu verbieten."

Der Staatsanwalt beanstandet diese Frage und beantragt einen Gerichtsbeschluß, ob diese Frage noch zum Beweisthema gehöre. Das Gericht bejaht das und Bürgermeister Haun­

schildt bekundet: Ich habe das nicht gesagt.

Der Angeklagte Reichsbannerführer Blech fragt den Zeugen, ob es wahr ist, daß er, Blech, diesen gegen einen tätlichen Angriff geschüßt habe. Der Zeuge gibt das zu.

Der nächste Zeuge, Oberlandjäger Schön, führte die Aufsicht über die Reichsbannerveranstaltung in Laskowih.

Erst auf Befragen des Angeklagten Landarbeitersekretärs Genossen Strulit erinnerte er sich der Verpestung der Festwiese durch Stinföl. Auch das, was er über eine angebliche Hetz= rede des Genossen Durniot gesagt hat, beruht auf einer Ver­wechslung.

Oberwachtmeister Philippomsti: Der Ohlauer Bürger­meister gab Anordnung, wir sollten achtgeben, daß nichts passiert, wenn die Nationalsozialisten aus Ohlau   zurückkehrten.

Auf dem Ringe waren SA.- Leute von ihrem Auto abgesessen und hielten ihre Schulterriemen in der Hand.

Ich gab den Befehl, sofort das Auto wieder zu be= steigen. Da sagte der SA.- Führer: Wenn Sie nicht Ordnung schaffen, werden wir es fun." Ich erwiderte darauf: ,, Das ist nicht nötig." Ich ging die August- Feige- Straße hinunter nach dem Schloßplay; da tamen mir Reichsbannerleute entgegen. Vom Ring aber fam gleichzeitig ein Auto mit SS.  - Leuten. Der Führer eines Autos gab den Befehl, auf die Reichsbannerleute zuzuffürmen. Der Führer des Reichsbanners Durniok sagte seinen Leuten: ,, Nicht provozieren! 3urück!" Inzwischen waren aber die SS.  - Leute schon bis zur Mitte der August- Feige- Straße vor­gedrungen. Ich ging ihnen entgegen und

fonnte nicht verhindern, daß die Reichsbannerleute mir folgten. Es kam hier zu einem Zusammenstoß, bei dem auf der einen Seite die Schulterriemen, auf der anderen Zaunlatten als Waffen benutt wurden.

Nach dieser Schlägerei ging ich nach der Oderstraße, wo ein großer Zug von SA.- Leuten in Richtung auf die Ohlebrücke zu marschierten. Auf Befragen erflärten fie, fie wollten an der Spize marschierende Kameraden, die auf dem jen­seitigen Ohleufer wohnen, begleiten. Der größte Teil der Begleiter waren Breslauer SA.- Leute.

Ich sah, wie

mehrere SA.- Leute zu wiederholten Malen auf Einwohner ein­schlugen, die ruhig vor ihren Häusern standen.

Ich bemerkte, wie einem der Bewohner das Abzeichen der drei Pfeile abgerissen abgerissen wurde. Plötzlich ertönten Schüsse aus den hinteren Reihen. Ich eilte zurück und auf Befragen erfuhr ich, daß aus dem Hause Oderstraße 27 geschossen worden sein sollte. Ich begab mich in das Haus und mußte feststellen, daß nicht aus dem Hause geschossen worden ist, sondern daß

zwei Frauen durch fünf Schüsse schwerverletzt worden sind, die von Nationalsozialisten vom Hausflur aus durch die Wohnungs­für hindurch abgegeben worden waren.

( Es handelt sich um die Frau des Arbeiters Karkus und ihre Nach­barin.) Als das Schutzkommando aus Breslau   ankam, fielen vom Steindamm her etwa zwanzig Schüsse. Ein SA.- Mann wurde töd­

Bei Haunlich getroffen.

" Ich befahl dem leitenden Beamten, die SA.- Autos aus der Proskauer Straße( der Zufuhrstraße aus Breslau  ) anzuhalten, um fie dann in Begleitung von Polizeibeamten durch Ohlau zu leiten. Diese Anordnung ist nicht befolgt worden." schild rief darauf die Brieger Polizei an und fragte, was denn in Ohlau   los sei. Man habe in Brieg   telephonisch und durch Motorradfahrer Kenntnis von den ersten Zusammen­ſtößen in Ohlau   erhalten. Ich versuchte, die Brieger Polizei zu veranlassen, die SA.- Leute in Brieg   zurückzuhalten, aber man erwiderte mir, sie seien schon abgefahren. Kurz darauf rief ich das Breslauer Ueberfallkommando zu Hilfe."

"

Rechtsanwalt Förder fragt den Zeugen: War Durniol bewaffnet?" Hauptwachtmeister Philipowski: ,, Nein." Rechts­anwalt Dr. Braun: Hat Durniof seine Leute zurückgerufen?" 3euge: ,, Ja."

Der nächste Zeuge, Oberlandjäger Ramel gibt an: Auf dem Ringe tamen über 100 Leute der Eisernen Front mir entgegen. Ich benachrichtigte meine Beamten und hörte, die Roten(!!!) hätten