Politisierung der Tribünen. Merkwürdige„Neuerungen" des Landtagspräsidenten Kerrl. Bisher war es in den Parlamenten Uebung, daß die dort arbeitenden Journalisten ihre Plätze entsprechend der Zeitung, für den sie arbeiteten, erhielten. Jetzt sind im Preußischen Landtag die für das Jahre 1932 ausgegebenen Dauerkarten für die Presseempore bereits mit dem 30. September 1932 für ungültig erklärt. Mit Wirkung vom 1. Oktober gelangen neue Karten zur Ausgabe, und es müssen demgemäß neue Anträge gestellt werden. Der nationalsoziali st ische Präsident des Landtags hat bestimmt, daß in dem neuen Antrag die Angabe erforderlich ist, für welche politische Partei der Antragsteller ausschließlich oder überwiegend berichtet. Es muß angenommen werden, daß damit eine Politisierung der Pressetribüne beabsichtigt ist, daß nämlich die Zulassungskarten entsprechend der Stärke der politischen Parteien ausgestellt werden. Das aber würde bedeuten, daß für eine Reihe von Journalisten, die für Blätter berichten, die keine aus- gesprochenen Parteiblätter sind, die Zulassung erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht wüche, während die Nazipresse wegen der Stärke der Nazifraktion eine Bevorzugung genießen würde, die im umge- kehrten Verhältnis zu ihrer geistigen Bedeutung stände.
Die Waffenlager der GA. Oer Fall Kreiensen. Braunschweig , 17. August.(Eigenbericht.) In der berüchtigten SA.-Schule Kreiensen ist am Dienstagabend der SA.-Mann Käser von einem anderen SA.- Mann niedergeschossen worden. Die Nationalsozialisten stellen die Sache so dar, daß der Täter mit der Schußwaffe hantiert habe und der Schuh dann versehentlich losgegangen sei. Der Angeschossene wurde in die Universitätsklinik Göttingen gebracht und Ist dort gestorben. Dieser Vorfall ist ein klarer Beweis für die Richtigkeit der sozialdemokratischen Behauptung, daß in der SA.-Schule Kreiensen sich Waffen befinden. Bisher haben die Nazis dies immer abgestritten. Die häufig bewaffnet auftretenden Mitglieder der SA.-Schule in Kreiensen bilden seit Monaten eine stetige Unruhequelle für die republikanische Bevölkerung der umliegenden Ortschaften. Die naUo- nalsozialistische Landesregierung hat es aber selbstverständlich noch niemals für nötig befunden, in der SA.-Kaferne nach Waffen suchen zu lassen. Staaiskommissare für Kommunen. Vor dem Erlaß der kommissarischen preußenregierung. Der Erlaß über die Einsetzung von Staats b«voll- m ä ch t i g t e n für die preußischen Gemeinden, die die Staatssteuern nicht pünktlich abgeliefert haben, wird, wie wir erfahren, heute unterschrieben und morgen veröffentlicht werden. Die gesetzliche Grundlage für die Bestellung der Bevollmächtig, ten bildet der§ 9 des �aushaltungsgesetzes vom 19. Juli. Danach kann der preußische Finanzminister zur Sicherung der Ablieferung der von den Gemeinden eingehobenen Staatssteuern für die säumigen Gemeinden einen Staatsbeamten mit der Wirkung be- stellen, daß dieser berechtigt ist, die getrennte Verwaltung der eingehobenen Staatssteuern anzuordnen und der Gemeinde- kasse unmittelbar Zahlungsanweisungen zu er» teilen mit der Maßgabe, daß diesen Anweisungen bis in Höhe der vom Zeitpunkt der Bestellung an eingehobenen Beträge der Vorrang vor allen übrigen Zahlungsoerpslichtungen der Gemeinde zusteht. Der Erlaß erteilt den Regierungspräsidenten die Ermächtigung auf Einsetzung der Bevollmächtigten. Im ganzen kommen, wie be- reits gemeldet, 49 bis 59 Städte in Frage. In den Städten mit Regierungssitz wird der Regierungs- und Kassenrat der Regierung, in Den anderen Städten der Kreisrentmeister der Staatlichen Kreiskasse mit den Aufgaben des Kommissars betraut werden. Schärfste Ltrieile gegen links. Die bisherige Arbeit der Eondergerichte. Die ersten Sondergerichtsurteile haben bestätigt, daß harte Urteile zunächstnurgegen links gefällt wurden. Auf der gleichen Linie liegen die drakonischen Urteile gegen Königs- berger Kommunisten, die unter der von SA.-Banden terrorisierten Bevölkerung Ostpreußens große Erregung ausgelöst haben. Ein Königsberger Schnellgericht verurteilte am Dienstag mehrere Kommunisten, die wegen schweren Landfriedens- b r u ch s angeklagt waren. Sie sollen am 22. Juli einen Trupp Nationalsozialisten, der in einem Arbeiterwohnviertel Flugblätter oerteilte, überfallen haben. Bezeichnend für die Art des Gerichts- Verfahrens ist, daß nur nationalsozialistische Be- lastungszeugen geladen waren, Entlastungszeugen aber nicht vor Gericht kamen. Von den elf Angeklagten wurde einer frei- gesprochen, die übrigen wurden zu 27 Monaten Zuchthaus und 58 Monaten Gefängnis verurteilt. Bei der Gerichtsverhandlung wurde unter den im Zuhörerraum sitzenden N a t i o n a l s o z i a l i st e n ein Mann entdeckt, der als einer der Täter wiedererkannt wurde, die in der Königsberger Blut- nacht nach der Reichstagswahl Tankstellen angezündet haben. Er wurde auf der Stelle verhaftet.
Gefährliche Haussuchung. Kommunisten überfallen Kriminalbeamte. Essen, 17. Auzust. Zwei Kriminalbeamte, die heute vormittag eine Untersuchung einer Wohnung in Essen-Altenessen nach illegalem kommunisti- schem Schrift Material vornehmen wollten, wurden unmittel- bar nachdem sie sich als Kriminalbeamte legitimiert hatten, von den beiden Wohnungsinhabern mit vorgehaltenen Pistolen an- gegrifsen. Die Waffen versagten jedoch, und es gelang den Beamten, die Angreifer zu überwältigen und einen von ihnen, den 31 Jahre alten Bergmann Stelzer, dingfest zu machen. Die Schußwaffe des Stelzer, eine Militärpistole 98 mit acht Schuß im Magazin, wurde beschlagnahmt. Dem zweiten Angreifer gelang es, während des Ringens die Pistole aus dem Fenster zu werfen und selbst zu entkommen. Der bisher noch unbekannte zweite Angreifer ist durch einen Schuß von einem der beiden Beamten vermutlich oerletzt worden. Eine spätere Nachsuchung verlief ergebnislos. Balkanischer Aufbauwille. In einem Zuge im Bahnhof von Osiek(Kroatien ) explodierte in einem Wagen 2. Klasse ein kleiner Sprengkörper, der nur unbedeutenden Sachschaden anrichtete. In einem Zuge von Best nach Vinkovze wurde ein Sprengkörper unter einer Bant in einem Wagen 2, Klasse entdeckt.
Breslau , 17. August.(Eigenbericht.) Die heutige Verhandlung oor dem Brieger Sondergericht im Ohlauer Landfriedensbruchprozeß begann mit einem Protest der Verteidigung gegen die verlogene und hetzerische Darstellung des Prozesses in der nationalistischen Presse; besonders die deutsch - nationale„Schles ische Zeitung" zeichnet sich durch Eni- stellung und Verdrehung aus, indem sie das Gegenteil von dem ichreibt, was vor Gericht bekundet wurde. Rechtsanwalt F ö r d e r beantragt, die Akten des Schweidnitzer Nationalsozialistenprozesses aus den Jahren 1929 und 1939 heran- zuziehen. Ebenso ersucht er nachzuprüfen, ob die Slaalsanwaltschast mit derselben Energie das verfahren gegen Unbekannt in Sachen der verwundeten Ohlauer Einwohner betrieben hat, mit der sie die Untersuchung gegen die Reichsbannerleute führt. Es handelt sich dabei insbesondere um jene Schießerei in der Oder- straße 27, von der einwandfrei seststeht, daß uniformierte National- sozialisten ohne jeden erkennbaren Grund in dos genannte Haus hineinstürmten und durch die Wohnungstür des Arbeiters Karkus fünf Schuß abgaben, wodurch zwei Frauen schwer verletzt wurden. Der Zeuge SS.-Führer Vollenbruch, der mit seinen 48 Mann auf einem Lastwagen gegen 8 Uhr auf dem Ohlauer Ring ankam, wurde von einem Motorradfahrer darauf aufmerksam ge- macht, daß man nicht durchkommen könne, denn in der August- Feige-Straße stünde eine Menschenmenge. Er sah einen Polizisten an ihrer Spitze, ließ absitzen, und nun kam es nach dem vergeb- lichen Versuch des Beamten, einen Zusammenstoß zu verhindern, zu einer schweren Schlägerei, bei der die Nationalsozialisten mit Schulterriemen, die Menschenmenge mit Zaunlatten zuschlugen. Vollenbruch selbst erhielt einen Messerstich. Vorsitzender: haben Sie Schußwaffen bei sich geführt? Zeuge vollenbruch: Ich habe die Leute nicht untersucht.(!!) Geschossen ist nicht worden, wir haben mit Schulterriemen zuge- schlagen. Der SS.-Mann heim, der aus einem Motorrad ange-
kommen war, flüchtete in den„Römischen Kaiser" und erwartete dort die weiteren SA.-Transporte aus Brieg , die ja bald eintrefien mußten. Der SS.-Mann Katterle erklärt, die SA.-Leute seien alle unbewaffnet gewesen, als sie am Ring Ecke August-Feige- Straße abstiegen. Aus der Menschenmenge, die dort oersammelt war, kam ein Stein geflogen. Er erhielt einen Schlag und flüchtete in ein Lokal. Dort versuchte er, das Breslauer il eberfall- kommando herbeizurufen; es wurde ihm aber geantwortet, auf eine solche Meldung hin könne es nicht kommen. Daraus wollte er die SA.-Leute in Brieg von den Vorfällen in Ohlau benach- richtigen, erfuhr aber, daß sie schon abgefahren waren. Daraus schickte er eine Zivilperson dem bald eintreffenden Brieger Trans- portwagen entgegen. Mit Z90 aus Brieg gekommenen SA.-Leulen begleitete er einen Trupp von Tlationalsozialisten, der jenseits der Oder wohnte, durch die Oderstraße. Darauf begaben sich die SA.-Leute zu ihren Autos auf dem Schloß- platz zurück. Als sie nach Breslau abrücken wollten, fanden sie auf der Postbrücke, an der sie rechts abbiegend vorbei mußten, eine Menschenmenge. Hier kam es dann zu dem blutigen Zu- f a m m e n st o ß. Der Zeuge Berthold Junten entlastet den Angeklagten Trettau, der nach einer Aussage des Oberlandjägers Rahmel sein Fahrrad Montag früh um f45 Uhr aus dem Gasthaus„Zum Wal- lisch" hat holen wollen. In Wahrheit führte Trettau an diesem Morgen sein eigenes Rad an der Hand. Apotheker Wettke hat vom Deutschen jhaus am Schloßplatz aus den Zusammenstoß der Reichs- bannerleute mit dem Trecker beobachtet. Er hörte einen von dem Trecker zurückkommenden Reichsbannermann sagen:„Tut ihr uns nichts, tun wir euch auch nichts." Der Hotelbesitzer des Deutschen Hauses, Persicke, der den National- sozialisten nahesteht, bekundet, daß er bei dem Zusammenstoß mit dem Trecker den Gewerkschaftssekretär Manche nicht ge- sehen hat.
Brände der letzten Nacht. Schwere Arbeit für die Berliner Feuerwehr. In der letzten Nacht hatte die Feuerwehr abermals anstrengende Arbeit zu bewältigen. In Zriedrichshagen brannte ein Fabrikgebäude nieder und in der Pfalzburger Straße in Wilmersdorf ging der Vachstuhl eines Wohnhauses in Flammen auf. Außerdem waren wieder an verschiedenen Stellen infolge der Hitze größere Kohlenvorräte in Brand geraten, so daß die Feuerwehr helfen mußte. Auf dem Hof des Grundstücks Friedrich straße 91a in Friedrichshagen befindet sich in einem einstöckigen Gebäude eine Bäckerei und anschließend eine Elektrowerkstatt. Aus noch unbekannter Ursache brach hier gegen 2 Uhr Feuer aus, das sehr schnell um sich griff. Die alarmierte Feuerwehr von Friedrichs- Hägen und Köpenick nahm die Bekämpfung des Brandes mit vier Schlauchleitungen auf. Leider konnte von dem brennenden Gebäude wenig gerettet werden. Kurz nach 3 Uhr wurde die Feuerwehr nach der Pfalz - burgerStr. 4in Wilmersdorf gerufen, wo der D a ch st u h l d e s rechten Seitenflügels in Flammen stand. Starke Rauch- entwicklung erschwerte die Löschaktion außerordentlich, so daß es geraume Zeit dauerte, ehe die Löschtrupps gegen den eigentlichen Brandherd vordringen konnten. Das nächtliche Feuer hatte in wenigen Minuten die ganze Mieterschaft alarmiert und es herrschte größte Erregung. Durch einen umfassenden Löschangriff gelang es den Bemühungen der Wehren, das Feuer abzuriegeln und so ein Uebergreifen aus die angrenzenden, zeitweise äußerst gefährdeten Dachstühle zu verhindern. * Fast um dieselbe Zeit brach auf einem L o st k a h n an der Charlottenburger Schleuse, der mehrere tausend Zentner Preß- kohlen geladen hatte, infolge Selbstentzündung Feuer aus. Ein Teil des Jahns mußte unter Wasser gesetzt werden. Nach mehr- stündiger Arbeit war die Gefahr beseitigt. Außerdem entstanden auf vier Kohlenlagerplätzen und in zwei Fällen in Kohlen- kellern gleichfalls infolge Selbstentzündung Preßkohlen- brände. Durch schnelles und tatkräftiges Eingreifen der Feuerwehr konnten die Kohlenbrände fast ausnahmslos gelöscht werden.
Oer falsche Sachverständige. Eine Kammergerichts-Köpenickiade vor Gericht. Die seltsame köpenickiade beim Kammergericht, die dem Zeilungsleser seinerzeit fröhliche Minuten bereitet hat, rollt jetzt vor dem Schöffengericht Berlin-Mitte ab. Angeklagt sind wegen Urkundenfälschung bzw. Betruges. Amts- anmaßung, Anstiftung und Beifeitefchafsung von amtlichen Urkunden der Hausverwalter Sternberg, der frühere Gerichtsvollzieher Brehm und der Zustizangeftellte S a g e r t. Dem Hauseigentümer S. genügte es nicht, daß er als Architekt und als Angestellter einer Behörde eine angesehene Stellung und gutes Einkommen besaß, seine Sehnsucht ging weiter. Er brannte darauf, gerichtlicher Sachverständiger für industrielle Anlagen zu werden. Von diesem seinen sehnlichsten Wunsch erzählte er im Früh- jähr 1928 seinem Mieter und Hausverwalter Sternberg. Stern- berg war befreundet mit dem gleichfalls im selben Hause wohnenden srüheren Gerichtsvollzieher Brehm. Machen wir, sagte dieser. Er wandte sich an den am Kammergericht beschäftigten Kanzleibeamten S a g e r t und erzählte ihm, er sei eine Wette eingegangen, daß er zwei Bestellungsurkunden des Kammergerichts und zwei Kopf- sormulare mit der Aufschrift Kammergerichlspräsident besorgen würde. Sagert war bereit, Brehm dazu zu verhelfen, daß er die Wette gewinne, und verschaffte ihm für 199 M. die gewünschten Urkunden und Formulare. Brehm setzte ein« Bestellungsurkunde und ein Begleitschreiben auf, aus dem hervorging, daß der Architekt zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt wird, unterschrieb beides mit Kammergerichtspräsident Tigges und übergab die Papiere Sternberg. Soweit war alles in Ordnung. Es blieb nur noch übrig, den neu bestellten gerichtlichen Sachverständigen zu vereidigen. Sagert stellte fest, daß am 11. September 1928— alles spielt« im Jahre 1928— der Saal 369 des Kammergerichts frei sei, schrieb auf diesen Tag in diesem Saal eine Vorladung für den Architekten aus, er- wartete ihn im Kaminergericht und führte ihn in den Gerichtssaal, wo Brehm mit einem angeklebten Bart ihm den Eid abnahm. Er stellte seine Personalien fest, machte ihn auf
die Pflichten des Sachverständigen auftnerksam und ließ ihn schwören. Sagert hatte für diesen Dienst 59 M. erhalten, Brehm 299 M. und außerdem wurde ihm die Miete für sechs Monate um je 199 M. nachgelassen. Als der neugebackene gerichtliche Sachver- ständige ober niemals Gelegenheit hotte, in Tätigkeit zu treten, wurde er stutzig, begab sich in das Kammergericht und erfuhr, daß er das Opfer eines Schwindels geworden war.
Straßenbahn gegen Lastauto. An der Kreuzung der Weser - und der Wildenbruch- straße in Neukölln stieß heute vormittag ein Straßen- bahnwagen der Linie 6 mit einem L a st a u t o hestig zusammen. Obwohl der Vorderperron des Triebwagens eingedrückt wurde, kam der Straßenbohnführer ohne Verletzungen davon. Auch das Lastauto wurde schwer beschädigt. Der Chausseur des Lastwagens jedoch, ein 23 Jahre alter Paul Wassermann aus Lübbenau und fein Mitfahrer, der 25jährige Albert Krüger aus der Dircksenstraße 16, erlitten erhebliche Verletzungen. Die beiden Beninglückten wurden durch die Feuerwehr zur nächsten Rettungsstelle gebracht. Ein weiterer Zusammen st oß ereignete sich im Osten Berlins in der Frucht straße. Dort prallte ein Auto mit einem Einspänner zusammen. Dabei erlitt ein 16 Jahre alter Lehrling Hans Becker aus Halensee , Kursürstendamm 112, der gerade in dem Augenblick des Zusammenstoßes die Unfallstelle passierte, erheb- liche Verletzungen. Der junge Mann wurde auf der nächsten Rettungsstelle behandelt. Lynchjustiz und Ku-Klux-Klan. Verwandtes aus LlSA. Vor dem Kriege hat man recht gern die rasche technische Entwick- lung Deutschlands und besonders auch das Wachstum und das Tempo Berlins amerikanisch genannt. Jetzt kann man Vergleiche ziehen zwischen einem gewissen neu- deutschen„Aufbauwillen" und bestimmten Kulturabbau-Erscheinungen drüben. Immer wieder hört man. daß in den Südstaaten der nord- amerikanischen Union Lynchjustiz an Negern verübt worden ist, zu- meist auf die Beschuldigung, der Schwarze hätte sich an einer weißen Frau vergangen. Beweis Nebensache. Soeben hatten wir die Freude des Besuchs eines unserer Ge- nassen von drüben, eines Redakteurs des sozialistischen „New Leader" in New Port. Er erzählt im Laufe des Gesprächs: Als unser Führer Eugene V. D e b b s seine langjährige Gefängnisstrafe wegen seiner Agitation gegen die Beteiligung der USA . am Weltkrieg in einer Strafanstalt des Staates Süd-Georgien absaß, hatte ich ihm die Nominierung als Präsidentschaftskandidat der Zocisiist Party zu überbringen. Auf der Straßenbahnfahrt zum Gefängnis fiel mir auf, daß im Wagen ein junger Neger saß, während vor ihm«ine weiße Frau stehen mußte. Da Männer aufzustehen haben, wenn Frauen keinen Sitzplatz haben— sagt unser amerikanischer Genosse—, äußerte ich meinem Begleiter mein Erstaunen. Darauf antwortete er mir aber; Wenn der Neger der Dame Platz macht, wird er— g e- lyncht! Das konnte der Sozialist aus New Park gar nicht ver- stehen. Der Landeskundige erklärte ihm aber, schon die Räumung des Sitzplatzes für eine weihe Frau würde dem Neger als t o d e s- würdige Bekundung verbrecherischer Absichten ausgelegt werden— denn ein Schwarzer dürfe eine weiße Frau überhaupt„nicht sehe n". Also schützt der Neger im Süden der Union sein Leben durch Unhöslichkeit! -i- Uebrigens stimmte uns der Amerikaner vollauf zu, als wir ihm das Wesen der Hitlerei durch den Vergleich mit Ku-Klux-Klan erläutern wollten. Ob yes, sagte er, die Kluxer sind bei uns auch ein- mal 19 Millionen Bürger stark gewesen, sie haben beide bürgerliche Parteien(Republikaner und Demokraten) desorganisiert, aber jetzt ist der Schwindel vorbei. n. Farmerstreik? New Park, 17. August.(Eigenbericht.) In sechs Staaten des mittleren Westens ist ein Farmer- st r e i k ausgebrochen, der stetig zunimmt. Mehrere Städte sind von jeglicher Zufuhr landwirtschaftlicher Pro- dukte abgeschnitten. 1299 Farmer-Streikpasten patrouillieren auf den Landstraßen und verhindern die Blockadebrechung durch die Behörden. Die M i l ch z u s u h r wird von Nachbarstädten aus durchgeführt.