Ausweg statt Agitation.
Die Anträge der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion.
Die angekündigten Anträge der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion auf Umbau der Wirtschaft und Sicherung der Existenz der notleidenden Volksschichten haben in einem Teil der kapitalistischen Presse schon jetzt eine heftige Kritik hervorgerufen. Besonders besorgt um das Schicksal des Kapitalismus und der Grundpfeiler der bürgerlichen„ Ordnung" ist die ,, Kölnische Zeitung ". Schon die Ankündigung des Reichsinnenministers von Gayl über die Aenderung der Weimarer Verfassung hat sie besorgt gemacht. Sie schrieb:
,, Die Frage ist nur, ob dem jezigen Reichstag mit 72,9 Proz. sozialistischen Stimmen eine Reform der Verfassung übertragen werden soll. Man könnte dann erleben, daß durch die einmal hochgezogenen Schleusen sich ein sozialistischer Sturzbach ergießen würde, der manches mit fortschwemmte, was in der Weimarer Berfassung als Grundpfeiler der bürgerlichen Ordnung steht."
Die Furcht vor dem sozialistischen Sturzbach" leitet die Kölnische Zeitung " auch bei der Kritik der sozialdemokratischen Anträge. Sie behauptet deshalb, die Anträge verfolgen hauptsächlich einen agitatorischen 3 med und sollten die Nationalsozialisten zwingen, Farbe zu bekennen. Daher bringe die Sozialdemokratie jetzt Anträge ein, die sie früher bekämpft und abgelehnt hat.
Was die Kölnische Zeitung " dafür an Tatsachen an= führt, ist falsch. Sie behauptet, daß die Nationalsozialisten im vergangenen Jahre eine Winterhilfe beantragt hätten, die von der Sozialdemokratie abgelehnt worden sei. In Wirklichkeit hatten die Nationalsozialisten überhaupt keinen Antrag auf Winterhilfe gestellt, während die von der Regierung Brüning durchgeführte Winter An=
hilfe durch einen sozialdemokratifinter
trag veranlaßt worden ist. Ebenso abwegig ist die Bemerkung, daß die jetzigen Anträge der Sozialdemokratie vermutlich alle noch vor einem Jahre von ihr selbst als demagogisch abgelehnt worden wären. Schon im legten Reichstag hat die Sozialdemokratie Anträge auf Ver= staatlichung der Montanindustrie, auf Kartellfontrolle usw. gestellt. Die jetzigen Anträge befinden sich also nicht im Widerspruch zu der Haltung, die die Sozialdemo fratie früher eingenommen hat.
Die Anträge gehen allerdings wesentlich weiter als bisher. Aber neben allen anderen Gründen ist das darauf zurückzuführen, daß inzwischen die Wirtschaftskrise meiter fortgeschritten ist, die Aussichten auf Beseitigung der Krise mit fapitalistischen Mitteln von Tag zu Tag geringer werden und vor allen Dingen der Wille der übergroßen Mehrheit des Volkes nach einem sozialistischen Aus= weg aus der Krise durch die letzten Reichstagswahlen eine gewaltige Verstärkung erfahren hat. Das Programm der Sozialdemokratie, das in dem Dutzend Anträgen enthalten sein wird, das die sozialdemokratische Reichstagsfraftion am fommenden Freitag beschließen wird, soll infolgedessen zeigen, wie die Wirtschaftsfrise überwunden werden kann, die durch das Versagen des Kapitalismus zu einem immer weiteren Anwachsen von Not und Verzweiflung geführt hat.
Es ist falsch, anzunehmen, daß die Sozialdemokratie diese Anträge nur aus der Erwägung stellt, die Nationalsozialisten zu entlarven oder ein bequemes Agitationsmittel zu haben. Das Ziel der Sozialdemokratie ist vielmehr, den der Ver zweiflung nahen Volksschichten einen Ausweg aus der Wirtschaftskrise zu zeigen. Sie will ſelbſtverständlich zugleich die antikapitalistisch gesinnten Kräfte, die jetzt noch im Lager der Nationalsozialisten stehen und dort als Stügen des Kapitalismus mißbraucht werden, für sich gewinnen, um ihrem Streben die Erfüllung zu verschaffen.
Um die Deutsche Welle.
Eine Erflärung.
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Wie wir von gut unterrichteter Seite erfahren, ist in einer Unterredung erklärt worden, daß das kulturelle Programm der Deutschen Welle im Rahmen des neuen Reichssenders nicht eingeschränkt werden soll. Es soll, wie angekündigt wurde, im Gegenteil vertieft und erweitert werden. Ueber personelle Fragen ist noch nicht gesprochen worden, doch scheint festzustehen, daß der Leiter der Deutschen Welle, Dr. Schubo 3 ,. auf seinem Posten bleibt. An Stelle des im Programmausschuß ausgeschiedenen Dr. Duste ist der Intendant Christean mit der tommissarischen Wahrung der Geschäfte betraut worden. Die endgültige Regelung über die Form des Reichssenders wird in der nächsten Woche fallen. So weit die Mitteilung. Man wird abwarten müssen, inwieweit diese recht vage Versicherung mit den Tatsachen übereinstimmt. Bis
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Graf Helldorf : 3ch verlange von euch nationalsozialistischen Kämpfern die Einsicht, daß die SA. nur dazu geschaffen ist, die Politik zu unterstützen." Karlchen Miesnic:„ Verzeihung, was ist die Politif des Führers?"
„ Unpolitische Reichswehr."
Bezeichnender Zwischenfall im Ohlauer Prozeß.
regiment 11 in Ohlau kommt es zu einem charakteristischen Zwischen Bei der Vernehmung des Oberreiters Lattner vom Reiter fall. Der Oberreiter weigerte sich, dem Rechtsanwalt Dr. Braun auf eine Frage zu antworten. Darüber entstand im Zuhörerraum wie auch in den Bänken der Angeklagten große ähnliche wurden laut. Erregung. Rufe wie: die unpolitische Reichswehr " und ähnliche wurden laut.
Der Vorsitzende belehrte den Zeugen, daß er antworten müsse, falls er nicht in Haft genommen werden wollte. Darauf antwortete der Oberreiter. Er wie ein anderer Zeuge, Oberreiter Bajont, behaupten, der Angeklagte Alfred Meier sei zur Zeit der Schlägerei auf dem Ring gewesen. 3wei Beuginnen
fammen gewesen. Die eine ist mit ihm nach dem Vorort NeuBergel spaziert, die andere hat mit ihm dort getanzt. männischen Lehrling, der als Belastungszeuge auftritt, wie Auf die Frage des Borsigenden an einen 15jährigen fauf lange er schon in der Hitler- Jugend sei, erklärt er unter Gelächter der Anwesenden pathetisch:„ Ich bin in der Hitler- Jugend seit dem Geburtstag meines Führers Adolf Hitler ."
sagen dagegen aus, sie wären mit ihm nach acht Uhr abends zu=
Die weiteren Zeugenaussagen von SA. - Leuten sollen der Klärung der Vorfälle an der Postbrücke dienen. Die Aussagen widersprechen sich im einzelnen. Soweit man bisher sehen kann, dürfte sich der Vorfall folgendermaßen abgespielt haben: Nachdem der Oder wohnen, über die Oderbrücke gebracht hatten( wobei es zu etwa 300 S.- Leute eine Anzahl von Radfahrern, die jenseits der blutigen Schießerei von SA.- Leuten in die Wohnung des Arbeiters Kartus, Oderstraße 27, fam), fehrte der Trupp nach der Stadt auf den Schloßplaz zurück. Darauf setzten sich 20 bis 30 GA.- Radfahrer in Richtung Postbrücke als Vorhut in Bewegung. Ihnen folgten in einigem Abstand die SA.- Leute zu Fuß, an deren Spize Polizeibeamte gingen.
Auf der Postbrüde muß es zu einer blutigen Schlägerei mit Angehörigen des Reichsbanners gekommen sein, bei der auch der S- Mann Koniette ums Leben kam und eine Anzahl Räder ins Wasser geworfen wurde.
gen und in fürchterlicher Weise mißhandelt wurde. Es iſt nur einer großen Anzahl SA. Leuten niedergeschla= zu leicht begreiflich, daß die Nationalsozialisten ein brennendes Interesse daran haben, diesen Vorfall zu verschleiern.
Bei ihren Aussagen verwickeln sich mehrere S.- Leute in starke Widersprüche. So will der SA.- Mann Kluge nach dem Hause Steindamm 1 gelaufen sein, wo sich ein Mann versteckt hielte, der am Schloßplatz aus den Sträuchern geschossen hat. Kluge drang in das Haus ein, will aber beschossen worden sein. Sein SA.Kluge nach Steindamm 1. Daß dort geschossen worden wäre, hat er, Kamerad Kamysek gibt etwas ganz anderes an. Er ging mit der Begleiter Kluges, nicht bemerkt. Seine Angaben, er habe
den Gewerkschaftssekretär Manche bei der blutigen Prügelei dahin revidieren, Manche sei schon vor der Prügelei an der an der Postbrüde gesehen, muß er auf Borhalten des Vorsitzenden Postbrüde vorbeigegangen. Man sieht den Mienen der Richter an, schenken können. wie wenig Glauben sie den Aussagen dieser beiden SA.- Leute
Der nächste Zeuge ist der SA.- Führer von Ohlau , Kauf= mann Anton. Die Angabe dieses Ohlauer Einheimischen ist sehr wesentlich, daß er bei dem Begleittransport der 300 SA.- Leute, die die 40 bis 50 Radfahrer an die Oderbrücke brachten, völlig unbelästigt blieb. Dasselbe gibt Polizeihauptwachtmeister Heppner an, der diesen Transport durch die Oderstraße an der Spike begleitete. Als der Hauptwachtmeister an die Postbrücke kam, hörte er von links, also vom Doktordamm her, Schüsse.
Als der Arbeiter Frost mit zwei Frauen Michler und Nowad des Weges daher fam, stürzten sich SA.- Leute auf ihn und verprügelten ihn. Der Polizeihauptwachtmeister befreite ihn von
feinen Peinigern und bekam dabei selbst Schläge. Gleichzeitig mit dieser Prügelei sah er, wie auf der anderen Seite des Schloßplazausganges nach der Postbrücke hin der Gemertschaftssekretär Manche, umringt von SA.- Leuten, am Boden lag.
Die Zeugin Muche macht ihre Aussagen mit wilden, hyste= rischen Gesten. Sie demonstriert dem Gericht genau, wie jeder zugeschlagen haben soll. Sie muß auf Vorhalte zugeben, daß sie dem Angeklagten, belastet, verfeindet ist.
her hat Jeu 13 mit jeinem blind wütenden Gifer das eine Dunkel bleiben die Aussagen der SA.- Leute über den Zusammenstoß Die Beugin Anna Culch hat geſehen, wie die C2.- zeute mit
erreicht: selbst seinen Freunden wird vor ihm angst und bange. So schreibt die ,, Deutsche Tageszeitung" zur Maßregelung des bisherigen Leiters des Nachrichtendienstes Dr. Räuscher:
In diesem Fall Räuscher aber müssen wir sagen, daß uns das Objekt der Reformbestrebungen unrichtig gewählt erscheint. Die Gerechtigkeit gebietet anzuerkennen, daß Räuscher in der Leitung des Rundfunknachrichtendienstes eine wie inumer geartete parteipolitische Färbung sorgsam und bewußt vermieden hat, daß insbesondere die nicht ganz leichte Aufgabe neutraler Presseschauen auch von ihm in einer Weise gelöst worden ist, die zu Beanstandungen feinen Anlaß bot.... Sie einen Neuling auf diesem Gebiet zu übertragen, scheint uns ein nicht ungefährliches Experiment zu fein, bei dem die Hörer des Rundfunks ebenso leicht zu Schaden kommen können wie der Mann, der möglicherweise ohne genügende Bortenntnisse und Erfahrungen eine solche Aufgabe übernimmt." Man darf annehmen, daß derartige Vorstellungen Herrn Scholz, der offenbar auf eine Präsidialregierung Hitler gesetzt hatte, auch von anderer Seite gemacht worden sind. Daher offenbar die plötzliche Erklärung: die Neuregelung der Deutschen Welle" verschoben.
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Keine Abberufung Räuschers?
Zu den Pressemeldungen, daß der Leiter der Dradag, Dr. Räuscher, telegraphisch vom Urlaub zurückgerufen sei und von seiner scher, telegraphisch vom Urlaub zurückgerufen sei und von seiner Etellung abberufen würde, teilt Telunion mit, daß der Rückruf nur ein vorübergehender und deswegen erfolgt sei, weil bei der Ueberleitung der Dradag in die Reichsrundfunkgesellschaft die Anwesen heit Dr. Räuschers in Berlin dringend erwünscht ist.
Er dürfte den unterbrochenen Urlaub in allernächster Zeit wieder fortsetzen.
Staatsrat Zinn Rundfunkfommiffar der Norag. Der Senat hat im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern Staatsrat Zinn, den bisherigen Vorsitzenden des leberwachungsausschusses, zum Staatstommissar der Nordischen Rundfunk 2. G. ernannt.
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mit dem Gewerkschaftssekretär Manche. Die einen wollen Manche allein aus dem Dunkel haben hervorstürzen sehen, die anderen dagegen meinen, er sei verfolgt worden und hätte flüchtend geschossen. Das alles fann die Tatsache nicht widerlegen, daß Manche von
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Was in Deutschland wird, geht die Welt nichts an? Eine anglo- amerikanische Nachrichtenagentur hat am Dienstag behauptet, daß nach der Rückkehr des französischen Botschafters Francois- Poncet von seinem Urlaub direkte Verhandlungen zwischen Deutschland und Frankreich über die deut schen Wünsche bezüglich der Umorganisierung der Reichswehr , von der Herr von Schleicher in seiner bekannten Rundfunkrede gesprochen hat, beginnen würden. Dazu hat nun die französische offiziöse Havas - Agentur in einem Berliner Bericht Stellung genommen. Das Havas - Telegramm bestätigt die Meldung insofern, als es feststellt, daß derartige Grörterungen bereits während der Genfer Abrüftungskonferenz zwischen deutschen und französischen Sachverständigen stattge funden haben, fügt aber hinzu, daß neue Verhandlungen über tische Lage in Deutschland einigermaßen geflärt dieses Thema nur dann Wert haben könnten, wenn sich die poli= haben würde, d. h. frühestens nach dem Zusammentritt des Reichstags.
Die zuständigen deutschen Stellen wenden sich nun gegen diese Auslassungen der französischen Agentur, weil sie in dieser legten Bemerkung eine unzulässige„ Einmischung" in die innerpolitischen Verhältnisse Deutschlands erblicken. Wir fürchten sehr, daß, wenn man auf deutscher Seite mit solchen Auffassungen an derartige Verhandlungen herangeht, die an sich nicht übermäßig großen Erfolgsaussichten noch verringert werden. Will man ernsthaft den
Gummifnüppeln auf die Reichsbannerleute losschlugen. Der Natio= nalsozialist Schöps, der den Reichsbannermann Vanin belasten will, wird von ihm bezichtigt, selbst mit einem Schlagring Banin an den Hals geschlagen zu haben.
Franzosen untersagen, sich Gedanken über die fünftige Entwicklung in Deutschland zu machen? Glaubt man wirklich, daß gerade hinsichtlich der Befriedigung der deutschen militärischen Wünsche es den Derartige Betrachtungen, die in Frankreich unvermeidlich sind, von Franzosen ganz gleich sein wird, wer in Deutschland regiert? vornherein als„ unzulässige Einmischung in die deutsche Innenpolitik" zurückzuweisen, ist kurzsichtig und führt zu nichts. Wer einen positiven Erfolg solcher Verhandlungen wirklich wünscht, erkennen, daß, je mehr das Ausland Vertrauen zu den friedlichen muß auch den Mut haben, die selbstverständliche Tatsache anzuAbsichten Deutschlands haben wird, desto größer die Aussichten Deutschlands sein werden, auf dem Verhandlungswege von den einseitigen Bestimmungen des Friedensvertrages befreit zu werden.
Provokation durch Anhalt . Naziministerium verbietet Reichsflagge.
Dessau , 17. Auguft.( Eigenbericht.)
Das nationalsozialistische Anhalter Staatsministerium hat in einem Erlaß an die nachgeordneten Behörden eine Beflaggung der öffentlichen Staats- und Dienstgebäude in den Reichsfarben schwarzrotgold untersagt. Lediglich die Anhalter Landesfarben dürfen fünftig gezeigt werden,
Bolivianische Streitfräfte griffen das Fort Presidente Ayala an, wurden jedoch zurückgewiesen.