Einzelbild herunterladen
 

BERLIN Soimerstag 18. August »32

Redaktion u. Expedition: Serlin SV 68, Smbenftr.8 Tel. A7 Dönhoff 292297

Erscheint täglich außer Sonntags Zugleich Abendausgabe desVorwärts". Bezugspreis f ll r b e i d e A u s g a b e n 7Z Pf. pro Woche, S,2z M. pro Monat(davon«7 Pf. monatlich für Zustellung in- Haus) im voraus zahlbar. Postbezug z,g7 M. einschließlich 60 Pf. Postzeitung-, und 72 Pf. Postbestellgebllhren.

10 Pf. Nr. 388 B 159 49. Lahrgang

Präsident Übe beruft des Periament ein

Reichstagspräsidenk Lobe hat nach einer heute erfolgten Unterredung mit dem Reichskanzler von Papen den neuen Reichstag auf Dienstag, den 3 0. A u g u st, nach­mittags 3 Uhr, einberufen. Hitlers Tolerierungsversprechen. Negierung hält an ihrer Darstellung fest. Trotz allem Lügengeschrei der Hitler-Presse hält die Neichsregierung an der Richtigkeit der amtlichen Dar- stellung über die Besprechung Hindenburg-Papen- Meitzner-Röhm-ssrick-Hitler fest. Es wird nochmals hin- zugefügt, daß der Reichspräsident diese Tarstellung der ReichSregierung billigt. DerAngriff" wird durch Auflage genötigt werden, fein Lügengeschreibe als lügenhaft zu brandmarken. Papen und das Parlament. Mit dun Arbeitedienstprogramm will der Reichskanzler von Popen persönlich vorden Reichstag treteii Es wird weiter mitgeteilt, daß in der Besprechung des Reichsdankpräsidenten Dr. Luther mit dem Reichskabinett die beiden Standpunkte(über die 2lM) Millionen zur Industrie-Ankurbelung) einander a n g e- nähert worden seien. Die Aufnahme in den Arbeitsdienst erfolgt bis zum vollendeten 25. Jahre. Rur Führer" dürfen älter fein. Zuständig für die Auf- nähme usw. sind die Arbeitsämter.

Röhm bei Schleicher . Lakob diente um Nahel 14 Lahre. DieHamburger Nachrichten" lassen sich wie folgt vernehmen: Es liegen Meldungen vor, denen zufolge eine Aussprache zwischen Reichswehrminister General von Schleicher und dem Führer der nationalsozialistischen Sturmabteilungen, Hauptmann Rohm, stattgesunden habe. Diese Nachrichten sind zutreffend, entbehren ober jeglicher Sensation. Es ist selbswerständlich das Bestreben der Reichsregierung sowie der Nationalsozialisten, den negativen Ausgang der Verhandlungen mit dem Reichspräsidenten über die Regierungsumbildung nicht zu einer erbitterten gegenseitigen Kampfstellung werden zu lassen. Entsprechend der Mahnung des Reichspräsidenten , die Opposition ritterlich zu führen, werden auch weiterhin zwischen Regierung und Nationalsozialisten lausende Besprechungen über die politische Lage stattsinden, da nach wie vor das große Ziel bestehen bleibt, in geeigneter Form die breiten aufbauwilligen Kräfte der Rechtsbewegungen zu tätiger Mitarbeit an der Politik der Reichsregierung heranzuziehen. Oer Gast von Ooorn. Eine holländische Negierungserklärung. Die Gerüchte von einer Rückkehr Wilhelms des Letzten nach Deutschland sind neuerdings wieder lauter aufgetreten: es wird ganz bestimmt behauptet, daß dieser alte Herr sich demnächst auf einem Schloß bei K o b u r g niederlassen werde. Nun hat vor mehreren Wochen ein Sozialdemokrat im hollän- dischen Abgeordnetenhaus die Regierung wegen dieser Gerüchte besragt, und gerade jetzt hat der Ministerpräsident und Innenminister Ruys de Beerenbrouck folgende Antwort erteilt: Andere als äußerst vage nicht zu kontrollierende Gerüchte über eine Wiedereinsetzung des Kaisers in seine frühere Würde sind der Regierung nicht zu Ohren gekommen. Im Zusammenhang damit sind vorläufig auch keine Schritte unternommen worden. Die weitere Frage bezüglich der von der Regierung getroffenen Maßnahmen eigne sich nicht zur Beantwortung(?!). Die Regie- rung wiederholt die Versicherung, die sie 1320 und in den vorher- gegangenen Iahren gegeben hatte, genau darauf zu achten, daß von der dem Exkaiser in Holland gewährten Gastfreundschaft nicht ein dem L a n d e s i n t e r e ss e widersprechender Gebrauch gemacht werde. Auf die Frage eines Kommunisten bezüglich des Telegramms des Exkaisers vom IN. Juli an den Waffentag der deutschen Kavallerie hat der Ministerpräsident geantwortet, daß die Regierung dem Austreten des Kaisers die Aufmerksamkeit schenke, die es verdienet

pircards Stark bei Zürich Klug nach Süden in-15 000 Meier Höhe

Zürich , 18. August. Professor Piccard ist am Donnerstag, früh 3.V7 Uhr, vom Züricher Flugplatz Dübendorf zu seinem zweiten Ztratosphärenflug gestartet. Ter Start ging glatt vonstatten. Gegen 6.3Y Uhr befand sich der Ballon in einer Höhe von etwa 10 000 Metern. Um 7.30 Uhr wurde Pircards Ballon in der Nähe von Chur gesichtet. Wie der Ballon aufstieg. Ueher die legten Stortvorbereitungen Prof. Piccards wird noch gemeldet: Um 3 Uhr srüh wurde die Gondel unter den Ballon ge- schoben. Die Befestigung des Ventils an der Gondel nahm Professor

Lin Vorläufer Der Aufftieg Montgolsiers mit seinem Ballon vor dem fran- zösischen Hof in Versailles am 10. September 1783. Dieser Ausstieg eröffnete den Siegeszug des Ballons, der bis 1N00 die einzige Möglichkeit war, sich in die Lüste zu erheben. Piccards Fahrten haben nun wieder mit Hilfe des Ballons den einzigen Weg gewiesen, der den Menschen bisher in Stratosphärenhöhe führte. Piccord selbst vor, der sich seit 2.30 Uhr wieder auf den, Flugplatz befand, nachdem er vier Stunden in einem Schuppen der Suisse Aero geschlafen hatte. Kurz nach 3 Uhr erschien Frau Piccard mit chren vier Kindern. Mittlerweile wurde bekannt, daß auch Dr. E ck e n e r aus Friedrichshafen auf dem Flugplatz eingetroffen sei. Kurz vor 1.30 Uhr hielt Professor Piccard noch ein« kurze Ansprache an die Pressevertreter. Er teilte mit. daß K30 Kilogramm Ballast in der Gondel seien, und daß der Ballon einen Austrieb von 85 Kilogramm habe, was gerade recht sei. Professor Piccard betonte, daß lediglich technische und meteorologische Gründe ihn bewogen hätten, diesmal in Zürich zu starten. Auf eine Frage, welche Richtung der Ballon wahrscheinlich einschlagen werde, erklärte Professor Piccard, daß er dies unmöglich wissen könne. Vielleicht fliege er nach Norden, vielleicht nach Süden. Daraus wurden die Ballonpioniere oersammelt, denen Piccard seinen Dank aussprach. Sodann verabschiedete sich der Forscher von seinen Mitarbeitern und seiner Familie und stieg in die Gondel. Wenige Minuten nach 5 Uhr winkte Professor Piccard seiner Frau

und seinen Kindern zum letztenmal zu, worauf die letzten Halte» taue durchschnitt en wurden und der Ballon langsam hoch» stieg. Anfänglich zog der Ballon in nördlicher Richtung davon, in einer höhe von 1000 bis 1500 Bietern, jedoch änderte er die Richtung und wandte sich langsam nach Süden. Die ganze Nacht hindurch hatte eine wahre Völkerwanderung nach Dübendorf stattgesunden. Man zählte allein etwa 2000 Autos. Die Spannung unter den Zuschauern, die auf 30 000 bis 10 000 Personen geschätzt wurden, stieg von Minute zu Minute. Ueber dem Flugplatz lagerte im Augenblick des Auf- stiegs ziemlich dichter Nebel. Funksprüche aus der Gondel. Bern , IS. August. Aus der Gondel Piccards wurde um N.IV folgende Funkmeldung ausgesandt:Fliegen gegen Bieran, sind auf halber Distanz." Ein weiterer Funkspruch aus der Gondel lautet:hier alles gut. Messun­gen gut, höhe 1 10 0 0 bis 15000 Meter." Um 3.08 wurde der Ballon von St. Anton am Arlberg aus über dem hohen Rissler ge- sichtet. Gegen 10.15 Uhr entschwand er dann wieder den Blicken in Richtung der Silvretla-Gruppe. Zürich , 18. August. Piccards Ballon befand sich auf seinem Weiterslug gegen 11 Uhr im Gebiet der Bernina-Alpen. Kurz nach 11 Uhr überflog der Ballon den Ort P o s ch i a v o an der Bahnlinie St. Moritz Tirana in Richtung gegen die italienisch-schweizerische Grenz«. Der Ballon war sehr gut, etwa in Mondgröße zu sehen.

Nächtliche Straßenschlacht. SA. gegen Kommunisten zwei Verletzte. 3n der letzten Nacht war die B ü s ch i n g- und höchste Straße im Nordosten Berlins der Schauplatz einer blutigen Slraßenjchlacht zwischen S A.- L e u t e n und Kommunisten. 3m verlause des Handgemenges wurden mehrere Beteiligte erheblich verletzt. Kurz nach Mitternacht ertönte in der Büschingstraße plötzlich lauter Tumult. Hintereinander sielen mehrere Schüsse, und als die Bewohner erschreckt an die Fenster eilten, sahen sie auf der Straße etwa 10 bis 50 Männer, die aufeinander einHieben. Das Ueberfallkommando wurde alarmiert und die Beamten mußten den Gummiknüppel ziehen, ehe es ihnen gelang, die Gegner zu trennen. Dabei stellte sich heraus, daß sich die SA. -Leute in mehr- facher Uebermacht befanden. Mehrere Kommunisten hatten leicht« Kopfverletzungen erlitten. Zwei SA. -Leute mußten zur nächsten Aetwngsstelle gebracht werden, von wo sie nach Anlegung von Notverbänden wieder entlassen werden konnten. 3b Krakeeler, fast ausnahmslos National soziali st en, wurden von der Polizei festgenommen und der Politischen Polizei übergeben. In der Mühlen st raße wurde gegen 3 Uhr nachts ein Reichs» bannermann von Nationalsozialisten überfallen. Die SA. -Banditen raubten dem Reichsbannerkameraden Abzeichen, Koppel und Mitgliedsbuch.

Felseneck-prozeß ausgesetzt. Unter Anwendung der Notverordnung. Der Termin im Felseneck-Prozeß, der für Freitag angesetzt war. ist aufgehoben worden. Das Schwurgericht III hat den Felseneck- Prozeß vorläufig ausgesetzt und die nächste Sitzung erst für den 25. August bcstipimt. Damit wendet das Gericht die Be- stimmung der Notverordnung an, die während des Sklarek-Prozesses erlassen wurde, und die die bisher nicht zulässige Aussetzung des Strafprozesses auf 10 Tage gestattet. Das Motiv der Aussetzung ist wahrscheinlich die Tatsache, daß Rechtsanwalt Litten gegen den Gerichtsbeschluß, durch den er aus dieser Verhandlung ausgeschlossen wurde, Beschwerde beim Kammergericht eingelegt hat. Landgerichts- direktor Bode will anscheinend erst den Konflikt mit dem Verteidiger klären und Menden , ehe die Verhandlung wieder ausgenommen wird.