Nr. 393. 49. Jahrgang Sonntag, 24. August 4932
Verstaatlichung der Montanindustrie. Wir fordern sie.— Die Volkswirtschaft braucht sie.— Die Wiffenschafi rechtfertigt sie.
Die sozialdemokratische und freigewerkschaftliche Forderung nach Verstaatlichung der Montanindustrie ist auch von den christlichen Gewerkschaften ausgenommen worden und selbst in mittelständischen und liberalen Kreisen, die durchaus auf kapitalistischem Boden stehen, wird sie unterstützt. Die Mehrheit des Volkes will die Will- kürherrschaft dieser privaten Wirtschaftsmächte, die sich zu einem die Staatspolitik höchst unheilvoll beeinflussenden„Staat im Staate" entwickelt haben, nicht mehr. Die Verstaatlichung der Schwerindustrie ist nicht nur eine historische unvermeidliche Vmbaumastnahme. sondern auch eine höchst dringliche Ausgabe des Augenblicks: Nur durch einen Staatseingriff ist die schwerindustrielle Krisenbereinigung noch möglich. Selbstverständlich ist die jetzige trostlose Lage der Schwer- industrie durch die Wucht der Krise mitbedingt. Wenn aber die Lage der schwerindustriellen Unternehmungen sich so zugespitzt hat, so sind hieran in erster Linie die Fehlgriff« der privaten Wirtschaftsführung schuld. Umsonst, daß die Schwerindustrie schon immer geradezu einzigartige Begünstigungen genossen hat: immer wieder bedarf sie neuer staatlicher Hilfe. Ein paar Angaben über die Lage: Die schwerindustriellen Aktien, 1926 im Durchschnitt noch mit 36 Proz. über dem Nominalwert bewertet, haben jetzt nur noch etwa ein Fünftel ihres Nominalwertes. Auf den Unter- nehmungen liegt mit wenigen Ausnahmen eine untragbare Schuldenlast. Die kurzfristigen Schulden stiegen sprungartig von Jahr zu Jahr. Lagerbestände wurden kaum verringert; trotz der Produktionsschrumpfung sind die meisten Unternehmungen äußer st illiquide. Einige ganz große wären ohne gewährte Kredithilfe längst zahlungsunfähig. Bei den Banken sind riesige kurzfristige und verbaute Kredite eingefroren, wodurch die Kredit- gewährung an die übrige Wirtschaft natürlich schwer leidet. Die monopolistische Kartellpolitik hat die deutschen Preise für Kohle, noch stärker die für Eisen und Eisenerzeugnisse völlig von der internationalen Preisbildung losgelöst. Dem deutschen Inlandspreis für Stabeisen von 112 M. steht die Ausfuhrnotierung von 45 M., abzüglich der Frachtkosten von rund 46 M. gegenüber. Das ist zweieinhalbmal so viel wie die Welt- Marktpreise. Die deutschen Weiteroerarbeiter erhalten nur noch einen Bruchteil der Differenz vergütet. Durch Ueberteuerung wird der Inlandsmarkt schwer geschädigt, die Wettbewerbsfähigkeit der Exportindustrien empfindlich gelähmt. Die gemachten Fehler waren so schwer, daß eine ganze Reih« sehr beträchtlicher Entlastungen nichts halfen. Die Löhne sind mehrfach herabgesetzt worden. Die F ö r d e r- l e i st u n g pro Kopf und Schicht der bergmännischen Belegschaft stieg von 1356 Kilogramm im Monatsdurchschnitt 1936 auf 1656 Kilogramm im Juni 1932. Die A r b e i ts k oft e n pro Tonne Kohle sanken von 7,25 M. im August 1929 aus etwa 4 M. heute. Die Rohstoffkosten sanken rapide. Der. Schrottpreis steht auf einem Rekordtiefstand, die Erzpreise gleichfalls. Der Last der ver- brecherisch leichtsinnigen Schwedenoerträge kam die Kronen- entwertung unerwartet zugute u. a. m. Arotz aller dieser starken Entlastungen hält man die Inlandspreise zweieinhalbfach über den Weltmarktpreisen— umsonst, die zu große Schulden- last durch Fehlinvestitionen bringt nichts als Verluste. Die Abteilung Westen des Konjunkturinstituts stellte bereits für das vorjährige Geschäftsjahr bei den acht größten Kon- zernen mehr als 56 Millionen Mark ausgewiesene Verluste fest, obwohl bei diesen Gesellschaften die Abschreibungen schon um insgesamt 56 Millionen Mark gekürzt worden waren. Für 1931 ist nach allen Vorberichten mit noch wesentlich größeren Verlusten zu rechnen. Dazu kommen die unvermeidlichen Sanierungsaktionen. Bisher haben nur kleinere und mittlere Gesellschaften saniert, wo die Sanierung ganz unaufschiebbar war— der Waldhausen-Konzern. Bergbau Lothringen , Oberhütten sowie die zu Krupp gehörende Norddeutsche Hütte. Bei den drei ersten waren die Verluste geradezu furchtblar. Die Großen haben sich bisher um die Bereinigung gedrückt; mit wenigen Ausnahmen wird sich hier Aehnliches zeigen, nur in größerem Maßstab. Ueberexpansion ist die Ursache. Umsonst versucht die Schwerindustrie, die Fehlinvestitionen zu bagatellisieren, die Ueberkapazität zu bestreiten. Die Zahlen sprechen «ine unwiderlegliche Sprache: iährUche bisher er- Ausnutz.. Produkt(Brcierwitrt Leistung-- reichte höchste Grad des! Saibj. Aus- tähigkeit Iahresprod. ISZt Nutzung (in Millionen Tonnen) 16.3 1Q% 29 rund 25 (in 1666 Tonnen) Röhrenwerke.. 1866 966 50% 124 rund i.i% Selbst wenn die 1929 erreichte bisherige Höchstproduktion in inem späteren Ausschwung wieder erreicht würde, bleibt bei en Stahlwerken eine fünfzig-, bei den Walz - »erken eine hundertprozentige Ueberkapazität! In der Kohlen förderung, besonders in den Kokereien md der S t i ck st o f f Produktion ist es � ähnlich. Der bisherige iöchststand der Koksproduttion(August' 1929) nutzte die Be- eiligungsziffern nur mit 46 Proz., also noch�nicht zur Hälfte, aus. im ersten Halbjahr 1932 betrug die Ausnutzung etwa 26 Proz. Die .Frankfurter Zeitung " schätzte vor einiger Zeit die Fehlinvestitionen illein durch überflüssigen Kokereiausbau auf 366 Millionen Mark. Dieser Ueberausbau kostete gewaltige Summen. >ie größtenteils verloren, weil sie nicht oirzinsbar sind. Die Unter- uchung des Konjunkturinstituts Westen schätzt für die acht unter- uchten größten Ruhrkonzerne dieAufwendungen für Neubauten und Erweiterung der Werksanlagen von 1926 bis 1936 auf 866 Mil- ionen Mark. Diese Ziffer- scheint noch zu niedrig gegrisfen, da ein teil der Selbstsinanzierung aus den Geschäftsberichten nicht erficht- ich ist. Dazu kommen noch die Anlagenzugänge nach 1936. Man vird die Neuinvestitionen im Steinkohlenbergbau und in der Zroßeisenindustrie aller Bezirke seit 1926 mit 1,5 bis 2 Mil- iiarden Mark annehmen können. Außerdem: Schon in der
Rohstahlprodukt. ca. 23
Inflation war mit fast kostenlosen Bankkrediten ein fieberhafter Anlagenausbau erfolgt. Die% Milliarden Entschädigungsgelder wurden gleichfalls größtenteils für Werkerweiterungen noch vor 1926 verwendet. Die Feststellung ist keine Uebertreibung, daß die Schwerindustrie in der Nachkriegszeit Milliardenbeträge zum großen Teil nutzlos investierte und damit den ä r g st e n industriellen Krisenherd in Deutschland züchtete. In großem Umfang wurden fremde Mittel verwendet. Das Konjunkturinstitut errechnet für die acht gemischten rheinisch-west- sälischen Konzerne eine Schuldenlast von 1,6 Milliarden Mark, davon fast die Hälfte kurzfristige Schulden. In welcher unverantwortlich unsoliden Weise diese wirtschaftlich sinnlosen Expansionen finanziert werden, dafür zeugt der Waldhausen-Konzern, der noch 1929 mit kurzfristigen Bankkrediten Zechen- und Kokereineubauten vornahm und der heute mit einer Schuldenlast von fast 166 Millionen Mark, davon zwei Drittel kurzfriltige. auf der Strecke liegt. Seit 1926 haben allein die großen gemischten Ruhrkonzerne 356 Millionen Mark neue kurzfristige Schulden aufgenommen.„Unter den derzeitigen Schuldenverhältnissen ist die Ver- lustgefahr des Eigenkapitals besonders ernst ge- worden", so urteilt das Konjunkturin st itut! Wer hat man je ein Eingeständnis der Schwerindustrie vernommen, daß sie sich verantwortlich fühlt, wie es sich für an- ständige Kapitalisten geziemen würde? Im Gegenteil: Durch Lohn- druck und Subventionen versucht sie bis heute die Verluste auf Belegschaften und di� Allgemeinheit abzuwälzen! Das übermäßige Elend der Massen, ein großer Teil der Arbeitslosigkeit, die Löcher in der Kreditversorgung, die rückgängige Konkurrenzfähigkeit vieler
Exportindustrien gehen aus Kosten dieser schwerindustriellen Ab- wälzungsoersuche! Auch die Wissenschaft verlangk die Verstaatlichung. Im Sammelwerk des Vereins für Sozialpolitik über die öffentliche Untersuchung begründete Unioersitäts pro- fessor Ritschl diese Verstaatlichung wie folgt: „Bergbau und Schwerindustrie erfordern die Vergemein- schaftung, aber nicht bloß um dieser Schlüssel st ellung willen, sondern auch, weil hier gerade die Ueberkapazität am stärksten entwickelt und die fixen Kosten überwiegend sind... Es bleibt kein anderer Ausweg als die Aus- dehnung des gemeinwirtschastlichen Systems, die Ueberführung der Schlüsselstellungen der grohgewerblichen Produktion in öffent- liche Unternehmen, wenn dem monopolistischen Kartellwefen, das dem Verbraucherinteresse und dem volkswirtschaftlichen Gesamt- interesse widerspricht, das Handwerk gelegt werden soll. Diese Mißstände, Ueberteuerung des Verbrauchs, Verschleudern der Schätze des nationalen Bodens und des Produktes der natio- nalen Arbeit im Dumping, und unerhörte Verschärfung der Konjunkturen verlangen gebieterisch eine durch- greifende Aenderung des Systems... Der Widerstand gegen eine entschlossene Verstaatlichungspolitik des Reiches würde nicht groß sein, zumal die liberalistischen Parteien im Parlament auf geringe Reste zusammengeschmolzen sind... Der ervitternde und das Volksleben vergiftende Kampf zwischen der Arbeiter- schaft, der Großindustrie und dem Bergbau wird aushören... Diese Vergemeinschaftung des Bergbaus ließe sich in- mitten der Krise beginnen, sie würde zu der erforderlichen Preissenkung und damit zu einer starken Belebung der Produktion führen." Das ist Begründung für die Verstaatlichung der Schwerindustrie genug.
Berliner Konsum. Llmsatzsteigerung im Zuli. Die Konsum-Genoisenschosl Berlin und Umgegend erzielte im Monat Juli 1932 einen Gesamtumsah von 3 582 475,37 Mark, was gegenüber dem Vormonat eine kleine Steigerung bedeutet. Die konsumgenossenschastliche Sparkasse konnte im Lause des Monats 149 neue Sparbücher ausstellen und 235 827,38 Mark Einzahlungen entgegennehmen. 1652 Haushaltungen schlössen sich im Juli der Berliner Verbraucherorganisation an. eine bedeutende Zunahme gegenüber den Vormonaten. Im Geschäftsjahr 1931 32 betrug der Gesamtumsah 57 266 697,41 Mark. Berücksichtigt man bei der Betrachtung dieses Ergebnisses die erheblich gesunkene Sauskraft gerade der arbeitenden Bevölkerung und die seit dem Vorjahre eingetretenen Preisrückgänge, so ist die wertmäßige llmsahverminderuag gegenüber dem voraus- gegangenen Geschäftsjahr als natürlich anzusprechen.
Ltm Belgiens Kohleneinfuhr. Neue Verhandlungen zwischen Belgien und Oeukschland. Wer geglaubt hatte, daß der Abschluß des Vertrages von Duchy zwischen Belgien , Holland und Luxemburg , der den schritt- weisen Abbau der Zollmauern zwischen den Vertragsländern vor- sieht, einen Wendepunkt in der europäischen Handelspolitik zum Freihandel hin bedeutet, der sieht sich bitter enttäuscht. Belgien macht zur Zeit die größten Anstrengungen, seine Einfuhr durch schärfere Kontingentierungen zu d r o s s e l n. Es verhandelt nicht nur um eine Herabsetzung der Kohleneinfuhr, sondern auch die Ein- fuhr von Holz, Automobilen und Filzen soll beschränkt werden. Von Deutschland war bekanntlich auf einer Kölner Konferenz verlangt worden, einer Halbierung des Kontingents für die Ruhrkohleneinfuhr zuzustimmen. Die belgischen Kohlenproduzenten wollen gerade die Zeit des Bergarbeiterstreiks benutzen, ihre Halden- bestände zu verkaufen und sich finanziell zu entlasten. Die deutschen Vertreter forderten, daß die belgische Regierung Einfuhr von Kohlen nicht st ä r k e r als die belgische Kohlenproduktion einschränken sollte. Nach Abbruch der Kölner Verhandlungen tauchten Nach- richten auf, daß die belgische Regierung ohne Rücksicht aus die bestehenden Abmachungen die Kohleneinsuhrkontingente herabgesetzt habe. Diese Nachrichten werden dementiert. Vielmehr werden in den nächsten Tagen in Brüssel Verhandlungen zwischen Ver- tretern beider Regierungen über die Frage der deutschen Kohlen- einfuhr nach Belgien stattfinden.
Deutschlands Krastfahrzeugproduktion. Starker Rückgang gegenüber Vorjahr.- Günstige Eni« Wicklung der Ausfuhr. Im ersten Augustheft von„Wirtschaft und Statistik" werden die Ziffern für die deutsche Krafsahrzeugproduktion im ersten Halbjahr 1932 gegeben. Danach wurden 22 116 Personenwagen hergestellt, das find etwa 4 6 Proz. weniger als zur gleichen Zeit des Vorjahres. Die Produktion von Lastwagen(3928 Stück) ist gegenüber dem Vorjahre sogar um mehr als die Hälfte zu- rllckgegangen. Wie sehr der Absatz von Kraftsahrzeugen von der Entwicklung der Kaufkraft abhängig ist, zeigen die Ziffern für die Produktion von Krafträdern. Die Herstellung von Großkrast- rädern(6666 Stück) ist nämlich auf die Hälfte zurückgegangen, aber die von steuerfreien Kleinkrafträdern hat sich mit 18 165 Stück a u f der Vorjahrshöhe gehalten. Da der Gesamtabsatz von Kraftfahrzeugen in Deutschland seit 1936 ständig noch st ä r k e r als die deutsche Produktion gesunken ist, ist der Anteil ausländischer Fabrikate im deutschen Gesamtabsatz dauernd gesunken. Dagegen hat sich die deutsche Ausfuhr gün- stig entwickelt. Die Ausfuhr von Personenwagen erreichte mit 4222 Stück fast ein Fünftel, die von Lastkraftwagen(1619 Stück) mehr als ein Viertel der deuffchen Produktion. Die Ausfuhr von Krafträdern ist mit etwa 6 Proz. der Produktion ziemlich be- deutungslos. Wie stark infolge des Kaufkraftschwundes der Zwang, zu kleinen und billigen Fahrzeugen überzugehen, war, zeigt sich darin, daß 5l Proz. der deutschen Personenwagenproduktion auf die klein- sten Wagen mit 1,5 Liter Hubraum und rund 96 Prozent aus
alle Kleinwagen bis 2 Liter Hubraum entfielen. Auch bei Last- und Lieferwagen kamen zwei Drittel der Produktion auf die leichten Fahrzeuge bis zu zwei Tonnen Eigengewicht. In der Kraft- radindustrie kommen 75 Proz. auf die steuerfreien Kleinkrasträder. Um so befremdlicher wirkt ein Beschluß der Kraftsahrzeugprodu- zenten, die Preise für die schweren Motorräder zu erhöhen.(!!) Als ob deren Absatz dann nicht noch stärker— von 1931 zu 1932 hat er sich halbiert— sinken muß, da dann noch mehr Interessenten zu den kleinen und billigen Krafträdern übergehen.
Das Flickwerk von Ottawa . Schwierige Verhandlungen bis zum Schluß der Konferenz. Am Sonnabend ist die R e i ch s k o n f e r e n z des Britischen Empire in Ottawa feierlich beschlossen worden. Nachdem England mit den übrigen Dominien schon zu einer Einigung gelangt war, wurde Freitagabend das Abkommen zwischen England und Kanada , von dem allein der Erfolg der Konferenz abhing. abgeschlossen. Am Sonnabend wurden die Verträge von den Ver- Handlungskommissionen Englands und der Dominions unter- zeichnet. Bekanntgegeben wird aber der Inhalt der Verträge erst dann, wenn die Parlamente die Ratifizierung vorgenommen haben. Darüber können noch Monate vergehen. Das Ergebnis der Verhandlungen der Reichskonferenz bedeutet nach den Worten der Londoner „Financial News" eine starke Er- nüchterung für diejenigen, die einen großangelegten Plan für die Verwirklichung der Wirtschaftseinheit des englischen Weltreichs erhofft hätten. Ein anderes Blatt bezeichnet die Ergebnisse der Konferenz einfach als„Flickwerk". Die Verhandlungen mit Kanada gestalteten sich bis zum letzten Augenblick außerordentlich schwierig. Kanada hatte von England verlangt, daß dieses sein Handelsabkommen mit Ruhland kündige, um Kanada größere Vorteile, besonders in der Einfuhr von Weizen und Holz, einräumen zu können. Schließlich hat man sich dahin ge- einigt, daß England versprach, mit schärferen Mitteln gegen das Dumping vorzugehen. Daß mit diesen Dumping-Abwehrmaß- nahmen in erster Linie der russische Handel getroffen werden soll, geht aus der merkwürdigen Definition des Wortes Dumping hervor, die die Konferenz festgestellt hat. Danach ist Dumping„das Ergebnis eines ständig kontrollier- ten Handels", womit nur das russische Außenhandelsmonopol gemeint fein kann. Auch die Hoffnung, den englisch -irischen Zollkrieg durch Verhandlungen der Delegierten beider Länder in Ottawa beilegen zu können, hat sich nicht erfüllt. Da der Inhalt der in Ottawa getroffenen Vereinbarungen nur sehr unvoll st ändig bekannt ist, kann man vorläufig die Trag- weite des Konferenzergcbnisses nicht überblicken. Soviel ist sicher — das Ergebnis ist noch magerer als der größte Pesiimist er- warten konnte. England hat große Opfer bringen müssen; die dafür erreichten Vorteile sind sehr problematischer Natur. England hat den Dominien in der Butter-, Käse- und Bier- einfuhr Vorzugszölle zugestanden. Kanada besonders mußte eine bevorzugte Behandlung in der Holz- und Weizeneinfuhr ver- sprochen werden. Die Folge davon wird sein, daß England auf seine Weizeneinfuhr Zölle erheben muß, die eine Verteuerung der Lebenshaltungskosten nach sich ziehen. Es ist den eng- lischen Unterhändlern allerdings gelungen, Fleischzölle für England zu vermeiden.. Aber doch nur so, daß sie eine K o n t i n g e n- t i e r u n g der Fleffcheinfuhr versprachen, bei der die Dominions bevorzugt werden. Den Hauptnachteil dieser Regelung dürft« Argentinien , der beste Kunde für englische Fertigwaren, davontragen. So bilden die Beschlüsse der Konferenz von Ottawa eine schwere Gefahr für den englischen Fertigwarenexport. Die deuffche Sleinkohlensörderung ging im Juli auf 8,15 gegen 8,18 Mill. Tonnen im Juni zurück. Di« Kokserzeugung sank von 1,55 auf 1,51 Mill. Tonnen. Im Braunkohlenbergbau brachte die Förderung in Mitteldeutschland und im Rheinland von 9,68 Mill. Tonnen Rohbraunkohle(16,25 Mill. Tonnen) und die Briketterzeu- gung von 2,57(2,86) Mill. einen neuen Tiefstand. Großhandelsindex weiter gesunken. Die vom Statistischen Reichs- amt für den 17. August errechnete Indexziffer der Grohßhandcls- preise ist mit 95,6(1913~ 166) gegenüber der Vorwoche(95,8) um 6.8 Proz. gesunken. Preisrückgänge waren vor allem bei landwirt- schaftlichen Erzeugnissen und bei industriellen Fertigwaren zu ver» zeichnen.