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Rechtsanwalt Freister! Das Musterexemplar eines Volljuristen. Mne besondere Zierde der nationalsozialistischen Landtags- fraktion in Preußen ist der Abgeordnete Rechtsanwalt Freister. Dieser Abgeordnete, dessen Name stets mit dem schmutzigen Antrag gegen die Ehre der Frau des ehemaligen Vize- Polizeipräsidenten Weiß befleckt bleiben wird, ist der Vorsitzende des Rechts-Untersuchungsausschusses im Preußischen Landtag, des söge- nannten Zarnow-Ausschusses. In dieser Eigenschaft hat sich Herr Freisler jetzt einen Willkürakt geleistet, der auch in der parlamentarischen Geschichte der Nationalsozialisten seinesgleichen sucht. Herr Freisler hat den Ausschuß für den 2. und 3. September nach Beuthen einberufen, damit er sich dort an Ort und Stelle m i t dem Todesurteil des Beuthener Sondergerichts befassen soll. Mit der den Nationalsozialisten eigenen Unverschämtheit setzt sich Herr Freisler über alle verfassungsrechtlichen und geschäftsordnungs- mäßigen Schranken, die dieser Einberufung entgegenstehen, hinweg. Wie die übrigen Fachausschüsse, erhält auch der Zarnmv-Aus- schuß seine Aufgaben vom Landtagsplenum überwiesen. Er hat sich mit bereits abgeschlossen en Justizfällen, für die eine Landtagsmehrheit eine Untersuchung als notwendig erachtet, zu befassen. Freisler kommt es aber gar nicht daraus an, unter Um- stärtben auch in ein noch schwebendes Verfahren einzugreifen. In der Sitzung des Preußischen Landtages vom 27. Mai dieses Jahres verlangte derVollfursst" Freisler, daß der Landtag ohne jede Sachkenntnis nur auf ein von ihm verlesenes Telegramm hin zwischen den Anträgen des Staatsanwalts und der Urteilsfällung des Schwurgerichts in der Hückeswagener Mordsache eingressen solle. Dieser würdigeRechts- Vertreter" erklärte damals mit überlaufender Pathetik, daß soeben der Staatsanwalt Zuchthausstrafen von 7 bis 9 Jahren gegengänz- lich unschuldige Nationalsozialisten" beantragt habe, die nurin Notwehr gehandelt" hätten. Aus diese Angaben hin, die bereits 24 Stunden später durch das Gerichtsurteil glatt widerlegt wurden, sollte der Landtag durch eine Demonstration einen Druck auf das Schwurgericht vor der Urteilsverkündung ausüben. Man braucht sich nicht auszumalen, was nach diesem schönen Austakt ein zur Gewohnheit werdendes Eingreifen der National» soziallsten in schwebende Verfahren für Folgen in der Recht- sprechung nach sich ziehen müßte. Es würden dann nur noch Urteils gefällt werden, bei denen es nach dem Patentvorfchlag des nationaffozialistischen Oberstaatsanwalts von Steinäcker nur aus die Gesinnung und nicht auf die Tat ankommt. Uebrigens sind wir neugierig zu erfahren, wer von den Aus- schußmitgliedern ohne Beschluß des Ausschusses dem Ruf nach Beuthen Folge leisten würde!

Bayern für die Verfassung. Held hat«6 Pape» und Gayl verdeutlicht. München , 24. August. Die bayerische amtlich« Pressestelle teilt mit: Ministerpräsident Dr. Held hatte in Berlin eine Aussprache mit Mitgliedern des Reichskabinetts über die Frag« der Reichsresorm. Die Aussprache war oeranlaßt durch die Rede des Reichstnnen- Ministers auf der Versassungsfeier 1932, worin die Reichsregierung ihren Entschluß ankündigte, alsbald ein« Verfassungs. und Reichsrcform in Angriff zu nehmen. Die Forderungen Bayern , verlangen vor allem, daß eine Reu- ordnung der verfassungsrechtlichen Verhältnisse nur auf dem unbestrittenen Boden des Rechts angebahnt wird. DieBayerische Staatsztg." berichtet Einzelheiten der Unter- redung. Danach hat Dr. Held zum Thema Reichsreform, besonders zu den Bestrebungen nach Beseitigung des Dualismus zwischen dem Reich und Preußen die Vorbehalte im einzelnen erläutert, die vom süddeutschen Standpunkt aus berücksichtigt werden müßten. Er hat nachdrücklich betont, daß die bayerische Staatsregierung keinesfalls irgendeiner Maßnahme zustimmen werde, die sich nicht streng im Rahmen der Reichsverfassung halte, und er hat ferner betont, Bayern könne im Reichsrat an der Lösung des preußischen Problems nur unter der vor- aussehung aktiv mitwirken, daß die von Bayern für erforder- lich gehaltenen verfassungsmäßigen Garantien für die süd-' deutschen Länder in vollem Umfange geschaffen werden. Die Anschauungen der bayerischen Staatsregierung seien in einer vertraulichen Denkschrift zusammengefaßt, die dem Reichskanzler und dem Reichsinnenminister überreicht und auch den anderen süd- deutschen Regierungen sowie der sächsischen Regierung von München au » unmittelbar zugestellt worden ist. Der bayerische Ministerpräsident habe schließlich keinen Zweifel daran gelassen, daß die bayerische Regierung sich auch in bezug auf den Reichstag nicht in der Lage sehen werde, irgendeiner Maßnahme, die mit der Verfassung nicht in Einklang stehen sollte, ihre positive Zustimmung zu geben.

Gorguloff irrsinnig. Die Gerichtsärzte gegen Hinrichtung. Paris , 24. August.(Eigenbericht.) Die Gattin des Präsidentenmörders Gorguloff hat in einem Antrag an den Justizminister die Revision des Prozesses gefordert unter' der Begründung, daß Gorguloff im Gefängnis inzwischen vollkommen irrsinnig geworden sei. Die französische Liga für Menschenrechte verlangt in einer Eingabe an den Präsidenten dT Republik die Begnadigung des Mörders aus dem gleichen Grunde. Die drei Acrzte, die im Prozeß zum großen Teil noch die volle Verantwortlichkeit des Mörders betonten, haben in einem Schreiben an d«n Verteidiger Gorguloffs erklärt, der Geisteszustand des Mörders habe sich in der Haft so verschlimmert, daß man von vollständigem Wahnsinn sprechen könne. Zwei dieser Aerzte de- tonen, vor ihrem Gewissen nicht verantworten zu können, wenn Gorguloff trotzdem hingerichtet würde. Unter Spionagebeschuldigung verhaftet wurden in Konstanza (Rumänien ) zwei Molrosen des deutschen DampfersR ü r n- b e r g". der vor zwei Tagen aus Odessa nach Konstanza ge- kommen ist. Adolf darf nach Wien . Das Wiener Naziblott berichtet, daß der Ministerrat beschlossen hat, �Hitler die Einreisebewilligung für den yj. und 18. S:p:ember zum Parteitag zu erteilen. Der Boykottausruf gegen Danzig ist entsprechend dem neuen Danzig -Polen -Abkommen vom polnischen Westmartenverein zu- rückgezogen worden.

Ja, Hitler, das ist was anders!

Halt! Halt!- Go war das nicht gemeint!"

WirtschastlicheKatastrophenpolitik? Zum Personenwechsel im �eichswirtschastsministerium.

In den Aemtern des Reichswirtsclsaftsministeriums sind Veränderungen erfolgt, die von höchster wirtschafts- Politischer Bedeutung zu sein scheinen. Der bisherige Staatssekretär Dr. Trendelenburg hat dem Reichspräsidenten seinen Rücktritt erklärt und ist verabschiedet. Sein Nachfolger ist ernannt. Es ist Gehcimrat Schwarzkops, Direktor der Landeskreditkasse in Kassel , im alten System Re- gierungsrat im Reichsnnanzministerium. In Trendelenburg sst die deutsche Handels- und Wirffchastspolitik vor der Durchsetzung der Autarkietendenzen verkörpert. Schwarzkopf war der persönliche Referent des deutschnationalen Kriegsfinanzmimstcriums Dr. H elf strich. Schwarz köpf dürste auch heule der Deutschnatio­nalen Partei noch angehören. Weiter: Zurückgetreten ist ebenfalls Ministerialdirektor Josten, der Leiter der K a r t e l l st e l l e im Reichswirffchasteministerium und Referent auch für schwcrindustrielle Kartellpreissragen und entsprechende Untersuchungen bei den Eisen- und Kohlenoerbänden. Daß Ministerialdirektor Dr. Posse, bisher v e r o n t- w o r t l i ch e r Leiter der deutschen Handelspolitik und Vertreter Deutschlands bei allen wichtigen internationalen Wirt­schaftskonferenzen und bei allen Handelsoertragsverhandlungen, aus seinem Amte ausscheiden will, wird behauptet und scheint nicht un- wahrscheinlich. Der jetzige Reichswirtschajtsminister Dr. Warm- bald hat diese aus dem Reichswirffchaftsminssterium ausscheidenden Exponenten der bisherigen wlrtschajls- und handelspolitischen Tradition jedenfalls auch nicht-halten wollen. Das sind Tatsachen.. Ueber die Gründe dieses Personalwechsels liegen keinerlei amtliche Erklärungen vor. Anscheinend offiziös berichtet dieTelegraphen-Union", daß Meinungsverschieden- Helten zwischen dem Minister und seinem Staatssekretär be- standen haben, die ober Nicht die Richtung der in der Wirffchafts- Politik zu beschreitenden Wege, sondern nur das Ausmaß und das Tempo der beabsichtigten Maßnahmen betreffen. Autarkietendenzen würden nach wie vor im Reichswirtschaftsministerium abgelehnt. Diese Erklärung besagt nicht viel, denn Autarkietendenzen war- den auch bisher schon vom Reichswirtschaftsministerium zum Teil mitgemacht, und es genügt, daß Meinungsverschiedenheiten über Ausmaß und Tempo bestanden. Wir hören auch von Möglichkeiten rein persönlicher Gegensätze zwischen dem Minister und seinem ersten Gehilfen, doch gibt es hierfür keinerlei Kontrolle. Die meisten Zeichen sprechen aber dafür, daß in dem durch- geführten Personalwechsel«in Systomwechsel in den Grundlinien der Wirtschastspolltik sich ausprägt. Trendlenburgs Rücktritt, Jostens Abgang und Posse» Amtsmüdigkeit treffen mit der Taffache zusammen, daß Reichs- kanzler von Papen am Sonntag auf einer agrarischen Tagung in Münster sein Wirffchaftsprogramm bekanntgeben will. Das ist kein Zufall. Don diesem Programm wird gesagt, daß es die F ö r- derung der Landwirtschaft bis zur enffcheidenden Um- stellung der deuffchen Wirffchastspolitik auf die Binmenmartt- orientierung vorsieht. Es wird weiter gesagt, daß zugunsten der Landwirtschaft auch generelle Zinssenkungsmaß- nahmen geplant feien, wie sie vom Reichssandbund und auch vom Deutschen Landwirrschaftsrat verlangt worden sind und in der Linie der Politik Hugenbergs liegen. Vom Reichswirtschastsminister Warmbold ist bekannt, daß er kein starker Mann ist und seine engen Bindungen an die Landwirtschaft(Stickstosfsyndikat und Stickstosfindustrie) in seiner Tätigkeit nie verleugnen konnte. Daß i» dieser Richtung liegende Wünsche der Schwerindustrie und der Croßchemie in der Kartell- stelle des Reichswirtschastsministeriums einen gewissen Wider- stand gefunden hätten, halten wir für sicher. Warmbold wird den Anforderungen, die an ihn gestellt worden sind und die der Tradition des Reichswirffchaftsministeriums zuwiderlaufen, kaum genügend Widerstand haben entgegensetzen können oder wollen. Wenn daher auch persönliche Gegensätze und Meinungsverschieden- heilen zur Erklärung der Rücktritte herangezogen werden, so haben diese persönlichen Differenzen eben ihr« Ursache in sachlichen Differenzen. Der Charakter der Streitfragen ist für die zukünftige deutsche Wirtschaflsenlwickiung schlechthin lebenswichtig. Wenn die deutsche Wirffchafts- und Handelspolitik grundsätzlich bis zur vorwiegenden Binnenmarkt- orientierung geändert«erden soll, wenn man an eine generelle

Zinssenkung im Interesse der Landwirtschaft ernsthast denkt, dann steht für die deutsche Oeffentlichkeit da» Zeichen auf Groß- a l a r m. Daran würde auch dadurch nichts geändert, daß im Rahmen dieser Ziele gewisse planwirtschaftliche Tendenzen mit ver- folgt werden würden. DieDeutsche Tageszeitung", das Blatt der Junker, schreibt zum Rücktritt Trendelenburgs:Wir würden das Verschwinden dieses Staatssekretärs, der zuzeiten dank seines starken Rückhalts in der Industrie stärker als sein Chef sein dürfte(!), begrüßen als ein hoffnunggebendes Signal für ein« neue nationale Handsls- und Wirtschaftspolitik." Eine nachhaltige Förderung der deutschen Wirtschaft, die Heilung der gemeinsamen Rot, könne nur von inney heraus, in erster Linie von der Land- Wirtschaft her, betrieben werden." Diese Begleitmusik ist deutlich genug. Die gesamte oerarbeitende Industrie, alle Politiker von Augen- maß und Eharakter, fast die gesamte Wirffchoft kämpfen gegen die Tendenzen, die von der Regierung Papen offenbar verfolgt werden. In de» Weltwirtschost scheint sich ein Umschwung zum Besseres anzubahnen! Es ist eine Lebensfrage für Deutschland es wurde schon unendlich viel versäumt in dieser Richtung, den Anschluß an einen beginnenden weltwirtschaftlichen Umschwung gut vor- bereitet zu suchen. Jede Arbeitsbeschaffung bleibt Wahnwitz, wenn sie nicht dieser Vorbereitung des Anschlusses an eine weltwirffchaft- schaftliche Besserung dient. Wenn die Reichsregierung vollendete Tatsachen schaffen würde, mit denen der Kurs der bisherigen Wirt- schofts- und Handelspolitik nicht nur ausnahmsweise, sondern ganz grundsätzlich verlassen wird, dann würde sie wirtschaftliche Karastrophenpolitik betreiben. Sie stützt sich heut« besten- fall» auf die Deutschnationale Partei, d. h. auf ein knappes Fünf- zehntel des Reichstags. Gerade daraus sollte sie ihre Absichten, bevor Tatsachen geschaffen werden, mindestens zur öffentlichen Dis- kussion stellen I Ganjurjo vor Gericht. Todesstrafe beantragt. Madrid , 24. August. Die Führer des jüngsten Monarchistenputsches standen heute vor ihren republikanischen Richtern. Der Hauptangeklagte, General S a n j u r j o- Sevilla, gab zu, den Aufstand schon vor länger als einem Monat beschlossen zu haben. Als Grund behauptete er fort- gesetzte Verleumdungen des Heeres, über die in allen spanischen Garnisonen, namentlich in Sevilla , starke Erregung geherrscht habe. Er habe bereits vor anderthalb Monaten beim Kriegsminister mündlich dagegen protestiert und ihm mitgeteilt, daß die Armee sich durch gewisse Aeußerungen, die der I u st I z m i n i st e r in einer öffentlichen Kundgebung getan hätte, beleidigt fühle. Von der Vorbereitung einer Revolutionsbewegung in Madrid habe er zufällig Kenntnis erhalten und sei daraufhin am 19. August in Begleitung seines Sohnes und Adjutanten abgereist. Sanjurjo leugnete jegliche Verbindung zwischen den Aufstands- bewegungen von Madrid und Sevilla . Er wollte auch über die Teilnehmer der Bewegung keine genauen Angaben machen können. Der Generalstaatsanwalt beantragte gegen General Sanjurjo die Todes st rafe und gegen die drei übrigen Angeklagten lebenslängliches Zuchthaus. * Die Verhandlung gegen General Sanjurjo und die übrigen drei Angeklagten verlief sehr ruhig. Der Staatsanwalt legte dar, daß sich die Angeklagten der vollendeten Militärrebellion schuldig gemacht hätten, für die das Strafgesetz nur die Todes- strafe kenne. Sanjurjos Verteidiger versuchte nachzuweisen, daß es sich nicht um eine vollendete Militärrebellion handelt, da die Ereignisse ohne Blutvergießen abgelaufen seien. Es komme höchstens lebenslängliche Hast in Frage. Das Gerichtsgebäude wird außer- ordentlich st a r k bewacht. In Sevilla sind neuerdings zahlreiche Verhaftungen vorge- nommen worden, darunter des früheren liberalen Abgeordneten La Borbolla. der gegenwärtig der Radikalen Partei angehört. Neuer Offiziersputsch rasch liquidiert! Information" berichtet aus Madrid , daß in der Provinz A l a o a von Offizieren eine neue Aufftandsbewegung vor- bereitet, jedoch im Keime erstickt worden sei. Unter den Der- hasteten soll sich der jüngste Sohn Primo de Riveras, ein Flieger­hauptmann, befinden.