„Wehrhoheit"' etwas ganz anderes als die sorgsam abgesteckten Pläne von Schleichers, und was die Arbeiterklasse betrifft, wird sie sich schwer hüten, gerade in solchen Problemen, die übrigens nicht nur außenpolitischer Natur sind, eine Blankovollmacht denen zu geben, die sich eingestan- denermaßen nur auf die Macht der Bajonette stützen und die bisher den Beweis dafür schuldig geblieben sind, daß sie diese Macht wirtlich unparteiisch anzuwenden gewillt und fähig sind! Führender pariser Politiker besucht Papen und Schleicher . Paris , 25. August.(Eigenbericht.) Wi« Havaz aus Berlin meldet, ist am Donnerstag der fran- zöstsche Abg. Fribourg , der Berichterstatter für Mitteleuropa in der auswärtigen Kammerkommission, in Berlin zunächst von dem Staatssekretär im Auswärtigen Amt von B ü l o w, dann vom Reichskanzler v o n P a p e n und schließlich vom Reichswehrminister von Schleicher empfangen worden. Die Unterhaltungen drehten sich um die„wichtigsten deutsch -französischen Problem«, insbesondere die Frage der militärischen Gleichberechtigung". Die Be- sprechungen seien„von dem lebhasten Wunsch nach gegenseitigem Verständnis für die besondere Lage jedes der beiden Länder ge- tragen" gewesen._______ Der Staat der Reichen. Kapitalistische Offenherzigkeiten über nationale Gefühle. In der„Deutschen Bergwerks-Zeitung", dem Organ der Schwer- industrie, wird ein holländischer Wirtschaftsbrief veröffentlicht, der sich stark mit innerpolitischen deutschen Fragen beschäftigt und der einige Sätze enthält, die für das Nationalgefühl dieser„ausbauen- den Kräfte" so kennzeichnend sind, daß sie einer breiten Oessentlich- teit nicht vorenthalten bleiben dürfen. Der Amsterdamer Mitarbeiter der Bergwerkszeitung spricht von den Plänen, das W a h l r e ch t zu ändern und ein Oberhaus einzu- setzen. Dabei wird nicht nur gesagt, daß das Wahlrecht der Jugend- lichen sich nicht bewährt habe, sondern auch, daß das Stimm- recht der Unterstützungsbedürftigen einen unberech- tigten Einfluß gewonnen habe, und dann heißt es weiter: „Die neuen Herren wollen hierin eine Neuordnung: da keine gesetzliche Mehrheit dafür zu finden sein wird, so wird, wie das preußische Herrenhaus durch Kabinettsorder entstand, eine Not- Verordnung die Veränderung bringen. Wenn nun die Arbeiterschaft, der kein denkender Mensch die Mitarbeit am Staat nehmen will, darob klagt, so muß hier eine Wahrheit gesagt werden: Man regiert kein Common�vesltK, kein Reich, kein„Rijk" gegen die Besitzenden, nur zugunsten der wirtschaftlich Schwachen. Mit dem gemeinsamen Belang am Besitz fällt das wichtig st e Band(im Original gesperrt. D. Red.), das die Einwohner eines Zollgebietes umschlingt. Noch einige Jahre, dann wären Industrie, Händel und Hausbesitz nicht mehr in der Lage gewesen, die notdürftigsten Steuern aufzubringen, die das Staatsleben in seiner heutigen Form verlangt. Wir sagten schon vor einigen Monaten, daß das Häuflein der Besitzenden, das fort- während angezapft wurde, immer dünner würde. Wenn nun wieder das Reich von den„Reichen" regiert wird, so haben sie von vornherein mit minder Mißtrauen seitens der außerhalb der Regierung stehenden zu kämpfen, als wenn das Reich von Besitzlosen oder fast Besitzlosen betreut wird." Wir wollen nicht bezweifeln, daß es In diesen Fragen auch holländische Pseffersäcke geben mag, die ebenso denken wie deutsche Schwerindustrielle. Nationale und staatliche Zusammengehörigkeit wird für sie zur Gemeinsamkeit der„Einwohner eines Zollgebietes", und das wichtigste Band, das die Nation zusammenhält, ist„der ge- meinsame Belang am Besitz". Hier wird es brutaler als sonst üblich ausgesprochen, daß das Kabinett der„nationalen Konzentration" den Staat der Reichen aufbauen will. Gegenüber dieser unverhüllten Klassenstaatsideologie, die das Blatt der Schwerindustrie als„Wahrheit" verkündet, wird die Arbeiterschaft nicht aufhören, für einen Staat zu kämpfen, der das gemeinsame Band der Nation nicht in Besitzbelangen, sondern in sozialer und kultureller Gemeinschaft erbkickt. Dazu gehört frei- lich ein Reich, das nicht von den„Reichen" regiert wird, sondern auf dem Boden der Demokratie von den Vertretern aller arbeiten- den Kräfte der Nation. Alierspräsidentin: Clara Zetkin . Formelle Erklärung der kommunistischen Fraktion. Die kommunistische Reichstagsfraktion hat dem Präsidenten Löbe jetzt formell mitgeteilt, daß als ältestes Mitglied des neuen Reichstags die kommunistische Abgeordnet« Frau Zetkin am 30. August zur Eröffnung des Reichstags erscheinen und die Funk- tionen der Alterspräsidentin ausüben werde.
Nie„�ote Fahne" verboten. Auf die Dauer von acht Tagen. Der Polizeipräsident von Berlin hat die„Rote Fahne" für die Dauer von acht Tagen bis einschließlich 2. September, ebenso wie die im gleichen Verlage erscheinenden Kopfblätter und etwaige Ersatzzeitungen, verboten, Das Verbot gründet sich auf den Artikel am Donnerstag über die erste Verhandlung des Sondergerichts, in dem schwere Vorwürfe gegen die Reichsregierung erhoben werden. Gkagerrakskandal in Halle. Beim Einzug einer Reichswehrabteilung. halle, 25. August.(Eigenbericht.) Den Einzug einer Abteilung des Artillerieregiments 4 in Halle benutzten heute die Nationalsozialisten zu lärmenden Kundgebungen und Anbiederungen an die Soldaten, ganz nach dem Muster der Skagerrakdemonstration am 31. Mai in Berlin . Auch in Halle mußte die Schupo mit dem Gummiknüppel gegen die.Lameraden" der Mörder von Potempa vorgehen. Schließlich mußte sogar berittene Polizei eingesetzt werden, um di« Straßen von den Hakenkreuzdemonstranten zu säubern. Zahl- reiche Demonstranten wurden oerhaftet.
„Du Lump, mach dich fertig!" Morddrohungen gegen Genossen Frölich. Weimar , 25. August.(Eigenbericht.) In der Nacht zum Donnerstag um 11� Uhr wurde der Reichs- tagsabgem:dnete Frölich, der auch Vorsitzender der sozialdemo- kratischen Landtagssraktion in Thüringen ist, in seiner Privat»
Eberswalde , 25. August.(Eigenbericht.) Wie bereits gemeldet, begann am Donnerstag vor der Großen Strafkammer in Eberswald« der Prozeß wegen der am Wahltage in Finow erfolgten politischen Zusammenstöße. Nachdem zur Nachmittagssttzung für den spurlos v« r- fchwundenen Schöffen ein anderer herbeigeholt worden war, wurde die Verhandlung, zu der sich mehrere hundert Zuschauer eingesunden hatten, eröffnet. Einer der Angeklagten, der viel- genannte SA.- Führer Schimanski, gegen den wegen schweren Einbruchsdiebstahls und verbotenen Waffenbesitzes meh- rere Verfahren schweben, hat sich der Verhandlung durch die Flucht entzogen. Gegen ihn wurde Hastbesehl erlassen. Nach der Vernehmung der Angeklagten, die sich durch die Aus- sageoerweigerung einzelner Nationalsozialisten oft recht dramatisch und schwierig gestaltet«, haben sich die Vorgänge am letzten Wahl- tage in Finow wie folgt zugetragen: Etwa 15 Reichsbannerleute, die kurz nach Mittag in kleineren Gruppen friedlich an der Geschäfts- stell« der Nationalsozialisten vorbeimarschierten, wurden plötzlich von 25 SA.-Männern angegriffen und mit Schlagringen, Tot- schlägern und Brechstangen bearbeitet, so daß. mehrere Reichsbannerleute schwer verletzt wurden. Als die Finower Bevölkerung, die sich inzwischen vor dem nationalsozialistischen Parteihause angesammelt hatte, gegen die schießwütigen Nazis«ine drohende Stellung einnahm, gaben die SA.-Leute aus ihrem Lokal etwa 10 bis 15 Schüsse ab, durch di««in völlig unbeteiligtes löjähriges Mädchen durch einen Steckschuh lebensgefährlich verletzt wurde. Die Finower Polizei, gegen die ein Verfahren wegen ein- feitiger Amtsausübung schwebt(einzelne Beamte sollen damals
bereits Mitglieder der NSDAP , gewesen sein) und ein größeres Landjägeraufgebot, das aus Bad Freienwalde herbeigeholt worden war, säuberten die Straße. Erst eine halbe Stunde später wurde aus Veranlassung des Reichsbanners eine Durchsuchung der Geschäftsstelle der NSDAP , vorgenommen, wobei 6 Schußwaffen, Schlagringe und Totschläger gesunden wurden. Später wurden in der Wohnung des Finower SA. -Zührers nochmals mehrere Schuhwasfen vorgefunden. darunter eine geladene Armeepistole. Um vorzutäuschen, daß die Schüsse von der Straße aus von Reichsbannerleuten abgegeben worden fein sollten, haben die Nationalsozialisten, wie in der Heu- tigen Verhandlung sestgestellt wurde, auf ein im SA.-Lokal stehendes Fahrrad einen Schuß abgegeben, der den Rahmen des Rades demolierte. Inzwischen hatten die Nationalsozialisten von Eberswalde Ver- stärkung erhalten; sie richteten in den Straßen Finows einen regel- rechten Patrouillendienst ein, verhafteten Reichsbannerleute unter Duldung der Polizei, sperrten sie in das SA.-Lokal ein, mihhandel- ten sie in bestialischer Weise und maßten sich Polizeibefugnisse an. indem sie Passanten auf der Straße festnahmen, nach Waffen durch- suchten und Feststellungen über Personalien und Parteizugehörigkeit vornahmen. Die Staatsanwaltschaft, die daraufhin mehrere Tage lang in Finow Ermittlungen anstellte, erhob Anklage wegen schweren Landfriedensbruchs, Vergehen gegen die Notverordnung des Reichspräsidenten vom 14. Juni, Waffen- mißbrauchs, Freiheitsberaubung, Amtsanmaßung, schwerer Körper- Verletzung. Der erste Verhandlungstag war fast ausschließlich mit der Der- nehmung der 14 Angeklagten ausgefüllt. Die als Zeugen ver- nommenen Polizeibeamten und Landjäger bestätigten in vollem Umfange den der Anklage zugrunde gelegten Tatbestand. In der Freitogsitzung sollen die ärztlichen und Schießgutachten abgegeben werden. Daraufhin soll die Vernehmung der 42 Zeugen beginnen.
„Brechung der Zinsknechtschast."
Aus den Geheimnissen der Hitlerei.
Bekanntlich ist die Brechung der Zinsknechtschaft das Herzstück im ganzen nationalsozialistischen Parteiprogramm. Wie sehr dem „Völkischen Beobachter" dieses Herzstück am Herzen liegt, zeigt der „Bayer. Kurier" an«inigen Beispielen. Der Zinsfuß darf nach nationalsozialistischer Lehre und Fvr- derung 4 Proz. nicht übersteigen. Es ist nun interessant zu beob- achten, welche Verzinsung im„Völkischen Beobachter" von national- sozialistischen Parteigenossen angeboten wird. So heißt es in Nr. 63 vom 4. März 1931: Pg. sucht v. Privathand 1500.— RM. Verzinsung 10 Proz., auf ein Jahr gegen Hypothek. Sicherheit. Ängeb. unter 22 353 an den«V. B." In Nr. 14 vom 14. Januar 1931 bringt der„Völkische Beob- achter" das nachfolgende Inserat:
Pächter eines führenden nationalen Restaurants in Großstadt Mitteldeutschlands , verschiedene Säle für Ver- iammlungen und Festlichkeiten, Konferenzzimmer usw.. Umsatz ständig im Steigen, sucht stillen Geldgeber mit 5000 RM. Zahle 4 Proz. über übliche Dankzinsen. Angeb. von Privatgebern aus nationalen Kreisen er- bitte ich unt. Nr. 21 787 an den„V. B."
Da wird der„Völkische Beobachter" nicht müde, fortwährend über di« wucherischen Bankzinsen loszuziehen, um dann selbst 4 Proz. über die üblichen Bankzinsen durch Parteigenossen an nationale Kreise anbieten zu lassen! Es scheint, die nationalsozialistischen Parteigenossen kennen ihre Pappenheimer zu gut und wissen, daß von ihnen nur dann etwas zu haben ist, wenn ihnen 4 Proz. über di« üblichen„Wucherzinsen der jüdischen Banken" angeboten werden. Die Nr. 46/47 vom 15./16. Februar 1931 des„Völkischen Beobachter" enthält nachstehendes Inserat: Pg.. alter Frontk., Beamter, sucht 800 RM. Darlehen geg. Rückzlg. v. 1000 RW. in monatl. Raten von je 100 RM. v. I. Juli 1931 ab. Sicherh. in Lebensvers. 3500 RM. Vermittlung unnütz. Angeb. u. P. G. 22182 an den„V. B." In 14� Monaten zahlt dieser Nationalsozialist um 25 Proz. mehr zurück, als er Darlehen bekommen will. Die Verzinsung st e l l t s i ch a l s o a u f 2 0, 6 P r o z.(!) Es lebe die Brechung der Zinsknechtschaft! In Nr. 67/68 vom 8./9. März 1931 lesen wir im„Völkischen Beobachter" abermals ein Inserat, in welchem ein Parteigenosse um ein Darlehen von 900 M. ersucht„gegen
volle Sicherheit und best« Referenzen. Ich zahle am 1. Februar 1932 1 10 0 M. zurück." Zn 320 Tagen zahlt dieser Parteigenosse um ein viertel mehr zurück, als er bekommen will. Das heißt, er verzinst das Dar- lehen von 900 W. zu 25 Proz. Und das nennt der„Völkische Beobachter" Brechung der Zinsknechtschaft, denn sonst könnte er derartige Inserate nicht veröffentlichen! Daß er es nur des Geldes wegen tut, können wir doch nicht gut annehmen. In Nr. 74'75 vom 15./16. März 1931 veröffentlicht der„Völkische Beobachter" das folgende Inserat: 3000— 5000 RM. sucht e. Pelztierfarm(Pg.). Sicherh. i. Nerzen, Nutrias. Rückzahlg. 1932. Gewinnbeteili- gung od, 30 Proz. Verzinsung. Ofs. unt. V. S. 1136 an Jnvalidendank Annoncen-Expedition, München . In derselben Nummer ersucht ein nationalsozialistischer Ge- schästsmann um 500 M. gegen monatliche Ratenrückzahlung von 50 M.„bei bester Verzinsung". In Nr. 10 vom 10. Januar 1931 regt sich der„Völkische Be- obachtcr" im Textteil riesig darüber auf, daß jüdische Ramsch- g e s ch ä f t e blühen, während das Volk hungere. 20 Proz. des Umsatzes als Reinoerdienst findet das nationalsozialistische Haupt- blatt geradezu als unerhörte wucherische Ausbeutung. Im I n- s e r a t e n t e i l aber„sucht ein nationalsozialistischer Geschäft»- mann Vertreter für seine gangbaren Haushaltartikel und Neu- heiten und bietet 200 bis 300 Proz. Verdien st an". Das heißt, der Vertreter kann die vom nationalsozialistischen Lieseranten übernommenen Haushaltartikel zwei- bis dreimal teurer verkaufen, als er sie bezogen hat. Selbstverständlich muß auch der Lieferant noch seinen Profit machen, so daß die Ware vielleicht fünf- bis sechsmal teurer an den Käufer gelangt, als die Erzeu- gungskosten ausmachen. Und das nennt sich nationalsozialistische Wirtschaftserneuerung! Man hat wahrhastig den Eindruck, daß die Nazisozi vor allem deswegen so sehr gegen die Juden poltern, weil sie allein die Geschäfte übernehmen wollen, die bisher die Juden besorgt haben. Wird das deutsche Volk von nationalsozialistischen Wirtschaft»- menschen ausgewuchert, so muß es sich das nur zur Ehre an- rechnen, denn diejenigen, welche es zum Weißbluten bringen, sind ja keine Juden!
wohnung telephonisch angerufen. Der Anrufer fragte Frölich, ob e» stimme, daß bei ihm am„Schönen Blick"— das ist die Straße, wo Frölich wohnt—„etwas los" sei, und ob er ihm Leute als Be- schützer schicken solle. Auf die Rückfrage, wer der Anrufer sei, lautete die Antwort:„Grube im Volkshaus". Frölich antwortete dann: „Hier ist nichts los. Es sind zwar vorhin ungefähr 30 Mann hier vorbeimarschiert, sonst ist nichts los." Der Anrufer fragte wieder: „Soll ich Ihnen Leute schicken?", worauf Frölich mit einem Nein antwortete. Der Anrufer wurde nun gemein und sagte durchs Telephon: „Du Lump, mach Dich fertig, in einer Viertelstunde sind wir oben.— Die Schufo haben wir bereit» abgefangen." Frölich erkundigte sich sofort beim Postamt, von welcher Stelle dieser Anruf erfolgt sei. Er erhielt die Auskunft, daß der Anruf von einem Automaten aus erfolgte. Don dem Vorgang hat Frölich sofort die Polizei in Kenntnis gesetzt Es handelt sich offensichtlich um ein nationalsozialistisches Manöver, das den bekannten Sozialdemo- traten in eine Falle locken sollte.
Dullerjahn-prozeß. Am 25. Oktober findet vor dem Reicks- g« r i ch t in Leipzig die Wiederaufnahmeverhandlung gegen den wegen angeblichen Landesverrats zu 15 Jahren Zuchthaus ver- urteilten Lageroerwalter Bullerjahn statt. Neuwahlen zum französischen Senat sind auf den 16. Oktober festgelegt. Die Senatoren werden für neun Jahre gewählt, aber alle drei Jahre ist Ersatzwahl für«in Drittel des Senats: diesmal in den Departements, deren Namen mit den Buchstaben K bis O einschließlich beginnen, also in den Departement» Garonn« bis Oise .
Gowjeirußland und die Juden. Eine plumpe Fälschung. Nationalsozialistische Zeitungen, unter ihnen der„Völkische Beobachter", drucken ein Flugblatt ab, das in einigen Teilen Deutschlands vor der Wahl ohne Namensnennung und ohne den pressegesetzlichen Bestimmungen zu entsprechen, verteilt wurde. In diesem Flugblatt sordert ein« angebliche„Jüdische Glaubens- gemeinschaft Deutschlands" die jüdischen Wähler aus, ihre Stimme für die K o m m u n i st i s ch e Partei abzugeben. Das Flugblatt ist, wie uns der„Centroloerein deutscher Staats- bürger jüdischen Glaubens" mitteilt, eine grobe Fälschung. Schon die Statistik, mit der der jüdische Anteil an der Sowjet- regierung aufgezeigt werden soll, weist auf die Herkunft dieser Fälschung hin. Seit mehr als zehn Jahren werden diese erfundenen Zahlen: 406 jüdische von 503 Regierungsmitgliedern Sowjet- rußlands von judenfeindlicher Seit« oerbreitet. In einer gründlichen und auf vielseitigen Nachforschungen beruhenden Darstellung hat Dimitri Bulaschow in seiner im Jahre 1922 erstmalig erschienenen Schrift:„Bolschewismus und Judentum" auf Seite 14 festgestellt, daß es in Rußland nicht 22. sondern nur 18 Volkskommissariate gegeben habe und daß unter den 18 Volkskommissaren nur zwei Juden— Trotzki und Dowgolewski— gewesen sind. Weiterhin stellte Bulaschow fest, daß die Zahl„503 russische Kommissare" ganz willkürlich herausgegriffen ist. In Rußland führt nämlich jeder Beamte den Titel„Kommissar", und unter den Hunderttausenden Kommissaren, die es in Rußland gibt, wird man sicher auch die von dem Flugblatt angegeben« Zahl von 406 jüdischen Kommissaren