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BERLIN  Freitag 26. Auguft

1932

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Der Abend

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Nr. 402

B 196

49. Jahrgang

Verhindertes Freisler- Theater

Justizministerium gegen Vorsitzenden des Zarnow- Ausschusses

Das preußische Justizministerium gibt bekannt: Der Vorsitzende des 19. Ausschusses des Preußischen Landtages hat mit Schreiben vom 24. August dem preußischen Justizministerium die Einberufung des Ausschusses zum 2. und 3. September nach Beuthen   zur Nachprüfung des Verfahrens vor dem Sondergericht bei dem Landgericht Beuthen   in Sachen Kottisch und Genossen mitgeteilt und

11. a.

um Ueberlassung des Schwurgerichtssaales in Beuthen  , um Bereitstellung der Verurteilten zur Vernehmung vor dem Ausschuß und um Aus händig ng der Aften des Strafverfahrens ersucht.

Das preußische Justizministerium hat mit Schreiben vom 26. August an den Vorsitzenden des Ausschusses er: widert, daß es aus rechtlichen Gründen nicht in der Lage sei, dem Ersuchen zu entsprechen. Die Nach prüfung des Verfahrens beim Sondergericht in Beuthen  in Sachen Kottisch und Genossen würde eine Ausdeh­nung der dem Ausschuß vom Landtag übertragenen Auf­gaben bedeuten, zu der der Ausschuß nicht befugt ist. Es komme hinzu, daß die angekündigte Untersuchung einen Eingriff in die Unabhängigkeit der Ge­richte bilden würde und daher im Hinblick auf Artikel 102 der Reichsverfassung unzulässig sci.

Wirtschafts- Experimente

Vor schwerwiegenden Eingriffen der Regierung

Das Reichsfabinett wird im Laufe des heutigen Tages| Rüdfall in planwirtschaftliche Tendenzen zu erwarten sei, in Kreisen in Dauersigungen das Wirtschaftsprogramm verabschieden, der genannten Wirtschaftsführer offenbar gegenteilige Befürchtungen das Herr von Papen am Sonntag in einer program­matischen Rede vor den westfälischen Bauernvereinen ver­fünden will.

Allen bisherigen Berlautbarungen nach sind in dem Wirtschaftsprogramm Maßnahmen einschneidendster Art vorgesehen. Nicht allein auf dem Gebiete der Arbeits­beschaffung, sondern auch im Tarifwesen, dem Arbeitsrecht und nicht zuletzt auf finanz- und handelspolitischem Gebiete sind schwerwiegende Eingriffe in das Wirtschafts­leben zu erwarten.

habe. Das Blatt fährt fort: Es verlautet, die Regierung erwäge, das große Arbeitsbeschaffungsprogramm, das Land­rat Dr. Gerete, der zum Reichskommissar für Arbeitsbeschaffung ausersehen ist, entworfen hat, entweder durch eine drei= prozentige Vermögensabgabe oder durch eine drei­prozentige 3wangsanleihe zu finanzieren. Auf der Grund­lage von zusäßlichem Geld soll die Wirtschaft in einem solchen Maße angekurbelt und steuerkräftig gemacht werden, daß infolge der zu erwartenden starken Geldrückflüsse zur Reichsbank und zu den Staatskassen keine Inflationsgefahr entstehen würde."

Bon zuständiger Stelle wird darauf hingewiesen, daß über den Inhalt der Besprechungen zwischen dem Reichskanzler und den In­duftrieführern völliges Stillschweigen vereinbart worden ist. Aus der Meldung des Börsen Courier" fönnten daher feinerlei Schlüsse auf den Gang der Besprechungen oder auf die Pläne der Reichsregierung gezogen werden.

"

Hansestädte gegen Reichsregierung.

Wir fragen: Woher nimmt das Kabinett Papen   die Berechtigung, noch jetzt ein wirtschaftspolitisches Pro­gramm umfassendster Art aufzustellen? Dieser Regierung, die sich nur auf eine hauchdünne Schicht des Besiz bürgertums   stützt, wird in wenigen Tagen von der überwältigenden Mehrheit der Volksvertretung das Miß­trauen ausgesprochen werden. Das Kabinett Papen maẞt sich die Durchführung einschneidendster wirtschaftspolitischer Hamburg  , 26. August.( Eigenbericht.) Die Hansestädte machen gegen den Autartiefurs Aufgabe zu erfüllen: sich dem Reichstag zu stellen und der amtlichen deutschen   Wirtschaftspolitik scharf Front. Am abzutreten. Donnerstag trat das Präsidium der Hamburger   Handelskammer zusammen, um gegen die Wirtschaftspolitik des

Nazi- Regierung in Thüringen  . nahmen an, es hat aber nur noch eine einzige

Der Drang zur Machtkrippe.

Weimar  , 26. Auguff.( Eigenbericht.)

Am Freitagvormittag hat der neugewählte Thüringer Land­ tag   eine neue Regierung gewählt. Die Nationalsozia­liffen haben den Landbündlern, wie aus einer Erklärung des Landbundführers hervorgeht, einen Minister und zwei Staatsräte angeboten. Die Landbündler haben das Angebot jedoch abgelehnt und wollen den Nationalsozialisten die volle Berantwortung für die Regierung überlassen. Der Landbund entsendet nur einen Vertreter als Staatsrat in die Regierung. Als Minister wurden gewählt: der Gauleiter der Nationalsozialisten für Thüringen   Abg. Sau del als Innenminister, Abg. Wächtler( Natsoz.), Volksschullehrer, als Bolfsbildungsminister, Abg. Marschler( Natsoz.), Handlungs­gehilfe, als Finanz- und Wirtschaftsminister. Als Staatsräte wurden gewählt: Abg. Dr. Weber( Natfo3.), Landgerichtsrat in Weimar  , der ehrenamtlich das Justizminifterium verwalten soll; Abg. Junghans( Natsoz.), Landwirt; Amtsgerichtsrat Dr. Meister( Natsoz.) und der Hauptgeschäftsführer des Landbundes Madeldei. Die Wahl erfolgte mit den Stimmen der National­fozialisten, Deutschnationalen und Landbündler. Der Volksparteiler Wihmann enthielt sich der Stimme. Sozialdemokraten und Staats­partei stimmten dagegen. Die kommunisten fehlten, weil sie aus­geschlossen sind.

Der Weg ins Dunkle.

Papen   reist nach Neudeck.

Die Eindringlichkeit, mit der gerade die Zentrumspreffe vor Verfassungserperimenten warnte, läßt den Ernst der Lage erkennen, in die unser Land von unverant wortlichen Kräften hineinmanövriert worden ist. Die politi­schen Klubisten, die heute in hoher Politik geschaftlhubern, wissen freilich nicht genug der Ratschläge zu erteilen, um auf jeden Fall zu einem Verfassungsbruch mit allen möglichen Konsequenzen zu treiben.

Besonders geschäftig ist dabei das Organ der Schmer­industrie in freiwilliger Gefolgschaft Hitlers  , die ,, DAZ.". Sie gibt immer neue Tips, wo zuerst der Meißel angesetzt werden müsse, um das Mauerwerk der Verfassung zu zertrümmern. Jetzt weiß man zu berichten, daß Herr von Papen am Mon­tag nach Neuded in Ostpreußen   fahren wird, um mit dem Reichspräsidenten zu konferieren. Er soll, so wird versichert, vom Reichspräsidenten   sich das Dekret zur Auflösung des Reichstags unterzeichnen lassen, ganz als ob dieser Kanzler, ohne vom Reichstag anerkannt zu merden, überhaupt ein fachliches Recht wir reden nicht Dom formalen zur Auflösung des Reichstags hätte! Neben dem Auflösungsdefret will sich Papen  

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Autartiepläne gefährden die Wirtschaft.

Kommissar für Arbeitsbeschaffung." Reiches Stellung zu nehmen. Die Bremische Handelskammer hat

Im Zusammenhang mit der Unterredung, die am Donnerstag führende Persönlichkeiten des Reichsverbandes der Deutschen In­dustrie mit dem Reichskanzler hatten, berichtet der Berliner Börsen­Courier", daß man entgegen den offiziellen Versicherungen, daß fein

die freiwilligen Moniteure des Verfassungsbruchs recht haben fogar Bollmachten für eine Wahlreform von Hindenburg   geben lassen.

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Man fann nur annehmen, daß diese Mitteilungen feinen sachlichen Untergrund haben. Denn die Verantwortung, die die Regierung mit der Ausführung solcher Pläne übernehmen würde, ist so groß, daß sie alle Folgen einschließen würde.

Aufgepaßt, Herr Schleicher!

Nationalsozialisten drohen Papen mit der Reichswehr  .

Der nationalsozialistische Westdeutsche Beobachter" ver­öffentlicht unter der Ueberschrift Papen  , der Eremit" einen Auffaz, in dem u. a. ausgeführt wird:

Herr von Papen dürfte sich doch darüber klar sein, daß es in Deutschland   nur zwei starke Attiva für die politische Gestaltung der Zukunft gibt: den Nationalsozialismus und die Reichswehr  . Vor dem Volke und der Geschichte hat es Herr v. Bapen zu verantworten, daß er im entscheidenden Augenblicke den Ruf der Nation nicht gehört hat und die beiden Mächte, die zusammengehörten, wenigstens vorübergehend, in zwei Lager trennte. Die Gründe dieses Vorgehens mögen vielgestaltig sein, sie operieren aber wieder mit der stagnierenden Au­torität des Reichspräsidenten und leugnen die blut­vollen Geseze des deutschen   Werdens.

Es ist unmöglich, daß Herr v. Papen   die Entwicklung zum neuen Staat hindert, er fann sie nur aufhalten. Denn

die Waffer zwischen Nationalsozialismus   und Reichswehr   waren ohnehin nie fief.

bereits in ausführlichen Darlegungen gegen die Autarkiepolitik, die Wirtschaft, Handel und Schiffahrt gefährde, protestiert. Für heute ist der Ehrbare Kaufmann", die Gesamtorganisation der Hamburger Wirtschaft, die sonst mur Ende des Jahres zusammentritt, zu einer außerordentlichen Protestversammlung einberufen.

wollte es also Hitler verdenken, den Weg zur Macht mit neuen Bundesgenossen, die sich seiner Führung unter­werfen wollen, erneut zu beschreiten.

Soviel steht jedenfalls fest: Herr v. Papen   geht einen schweren

Gang, dessen Ende vielleicht näher liegt als es in seinen Träumen schien.

Groener hat die nationalsozialistische Zersetzungs­arbeit in der Reichswehr   bekämpft und die SA. verboten. Schleicher hat das Verbot der S2. wieder aufgehoben und durch seine freundschaftlichen Verhandlungen mit Röhm und Hitler   den Eindruck hervorgerufen, als sei die Unter­stellung der Reichswehr   unter nationalsozialistisches Partei­tommando ein Frage der nächsten Zeit. Folge davon ist, daß iegt öffentlich durch die Presse der vom Reichspräsidenten er­nannten Regierung mit einer Meuterei der Reichs­mehr gedroht wird! Dafür also mußte Groener fallen? folg der Schleicher- Politik die Hände reiben. Aber die Dinge find doch zu ernst, um bei einem verantwortungsbewußten Mann solche Gefühle aufkommen zu lassen!

Wäre Groener schadenfroh, er fönnte sich über den Er­

Papens Programmrede.

Pariser   Voraussagen.

Paris  , 26. August.( Eigenbericht.) Die Sonntagsrede des Reichskanzlers in Münster  , in der die Beschlüsse des Kabinetts bekanntgegeben werden sollen, wird in. Paris   mit großer Spannung erwartet. Man glaubt, der Kanzler merde in dieser Rede, mit der er weiter seine Methode, den Reichs= tag durch den Rundfunk zu ersetzen, befolge, nähere Auskünfte über seine außen und innenpolitischen Absichten geben. Außenpolitisch erwartet man vor allem Aufklärungen über das Reichswehr­programm. Innerpolitisch glaubt man voraussehen zu förnen, daß von Papen sich immer mehr auf Diktatur einstelle. Auf die Dauer, jo meint der Petit Parisien", tönne unmöglich die Exekutive emig mit der Legislative   Bersted[ pielen. Man merde Das war vor Tische; nach Tische las mans plöglich anders. Wer den Rubikon überschreiten und der Verfassung Gewalt antun.

Es werden eben andere Wege beschritten werden müssen, um das Recht des Nationalsozialismus auf die Macht in Deutschland  erneut anzumelden.... Wer, wenn nicht die Nationalsozialisten, hat den Weg, der zum 20. Juli führte, mit seinem Blute gedüngt? Hinter dem Hauptmann, der die roten Machthaber aus ihren Aemtern vertrieb, stand unsichtbar

die gewaltige braune Armee Hiflers.

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