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Beilage

Freitag, 26. August 1932

Von Gurken, Gras und Wenden

Reportage aus dem Spreewald

Der Abend

Spalausgabe des Vorwärts

Der muß sich ebenfalls schieben lassen. Uebrigends erfreuen die Spreewälder sich einer ausgezeichneten Gesundheit. Rheuma   ist so ziemlich ihre einzige Krankheit und wenn sie um die siebzig, fünf­undsiebzig herum den Arzt brauchen, eilt es nicht mehr, denn zum Ausstellen des Totenscheines kommt er immer noch zurechi.

Nicht nur Arzt und Feuerwehr, auch die Post muß auf die

- Von Erich Grisar   Erleichterung ihres Dienſtes durch die Kraft des Motors verzichten.

wie ein Pistolenschuß die Stille, die so tief und so sehr Symbol eines niegekannten, niegeahnten Friedens ist, daß schon der Gedanke daran, daß ein Motorboot sie mit seinem Geknatter stören könnte, wie ein Vergehen gegen die Natur erscheint. Aber ist der Gedanke einmal da, ist auch die Frage schon gestellt, und aus iſts mit dem Frieden. Was eben noch Symbol einer ungebrochenen Natur schien, ist plötzlich nichts anderes als der Ausdruck einer vom Er­werbsfinn gehemmten Zivilisation, die uns ihren Schlachtruf ,, Ver­boten" in die Ohren knallt. Verboten? Wieso verboten?

Die beiden Postboten des Gebietes müssen ihren Kahn jeden Tag Fährleute im Hochwald Holz schlagen, oder das Eis sägen, mit dem über eine Strecke von 25 Kilometer schieben. Im Winter, wenn die die gleiche Strecke auf Schlittschuhen, oder wenn das Eis noch nicht die Berliner   im Sommer ihre Weiße fühlen, legen die Postboten selten versadt so ein Postbote auf seinem Postgang mitsamt der hält, im Kahnschlitten zurück, der sowohl schwimmt als gleitet. Nicht ganzen Post. Aber außer, daß im Jahre 1919 mal ein Postbote er= trunken ist, ist alles immer gut abgegangen.

Es ist Abend geworden. Der hohe Wald liegt lange hinter uns. Aus den Wiesen rechts und links steigen dünne Schleier, die den Blick verhängen, sanfte Nebel. Mit leisem Glucksen nähert sich der

Die Professoren beweisen uns auf Grund von Funden, die ge­macht wurden, daß der Spreewald schon vor drei oder vier Jahr tausenden bewohnt gewesen ist. Bestimmt ist er bewohnt seit der Völkerwanderung, denn seit dieser Zeit sizen die wenden, die das Gebiet heute noch bewohnen, auf ihrer Scholle. Mancherlei Ausein­andersetzungen hat es in diesen anderthalbtausend Jahren gegeben. Fürsten   sind gekommen und gegangen. Aus Heiden sind Christen geworden( die sich aber ein gut Stück heidnischen Aberglaubens be­wahrten), und aus freien Bauern wurden Sklaven. Heute sind die Bewohner des Spreewaldes freie Bürger des deutschen   Staates. Niemand verwehrt ihnen, wo immer sie wollen, zu verhungern, aber wenn sie leben wollen auf der Scholle, auf der sie seit Jahr- Spreewaldes, die einmal eifrige Fischer waren, Wasserrecht Kahn der Abfahrtsstelle. Da hallt plötzlich die Musik einer Dreh­tausenden leben, dann tun sie gut, den Boden des Spreewaldes zu bearbeiten, wie ihn schon ihre Väter bearbeitet haben. Sie können Gurken züchten oder Zwiebeln, mit dem üppig wuchernden Gras der Spreewaldwiesen können sie die fetten Ochsen füttern, an denen andere sich gütlich tun, während sie sich mit den im Spree­wald sprichwörtlichen Flohkotteletts und Läuferippchen begnügen, aber die Hauptsache ist, daß sie den zwei Grafen, denen fast der ganze Spreewald gehört, pünktlich ihre Pacht bezahien. Ist die Pacht hoch? Die Parzelle Grasland fostet im Jahr 40-50 mM. Die Parzelle hat 5-6 Morgen. Ein Bauer mag nachrechnen, ob das hoch ist.

Immerhin sollte man glauben, der Graf zu Lynar, dem allein 28 000 Morgen Spreewaldwiesen gehören, die ihm also, da das etwa 5000 Parzellen sind, im Jahr zwischen 200 000 und 250 000 m. Pacht ein­bringen, sei ein reicher Mann, aber das ist ganz und gar nicht der Fall. Denn als die Gemeinde Lübbenau  ihn für das von ihm bewohnte Schloß zu 6000 M. Hauszinssteuer veranlagte, sah er sich außerstande, eine solche Summe aufzubringen und er zog aus. Jegt wohnt er auf einem anderen seiner Schlösser und das Lübbe­ nauer   Schloß ist ein Museum geworden, das, statt Geld zu kosten, nun also noch Geld einbringt.

So arm find die Grafen   in der Republik   und wenn die Spree­waldbauern in schlechten Jahren für ihre Ochsen und Kälber nicht genug erzielen, um ihre Pachtschuld abtragen zu können, dann schimpfen sie natürlich nicht auf den armen Grafen, der nicht mal seine Hauszinssteuer bezahlen kann, sondern auf die Regierung. Und weiß Gott  , sie haben recht damit, denn es wäre längst Pflicht der Regierung gewesen, den armen Grafen die Sorge um ihre un­bewohnten Schlösser und das von ihnen nicht selbst bebaute Land abzunehmen.

Neben dem Grasbau und der einschlägigen Viehzucht betreiben die Spreewälder Gemüsebau. Und zwar begünstigt der masser­reiche Boden vor allem solche Gemüse, die viel Feuchtigkeit brauchen, und so hat sich denn der Spreewälder schon vor Jahrhunderten auf die Zucht von Gurken, Meerrettichen, Zwiebeln und nochmals

Gurten eingestellt. Ueberall auf den Bahnhöfen und in den Gast wirtschaften des Spreewaldes bekommt man die schmackhaften, zwischen zwanzig und fünfundzwanzig Zentimeter langen Gurfen angeboten und allerorten sieht man Kinder und Fremde in die saftigen Gurken hineinbeißen, so wie man die Menschen anderswo in heiße Würstchen oder Bananen hineinbeißen sieht.

Aber nicht nur im Spreewald ißt man die mit Salz und Dill vorzüglich zubereiteten Gurfen, die ganze Welt ist sie. In Lübbenau   und Vetschau   gibt es große Einlegereien, die jeden Herbst Hunderte von Arbeitskräften damit beschäftigen, die auf den Feldern geernteten Gurken in alte Weinfässer, mit denen große Hofstücke bedeckt sind, einzulegen und sie später aus den Lagerfässern in kleinere für den Export bestimmte Fäßchen um­zufüllen.

Die Unzugänglichkeit des Gebietes, das heute noch in mesent­lichen Teilen nur im Kahn zugänglich ist, hat viel dazu beigetragen, daß Sitte und Sprache der Ureinwohner des Spreewaldes sich bis auf den heutigen Tag erhalten haben. Heute noch gibt es rund 30000 mendisch sprechende Spreewälder. Nament­lich im Süden, der vom Fremdenverkehr weniger berührt ist, lernen die Kinder heute noch eher mendisch sprechen als deutsch  , das ihnen erst in der Schule beigebracht wird. Hier hat man auch noch Ge­legenheit, die pruntvollen Hochzeitsaufzüge zu sehen und mer Sonntags morgens nach Vetschau   oder Burg kommt, fann die Wendinnen, die auf blanken Rädern zur Kirche fahren, in ihrer reichbestickten Tracht bewundern. In der kleinen Wendenkirche Betschaus, die unmittelbar neben der deutschen Kirche liegt, mit der sie den Turm gemeinsam hat, wird noch heute zweimal im Monat mendisch gepredigt.

Ist ein Besuch im Spreewald schon durch seine folkloristischen Eigenheiten interessant, so gehört

eine Kahnfahrt durch den Spreewald

zu den schönsten Dingen, die die Natur dem Menschen geben kann. Die unerhörte Naturnähe des Gebietes, das mit Ausnahme der 16 künstlichen Fließe, die zur Zeit Friedrichs des Großen den 386 natürlichen Fließen hinzugefügt wurden, um Hochwassergefahren zu vermindern, sich heute noch in dem Zustande darbietet, in dem es sich schon vor tausend Jahren dem Wenden, der es auf ungefügem Ein­baum durchfuhr, darbot, die wohltuende Stille, die kaum einmal durch das Hämmern eines Spechtes, den Balzruf einer Kronen­schnepfe oder das Locken eines Brachvogels unterbrochen wird, machen eine solche Fahrt zu einem Gleiten ins Elysium.

Sanft und ohne Erschütterung gleitet der Kahn über das Wasser. An Büschen vorbei, die so nahe sind, daß man die Insekten, deren stahlblauer Panzer in der Sonne glänzt, mit der Hand von den Blättern nehmen könnte, auf denen sie figen. Schlanke Libellen schmeben vor uns her und streifen sekundenlang die blanke Flut, deren Spiegel der langsam vorwärtsgleitende Kahn sanft durchteilt. An toten Armen kommen wir vorüber, deren Wasser mit den teller­großen Blüten weißer und gelber Seerosen bedeckt ist. Erlen säumen die Ufer und lassen ihre brombeergroßen Samenfügelchen auf das Wasser fallen, das sie fortspült und an freien Uferstellen anpflanzt. Bom Ufer her ertönt das Dengeln mähender Bauern. Heugeruch meht über das Wasser. Manchmal gleitet ein Grasfahn still vorbei. Dann nimmt uns der Hochwald auf. Helle Sonnenflecken unterbrechen das dunkle Grün feierlicher Bäume, deren Laubtronen, von hohen Stämmen getragen, über uns zusammenwachsen wie ein dichtes Dach. Blöglich unterbricht der übermütige Aufschlag eines Ruders auf das Wasser, mit dem zwei Bootsleute sich begrüßen,

Und dann erfährt man, daß die einheimischen Bewohner des haben und

orgel über das Wasser und schon gleiten wir an einem blinden Musikanten vorbei, der unter den Büschen des Ufers in seinem Kahn sitzt und mit der einen Hand seine Orgel dreht, während er uns mit der anderen Hand den offenen Hut hinhält. Aber mein Bootsführer ist zu träge, an den Orgelmann heranzufahren, und so kommt der Arme um sein Scherflein, auf das er schon der Kuriosität megen ein Anrecht hat, denn wo sonst in der Welt bekommt man Bettler zu sehen, die sich im Kahn an ihre Opfer machen? Nicht mal

die Verwendung von Motorbooten nicht gestatten, weil sie den Frieden stören würden, der die Fremden in den Spree= mald lockt. Außerdem würde der starke Wellenschlag der Motorboote die Ufer ausspülen und zudem den 1800 Mitgliedern der Fährmannsvereine, die davon leben, daß sie im Sommer die Fremden durch den Spreewald schieben, das Brot nehmen. Das klingt alles in allem gar nicht so unvernünftig, aber wie ist in Venedig   gibt es das, der Stadt der Gondeln und der Bettler. Auch es, wenn plötzlich irgendwo ein Arzt gebraucht wird? dazu muß man in den Spreewald fahren.

Frankreichs   Hugenberg

Presse und Parfüm

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Coty in Nöten?

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Wie man aus Paris   hört, bedroht die Weltkrise nun auch den Presse- und Parfum- Napoleon, den Reaktionär und Deutschen  fresser Francois Coty  . Sein Blatt ,, Ami du Peuple  " wird

wahrscheinlich eingehen.

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Mit Presse und Geld beherrscht man die Welt". diese nicht gerade erschütternde Wahrheit stammt aus dem Munde eines gewissen Herrn Spoturno  , geboren 1874 in Ajaccio   auf Korsika, der Heimat Napoleon Bonapartes  . Aber so ist der ganze Mensch: im Grunde ungebildet, aber bauernschlau; unwissend, aber großschnäuzig; unkultiviert, aber mit sicherem Instinkt dafür, wie geschäftliche und politische Propagandaaktionen durchgeführt werden müssen. Hatte Napoleon   den Marschallstab schon als Kadett im Tornister, so fühlte Monsieur Spoturno das Rutenbündel des Diktators bereits als kleiner Parfumeur in seiner wohlriechenden Hand. Diese recht ein­seitige geistige Verwandtschaft des kleinen mit dem großen Korsen wirklichen Abstammung von Napoleon umdichtete war es, die François Josèphe Spoturno in die Legende von seiner zu einer Zeit allerdings, als ihm bereits die publizistischen Mittel zu dieser und nicht mehr ein gewisser Spoturno, sondern der bekannte Coty   war. anderen Wahrheitsverbesserungen zur Verfügung standen; als er

Wann und warum diese Namensänderung stattfand, mögen be­flissene Biographen deuten. Tatsache ist, daß Spoturno plötzlich als Coty   in Paris   auftauchte, den Anschluß an die besitzenden Kreise geschickt vollzog, indem er intime Beziehungen zu der einen Hälfte eines Glasindustriellen Ehepaares anknüpfte, und mit talentiert entworfenen Parfümflaschen sein erstes Kapital ermarb. Damit gründete er 1904 die Parfümfabrit Coty  , deren sich bei den Damen Fabrikate dank Aufmachung und Reflame der oberen und mittleren Klassen in guten Geruch zu setzen ver­standen.

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Der Krieg bedeutet für Coty  , wie nicht anders zu erwarten, in erster Linie die Chance für ein ganz großes Geschäft. Und Coty  nüßt sie aus. Wieviel er an Kriegslieferungen aller Art verdient haben mag, läßt sich ahnen, wenn man die Höhe seiner Steuer­schulden erfährt: 1920 verlangt das Pariser   Finanzamt von Coty  die Zahlung von acht Millionen Frank Kriegsgewinnsteuer! Er kämpft heldenmütig um sein Geld und bringt es schließlich auch fertig, die Steuerschuld auf die Hälfte herunterzudrücken.

Aber Kriegs- und Parfümgeschäft genügen dem geltungsbe­dürftigen Korsen nicht. Sein Ziel ist seit jeher, Einfluß auf die politische Entwicklung zu gewinnen. Der Napoleonfimmel ist ein Stück seiner Persönlichkeit, seine Weltanschauung folgerichtig chauvinistisch hochfapitalistisch reattionär. Als er Geld im Sack spürt, juckt es ihn, die Hand nach den gutgehenden Fabriken der öffentlichen Meinung Frankreichs   auszustrecken.

Sein erster Griff ist nicht der schlechteste. Seit 1917 bemüht er sich, den nationalistischen Figaro" aufzukaufen. Vier Jahre lang widersetzt sich der Verlag, erst 1921 gelingt es Coty  , die Aktien­majorität des ,, Figaro" zu erwerben. Hat ihn der Name des Blattes, seiner eigenen Branche so verwandt, besonders zäh in diesem Kampf gemacht?

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Die nächste Etappe in Cotys politischer Laufbahn ist das Par= Iament. Im Juli 1923 wird er mit 397 gegen 391 Stimmen in den französischen   Senat auf Korsika als Ersatzmann gewählt. Kein erhebender Wahlerfolg wenn man weiß, daß Coty   dafür mehr als acht Millionen Frank ausgegeben hat, und daß zudem der Senat einige Monate darauf die Wahl annullierte, weil unzulässige Beeinflussungen" von Seiten Cotys herausgekommen waren...

Die Parfumfabriken florieren unterdessen weiter. Coty   wird Milliardär und kann es sich leisten, seine publizistische Macht weiter auszubauen. Im Januar 1928 tauft er die katholisch- natio­nalistische Zeitung ,, Le Gaulois" und verschmilzt sie bald darauf mit dem Figaro  ". Fünf Monate später, am 1. Mai 1928, führt Coty   den Hauptschlag: eine neue Zeitung, der Amidu Peuple", beginnt zu erscheinen.

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Von Egon Larsen  

zu finden, die natürlich vom Parfümgeschäft finanziert werden und ihm dafür dienen mußten. Eine linke Pariser Zeitung berechnete, daß Coty   an jeden ständigen Leser jährlich 100 Franken drauszahlt

also 80 Millionen insgesamt, denn die Auflage dieses Blattes

schnellte infolge seiner Billigkeit und des Sparbedürfniſſes der Franzosen   sofort auf die phantastische, nie gekannte Höhe von 800 000 Eremplaren hinaus! Ein Prozeß, den Coty   mit dem französischen   Verlegerverband führte, nachdem dieser seine Verkaufs­stellen für das unlauter wettbewerbende Blatt gesperrt hatte, endete mit einem Siege Cotys, der noch 1,8 Millionen Frank Schaden­ersatz zugesprochen erhielt. Allerdings ein schwacher Trost für Coty  , der zu ungefähr der gleichen Zeit vom Steuergericht zu fünfeinhalb Millionen Mark Strafe verurteilt wurde, weil er die Profite ſeiner inzwischen gegründeten amerikanischen, rumänischen, italienischen, brasilianischen Zweigfabriken an seine Holding- Gesellschaft in der steuerfreien Schweiz   verschoben hatte.

Mit ungeheurer Energie und ebensolchen Summen baute Coty  mun an seinem Pressekonzern weiter. Als Wochenbeilage trat der ,, Salut public" an die Seite des Ami du Peuple  ", das Leib= organ des" Syndicat du Salut public", einer Liga von einem Kleinbürger und Halbdugend nationalistischer Kriegervereine, dem ,, Stahlhelm  " nicht unähnlich. Es ers schien eine Abendausgabe des ,, Ami du Peuple  ", die ein jährliches Defizit von etwa 12 Millionen Frank hat. Dazu kommen noch Dier weitere Pariser   Blätter, die in Form von Gratifikationen und Subsidien von Coty   abhängig, an Coty   anhänglich gemacht wurden: die royalistische Action française", hinter der die gleich­namige Chauvinistengruppe steht; das militaristisch- faschistische ,, Journal des Débats  "; die beiden reaktionären Zeitungen ,, La Presse und ,, La Patrie". Ferner eine Unzahl kleinerer Provinzzeitungen; in französischen   Linkskreisen wird die Zahl der von Coty   abhängigen Blätter auf insgesamt 100 geschätzt. Es ist das Bild eines französischen   Hugenberg- Konzerns, das Hier mie dort rücksichtslose Ausnutzung mir hier wiederfinden. finanziell schwacher Organe, um sie dem hochkapitalistischen Nationa­lismus dienstbar zu machen; hier wie dort das kostspielige Bemühen, die breite Masse für wirtschaftlich- politische Reaktion zu gewinnen, fie mit allen Mitteln abzulenten von ihrem Kampf um die Freiheit. Dementsprechend unterscheiden sich auch die publizistischen Methoden beider Konzerne nur durch ihre umgekehrten Vorzeichen. Ist es hier der Erbseind", der an allem schuld ist und den friedlichen Bürger durch Waffengerassel erschreckt, so ist es dort der ,, Bo che". In der Tat kommt dieses böse Wort seit Kriegsende nur mehr in den Coty  - Blättern vor. Gelegentlich versteigt man sich( im Coty­Blatt Bingtième Siècle") zu folgendem Satz: Deutschland   hat über der Welt die beiden furchtbarsten Geißeln entfesselt: den Krieg und den Kommunismus." Oder man ,, beweist"( im ,, Figaro") unter Berufung auf die altdeutschen Götter, auf Luther  , Fichte, Mary und Lassalle, der deutsche Geist sei von jeher auf Zerstörung und Massen­mord aus gewesen.

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Hier wie dort ist natürlich der Hauptfeind, verbündet mit dem Gegner über dem Rhein  , der Sozialismus, die Demokratie. Ständig wurden und werden die Männer der Linken von Briand  bis Painlevé  , von Léon Blum   bis Herriot   mit Kübeln von Dreck Feiglinge, Cotyscher Produktion beworfen, als Idioten und Schmarozer und Vaterlandsverräter beschimpft. Die Niederknüppe­lung des Freiheitsgedankens wird meist im gleichen Atemzug ge= fordert wie die Knebelung Deutschlands  . Sprächen und schrieben sie man fäme auf den Gedanken, die nicht verschiedene Sprachen beiden Geistesbrüder diesseits und jenseits der Grenze seien Söhne

eines Vaters.

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Ist die Nachricht aus Paris   nicht verfrüht, dann sieht es so aus, als gehe dem Korsen langsam der finanzielle Atem aus. Der ,, Ami du Peuple  ", der für zwei Sous pro Exemplar seit über vier Schon der Titel ist eine Perfidie.., Ami du Peuple  ", Volks Jahren sein gefährliches Gift perspritzt, hat wohl schon eine allzu freund", hieß die Revolutionszeitung, die Maret 1789 gründete, um große Lücke in den Parfümprofit gerissen. Wankt Cotys seinen Kampf für Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit mit den Waffen Thron? Fühlt er sich unsicher inmitten seiner Garde von des Geistes unterstützen zu können. Jetzt trägt ein chauvinistisches, Detektiven, die ihn in seiner Zimmerslucht im Hotel Astoria bewachen erzreaktionäres Boulevardblatt, herausgegeben von einem Parfüm- müssen, da er sich auf seinen eigenen Schlössern nicht mehr geborgen fabrikanten, diesen stolzen Namen. Den tollsten Streich leistete sich glaubt? Die Welt verkneist sich mehr und mehr die süßen Düfte aber Coty, als er den Verkaufspreis des Eremplars auf aus Cotys Parfümerie; die Krise hat mit Rouge und Puder, etma anderthalb Pfennig! festsetzte, Schminke und wohlriechenden Wässern ein wenig aufgeräumt. 10 Centimes mährend alle anderen französischen   Tageszeitungen 25 Centimes Vielleicht räumt sie zugleich auf mit der Produktion übelriechender foften. Es mar von vornherein klar, daß Coty   bemußt zusezte, um Druckerschmärze, damit die Luft reiner und flarer werde zwischen einen möglichst breiten Leserkreis für seine politischen Anschauungen| den beiden Kulturvölkern Europas  .

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