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BERLIN  Dienstag 30. August 1932

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Der Abend

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Nr. 408

B 199

49. Jahrgang

Hindenburg   billigt Papen  - Plan

Uebereinstimmung auch mit den innerpolitischen Plänen

Amtlich wird mitgeteilt: Reichspräsident von Hinden­ burg   empfing heute den Reichskanzler von Papen, den Reichsminister des Innern, Freiherrn   v. Gayl  , den Reichswehrminister v. Schleicher   zum gemeinsamen Vor­

Soldatenspiel im Reichstag

trag über die schwebenden Fragen der Innenpolitit, Eröffnungssigung mit Schnüren und Treffen- Braune, Kameraden" in Gala

besonders das Wirtschaftsprogramm der Reichsregierung. Der Reichspräsident erklärte seine Zustimmung zu den von der Reichsregierung geplanten, vom Reichs. kanzler in seiner Rede in Münster   in den Grundzügen bekanntgegebenen wirtschaftlichen und finan ziellen Maßnahmen.

Der Reichspräsident ersuchte den Reichskanzler, bei der Ausarbeitung der einzelnen Bestimmungen besonders darauf zu achten, daß die Lebenshaltung der deut schen Arbeiterschaft gesichert und der soziale Ge­danke gewahrt bleibe.

Die eingehende Besprechung der innenpoliti ichen Lage ergab völlige Uebereinstimmung zwischen dem Herrn Reichspräsidenten   und der Reichs. regierung.

Präsidentenwahl im Reichstag.

Sozialdemokratie für Löbe  / Zentrum für Nationalsozialisten. Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion beschloß, bei allen Wahlen des Präsidenten, wie der drei Vize­präsidenten für Paul Löbe   zu stimmen. Da bei der Wahl des Präsidenten das Zentrum für den Nationalsozialisten eintreten wird, der Beschluß der Kommunisten aber nur dahin geht, im Falle einer

den Fraktionszimmern vertraut. Alle waren sie im Paradeanzug" angetreten.

Die heutige Eröffnung des Reichstags fündigte sich| richtungen des Hauses, mit ihren Plägen im Sigungssaal und mit schon zu früher Morgenstunde an. Trotz der durch die Presse ver­breiteten Mitteilung der Reichstagsverwaltung, daß alle Einlaß farten zu den Tribünen längst vergeben seien, fanden sich doch zahlreiche politisch interessierte Leute ein, die durchaus noch in das Haus gelangen wollten. Sie mußten sämtlich wieder abgewiesen

werden.

In der Umgebung des Reichstags bildeten sich Gruppen, die die fommenden Ereignisse eifrig debattierten. Vor dem Portal 2, durch das die Abgeordneten das Haus betreten, hatte sich ein Heer von Photographen und Filmleuten aufgestellt, die ihre Apparate vor allem auf die bekannteren Mitglieder des Reichstags richteten. Gegen 11 Uhr nahm die Polizei Absperrungen vor, die diesmal aber feinen so großen Umfang annahmen wie bei früheren Reichstagseröff­

nungen.

Einzelne Fraktionen. hielten noch am Vormittag die letzten Be­ratungen ab. Die sozialdemokratische Frattion trat um 11 Uhr zusammen. Ihre Arbeiten waren in der zweiten Mittagsstunde beendet. Um die gleiche Zeit trafen dann die Salz­steuersoldaten im Reichstag   ein und besonders die neugewählten nationalsozialistischen Abgeordneten machten sich eifrig mit den Ein­

Funkelnagelneu sahen die Uniformjacken aus, in hellem Gelb leuchten ihre Hemden. Besonderer Wert wird anscheinend auf die Rangunterschiede gelegt, die durch bunte Merkmale oder metallene Rinterlichen kenntlich gemacht sind.

Man rechnet damit, daß im Gegensatz zu den bisherigen Be­fürchtungen die erste Sigung ruhig verlaufen wird. Zwar haben einige nationalsozialistische Blätter noch gestern gegen die fommunistische Alterspräsidentin Klara 3ettin gehetzt, aber in der nationalsozialistischen Fraktion scheint die staatsmännische Ermägung die Oberhand gewonnen zu haben, die Amtsführung der greifen Frau nicht zu stören. Man wird also voraussichtlich auch einige parteipolitisch gefärbte Säge ruhig über sich ergehen lassen.

Um eine schnellere Abwicklung der Geschäfte herbeizuführen, erwägt man den Gedanken, zugleich mit dem Namensaufruf der Abgeordneten die Wahl des Präsidenten des Reichstags vor­zunehmen. Darüber wird wohl aber erst in der Sigung selbst beschlossen werden.

Nur heute Landtag

Stichwahl für Löbe   zu stimmen, ist mit der Möglichkeit Nächste Tagung am 21. September- Die schwarzbraunen Koalitionsverhand:

zu rechnen, daß, wie im Preußischen Landtag, jetzt auch im Reichstag   die sozialdemokratische Fraktion für die Vertretung im Präsidium ganz ausfällt.

lungen gehen weiter

Der Aelteſtenrat des Landtags, der um 12 Uhr zufammentrat,

beschloß, den Beginn der heutigen Sigung von 13 Uhr auf 14 Uhr 3 u vertagen.

Heute um 2 Uhr ist der Landtag zusammengetreten, um 3 Uhr der Reichstag. Schon vorher hat in Neudec Ferner beschloß der Aeltestenrat, daß der Landtag nur am die Besprechung des Reichspräsidenten mit Schleicher  , Papen heutigen Dienstag tagen soll, die nächste Sihung wurde auf und Gayl stattgefunden. Noch ehe Beschlüsse des Reichstags| den 21. September feffgefeht. zustande gekommen sind, hat man in Neudeck Eventual­entschließungen gegen sie gefaßt.

Die Diktatur des Besizes gegen die Nichtbesitzenden soll durchgeführt werden gegen den Willen des Voltes, das tapi­talistische System soll seinen Raub- und Ausbeutungscharakter aufs neue erweisen. Deutschland   soll eine neue Form der Klassendiktatur von oben erleben, die ein Marimum an politischer und sozialer Reaktion darstellt.

Was die Tagesordnung anbelangt, so beschloß der Aeltestenrat, den zweiten Punkt der heutigen Tagesordnung, der die Terrorakte der Nationalsozialisten in Ostpreußen  , Schlesien   usw. be­trifft, von der Tagesordnung abzusetzen.

Schutz der Reichstagsrechte.

Ueberwachungsausschuß und Auswärtiger Ausschuß sollen sofort konstituiert werden.

Da nach wie vor damit gerechnet wird, daß die Reichs­regierung bei den Besprechungen mit dem Reichspräsi­ denten   in Neudeck ihre Versuche zur sofortigen Auflösung des Reichstags fortsetzen wird und da Bestrebungen bestehen, für diesen Fall auch die verfassungsmäßigen Ausschüsse auszuschalten, die nach einer Auflösung weiter. Die Beschlüsse auf Bertagung und Bermindung der Tages- amtieren, so soll bereits in der heutigen Reichs. ordnung wurden gegen die Stimmen der Sozialdemo- tagssikung die Ernennung der Mitglieder des kraten und der kommunisten, also mit den Stimmen der Ausschusses zur Wahrung der Rechte der Nationalsozialisten, der Deutschnationalen und des Zentrums gefaßt. Volksvertretung und des Auswärtigen Aus= Sie find zweifellos von der Rücksicht auf die zur Zeit schwebenden schusses erfolgen. Koalitionsverhandlungen diktiert.

Bracht und der Landtag.

Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion entsendet in den Ueberwachungsausschuß die Abgeordneten Heimann, Herk, Högner, Frau Juchacz  , Löbe und Vogel, als Stell­

Im Reichstag ſizen 222 Sozialdemokraten und Kommunisten, die dem Papen- Programm auf das schärfste widersprechen. Es ſizen im Reichstag   aber auch noch 230 Nationalsozialisten, und die antikapitalistischen Stim­mungen bei den Nationalsozialisten sind ziemlich stark. Hier Keine Teilnahme der kommissarischen Minister an den vertreter: Aufhäuser, Frau Bohm- Schuch, Hildenbrand, allein schon ist eine Opposition, die über 450 Mitglieder von 608 zählt.

Würde die Regierung Schleicher  - Papen es wagen, ihr sozialreaktionäres Programm dem Volte aufzwingen zu wollen, wenn sie die Nationalsozialisten als wirkliche Oppo sition gegen sozialreaktionäre Pläne bewerten würde? Sie weiß mehr von den Nationalsozialisten, als die Tatsache, daß die Hitler  - Anhänger sich ,, Sozialisten  " nennen. Sie ist nicht nur auf den Schultern der Nationalsozialisten und über sie hinweg ins Amt gestiegen, sie rechnet immer noch auf die Bundesgenossenschaft der Nationalsozialisten bei ihren reaktionären Anschlägen gegen das Volk und die Ver­faffung.

Die Freiheit und die soziale Gerechtigkeit in Deutschland  sind auf einem Tiefpunkt angelangt. Die Sozialdemokratie wird in schärfster Opposition gegen alle reaktionären Mächte um den Wiederaufstieg fämpfen!

Verhandlungen.

Der stellvertretende Reichskommissar Dr. Bracht hat seine Auf­

faffung über die Stellung der kommissarischen Regierung gegenüber dem Preußischen Landtag   schriftlich in der Weise festgelegt, wie er sie in seiner Aussprache mit dem Landtagspräsidenten Kerrl mündlich vorgetragen hatte. Das entsprechende Schriftstück ist dem Landtags­präsidenten zugegangen und wird voraussichtlich in den Berhand­lungen des Aeltestenrates mit erörtert werden. Dagegen steht bisher nicht fest, ob der Landtagspräsident die Aufzeichnungen des stell­vertretenden Reichskommissars als Regierungserklärung dem Par­lament zur Kenntnis bringen wird. Sicher ist nur, daß der stellvertrentende Reichskommissar und die kommissarischen Minister an den Landtagsverhandlungen fich persönlich nicht beteiligen werden, während uns das weitergehende Gerücht als über trieben bezeichnet wird, wonach es überhaupt sämtlichen Regierungsvertretern untersagt worden sei, sich an der Vollfizung des Landtags zu beteiligen.

Keil, Marum und Schreck; in den Auswärtigen Ausschuß die Abgeordneten Breitscheid  , Crispien, Dittmann,

Hilferding  , Scheidemann  , Stampfer und Wels, als Stell­Frau Sender und Sollmann.

vertreter Landsberg, Leber, Roßmann, Saupe, Seger,

Schleicher   baut um.

Zunächst erörtert er den ,, Umbau der Reichswehr   theoretisch

Unter der Ueberschrift ,, lm Deutschlands Sicherheit" befaßt sich Reichswehrminister von Schleicher in der Zeitschrift ,, Heimatdienst" mit dem Ergebnis des ersten Abschnitts der Ab­rüftungsfonferenz und dem deutschen   Anspruch auf Gleichberechti gung. Er fommt nach langen Auseinandersetzungen über die Er­gebnislosigkeit jener Ronferenz zu dem Schluß, den er schon in seiner Rundfunkrede zog: Die deutsche Regierung hat aus dieser Entwicklung die einzig möglichen Folgerungen gezogen, indem