Nr. 419. 49. Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
Volksfest im Strandbad.
Der Wannsee - Betrieb einst und jetzt.- Ein lustiger Jubiläumsfestzug.
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In diesem Jahr feiert das Strandbad Wannsee unter dem neuen Berlin zum schönsten Volksfreibad Europas geworden sein 25jähriges Bestehen. Sonntag hatte„ Berlins Seebad" befonderen Schmuck erhalten. Ueberall grüßten die schwarzrotgoldenen Fahnen und die Flaggen der Reichshauptstadt. Tausende von Fähnchen flatterten luftig im Wind. Ein von dem rührigen Leiter des Strandbades, Direktor Clajus, außerordentlich wirkungsvoll zusammengestellter endloser Feftzug, Kinderbeluftigungen, Wettkämpfe im Wasser und eine festliche Abendbeleuchtung vereinten die Massen der Besucher zu einem verbindenden Boltsfest, wie wir es in Berlin nur selten erleben.
Die Bäderzüge" nach dem Wannsee konnten die Reisenden faum unterbringen, die alle beim Jubiläums- Strandfest dabei sein wollten. 25 Jahre Strandbad Wannsee , ein Vierteljahrhundert unAus dem Jubiläumsfestzug im Strandbad.
Die ,, gute, alte" Zeit: Familie Jänse klein zieht 1907 ins ,, Freibad ". beschwerter Sommerfreude für all die vielen Tausende und aber Tausende, für die es zum Wochenende und auch zum Urlaub nicht weiter reicht. Des Hauses lebende Chronit marschierte am Sonntag in einem überaus launig zusammengestellten. Jubi läums Festzug vor den zahlreich erschienenen Gästen vorüber. Des Zuges Spize flankierte ein überdimensional gewachsener Schupo, der als äußerst liebenswürdiger und sympathischer Hüter des Gesetzes mit freundlicher Miene seine Mannen führte. Dann tam das Thema des Strandes: die
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Geschichte des Badeanzuges,
heute aktueller denn je; da marschierten unsere weiblichen Ahnen in fofetten, rüschchen- und volantbefeßten, languettengezierten Badeanzügen mit den nachtmüßenähnlichen Badekäppchen, dann die männlichen quergestreiften Zebras und hinter ihnen der Büttel, der irgendwie, irgendwo und irgendwarum Anstoß" genommen hatte. Das war um 1900- alles scheint einmal wiederzukommen. Schließlich kamen die Badegäste von Anno dazumal, die bloß dem Spaziergang am feuchten Gestade huldigten und sich zu diesem 3wed besonders fein" gemacht hatten. Die Frauen in Seidenfähnchen mit Mantille, Pompadour, langen Handschuhen und Rapotthütchen, die Männer im Bratenrod, heller Hose, wenn möglich im Zylinder. Schmude Soldaten, forſche Studentlein, der Junge mit der Botanifiertrommel vervollständigten das historische Gemälde. Und dann gings in die neuere und neueste Zeit über mit all ihren schwer, aber zäh erfämpften Errungenschaften. Da zeigte fich die vernünftige Straßen- und vor allem Badebekleidung weiß, wie lange noch?-, denn schon trabte vorneweg das Modell 1933, ein schwarzer, mephistoähnlicher Badeanzug, oben bis an den Hals, unten bis zum Knöchel reichend, bloß die
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langen Handschuhe fehlten noch, aber was nicht ist, fann ja noch werden! Dann wurde gezeigt, was zu einem modern ausgestalteten Badebetrieb so alles notwendig ist, von dessen Vorhandensein sich die meisten überhaupt keinen Begriff machen können; ein Heer von ausgebildeten Schwimm- und Bademeistern, die hauptsächlich im Rettungsdienst unbedingt ihren Mann stellen, die Feuerwehr, die Samariter, die Wannseepost- Beamten, die Beamten der KinderFundstelle, die Garderobenfrauen, die Männer, die den Strand fäubern, die Verkäufer, die Hunger und Durst nach sauren Gurken, Bananen, falter Milch, Negerfüssen und Zigaretten zu stillen haben, und endlich die Angestellten des großen Wirtschaftsbetriebes.
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Geführt von zwei Stadtvätern" trottete der Berliner Bär gemütlich dahin und Vater Neptun wurde auf einem prächtigen Thron getragen. Dann kam die Sport- und Kolonistenjugend, frohgemut und braungebrannt. Einige hatten sich sogar zu lachenden egerlein gefärbt. Der Sport war noch durch eine Gymnastikschule vertreten, die Kunst durch die Hauskapelle von Wannsee , zusammengestellt aus der Schwimm- und Bademeisterschaft des Hauses, durch die Juvenaboothauskapelle und das Notstandsorchester Berlin- Mitte, das den ganzen Nachmittag im freundlichen Restaurant fonzertierte, in dem Vater seine Weiße tranf und Mutter ihren Appelkuchen mit Sahne verzehrte sofern das Kleingeld das zuließ. Im Wasser gab es Wett- und Kleiderschwimmen der Rettungsmannschaft zu sehen, Wasserballspiele, Schwimmvorführungen und gymnastische Darbietungen. Jeder Besucher erhielt ein Freilos, das ihm die Anwartschaft auf eine Winterreise, einen nahrhaften Eßkorb, Badezeug und noch vieles andere gewährte. Für die Kinder gab es Ballons, Müzen und Tut- Trompeten in Maffen, am Abend erstrahlte Festbeleuchtung auf dem Strand und am Wasser, Fadeltanz und Nirenreigen der Badeengel schufen eine Szenerie à la Sommernachtstraum. Sogar der Wettergott hatte ein Einsehen, es flappte also alles und Vater Clajus konnte sich der Popularität und Beliebtheit seines" Strandbades unbedingt erfreuen.
3m Zeichen der Sonnenblume.
Im sonnigen Garten des städtischen Erziehungsheimes
Dienstag, 6. September 1932
und zielbewußte Arbeit das Größte zu liefern imftande find: Menschenkinder, die irgendwie und irgendwann seelischen Schiffbruch erlitten, wieder zu nüzlichen Mitgliedern der menschlichen Gesellschaft zu machen. Boll Stolz zeigten die jungen Näh künstlerinnen ihre selbstverfertigte Garderobe; bei ihnen gesellt sich ja zur Freude am Schaffen auch noch das Hauptmoment des Besizes. Von den vielversprechenden Kocherzeugnissen aber hätte sich so mancher gerne eine Scheibe abgeschnitten". Großen Erfolg hatten die wirklich hübschen Bastelarbeiten, die rasch Absatz fanden und so die Materialklasse wieder ein wenig belebten. Eine Hundertschaft froher Menschenkinder, seelisch und körperlich gewappnet fürs Leben, ein schöner Erfolg des Heims.
Graufige Tagesbilanz.
Fünf Selbstmorde in Berlin an einem Nachmittag.
In den gestrigen frühen Nachmittagsffunden, in der Zeit von 14 bis 15.30 Uhr wurden nicht weniger als 5 Selbstmorde entdeckt. Eine graufige Bilanz!
In der Aschaffenburger Straße war die 36 Jahre alte Nadia N. als Hausangestellte beschäftigt. Kurz nach Tisch begab sich das Mädchen auf den Boden des Hauses, von wo es sich aus einer Luke auf den gepflasterten Hof hinabstürzte. Die Unglückliche wurde auf der Stelle getötet. Zwei Lebensmüde fanden ihr Ende durch Gas. In der Werderstraße vergiftete sich die 70jährige Witwe Berta Sch. und auf dieselbe Weise schied die 67 Jahre alte Schneiderin Amalie W. aus dem Leben. In beiden Fällen konnten die Samariter der alarmierten Feuerwehr keine Hilfe mehr bringen. Im Jagen 74 des Tegeler Forstes wurde gegen 14 Uhr der 50jährige Karl D. aus der Maximilianstraße in Pankow an einem Baum erhängt aufgefunden. Der Tod muß schon viele Stunden vor der Entdeckung der Verzweiflungstat eingetreten sein. Den gleichen Tod suchte der 63 Jahre alte Arbeiter August S. Spazier gänger sahen die Leiche des Mannes im Frohnauer Walde, unweit der Oranienburger Chauffee, an einem Baume hängen. S. scheint die Tat wahrscheinlich schon am Sonntag ausgeführt zu haben.
In allen Fällen ist das Motiv zur Tat, wie die Polizei sagt, unbefannt". Arbeitslosigkeit und die furchtbare Not dürften aber die Verzweifelten zu diesem letzten Schritt getrieben haben.
Zehn Arbeiter verschüttet.
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Ein schweres Unglück, bei dem zehn Arbeiter verschüttet wurden, ereignete sich hier bei einem Neubau. Bei dem Ausbau des Fundaments stürzte eine bereits aufgeführte starke Hauptmauer ein und begrub die zehn Unglücklichen unter dem Schutt. Die Feuerwehr konnte erst nach stundenlangen, äußerst vorsichtigen Rettungsarbeiten die Verschütteten bergen. Drei starben bald danach an den schweren Verletzungen, während die übrigen schwer verwundet im Krankenhaus liegen.
in Zehlendorf herrscht Festesfreude; da flattert eine zierliche Unter einer einstürzenden Mauer begraben. Drei Tote. Einladung auf den Tisch, mit dem sommerlichen Symbol einer selbstgemalten Sonnenblume geschmückt, und darin steht, was Schulkinder und Jugendliche alles zeigen wollen: schöne, selbstgefertigte Kleider und leckere Kuchen, Bastelarbeiten und ein großes Festprogramm. Keine Sprache spricht deutlicher, als die des freudigen Herzens, feine Erziehungsmethode offenbart sich schöner, als die des gemeinsamen und zielbewußten Schaffens junger Menschenfinder unter der Anleitung und dem Schutz einer von menschlichem Verständnis erfüllten Lehrerschaft. Was die 60 Schulfinder da an Geschicklichkeit ihrer kleinen Hände, Ertüchtigung ihrer Körper und fröhlichem Darstellungstalent zeigten, was die Nähstube an schönen Arbeiten und der Kochkursus an schmackhaften Dingen bot, das alles gab einen überaus lebendigen Ausschnitt aus der wert vollen erzieherischen Arbeit dieses Hauses. Der Mensch ist gut! fönnte das Motto solch einer Veranstaltung lauten, bei der man den unbedingten Eindrud gewinnt, daß Verständnis, menschliche Güte
Noch ein Schmalsfich- Konzert im 300. Heute nachmittag, 16 Uhr, findet im 300 noch ein Konzert des Berliner Konzert vereins unter Leitung von Clemens Sch ma 1 st ich statt. Als Solistin bringt Frau Johanna Fritsch- Pollack( Sopran) zwei Arien aus der Oper ,, Lohengrin " zu Gehör.
Chef der Politischen Polizei entfernt.
Regierungsdirektor Goerke muß gehen.- Das ist der neue Kurs.
Aus dem Berliner Polizeipräsidium wird bekannt, daß Regierungsdirektor Goerke, der bisherige verdienstvolle Leiter der Politischen Polizei, von seinem Urlaub, auf dem er sich zur Zeit befindet, nicht mehr auf seinen bisherigen Posten zurückkehren wird. Er soll mit der Leitung der Abteilung II, zu der in erster Linie das Einwohnermeldeamt gehört, betraut werden.
Regierungsdirektor Goerte ist aus der mittleren Beamtenfarriere hervorgegangen. Er war niemals Sozialdemokrat, wurde vielmehr längere Zeit von der Sozialdemokratie skeptisch betrachtet, da er als ein weltanschaulich ziemlich weit rechtsstehender Mann| galt. Auch ihm politisch nicht Nahestehende mußten jedoch Goerte zu gestehen, daß er stets ein aufrechter und gerader Beamter guten Schlages war. Ganz allmählich und durchaus nicht geleitet von
eigensüchtigen Gesichtspunkten näherte sich Goerke dem demokratischrepublikanischen Bürgertum. Wer Goertes Arbeit kannte, wußte, daß dieser Mann nur Pflichterfüllung kannte und stets bemüht war, strengste Objektivität in allen Fällen zu wahren. Der Beschluß der halb eine besonders schwere Kränkung für den verdienstvollen neuen Herren, ihn von seinem Posten zu entfernen, bedeutet des= Mann. Bielleicht trägt jedoch dieser Beschluß mit dazu bei, daß auch
er nun seine Versetzung als eine Erleichterung empfindet. Eine Notwendigkeit, Goerte seines Postens zu entheben, bestand auch für die neuen Machthaber nicht. Es sei denn, daß man unter der neuen Amtsführung ein Abweichen von der bisher streng innegehaltenen objektiven Linie für notwendig hält. Die Frage, ob mit diesen Maßnahmen gegen alte, verdiente Beamte das Vertrauen des Beamtentums zur neuen Führung gestärkt wird, mögen sich die neuen Herren selbst beantworten.
Die Erste zwingt zur Zweiten und führt zur Kette!
Das spricht für die hohe Qualität unserer
Juno
und darf auch als Beweis für ihre Bekömmlichkeit gelten. Gerade weil Juno auf Zugaben wie Wertmarken, Gutscheine oder Stickereien verzichtet, vermag diese gute Josetti- Marke alle wichtigen Forderungen der Raucher zu erfüllen: Erlesene Tabake
Beste Mischung- Voiles Format
Josellis
JUNO
o/ M.rund
6 STUCK 20 890
KON
LINON