Nr. 420 B 202 49. Jahrgang
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:«racW irar am Sonnlag bei derSlahlhelmparade. AmWlonlag forgle erdafür, daß fünf berliner Xinkszeilungen uniformiert erfchienen. Sie mußten fämllich den gleichen Jluffals an der Spilse bringen. Ileberfchrifl 3 Cicero hodt, Text(.ßorgis feil über alle Spalten hinweg...
Rechtsanwalt Dr. B r a n n-Ragdebnrg, der Verteidiger der Ohlauer Reichshannerkame« raden vor dem Sondergericht in Brieg . gibt im folgenden die Antwort auf die Auflage- nachricht des Herrn Bracht. Dr. Bracht hat einer Reihe von Linksblättern Zwangsauflazen zugehen lassen mit der Begründung, diese Zeitungen hätten irre- führende Mitteilungen über Urheberschaft und Schuld an den blutigen Ausschreitungen von Ohlau gebracht. Dr. Bracht macht sich die Sache sehr leicht. Anstatt seine Behauptungen zu beweisen, läßt er Teile alls einem bisher wenigstens den Verteidigern unbekannten Urteil abdrucken. Das Urteil des Tondergcrichts Pricg aber, auf das er sich stützt, ist in jedem Satze anfechtbar. Irreführend ist die Behauptung des Urteils, die Verteidiger hätten lediglich„geltend gemacht", die Ausschreitungen der Reichs- bannerangehörigen feien durch das provozierende Verhalten der Nationalsozialisten ausgelöst worden. Richtig ist und hätte nicht verschwiegen werden dürfen, daß die Verteidiger dies auch b e- miesen haben durch eidliche Aus jagen untadeliger Zeugen. Diese haben beschworen, daß vor Beginn aller Auseinander- fehungen durch Ohlau ziehende SA. friedliche Arbeiter überfallen und geschlagen hat. Die einen wurden ge- schlagen, weil sie nicht„heil Hitler" rufen wollten: andere, weil sie auf den Naziruf mit„Freiheit" antworteten: andere, weil sie„heil hiller" mit„heil Bioskau" beantworteten. Andere wurden offenbar nur aus dem Grunde geschlagen, weil sie drei Pfeile am Rockkragen trugen. Es ist in dem Prozeß Beweis dafür angetreten war- den. daß die SA.-Leuie außer mit Pistolen auch mit Karabinern und Handgranaten ausgerüstet waren, daß sie ahnungslos vom Angeln heimziehende Republikaner grundlos beschimpften und verfolgten, andere zufällig des Weges Daherkommende niedergeworfen und ge- treten haben. Das Sondergericht hol umfangreiche Beweisanträge der Verteidiger, die die moralische Schuld der Rationalsozialisten darzutun bestimmt waren, als unerheblich abge- lehnt. Wie kann sich unter solchen Umständen das Gericht unterfangen, den Tatfachen widersprechende Feststellungen zu treffen? Irreführend ist die Behauptung des Urteils: die National- sozicrlisten hätten in keinem einzigen Falle von den Waffen Gebrauch gemocht. Demgegenüber ist eidlich erhärtet und während der Ber- Handlung auch vom Gericht als wahr unterstellt worden, daß die Breslaucr SA. in ein friedliches Haus grundlos eingedrungen ist und dort auf friedliche Bewohner geschossen hat, daß zwei Frauen von vier kugeln in ihrer Wohnung niedergeschossen worden sind! Unrichtig ist die Behauptung des Urteils, daß den Ange- klagten von den Ausschreitungen der Nationalsozialisten nichts be- könnt gewesen sei. Mehrere Zeugen der Staatsanwaltschaft haben eidlich bekundet, daß die Reich sbannerleute erst aus- gezogen sind, als ihnen gemeldet wurde, daß ihr« Leute überfallen würden. Der zweite Marsch des Reichs- banners, in desstn Verlauf es zu den Schießereien gekommen ist, wurde nach den eidlichen Zeugenaussagen ausgelöst durch d i e Nachricht von der Erschießung zweier Frauen in der Oderstraße. Das Urteil greift aus dem umfangreichen Beweismaterial willkürlich eine einzige Bemerkung heraus und läßt alles übrige entgegengesetzte Material unbeachtet. Auf solche Weis« läßt sich natürlich mit Leichtigkeit die völlig abwegige Be- h a u p t u n g aufftellen, das Reichsbanner habe von vornherein Angriffsabsichten gezeigt! Zweimal ist das Reichsbanner ausgezogen. Das erste Mal, als die Nationalsozialisten in den oer- schiedensten Gegenden der Stadt Ueberfälle ausgeführt hatten; das zweite Mal, nachdem die Breslauer SA. die beiden Frauen nieder- gestreckt hatte. Jedesmal bedurfte es eines solchen Anlasses, um das Reichsbanner zum Auszug zu veranlassen. Sollen etwa die Pro- vokationen der SA. - und SS. -Leute als bestellte Arbeit der Reichs- bannerkameraden hingestellt werden? Tos Urteil stellt die Dinflc völlig auf den stopf. stein Wunder, wenn umn miterlebt hat, wie es zustande gekommen ist! In unglaublicher Hast wurde die Verhandlung durchgepeitscht. Niemand kannte die Akten über die gesamten Vorfälle vom 11). Fuli 1932, deren stcnntnis notwendig gewesen wäre, um ein gerechtes Urteil fällen zu können. lieber den Ausschnitt, der zum Gegenstand der Verhandlung ge- (Fortsetzung auf der 2. Seite.)
Moniag Reichstag . Präsidium am Sonnabend bei Hindenburg . Reichstagspräsident Göring hat der kommunistischen Rvichstagsfraktion, die einen Antrag auf sofortige Ein- bcrufung des Reichstags gestellt hatte, mitgeteilt, daß das Reichstagspräsidium am Sonnabend vom Reichs- Präsidenten empfangen werde und daß er den Reichs- tag zu Montag, den 12. September, nachmittags 3 Uhr, einberufen habe. MetallarbeiterfireikinSchlefien Die Löhne sollen immer mehr gedrückt werden. Breslau , b. September.(Eigenbericht.) Die Breslauer Bezirksleitung des Deutschen Rietall- arbeiter-Verbandes teilt mit: Der von den Unternehmern gekündigle Lohntarif in der niederfchlesifchen Metallindustrie mit 6 8 Pfennig Spihenlohn und öZ Pfennig Akkordsah war am 31. August abgelaufen. Ein Einigungsvorschlag und späterer Schiedsspruch des Schlichtungsausschuffes Görlitz wurde von beiden Parteien abgelehnt. Durch Aushang geben jetzt die Unternehmer bekannt, daß jedem Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis gekündigt fei und daß die Arbeit nach Ablauf der Kündigungsfrist zu einem um 4 pr o z. gekürzten Lohn und Akkord- sah sortgesetzt werden kann.
Die Arbeiter sind n i ch i g e w i l t t, sich dem Diktat der Unter- nehmer zu fügen. Rund 300 Mann stehen in Görlitz und Riesky seit Montag im Streik. Die Zahl der Streikenden vergrößert sich täglich. Am Dienstag sind weitere 3 0 0 Mann aus dem waldenburger Bezirk in den Streik getreten. D-3»g Paris -Marseille verunglückt. Acht Schwerverlehte.— Ursache Schienenbruch. p a r i s, b. September. Der Schnellzug Paris — Marseille — Ventimiglia , der Paris am Montag um 21.40 Uhr verlassen hatte, entgleiste am Dienstag gegen 10 Uhr in der Rühe von Marseille. Einer der aus den Schienen gesprungenen Wagen st ü r z t e um und ging vollkommen in Trümmer. Räch den bisher vorliegenden Meldungen sollen Todes- opfer nicht zu beklagen sein. Acht Reisende wurden durch Holzsplitter und Quetschungen so schwer verletzt, daß sie in h o s s n u n g s l o s e m Z u st a n d in ein Krankenhaus über- geführt werden mußten. Die Zahl der Leichtverletzten ist noch nicht bekannt. Das Unglück ist angeblich auf einen Schienenbruch zurück- zuführen, von Marseille ist sofort ein hilsszug an die Unglücksstelle geeilt, um den Verletzten die erste Hilfe zu bringen. Bolivien hat das Verlangen der Neutralen abgelehnt, die Mobilmachung einzustellen. Im Parlament hat jetzt erst ein Abgeordneter beantragt, Paraguay den Krieg zu erklären.