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Nr. 421 49. Jahrgang
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Mittwoch, 7. September 1932
Da haben jetzt auch die Charlottenburger sich ins Zeug gelegt und eine Erwerbslosenküche geschaffen. Von ihrem Bezirksamt erhielten sie ein früheres Gärtnereigrundstüd samt Haus am Holzdamm( zwischen Keplerstraße und Tegler Weg) zur VerAlle müssen mithelfen! fügung gestellt. Haus mit Grundstück hört sich ganz schön und vielversprechend an, bloß, daß an dem Haus sämtliche Fenster und Türen samt Holzrahmen, vom Fußboden die Dielen fehlten und der ,, Garten" eine einzige total verkommene Wüstenei war. Nun hieß es also, das Haus aufbauen, die notwendige Inneneinrichtung besorgen und den Garten in Ordnung bringen. Erwerbslose wurden herangeholt, die für 1 M. pro Tag wie die Berserker schufteten und in furzer Zeit ein tiptoppes Häuschen und einen blühenden Garten schufen.
Die nach dem Frankfurter Beispiel von der Notgemeinschaft Die Eröffnung der Küche fand am Dienstag statt. Reibungslos auch in Berlin ins Leben gerufene Erwerbslosenspeisung ging die Effenausgabe vor sich. Der an der Ausgabe befindliche hat sich als sehr segensreich erwiesen Gestern fand in der Ge hag- Wochenküchenzettel wurde aufmerksam studiert und fast jeder rief, Siedlung in Britz die erste Erwerbslosenspeisung statt. Das daß sein" Leibgericht dabei wäre. Jemand kam, stellte seine Töpfe foziale Werk wurde dank einer sozialdemokratischen Anregung und hin und bat um eine große Portion für einen hungerigen Jungunter hervorragender Mitarbeit der Sozialdemokratischen Partei gefellen". Wir machen alle fatt" scholl es aus dem Küchenraum gefchaffen. zurück und befriedigt musterte der hungerige Junggeselle" die Größe der Portion.
Es war in den letzten Wahlwochen. Da flog uns ein Aufruf des unter Führung unseres Genossen Reder stehenden Bewohnerausschusses ins Haus, der aufforderte, mitzuhelfen, eine Erwerbslosenküche zu gründen. Es hieß da u. a.:
Mitbewohner! Wenn wir uns in einer Zeit, die erfüllt ist von weltanschaulichen Gegensägen und parteipolitischen Kämpfen, mit diesem Appell an die gesamte Bewohnerschaft unserer Siedlung wenden,... so geschieht das, weil wir es als unsere Pflicht betrachten, unseren notleidenden Wohngenossen in schwerster Zeit zu helfen und ihnen die Kraft zu erhalten, mit uns allen gemeinfam für eine bessere Zukunft zu kämpfen!
Und trog Wahlzeit, politischer Tagestämpfe und mannigfacher Bersammlungen, fand der Aufruf die Beachtung, die er verdiente. Rund 30 Proz. der Bewohner erklärten sich sofort bereit, hier mitzuhelfen und ihr Scherflein beizusteuern, damit das Werk gelingen fönne. Damit waren auch die finanziellen Bedenken, die einzelne Mitglieder der Bewohnerausschusses gegen die Schaffung der Erwerbslosenfüche anführten, zerstreut. Nun wurde der organisatorische Aufbau in Angriff genommen. Die beteiligten Kreise waren einig darüber, daß alle Arbeit ehrenamtlich geleistet werden müsse. Trozzdem sich ein großer Teil der Bewohner bereiterklärt hatte, die Küche finanziell zu unterstügen, machte das Finanzierungsproblem noch manche Schwierigkeit. Nachdem die Frage der Küchenräume dank des Entgegenkommens der Gehag" schnell und schmerzlos gelöst
Soweit die Schilderung. Wir wollen wünschen, daß es den Brizern gelingen möge, ihr soziales Werk gut durch den Winter zu bringen. Keiner der Siedlungsbewohner sollte hier abseits stehen, wenn es heißt, erwerbslosen Wohngenossen eine warme Mahlzeit zu verschaffen. Jeder kann helfen, wenn er nur will! Darum: ans Werk!
Allen ein warmes Essen!
Auch Charlottenburg schafft Erwerbslosenküche.
Ein Lichtblick, ein ruhender Pol in all der unliebsamen Erscheinungen Flucht ist die Tatsache, daß die Menschen, die heute noch satt zu essen haben, sich ihrer Verantwortung den vielen Hungern den gegenüber immer stärker bewußt werden.
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Die Kücheneinrichtung mußte natürlich auch zusammengeschnorrt werden, da lieferte der Lindenhof den großen Kochkessel, das Bezirksamt Herd, Tische und was sonst noch notwendig war. Im schmuden Häuschen wohnt jetzt eine Familie mit 4 Kindern der Mann war 1½ Jahre erwerbslos, die den ganzen Betrieb betreut und dafür Freiwohnung erhält. Die Küchengemeinschaft setzt sich aus freiwilligen, ehrenamtlichen Helfern zusammen, die einen monatlichen Mindestbeitrag von 30 Pf. beisteuern. Es fehlt naturgemäß noch so allerhand und da die Stadt Berlin nicht helfend unter die Arme greifen tann, so find Mitglieder, die helfen und auch ihr Scherflein zu diesem Liebeswerk beitragen, dringend erwünscht. Am 15. September will man mit der Speisung von täglich 250 bis 300 Erwerbslosen beginnen, die für einen Groschen einen Liter fräftig gefochtes Essen erhalten sollen. Aus den verschiedensten Lagern und Weltanschauungen setzt sich die freiwillige Helferschaft zusammen, denn sie alle erkennen das drohende Gespenst Hunger, gegen das mit allen vorhandenen Kräften angekämpft werden muß.
Sahm ist optimistisch.
werden konnte, löſte die der Küchen einrichtung einige Sorgen Die ,, wachsende Finanzkraft Berlins "/ Magistrat und Verwaltungsreform.
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aus. Der Voranschlag sah hierfür etwa 500 bis 600 m. vor. Es fam aber alles anders, nur nicht so, wie man es sich so schön aus= gemalt hatte. Die angebotenen Kochfessel- man wollte aus Spargründen gebrauchte erstehen waren nicht zu verwenden und neue fofteten eine Stange Geld. Wieder war es die ,, Gehag ", die einfprang, das Geld borgte und somit die Anschaffung der Refsel ermöglichte! Inzwischen war, um die gefeßlichen Bestimmungen zu erfüllen, die Gründung des Küchenvereins der Einfa- Siedlung Briz" vollzogen. Jeder, der beitritt, zahlt einen monatlichen Mindestbeitrag von 30 Pf. Nebenbei bemerkt: nach oben sieht der Beitrag feine Grenze vor... Weitere zwanzig Prozent der Bewohner fanden sich alsbald ein, um mitzumachen, so daß augenblicklich die halbe Siedlung mit bei der großen Sache ist. Auch die ehrenamtlichen Helfer hatten ihre Meldung abgegeben. Zwei von
Der Oberbürgermeister von Berlin , Dr. Sahm, hatte eine| 43,75, am 30. Juli 46, am 31. August 49 und am 5. September Unterredung mit einem Vertreter des WTB., über die wir folgendes erfahren:
Im Vordergrund des Interesses steht natürlich, so erklärte Dr. Sahm, die Finanz- und Wirtschaftslage. Ein gün stiges Symptom für die wachsende Finanzkraft der Stadt Berlin dürfte besonders eindringlich in den Kurssprüngen der letzten Wochen zu erblicken sein, welche bei den städtisch en Anleihen zu beobachten waren. So stand der Kurs der 70prozentigen Berliner Goldanleihe 1926 am 1. Juli 38, am 15. Juli
58,50; der Kurs der Berliner Verkehrsanleihe 1928 an den gleichen Tagen 46; 51; 53,50; 57,75 und 65,25; der Kurs der Berliner Goldanleihe 1924 an den genannten Tagen 37; 43,75; 45,75; 49 und 67,50; der Kurs der Goldschah- Anweisungen 1928 auf 60; 64; 64%; 70,75 und 82. Eine gute Aufnahme kommunaler Anleihen macht sich auch in anderen Städten bemerkbar, wie z. B. in Hamburg und München , doch steht Berlin in dieser Beziehung an der Spize.
ihnen ſchwingen als Köchinnen das Zepter, während acht bis zehn Zillen in der Schleuse. gewählt werden müffen. Der Oberbürgermeister hat seinen Blan
meitere in dreitägiger Schicht die gewaltigen Vorarbeiten einer täglichen Speisung leisten. Haben sich doch bereits jetzt schon über 200 Personen gemeldet, die die Küche in Anspruch nehmen möchten. Dabei steht der Winter erst vor der Tür...
Kommt alle in den„ Küchenverein"!
Und damit wird noch einmal die Finanzierungsfrage angeschnitten. Wie schon oben erwähnt, sind 50 Proz. der Bewohner bereit, ihr Scherflein beizusteuern. Die sich hieraus ergebende Summe plus Beitrag des Küchen benutzer ser zahlt für die Partion Essen 10 Pf. und einen Monatsbeitrag von 30 Pf.- ist jedoch nicht hoch genug, um die Gesamtausgaben decken zu können. Es ist zunächst notwendig, daß alle Bewohner der Brizer GehagSiedlung ihren Beitritt zum Küchenverein erklären, damit die finanzielle Bafis gestärkt wird. Darüber hinaus aber sind Ertra beiträge, auch wenn sie noch so klein sind, dringend erwünscht! Hervorgehoben sei, daß ein Gartenbefizer dem Küchenverein seinen Garten mit Ernte zur hostenlosen Verfügung gestellt hat. eine einwandfreie Abwicklung der Geschäfte( Küchenzettel, Kochen, Wareneinkauf usw.) trägt die Küchenfommission Sorge, die gemeinsam mit einem Beirat und dem geschäftsführenden Ausschuß, der zugleich Borstand des Küchenvereins ist, die ehrenamtliche Arbeit leistet.
Die Küchenräume
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Für
befinden sich im Erdgeschoß eines in der Liningstraße liegenden Einfamilienhauses. Die oberen Räume hat ein erwerbsloser Genosse gegen Leistung eines geringeren Mietgeldes bezogen. Damit ist gleichzeitig für eine ständige Bewachung der Küche gesorgt. Die Küchenräume sind in hellen Farben gehalten. Zwei mächtige Junkerund Ruh- Gaskochkessel, die zusammen 350 Liter fassen, sind in den ersten Raum aufgestellt, während der zweite als Vorbereitungsraum dient. Hier werden Kartoffeln geschält und Gemüse verputzt. Ven= tilatoren sorgen für Entlüftung der Küche. Der wöchentliche Lebensmittelbedarf beträgt bei einer Speisung von 200 Personen etwa 10 Zentner Kartoffeln, 2 Zentner Gemüse, 1½ Zentner Fleisch usw. Der Küchenzettel, der immer für drei Wochen festgelegt werden soll, zeigt in der ersten Woche folgendes Gesicht:
Dienstag: Raßler mit Sauerkraut; Mittwoch: Brühreis; Donnerstag: Linsen mit Sped; Freitag: Mohrrüben mit Schweinebauch; Sonnabend: Kartoffelsuppe mit Würstchen. An den Sonntagen wird keine Speisung verabreicht.
Ein seltsames Bild bietet diese Schleuse, in der es kein Wasser mehr zu geben scheint. So dicht liegen die tiefgehenden Zillen nebeneinander. Die Relingsbalken sehen von oben mie breite Schienenstränge aus. Auch dieser Anblick ist heute beinahe selten geworden. Die Schiffahrt liegt brach...
Noch im Laufe der nächsten Wochen muß die Frage über die eventuelle Neugestaltung der Verwaltungsbezirke gelöst werden, da im kommenden Frühjahr von 102 überhaupt vorhandenen be soldeten Bezirksstadträten 63 infolge Ablaufs der Wahlzeit neu Red. bereits fertig( warum darf man ihn nicht kennenlernen? d. ,, V.") und wird ihn wahrscheinlich schon am nächsten Mittwoch, also einen Tag vor der ersten Stadtverordnetenversammlung an 15. September in einer gemeinsamen Sigung von Magistrat und Bezirksbürgermeistern zur Besprechung vorlegen. Die Beschlußfassung bleibt dem Magistrat.
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Die Etatslage ist bekannt. Die größte Sorge gilt der Beseitigung des Defizits von 100 Millionen. Der Oberbürgermeister hofft, daß in der Magistratssigung an diesem Mittwoch weitere Beschlüsse zur Minderung der Fehlsumme gefaßt werden und der nächsten Stadtverordnetenversammlung noch diesbezügliche Vorlagen zugehen können. Durch die Notverordnung werden den Kassen der Stadt Berlin vom 1. Oktober bis Ende Dezember etwa 8 Millionen und im Jahre 1933 rund 30 Millionen Mark zufließen. Die Arbeitsbeschaffung für Erwerbslose hängt naturgemäß ganz von den Mitteln ab, die von der Reichsregierung zur Verfügung gestellt werden. Diese Gelder werden restlos für Straßenbauten, für die speziell von den Automobilisten gewünschte Beseitigung der Sommerwege, Wohnungsbauten und Stadtrandsiedlungen verwendet.
Der Potsdamer Magistrat teilt der Deffentlichkeit mit, daß er für 1932 die Bürgersteuer mit dem dreifachen Landessah einzuführen gezwungen ist. Die erste Rate wird am 10. Januar 1933 fällig. Der Magistrat begründet diesen Schritt damit, daß sich die Einführung nicht vermeiden ließ, wenn die Stadt nicht auf die Reichshilfen für die Wohlfahrtserwerbslosen verzichten wollte. Als weitere Begründung für das Aufhören der Steueroase Potsdam wird angegeben, daß bei Verabschiedung des Etats durch die Stadtverordneten sich der städtische Haushalt um 1½ Millionen Mark verschlechtert hat.
Die Trauerfeier für Heinrich Schulz. Die Trauerfeier für Heinrich Schulz findet am Donnerstag, dem 8. September, nachmittags 3 Uhr, im Krematorium Wilmersdorf statt.
Schulklaffenschließung. Die Klasse 5 I der 81. Gemeindeschule in der Tilsiter Straße 4/5 ist wegen Scharlach und die Klasse 7.b der 30. Gemeindeschule in der Rüdersdorfer Straße 4/5 megen Diphtherie auf je eine Woche geschlossen worden.
Meister Hoffmann
Meister Rothardt
Meister Zo
Meister Zieger
Meister Brandenberger
Wir 20 Tabakmeister, die wir als einfache Tabakarbeiter unsere Laufbahn begonnen haben, haben unsere Kenntnisse vereinigt, um die Noch und Noch Zigarre aus hochwertigen Tabaken zu schaffen.
No 10
10.s
NATÜRLICH MILDE
NOCH& NOCH
Meister Qechsler
Sind Formen- HANDARBEIT's Zigarren,
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Meister Weichers
Meister Fisches
Meister Dreckschmidt
No 15
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Meister Christophel