Beilage
Mittwoch, 7. September 1932
Der Abend
Spalausgabe des Vorwȧrks
Auf nächtlichen Gewässern
Streiffahrt durch die Havel ...
Bon der Stadt her schlug es halb elf, als mir draußen in Hakenfelde in das große Motorboot der Wasserschuhpolizei stiegen, das fnatternd im Bootsschuppen zu einer nächtlichen Streifenfahrt bereit lag. Vorher hatten wir schon an einer zweistündigen Streife durch den Tegeler See teilgenommen. Es war ein heller, warmer Sommerabend. Wir sahen zuerst längs den Ufern Badestellen, Bootshäfen, Kaffeegärten; später leuchteten zwischen Kiefern stämmen die hellgrauen Flecke der Zeltstädte. Im Hintergrund erhoben sich düster die Silhouetten der Borsig- Werke, drohend und gewaltsam, als wünschten sie eine Beziehung zu den Menschen hier anzudeuten, die ihren Feierabend genossen, spielend, lärmend oder auch still am Ufer entlang, liegend und gehend.
Ein herrliches Boot...
Wir legten dann, es war schon in der Dämmerung, bei der Anlegestelle einer Beltstadt an, um ein herrenloses, offenbar gestohlenes Boot sicherzustellen. Die Zeltstädter saßen und standen vor ihren Zelten und Lauben. Gruppen von Männern saßen im Halbkreis wie um ein unsichtbares Lagerfeuer. Die Stadt lag der Mücken wegen im Dunkel; nur hin und wieder leuchtete eine Karbidlampe, gespensterhaft hinter Baumstämmen und Zeltdächern. Dazu ließen fich Grammophone vernehmen, jemand spielte auf einer Ziehharmonika, im Abendwind flatterte Wäsche und Kinder wurden mit Geschrei zu Bett gebracht. Das Ganze erinnert an eine weit vorgeschobene Siedlung. Diese Menschen haben die Stadt verlassen wie ein baufälliges Haus und find zu primitiveren Daseinsformen zurückgekehrt, um das Leben einfacher und darum leichter leben zu können.
Als wir von unserer ersten Fahrt zurückkehrten, standen schon die Sterne am Himmel. Vom Ufer dufteten betäubend Linden und Jasmin, eine leichte Kühle stieg vom Wasser auf und ringsum hingen gelbe Lichttrauben in den regungslosen dunklen Wasserspiegel.
Die Nachtfahrt beginnt!
Nun stiegen also wir auf ein langes offenes Motor. boot. Unser schnellstes Boot", wie der diensttuende Offizier bemerkte, ehe er einstieg, den schweren Wettermantel über dem Arm. Außer ihm bestand die Besatzung des Bootes aus drei Beamten. Es sollte eine lange Streifenfahrt werden: Nach Stößensee, dann die Havel entlang, über den Wannsee , Griebchensee bis zur Glienicker Brücke; erst am nächsten Morgen würden wir zurück fehren. Der Motor sprang an. Der Bootsschuppen blieb zurück, die Kräne und Hellings einer Schiffswerft am Ufer; Fabriken schoben sich langsam heran, Gasometer, Tanks, Speicher, Laſtkähne, die am Ufer lagen, tot und still, dann passierten wir die Schleuse. Wir fuhren durch Brücken, die sich mit riesigen Bogen, überspannt von Lichtschnüren über den Fluß schwangen. Menschen standen am Geländer und sahen auf unser Boot, das wie ein kleines graues Wasserpferd dahinschoß. Straßenbahnen rollten oben schwerfällig auf Berlin zu. Gegen elf Uhr passierten wir die große Heer straßenbrüde. Ihre riesigen Konstruktionen wurden vom Boot aus mit dem Scheinwerfer abgeleuchtet. Man erzählte mir, daß die Kriminalpolizei von Zeit zu Zeit unter den Brückenbogen Razzien veranstaltete, denn das Gesetz in seiner majestätischen Gleichheit", sagt Anatole France ,,, verbietet es Reichen wie Armen unter Brückenbogen zu schlafen...
Stößensee: Die Ufer sind illuminiert. Restaurants, feudale Klubhäuser, Lurusjachten, elegante Motorboote, die jedweden Komfort aufweisen. Hier lebt das Leben sich aus dem Vollen, selbst das Licht scheint sich strahlender und verschwenderischer über den See auszubreiten. Die Terrassen, die an den Ufern aufsteigen, sind mit Lampions überzogen, die Mufit eines Gartenfestes dringt zu
uns herüber.
Mit einem Male ist das Licht zu Ende. Es reißt ab, die Havel öffnet sich. Schwächer werden die Scheinwerfer des Funkturms, die wie lange, leuchtende Bänder die Nacht durchschneiden. Dafür leuchtet nun rechts von Staaten her ein Fliegerlicht, ein Meilenstein der großen Luftstraßen. Von oben gesehen wird man jetzt die Seen als kleine Baffins bemerken, eingefaßt von dem dunklen Rand der Wälder; schwarze, erblindete Spiegel, auf denen die Lichter einsamer Boote hintanzen.
Wir fahren an Schildhorn vorüber. Die Ufer sind dunkel, bis auf die wenigen Lichter, die an ihren Rändern hocken wie Leuchtkäfer: Die Lichter eines verlassenen Gartenrestaurants, eine Laterne, eine Bootslampe, ein rotes Signallicht, irgendwo. Darüber hinaus erkennt man nichts, das Leben hat sich verkrochen. Ab und zu gleitet der Scheinwerfer unseres Bootes am Ufer entlang. In seinem grellen Licht sehen die Bäume aus wie giftiggrüne Versaz stücke auf der Bühne eines Liebhabertheaters. Dann stehen auch plötzlich wieder Zelte da. In langen Reihen, zwischen den Bäumen schimmern ihre kleinen Lichter hervor. Der Wind trägt Stimmen herüber, Lachen, Musik, im Scheinwerfer erscheinen die Gestalten von Badenden. Die Nacht ist schwül. Verdeckte Boote mit Schlafenden schaukeln am Ufer: Urlauber, die mit ihren Booten die Havel abwärts fahren.
Langsam gleiten an beiden Seiten Wälder vorbei. Die Heck welle unseres Bootes reißt einen langen Strich in den glatten Wasserspiegel, der langsam wieder zusammenfließt. Wir passieren Lindwerder und die Insel Imchen. Mitternacht ist vorüber. Im Osten zieht ein Gewitter auf. Die weißen Schlangen der Blizze fahren am Himmel entlang, für Sekunden ist alles in eine fahle Helle getaucht, schwer rollt ferner Donner über die Wälder.
Schwarzangler...
Der Wannsee : riesige gespensterhafte Wasserfläche. Man möchte sie mit den Segeln, den bunten Booten, den Dampfern und Badenden eines Sonntages bedecken, um dieser beängstigenden Leere zu begegnen. Der helle Streifen am Ufer ist das Strandbad, wir fahren jetzt dicht an den Bojen vorbei. Den natürlichen Wald am Ufer begleitet ein schwimmender Wald von Booten, eine einzige Reihe, die durch Bootsstege und Bootshäuser irgendwie eingeteilt und gegliedert ist. Wie eine trübe, undurchsichtige Glasglade steht der Himmel über dem See.
Auch auf dem Wasser treffen wir noch Menschen. Ein dunkler Strich vor uns, der Scheinwerfer faßt ein Boot mit Anglern. Kleines, unscheinbares Zeug schwimmt in den Blechbüchsen, die sie im Boot stehen haben. Kleine Krebse, mit Käscher gefangen, ein minziger Hal, ein paar Plögen, es reicht nicht für eine einzige Mahl
-
Von Kaliban
zeit. Man sagt ihnen, was sie hier tun, sei ein Vergehen, das mit Gefängnis bestraft wird. Sie haben keine Erlaubnisscheine. Und Die Angel selbst dann ist das Fischen zur Nacht verboten. geräte werden sichergestellt, um ihre Befizer, wie es die Vorschrift will, an der Wiederholung der strafbaren Handlung zu hindern. Sie zucken die Achseln, es ist ihnen alles gleich; sie sind arbeitslos, monatelang, jahrelang, das sagt alles. Später finden wir Angelgeräte am Ufer liegen. Ein Pleines Heer von Schwarzanglern ist in dieser Gewitternacht unterwegs, und es muß eine schlechte Sache sein, als Fisch in der Havel zu leben Angelhafen ringsum, an den Ufern liegen sie, mitten im Strom schwimmen die ausgelegten Korkstückchen mit den Schnüren. Tatsächlich wird auch die Havel von Jahr zu Jahr fiſchärmer.
-
Es ist fühl geworden. Kühl und so still, daß man die Tropfen eines Regenschauers auf dem Wasser auffallen hört. In der Ferne verrollt endlich das Gewitter. Dann beginnen sich mit einem Male graue Streifen über den Himmel zu ſpannen. 3 Uhr. Die Stunde, die zwischen Nacht und Tag liegt, wie eine Grenzmarke. Im fahlen Zwielicht fahren wir dicht an Häusern vorbei. Sie sehen aus, als wären sie von ihren Bewohnern fluchtartig verlassen worden. Wie Bilder von den Bauten zu einem Gespensterfilm wirken sie. Kulissen, die noch herumstehen und das Stück ist längst zu Ende.
--
Lautlos wächst das Licht. Plötzlich ist der Tag da; das Leben ruht noch, wir sind allein auf dem Wasser, nichts regt sich, selbst die Vögel sind noch stumm, aber der Tag ist schon da. Und als wir durch die Glienicker Brüde fahren, poltert auf der Chaussee ein schwerer Lastzug und im Jungfernfee liegen Havelkähne wie unförmige Waffertiere.
Von den Wiesen steigen Nebelschwaden auf. Jetzt beginnt es, an den Ufern lebendig zu werden. Die weißen Punkte, die am Schilf schwimmen, sind Schwäne, dann erkennt man im Fernglas eine Entenfamilie, dahinter am Strand einen Reiher, schlank und filbrig.
Ueber die meite, glatte Wasserfläche kommt uns ein Schlepp= zug entgegen. Der kleine Dampfer pustet und faucht. Die Männer, die am Steuer hantieren, haben gerötete Gesichter, ein Hund bellt in langgezogenen Tönen und Frauen stecken neugierig den Kopf zur Kajüte hinaus. Sie haben etwas Großväterliches an sich, diese Rähne, etwas unheimlich Solides und Festgefügtes. Hinter dem letzten tänzelt das angebundene Begleitboot wie ein unruhiges Fohlen.
Der Morgen ist da.
Langsam beginnt sich das Leben zu regen. Es erwacht zögernd, wie es auch langsam einschläft. Boote mit Anglern rudern über den See. Am Ufer treten Menschen vor die Zelte, reiben sich die Augen, schütteln sich in der Kühle und sehen unserm Boote nach. Jezt schläft in Berlin noch alles. Die Straßen sind wie leere Gefäße, in denen auch das fümmerlichste Leben ausgetrocknet ist. Die Stadt kennt nicht das allmähliche Werden des Tages, in derem Rhythmus die Landschaft erwacht. Der Morgen überfällt sie. Eilig, wie nach einem Fahrplan, rollen die Morgenstunden sich ab, die Schatten der Nacht liegen noch auf ihnen und die Luft schmeckt verbraucht vom Schlaf der Millionen.
Je näher wir an die Stadt herankommen, um so belebter sind die Ufer. Hölzerne Bauten, in denen Boote und Geräte aufbewahrt werden, Anlegepläge, Badeanstalten, Reihen von Booten, eine Flottille alter Personendampfer, die an baufällige Häuser erinnern. Bald tauchen die Häuser von Spandau auf. Leere Straßen. Ueber die Brücke vor uns poltert die erste Straßenbahn. An den Ufern sizzen Angler. Ein kühler Wind weht über das Wasser. Er kommt von weither und geht hinein nach Berlin . Bon irgendwoher schlägt eine Uhr halb Fünf.
Wilhelm Tietgens Berichte aus England:
-
Keine Wirtschaftseinheit in Ottawa
Es gibt taum eine bessere Möglichkeit, den Sinn des Wortes „ Britisches Imperium" zu erfassen, als im Imperial In stitut", dem Wirtschaftsmuseum des Britischen Imperiums in Lon don . Hier liegen in Karten, Bildern, Statistiken und sehr geschickten Aufbauten die Reichtümer aller Kolonien und Dominien ausgebreitet, vom einfachsten Rohprodukt bis zum funstgerechten Fertig. fabrikat. Jedes einzelne Glied dieses Weltreiches hat seinen Saal oder seine Abteilung, und jedes Produkt, das in dem betreffenden Land seinen Ursprung hat, ist ausgestellt und in seiner wirtschaftlichen Bedeutung erklärt. Stundenlang fann man durch dieses einzigartige Museum wandern, ohne auch nur im entferntesten die Vielheit der wirtschaftlichen Erzeugnisse erfaßt zu haben. Eins aber prägt sich den vielen Besuchern tief und fest ein(- und das ist der Sinn des Museums): die wirtschaftliche Macht und der Reichtum des britischen Imperiums! In engsterm Zusammenhang mit dem Wirtschaftsmuseum arbeitet die Wer bezentrale des Bris tischen Imperiums. Die Reklameplakate der Werbezentrale gehen dem Wirtschaftsmuseum arbeitet die Werbezentrale des Bris über das ganze Land bis ins kleinste Dorf." Kauft britische Waren von daheim und Uebersee!" ist die immer wiederkehrende Paroie der wirkungsvollen Anschläge, die den Konsumenten bei seinem Wareneinkauf von ausländischen Gütern abzuhalten suchen, um dadurch die eigene Wirtschaftskrise schneller zu überwinden. 3ahlreiche Firmen haben sich diese Parole zunuze gemacht und ihren Fabrikaten einen besonderen britischen Stempel aufgedrückt. Und es ist nicht ohne Interesse zu sehen, wie auch manche Firmen, die in Deutschland streng national sind( Deutsche , kauft deutsche Waren!), hier ihre Produkte als echt britisch anpreisen.
-
und der Textilindustrie bevorzugt werden sollen. Es liegt durchaus auf der Linie der bisherigen Entwicklung, in dieser unklaren Vereinbarung eine weitere Niederlage Großbritanniens zu sehen, dessen Delegation nicht start genug war, für die eigenen Induſtrieprodukte günstige Bedingungen abzuschließen, während die Dominien ihre Agrarprodukte durch oft beträchtliche Zölle schützen fonnten. Der Grund ist neben politischen Verwicklungen darin zu jehen, daß Großbritannien mit nur 20 Pro 3. Selbstversor= gung auf die Lebensmitteleinfuhr von den Dominien dringend an gewiesen ist, während umgekehrt die Dominien in steigendem Maße industriell selbständig werden. Andererseits muß jedoch gesagt mers den, daß auch die Dominien ihr angestrebtes Ziel nicht erreicht haben. Die Zollsätze haben bei weitem nicht die vorher geforderte Höhe und vor allem haben Kanada , Afrika und Australien nicht den Antidumping- 3oll", den Kampf3oll gegen Rußland , erreicht. So ist trotz der Vereinbarungen Unzufriedenheit auf allen Seiten, die die Delegierten auch mehr oder weniger stark zum AusDruck brachten und die in der englischen Oeffentlichkeit nachhallte. Trog heftigster Bemühungen von Delegation zu Delegation ist der Wirtschaftsfrieg Großbritanniens mit dem irischen Freistaat, der offiziell nicht zur Verhandlung stand, nicht beigelegt worden, weil in den politischen Gegenfäßen feine Uebereinstimmung erzielt werden konnte. Die Irländer verweigern nach wie vor die 3ahlung der Landabgaben und fordern ein unparteiisches Schiedsgericht, die Engländer pochen auf ihre Verträge und wollen für das Schiedsgericht keinen Politiker außerhalb des Imperiums anerkennen. So konnte mit Irland überhaupt kein Wirtschaftsvertrag abgeschlossen werden.
"
Die Vereinbarungen mit Kanada , das am heftigsten und erfolgreichsten seine Selbständigkeit betonte, lassen das amerikanische Problem völlig offen. Es ist Großbritannien nicht gelungen, dieses nordamerikanische Land wirtschaftlich und politisch wieder fester an sich zu binden, um für den Zug nach dem Westen", dem Pazi fischen Ozean , die begehrte Plattform zu gewinnen.
Die wirtschaftlichen Probleme zwischen Großbritannen und den anderen Dominien haben ebenfalls keinerlei Veränderungen erfahren. Es bleibt als sehr fraglich bestehen, ob all diese Kolonien" wirklich in der Lage sind, von England in dem Maße Industrieprodukte zu kaufen, wie England verkaufen muß, und wie sie selbst ihre Agrarprodukte nach England verkaufen wollen. Die folgende Gegenüberstellung läßt sich erkennen, wie sehr Großbritanniens Handel mit diesen seinen Kolonien in den letzten 30 Jahren zurückgegangen ist:
Es ist eine natürliche Folge dieses einheitlich geführten Reklamefeldzuges, dem auch die Zeitungen mehr oder weniger start dienen, daß so etwas wie eine Imperiumbegeisterung hochgezüchtet wird. Besonders in den Wochen vor und während der Wirtschaftskonferenz in Ottawa wurde die öffentliche Meinung in England in den Glauben versetzt, daß es der nationalen Regierung Großbri tanniens auf der Reichskonferenz gelingen würde, mit den Dominien einen festen Wirtschaftsblod abzuschließen, der die Krise überwinden und das Britische Imperium zu neuer Wirtschaftsgröße führen würde. In dieser großen national- imperialistischen Zielsetzung hat nun die Reichskonferenz in Ottawa , die vor furzem abgeschlossen wurde, versagt. Der Zusammenhang zwischen den einzelnen Gliedstaaten und dem Mutterlande wie zwischen den Gliedstaaten untereinander ist nicht stärker befestigt worden, vielmehr haben die fünfwöchigen Verhandlungen die Fülle der wirtschaftlichen und politischen Schwierigkeiten als unüberwindbar aufgedeckt. Damit ist der Traum von einem einheitlichen Wirt- Kapkolonie Südafr. schaftsblock des Imperiums, den vor allem Minister Baldwin. der Führer der Konservativen, immer wieder ausgemalt hat, von der Verwirklichung weiter denn je.
Die Delegierten Großbritanniens haben mit den Delegationen der sieben führenden Dominien- Kanada , Neufundland , Südafrika , Südrodesien, Indien , Australien und Neuseeland Schutz011 vereinbarungen abgemacht, die den Handel Großbritanniens für die Dauer von 5 Jahren nicht unerheblich umlenken und festlegen werden. Die Dominien haben für eine Reihe ihrer landwirtschaftlichen Produkte von Großbritannien das Zugeständnis höherer Zölle gegenüber Staaten außerhalb des Imperiums erhalten, besonders für die Lebensmittel, wie Weizen, Fleisch, Butter, Eier, Käse, Fische und Früchte aller Art. Dadurch werden in erster Linie Argentinien , Rußland , Dänemark und die Niederlande getroffen, Staaten, die bisher einen beträchtlichen Teil der englischen Industrieprodukte gekauft haben. Außerdem werden die verzollten Lebensmittel für den englischen Konsumenten erheblich perteuert.
Wie groß die Gegenleistung der Dominien als Großbritannien sein wird, läßt sich noch nicht übersehen. Eigentümlicherweise ist es der Arbeit meiterer Komitees überlassen, die Industrie pro dukte Englands, die dem Ausland gegenüber ebenfalls durch 3ölle geschüßt werden sollen, im einzelnen festzulegen. Bisher ist nur in richtunggebenden Sägen angedeutet worden, daß eine bestimmte Anzahl verschiedener Fabrikate so der eisenverarbeitenden
Natal
1900
1930.
55%
55%
.
•
70%
43%
55%
40%
45%
39%
50%
80% 74%
Es zeigt sich in immer stärkerem Maße die Swiespältigkeit des Britischen Imperiums, nämlich daß Großbritannien die Idee des Imperiums in Politik, Wirtschaft und Handelsreklame aufrechtzuerhalten strebt, während die„ Kolonien" diese Ideologie bereits völlig überwunden haben und mit Erfolg ihre Selbständigkeit behaupten. Dadurch erhält die Weltwirtschaftstrise für das Britische Imperium und besonders für Großbritannien eine Verschärfung, aus der die nationale Regierung nach Scheitern der Ottawa - Konferenz kaum einen anderen Ausweg weiß. Demgegenüber verfolgt die Arbeiterpartei eine zielflare Politik. Sie anerkennt das Streben der Dominien nach völliger politischer und wirtschaftlicher Selbständigkeit, auch auf die Gefahr hin, daß mit der Auflösung des britischen Imperiums der Lebensstandard der Engländer aller Kreise zunächst gedrückt wird. Dem konservativen Ideal des Imperiums, das troß weitester Toleranz in Fragen der Selbstverwaltung eine Form der Beherrschung und der wirtschaftlichen Ausbeutung enthalten muß, setzt die englische Arbeiterpartei das Ziel der sozialistischen Planwirtschaft gegenüber. Sie will die freien und gleichberechtigten Länder zur planvollen und gemeinsamen Arbeit im Interesse der Verbraucher zusammenfassen und damit das Chaos der Privatwirtschaft und die Weltwirtschaftsfrise überwinden.