losenversicherung unterstützt. Rechnet man hinzu die Nichtunter- stützten. Die auch der Reichsarbeitsminister auf hunderttausende schätzt, dann dürften heute nicht viel mehr als zehn von hundert auf sechs Wochen einen problematischen Rechtsanspruch auf Unterstützung haben. Praktisch ist die Arbeitslosenversicherung also beseitigt. Wie hoch die Zahl der Arbeitslosen in Wirklichkeit ist, das wagt die Reichsanstalt nicht einmal zu schätzen. Wie wird es erst werden, wenn die Schiebungen einsetzen werden zur Erlangung der 400-Mark-Prämie und der gesenkten Löhne!
Die Lsnternehmer sind zufrieden Weitgehende Llebereinstimmung mit der Reichsregiernng.
Kampf der Reaktion! Schritte des Bundesvorstandes des AOGB. Der Vorstand des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes hat seine Vertreter bei der vom Reichsarbeitsminister zum 8. September anberaumten Besprechung beauftragt, energischen Pro- test gegen die ungeheuerlichen arbeiterfeindlichen Maßnahmen der Reichs- regierung zu erheben. Darüber hinaus wird in den nächsten Tagen der vom Vorstand einberufene B u n d c s a u s s ch u p zu den durch den Erlaß der neuen Notverordnung drohenden wirtschaftspolitischen Gefahren und den sozialpolitischen Angriffen gegen die Arbeitnehmer Stellung nehmen. Ferner soll von der Rcichsrcgicrung gefordert werden, daß die deutschen Rcgierungsvcrtrctcr auf der am 21. September in Genf beginnenden Tagung des Vcrwaltungsxats des vsA A.» in der über den Antrag der italienischen Regierung betreffend Durchführung der Vierzigstundenwoche entschieden werden soll, sich mit größter Entschiedenheit für die internationale Verständigung über eine allgemeine gesetzliche Einführung der Vierzigstundenwoche einsetzen.
Der Empfang des Reichstagspräsidiums beim Reichs- Präsidenten von Hindenburg ist jetzt endgültig auf Freitag vormittag 11� Uhr festgesetzt worden. -i- Am Montag tritt der Reichstag wieder zusammen. Sein Schicksal entscheidet sich aber bereits in den Besprechungen, die für Ende dieser Woche zwischen dem Reichspräsidenten und dem Reichstagspräsidium vorgesehen sind. In diesen Besprechungen will Reichstagspräsident Göring dem Reichspräsidenten einen Ueberblick über den Stand der Verhandlungen zwischen Nationalsozialisten, Zentrum und Bayerischer Volkspartei geben. Man be- absichtigt, dem Reichspräsidenten zugleich in großen Zügen das Regierungsprogramm einer schwarz- braunen Koalition zu unterbreiten und wird ins- besondere Wert auf die Feststellung legen, daß die schwarz- braune Koalition nur verfassungsmäßig regieren wird und auf lange Sicht zu arbeiten gedenkt. Von diesem Gesichtspunkt aus soll gegenüber dem Reichspräsidenten ferner unter Beweis gestellt werden, daß der gegenwärtige Reichstag arbeitsfähig ist und eine arbeitsfähige Mehrheit besitzt. Alles das läßt erkennen, daß die Verhandlungen der schwarz-braunen Koalitionspartner in ihren Grund- zügen ziemlich weit fortgeschritten sind. Allerdings konnte man nach dem Wortlaut einer Rede, die am Dienstagabend in Berlin von dem Reichstagspräsidenten Göring vor SA. -Lsuten geholten wurde, das Gegenteil an- nehmen. Aber sowohl von maßgebender Seite, des Zentrums als auch vqn nationalsozialistischer Seite wird immer wieder die Entschlossenheit betont, den schwarz-braunen Block zu- standezubringen und übereinstimmend darauf verwiesen, daß die Besprechungen„gute Fortschritte" machen. Am Donners- tag werden die Wirtschaftssachverständigen der an den Veichandlungen beteiligten Parteien zur Be- ratung wirtschaftlicher Fragen zusammen- treten. Man hofft in dieser Beziehung auf eine grund- sätzliche Klärung noch vor den Besprechungen bei Hindenburg . Die Entscheidung darüber, inwieweit die Verhandlungen der schwarz-braunen Koalitionspartner einen praktischen
Nutzen haben werden, liegt schließlich beim Reichs- Präsidenten. Nach der Papen-Prcsse wird er sich gegen eine Koalition von Nationalsozialisten, Zentrum und Bayerischer Volkspartei für von Papen entscheiden. Jnwie- weit das richtig ist und inwieweit der Reichspräsident eine derartige Stellungnahme mit der Verfassung vereinbaren will, bleibt abzuwarten. Eine Entscheidung gegen' die schwarz-braune Koalition ist gleichbedeutend mit der Aus- lösung des Reichstags: denn in diesem Falle besteht kein Zweifel darüber, daß die Aufhebung der letzten Not- Verordnung der Barone mit überwälngender Mehrheit beschlossen und der Reichstag der Papen -Regierung zugleich fast einstimmig sein Mißtrauen bekunden würde. Selbst- verständlich würde die Papen -Regierung derartigen Ent- scheidungen durch die Auflösung des Reichstags zuvorkommen. Im anderen Falle, also wenn der Reichspräsident sich seine Entscheidung über die Pläne der schwarz-braunen Koalitionspartner vorbehalten oder sich gar zustimmend äußern sollte, würden Nationalsozialisten und Zentrum bis auf weiteres auf Abstimmungen über die Aufhebung der letzten Notverordnung bzw. die Mißtrauensanträge gegen die Regierung durch Vertagung des Reichstags verzichten und versuchen, ihre Besprechungen mit Volldampf zu Ende zu führen und eine Regierung auf die Beine zu stellen. Aber wahrscheinlich ist dieser Fall nicht. Man muß damit rechnen, daß schon in der nächsten Woche ein neuer W a h l t a m p f beginnen wird. Ltnsere Redner. Lobe und Tornow sprechen zur Ziegierungderklärung. Der vorstand der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion hielt am Mittwoch eine durch zwei Fachausschüsse erweiterte Sitzung ab. Er beschäftigte sich mit der i n n e n p o l i t i s ch e n L a g e und dem bevorstehenden Zusammentritt des Reichstags. Auch wurden die mit dem Wehrmemorandum der Reichsregierung im Zusammenhang stehenden wehr- und außenpolitischen Fragen be- sprachen. Als Redner für die Debatte über die Regierungserklärung wurden zunächst die Abgeordneten L ö b e und T a r n o w bestimmt.
Die Herren Kapitalisten sind mit Papens Programm der kapitalistischen Offensive zufrieden. Das Wolff-Büro teilt mit: „Am Mittwochvormittag fand im Reichswirtschaftsministerium eine Aussprache zwischen den an der Durchführung des Wirtschafts» plans hauptbeteiligten Ministern, der Reichsbank und führen- den Persönlichkeiten der Unternehmerschaft statt, die hinsichtlich der Bedeutung und des Zweckes der erlassenen Rot- Verordnung und der weiteren Behandlung der noch bevorstehenden Aussührungsbestimmungen ein« weitgehende Ueberein- st i m m u n g erzielte." Aber selbstverständlich, warum sollte dabei auch nicht eine weitgehende Uebereinstimmung erzielt worden sein! Wenn die Arbeitgeberverbände die Notverordnung selbst fabriziert hätten, wäre sie nicht anders ausge- fallen! Die Herren Unternehmer hatten sich also bereit erklärt, die Beute einzukassieren, die ihnen zufällt. Sie sind gewohnt, Riesenbeträge als Geschenke entgegenzunehmen, seitdem sie Liquidationsentschädigungen und Ruhr- gelber erhalten haben. Was haben sie mit diesen Geldern angefangen? Die Herren Unternehmer haben bisher immer, wenn sich ihnen der große Säckel öffnete, Riesenbeträge aus denSubventionenabgezweigt.um ihre Fonds zur Bekämpfung der Republik und der Ar- beiterfchaft zu verstärken. Sie werden es auch diesmal tun und mit Hilfe der Steuergutscheine die Löcher wieder zu- stopfen, die die Finanzierung des Faschismus in ihre Fonds gerissen hat. Das ist auch eine Form der Ankurbelung der Wirtschaft! Sie haben Anlaß, in jeder Richtung zufrieden zu sein! Das Geschäft mit Hitler , in dessen Verfolg Papen zur Macht gelangte, hat sich gelohnt.
Klausener noch nichi gegangen. Ein amtliches Dementi. Am Miltwoch oerlautete, daß Ministerialdirektor K l a u s e n e r, der Leiter der Polizeiabteilung im preußischen Innenministerium, und der Leiter der Kommunalabteilung dieses Ministeriums, Mini- sterialdirektor Dr. von Leyden, ihrer Aemter enthoben werden sollen. Amtlich wird die Nachricht dementiert. Tatsache bleibt dennoch, daß Ministerialdirektor von Leyden sein Amt in nächster Zeit oerlassen soll, um eine Funktion beim preußischen Verwaltungsgericht zu übernehmen, und daß schon seit langer Zeit Bestrebungen im Gange sind, an Stelle des Ministe- rialdirektors Klausener einen Schle'icher-Mann zu setzen. Dabei ist von Leyden rechtsstehender Volksparteiler und Ministe- rialdirektor Klausener rechtsstehender Zentrumsmann. Aber sie haben zusammen mit Seoering gearbeitet und das ist in den Augen derer von der„neuen Staatssührung" immerhin eine Sache, die einer Sühne bedarf.
Die„Vorwärts"-Interpellaiion. Und die verfassungstreuen Nazis. Die sozialdemokratische Fraktion hat ihre Interpellation gegen das jüngste„Vorwärts"- Verbot, die wegen eines Satzes von dem nationalsozialistischen Reichstagspräsidenten beanstandet wurde, jetzt in veränderter Form wieder ein- gebracht. Sie hat den von Herrn Göring beanstandeten Satz, in dem von der Sozialdemokratie als der großen, auf dem Boden der Ver- fassung stehenden Partei gesprochen wurde, dahin abgeändert, daß der„Vorwärts" als das Zentralorgan der„zweitgrößten" auf dem Boden der geltenden Reichsverfassung stehenden Partei bezeichnet wird. Die Nationalsozialisten können sich jetzt also nicht mehr ge- kränkt fühlen. Ihr Reichstagspräsident wacht streng darüber, daß ihre Treue zur republikanischen Verfassung nicht angezweifelt wird!
Deutsche Helden unter sich. SA. über Stahlhelm.— Stahlhelm über SA. „Nachtwächter der Reaktion" hatte der„Angriff" die Stahlhelmer genannt. Daraufhin hat er aus dem pikfeinen Hotel Exelsior folgenden Brief bekommen, den er im Facsimile wiedergibt: Schriftleikung des„Angriff" z. H. des Dr. Goebels. M.d.R. Sie erlauben sich uns— alte Frontsoldaten—„Nachtwächter" zu nennen. Sic, der feige Drückeberger, der nie Pulver gerochen! Besehen Sie doch zuerst die scheißfarbig bedreßten SA.- und SS. -Operettensiguren, diese bunte Gesellschaft größtenteils jugend- lichcr Idioten, Narren, Abenteurer, Desparados, Kommunisten und sonstiger Verbrecher! Die sind— mit wenig Ausnahme— nichtmal für Nachtwächter geeignet! Dämpfen Sie Ihre Stinkdrüsen, mähigen Sie Ihre Kloppe, Sie hysterischer Scheißhausen, sonst gibts Maulschellen.— Ein Scheiß- Haufen und nicht Scheißkerl nennen wir Sie, denn nichtmal in Verbindung mit Scheiße sind Sie vor uns ein„Kerl",—. Mit gebührender Mißachtung Drei alte Haudegen des Stahlhelms. Das ist dsr Ton, in dem die Helden der Nation sich mit- einander unterhalten. Wie wär's, Herr Scholz, wenn man für den nationalkonzentrierten Rundfunk ein kleines Hörspiel daraus machte, natürlich mit dem Deutschlandlied zum Schluß: „Wenn es nur zu Schutz und Trutz« Brüderlich zusammenhält."
Hitler fühlt sich gesund. Eine Rede im Zirkus Krone in München . Hitler hat gestern in München im Zirkus Krone«ine Rede gehalten, die einige interessante Dinge enthüllt. Nach heftiger Polemik gegen Papen heißt es in dieser Rede: „Wenn Papen glaube, daß sich die nationalsozialistischen Anhänger ihm gegenüber neutral verhalten, so sei das eine falsche Spekulation. Die Partei habe sich nur neutral verhalten, s o- lange sich Hitler neutral verhalten habe." Das ist das Zugeständnis, daß Hitler sich Papen gegenüber neutral verhalten, also ihn toleriert hat. Weiter folgt ein Bekenntnis zur Koalitionspolitik: „Man wirft uns vor, wir wollten jetzt plötzlich mit anderen Parteien eine Koalition bilden. Darauf sagen wir: Wir wollen mit anderen Parteien die Rechte des Volkes wahren, wenn es schon nicht anders geht. Wir schrecken vor gar nichts zurück. Wenn Hugenberg mir sagt, dann geben Sie Ihre heiligen Parteigrundsätze preis, so erwidere ich: O, Herr Hugen- berg, sorgen Sie sich nicht um meine Grundsätze, sondern um die Ihren I" Schließlich wird er großmäulig wie immer: „Ich verkaufe die Partei nicht für einen Ministerstuhl, für einen Titel, den sie mir anbieten. Da kämpfe ich lieber weiter, ein Jahr, zwei Jahre, wenn es fein muß, drei Jahre. Und wenn die Herren sagen, wir werden es nicht aushalten, so sage ich, mein großer Gegenspieler, der Herr Reichspräsident, ist 85 Jahre alt und ich bin 43 Jahre alt und ich fühle mich ganz gesund, das kann ich den Herren oersichern, und habe die Ueberzeugung, daß mir gar nichts zustößt, weil ich daran glaube, daß mich die Vorsehung für eine Arbeit bestimmt hat. Ich kann Ihnen weiter sagen, daß meine Zähigkeit und Beharrlich- keit durch nichts erschüttert wird, und bis ich einmal 85 Jahre alt bin, lebt Hindenburg schon längst nicht mehr. Wir kommen einmal an die Reihe, nachgeben werde ich nicht." Daß Hitler 43 Jahre alt ist, läßt sich nicht bestreiten, daß er sich dabei ganz gesund fühlt, ist eine sehr subjektive Auffassung. Wenn er im übrigen bis zum 85. Lebensjahre warten will, um daim sicher zu sein, daß Hindenburg nicht mehr lebt— so hat er noch reichlich Zeit.
l�öhm kapituliert. Er gibt die Echtheit seiner Briefe endgültig zu. München , 7. September. (Eigenbericht.) Am Mittwoch sollte vor der Ferienzivilkammer des Landgerichts München Rohm» Einspruch verhandelt werden, den er gegen
die Abweisung der Klage gegen den Schriftsteller Dr. Helmut Klotz und dessen bekannte Broschüre über Röhms Liebesbriefe erhoben hatte. Bis zur Reichstagswahl Ende Juli hatten es Röhm und sein Anwalt Luetgebrune verstanden, die endgültig« Entscheidung über die Klage immer wieder hinauszuschieben. Jetzt sollte Röhm für seine Behauptung, die veröffentlichten Briefe seien Fälschungen, geradestehen. Unmittelbar vor Beginn der Verhandlung ließ Röhm dem Verteidiger des Beklagten Klotz und ebenso dem Gericht eine Erklärung zustellen des Inhalts, daß er seinen Einspruch und damit die Klage zurückziehe. Der Antrag auf ein Verbot der Weiterverbreitung der Klotz-Broschüre ist damit rechtskräftig zurückgewiesen, und Röhm hat alle Kosten des lang- wierigen Verfahrens zu tragen. Zur Sicherstellung der Bezah- lung dieser Kosten durch Röhm wurde die Verhandlung auf den 2t). September vertagt. Mit der Zurückweisung der Klage ist auch die Verleumdungs- anzeige Röhms gegen Severing hinfällig, in der Röhm behauptete, Seoering habe als preußischer Innenminister die angeblichen Briefe amtlichen Akten entnommen und zum Zwecke politischer Ausnutzung photographieren lassen.
Alie Spruchdichiung. Zum Thema Eteuergutscheine. Zahl nicht mit Geld, das dir erst winkt, Iß nicht den Fisch, eh' man ihn bringt!
Kollegen. Der Reichskanzler von Papen übermittelte dem früheren Reichskanzler Michaelis zu seinem 75. Geburtstag telegraphifch seine ausrichtigsten Glückwünsch«. Richtig, Herr Michaelis! Warum ist er nicht Reichskanzler als Brünings Nachfolger geworden?
Der sogenannte polizeiunlersuchungsausschuß des Preußischen Landtags trat gestern zusammen. Der nationalsozialistische Bericht- erstatter trug vor, daß zunächst 300 Fälle geprüft werden sollten. Am Donnerstagvormittag soll der Ausschuß die Vorgänge auf der Lynarwache in Berlin prüfen. In Glogau wurden zwei Kommunisten festgenommen, die mäh- rend der Manöverübunge» urner den Magdeburger Pionieren Zer- setzungsschriften verteilt"hatten, was aber die Soldaten sofort an- gezeigt hatten.