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BERLIN

Freitag 9. September

1932

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Der Abend

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Nr. 426

B 205

49. Jahrgang

Der Empfang bei Hindenburg

Reichstagspräsidium beim Reichspräsidenten/ Graef contra Göring !

Der Reichspräsident empfing heute um 11.30 Uhr das Reichstagspräsidium, den Reichstags­präsidenten Göring , die Vizepräsidenten Esser, Gräf und Rauch. Der Empfang dauerte ungefähr 20 Mi­nuten. Es nahm im übrigen nur noch der Staatssekretär des Reichspräsidenten Dr. Meißner daran teil.

Zunächst wurden die Herren dem Reichspräsidenten vorgestellt und die üblichen Höflichkeiten ge­wechselt. Der Reichstagspräsident Göring begann dann auf die politische Lage einzugehen, wogegen der Reichstagsvizepräsident Gräf sofort Einspruch erhob, da es nicht üblich sei, bei diesem formalen Be­such politische Dinge zu besprechen.

Trotzdem entwickelte sich eine politische Aus. sprache, bei der die drei anderen Herren den Reichs­

präsidenten darauf hinwiesen, daß für den Reichspräsi­ denten die Möglichkeit bestehe, mit dem Reichs. tag in seiner gegenwärtigen Zusammen­segung zusammenzuarbeiten. Sie äußerten zum Schluß den Wunsch und die Bitte, daß der Reichs­präsident, bevor er irgendwelche Entscheidungen träfe, doch nochmals mit den Führern der großen Parteien

Fühlung nehme.

Der Reichspräsident hat sich seine Entscheidung vor. behalten.

Amtlich wird über den Empfang nur mitgeteilt, daß Präsident Göring die drei Bizepräsidenten vorgestellt, der Reichspräsi dent für den Besuch gedankt und den Herren seine besten Wünsche für die Erfüllung ihrer Aufgaben ausgesprochen hat, moran sich eine furze Aussprache über die politische Lage anschloß. Der Besuch hat nach den Beobachtungen der zahlreichen Leute auf der Straße gegenüber der Reichskanzlei etwa 7 Minuten, nach offizieller Angabe etwa 20 Minuten gedauert.

Wie aus der obigen Meldung zu ersehen ist, hat der Besuch des Reichstagspräfidiums beim Reichspräsidenten nur sehr furze Zeit gedauert.

Bei der Rückkehr der Herren in den Reichstag fiel es auf, daß sich der Bizepräsident Graef nicht mehr in jener Gesellschaft befand, sondern allein das Haus betrat. Er beteiligte sich auch nicht an der Besprechung, die im Anschluß an den Besuch des Präsidiums beim Reichspräsidenten im Zimmer des Reichstagspräsidenten Göring stattfand.

Dieser Besprechung folgte die Abfaffung einer Darstellung über den Verlauf des Empfanges bei Herrn von Hindenburg . An ihr nahm auch der Rundfunkkommissar Dr. Scholz teil. Es dauerte sehr lange, bis die Herren Göring , Esser und Rauch sich über das von ihnen zu veröffentliche Kommuniqué einig wurden. Zulegt war noch der nationalsozialistische Fraktionsführer Dr. Frid zu den Verhandlungen des Rumpfpräsidiums erschienen.

*

Eine neue Version über die Entwicklung der nächsten Tage im Reichstag will wissen, daß es jetzt nicht zur Auflösung tommen werde, sondern daß eher vor den Abstimmungen über die Mißtrauens- und Aufhebungsanträge eine Vertagung in der Form eintreten werde, daß dem Präsidenten die Ermächtigung erteilt wird, die nächste Sigung einzuberufen. Es wird behauptet, daß die Hakenkreuzler, die jetzt eine Möglichkeit sehen für einen Erfolg der Verhandlungen mit dem 3entrum, die Weiterführung dieser Verhandlungen nicht durch Auflösung und Wahlkampf stören wollen. Ein Erfolg dieser Verhandlungen gebe ihnen schließlich die Aussicht, an die Macht zu gelangen, und für diesen Preis will die Naziführung schon auch eine

weitere Tolerierung der Regierung Papen auf sich nehmen. Dabei spielen sie sich nicht nur auf die Wächter der Verfassung", sondern auch auf die Retter der deutschen Sozialpolitit" hinaus und behaupten, daß das Echo der antifozialpolitischen Maßnahmen der Bapen- Regierung eine Sinnesänderung beim Reichspräsidenten

erzeugt habe.

Demgegenüber wiederholt man offiziell, daß die gestrige Besprechung des Reichspräsidenten mit dem Reichskanzler die ,, bolle Einmütigkeit von Neudec" aufs neue bestätigt habe und daß Reichskanzler von Papen nach wie vor das volle Ver­trauen des Reichspräsidenten von Hindenburg besize.

Der griechische Ministerpräsident Benizelos überreichte dem Staatspräsidenten sein Rücktrittsgesuch, doch lehnte der Staats­präsident die Annahme des Gesuches ab. Die Regierung verbleibt

im Amt.

Der Schloßherr von Pomedien

Beschützer von Bombenwerfern und Mordgesellen

Die Verhaftung des Rittergutsbesikers von Perbandt auf Der Bater des verhafteten Rittergutsbesitzers hatte sich vor Pomedien im ostpreußischen Kreise Tapiau hat begreiflicher- Jahren einen Namen als Musterlandwirt und Züchter weise Aufsehen erregt. Nicht nur, weil hier die Staatsanwaltschaft gemacht. Seine beiden Söhne, darunter der jetzt in Haft ge­ohne Rücksicht auf die soziale Stellung" des Herrn Junkers zu- nommene, gehörten früher dem Stahlhelm an und haben gegriffen hat, sondern auch weil die Berhaftung einen besonderen fich dann den Nazis angeschloffen. Seitdem gelten ihre Güter Langen­Blid freilegt in die Hintergründe der Nationalsozialistischen Ar- dorf und Pomedien als ein Zentrum der nationalsozialistischen Agi­

beiter"-Partei.

Weitere Verhaffungen.

Der verhaftete Rittergutsbesitzer betätigt sich seit längerer Zeit fation. Gleichzeitig verschärften sich aber auch die wirtschaft. Der verhaftete Rittergutsbesitzer betätigt sich feit längerer Zeitlichen Schwierigkeiten auf diesen ehemaligen Musterbe­nationalsozialistisch. Seine Verhaftung erfolgte, weil er a3i­verbrechern, die seinerzeit an den Angriffen auf das Leben frieben ganz erheblich. mehrerer politischer Persönlichkeiten und an den Bombenattentaten auf das fozialdemokratische Königsberger Blatt beteiligt waren, nach vollbrachter Tat und nach der Flucht Unterschlupf gewährt haben soll. Die Polizei war noch einer ganzen Reihe anderer an den Königsberger Vorgängen mittelbar und unmittel­bar beteiligter Personen, in der Hauptsache Nationalsozialisten, auf Durch die voreilige Veröffentlichung des Königsberger tommuniffischen Organs in einem Extrablatt wurden die Täter jedoch gewarnt. Sie sind inzwischen auf Danziger Gebiet geflüchtet.

der Spur.

Osterode ( Ostpreußen ), 9. September. Im Zusammenhang mit den zahlreichen Bomben- und fonftigen

Anschlägen namentlich in Südostpreußen wurden drei hiesige Nationalsozialisten festgenommen. Sie sollen vom Heldenfriedhof in Droebnitz im Kreise Osterode drei dort aufgestellte alte 15-3entimeter- Granaten gestohlen und bei einem An­fchlag auf ein Osteroder Kaufhaus am 9. Auguft verwendet haben.

England für Abrüstungskompromiß?

Theoretische Gleichberechtigung ohne Aufrüftung Deutschlands

Paris , 9. September. ( Eigenbericht.) Ministerpräsident Herriot hält am Sonntag in Meaux bei einer Gedenkfeier für die erste Marneschlacht eine große politische Rede, in der er, wie die Blätter ankündigen, auch über die schweben­den außenpolitischen Fragen und ihre Lösungen zum Besten der Sicherheit Frankreichs und der Zukunft des Friedens sprechen werde. Man wird dabei wohl zum erstenmal näheres über die Stellung­nahme der französischen Regierung zu der deutschen Militärschrift erfahren. Voraussichtlich wird sich die französische Antwort

bis zur nächsten Woche verzögern.

Die englische Regierung hat sich nämlich vorläufig noch nicht zu einer Gegenäußerung dazu entschließen können, obwohl Herriot seinen Kabinettschef Marcel Ray in besonderer Mission nach London geschickt hat.

Der Quai d'Orsay sieht sich am Freitag genötigt, eine Erklärung zu erlassen, worin er ausdrücklich betont, daß England für die französische Antwort an Deutschland keinerlei Mitoerant wortung trage. Diese Erklärung sei dadurch veranlaßt, erklärt

Papen - Rausch verflogen!

Die Börse ist verstimmt".

Die Börse ist verstimmt, die Spekulation gibt ab- die Kurse weichen! Der Papen Rausch scheint an der Börse verflogen zu sein. Die heutige Börse war ausgesprochen matt, man sieht die innenpolitischen Entscheidungen, besonders die Frage der Reichstagsauflösung, mit gemischten Ge­fühlen an. In der schönen Suppe der Steuergeschenke hat man durch die wachwerdende Kritik auch in der bürgerlichen Preffe an­scheinend ein Haar gefunden.

Jedenfalls ist die Spekulation schon mehr nach unten geneigt und gibt ab. Das Geschäft war sehr uneinheitlich, und da die großen Kundenaufträge fehlen, eröffnete die Börse ihre Kursnotierungen nun gleich mit 3 bis 5 Prozent unter den gestrigen Schlußkursen.

J. G. Farben war mit 102% um mehr als 3 Prozent niedriger als gestern und verschlechterte seinen Kurs noch auf 102%. Siemens eröffnete mit 138% rund 5 Brozent niedriger und verlor bis auf

des ,, Echo de Paris", daß England mit Frankreich keineswegs durch did und dünn zu gehen wünsche. Macdonald in Person sei es gewesen, der den Reichskanzler noch in Lausanne ermutigt habe, die Frage der Gleichberechtigung aufzurollen. Natürlich sei England nicht gesonnen, eine Wiederaufrüstung Deutschlands zuzu­laffen, aber es schlage folgende Kompromißlösung vor:

das Prinzip der Gleichberechtigung wird Deutschland zuerkannt, die Reichsregierung verpflichtet sich aber, aus dieser Aner­fennung feine praktischen Folgerungen zu ziehen und keinerlei Erhöhung der Rüstungen vorzunehmen; die ehemaligen alliierten Mächte, Frankreich in erster Linie, verpflichten sich, greifbare Abrüftungsmaßnahmen im Sinne des Hoover- Plans durchzuführen, fo hauptsächlich eine Herabsehung ihrer stehenden Heere um ein Drittel, und zwischen den vertragschließenden Mächten foll ein allgemeiner Sicherheitspatt abgeschlossen

werden.

England hoffe, so schließt das ,, Echo de Paris", bei dieser Gelegen­heit endlich bei Frankreich die Abschaffung der U- Boote durchsetzen zu können.

138. Montanwerte waren etwas besser gehalten. Auch bei den Fest­verzinslichen ergaben sich Kursrückgänge von 1 bis 2 Prozent.

Die Verleumdungs- Schlange.

Eine Erklärung der verfassungsmäßigen Staatsminister.

Seitdem die verfassungsmäßige preußische Regierung gewaltsam an der Ausübung ihrer Pflichten gehindert worden, geht eine Welle neuer Berleumdungen über das Land, ohne daß die Regierung der Kommissare dagegen etwas unternimmt. Unter anderem wird ver­sucht, der preußischen Regierung die Verwendung von Etatsmitteln au parteipolitischen Zweden nachzureden und man gibt sich dabei den Anschein, als stände den Verbreitern amtliches Material dafür zur Verfügung.

Hierzu wird nun von der Seite der bisherigen verfassungs­mäßigen Staatsminister folgendes erklärt:

In der Berliner Börsenzeitung" vom 6. September und den

folgenden Tagen find Angaben des Inhalts veröffentlicht, daß