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Nr. 427 49. Jahrgang

Beilage des Vorwärts

Wie stehts um die Kinderlähmung?

Sonnabend, 10. September 1932

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Schuhmachers und der Inhaberin eines Seifengeschäfts, die beide­fast zu gleicher Zeit den Männern nacheilten, die inzwischen schon weitergegangen waren. Ehe sie flüchten konnten, wurden sie der Polizei übergeben. Bei dem einen von ihnen, dem 32 Jahre alten Hermann Tacke, wurden noch zehn Falsifikate gefunden. Auf

Wie die gefährliche Krankheit verläuft- Der Erreger noch nicht bekannt der Falschgeldstelle legten sie ein Geständnis ab, aus dem her­

Alljährlich um die Herbstzeit wird die Kinderwelt immer wieder von der spinalen Kinderlähmung heimgesucht. Auch jetzt wieder ist die tückische Krankheit in verschiedene Gegenden Deutschlands eingefallen und hat Erkrankungen in größerer Zahl hervorgerufen. Indessen soll nach Feststellung des Landesaus­schusses für hygienische Volksbelehrung zu irgendwelcher Be­unruhigung keinerlei Veranlassung vorliegen.

Die Krankheit befällt in erster Reihe Kinder vom ersten bis zum vierten Lebensjahr, verschont aber auch ältere Kinder oder Erwachsene nicht. Anfänglich treten unbestimmte Erkältungs­erscheinungen, wie Fieber, Benommenheit, Husten und Schnupfen, gelegentlich auch ein Darmkatarrh auf. Nach einigen Tagen, an denen besonders starke Neigung zu großen Schweißen besteht, stellen sich dann die für die Krankheit charakteristischen Lähmungs­erscheinungen an Armen oder Beinen, am Rumpf oder an den Schultern ein. In leichteren Fällen gehen diese Lähmungen in wenigen Tagen restlos zurück, doch ist dieser Ausgang leider nicht die Regel, sondern vielfach bleiben auch dauernde Lähmungen oder Verkrüpplungen zurück, und in ganz schweren Fällen er­greift die Lähmung schließlich den ganzen Körper und führt so

zum Tode.

Den Krankheitserreger selbst tennt man zwar noch nicht mit Sicherheit, allein wir wissen, daß er sich besonders im Nasenschleim, im Auswurf, im Harn und im Darminhalt findet. Aus diesen gelangt er ins Rückenmark und ruft hier einen Entzündungsprozeß hervor, als dessen Folgen die erwähnten Lähmungen anzusprechen sind. Da die Weiterverbreitung des Krankheitsstoffes durch feimbeladene Tröpfchen beim Husten, Niesen und Räuspern erfolgt, wird man sich also vor Ansteckung hüten können, wenn man vermeidet, sich von anderen Personen anhusten zu lassen, wenn man Krante veranlaßt, beim Husten ein Taschen­tuch vor den Mund zu halten.

Im übrigen besteht für die Erkrankung an spinaler Kinder­lähmung eine polizeiliche Meldepflicht, die einen meit gehenden Schutz gegen die Weiterverbreitung der Krankheit gewährt. Dabei ist es wichtig, daß vor allem das Publikum feine Krant­heitsfälle zu verheimlichen sucht und schon beim geringsten Verdacht einen Arzt zu Rate zieht, d. h. schon bei Erkältungskrankheiten und

Fährbootkatastrophe.

Explosion fordert 37 Todesopfer im New- Horfer Hafen. New York , 9. September.

Eine schwere Kesselerplosion ereignete sich heute vor­mittag auf einem Fährboot auf dem East River im New- Yorker Stadtbezirk. Nach den bisherigen Fest­stellungen sind bei der Explosion 37 Personen ums Leben gekommen und etwa 100 verletzt worden; 50 Personen werden noch vermißt.

Das verunglückte Schiff ist der Dampfer Observation", der von der Stadtverwaltung zur Beförderung von Arbeitern von und nach Rikers Island im East- River, wo zurzeit die städtische Strafanstalt gebaut wird, gechartert war. Augenzeugen, die vom Ufer des Stadtteils Brong und von Rikers Island aus die Kata­Strophe beobachteten, erklären, daß sie plötzlich aus der Observa tion" eine Rauch wolfe aufschießen sahen. Als der Rauch sich verzogen hatte, war das Schiff verschwunden und man sah nur die im Wasser um ihr Leben kämpfenden Menschen. Auf dem Boot befanden sich etwa 200 Arbeiter. Sofort nach der Er­plosion die Detonation war weithin hörbar eilten Polizei­boote, Rettungsboote und andere Fahrzeuge zur Unglücksstelle. Im Laufe von zwei Stunden gelang es, 37 Leichen zu bergen, 50 Personen werden noch vermißt. Fast alle übrigen Fahrgäste der Observation" haben Verlegungen davongetragen. Das Fabr boot selbst ist durch die Explosion in Stücke gerissen. Die Kata­strophe ereignete sich in der Nähe der Piers.

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Verkehrsunglück auf der Heerstraße.

Drei Personen schwer verletzt.

Auf der Heerstraße ereignete sich gestern nachmittag ein schweres Verkehrsunglück, bei dem ein Automobilist und zwei Motor­radfahrer lebensgefährliche Verlegungen erlitten.

Unweit der Rennbahnstraße wollte der Führer eines Pleinen Diris in eine Seitenstraße einbiegen. Er hatte den Winter vorschriftsmäßig geschaltet. Ein in gleicher Richtung fahrender Motorradfahrer, der auf dem Sozius einen Begleiter hatte, versuchte das Kleinauto in scharfem Tempo noch zu überholen. Der Motorradfahrer hatte die Entfernung aber unterschäßt und fuhr mit großer Bucht in den Wagen seitlich hinein. Das Auto stürzte um und begrub seinen Führer unter sich. Das Motorrad überschlug sich und ging in Trümmer, der Fahrer und sein Begleiter lagen bewußtlos auf dem Fahrdamm. Die Feuerwehr sorgte für die Ueberführung der Schwerverletzten ins Hildegard frankenhaus. Die Verunglückten sind: der 37jährige Privatfahrer Otto Spellad aus der Bredowstraße in Moabit , der 23 Jahre alte Motorradfahrer Wilhelm Röhmer aus der Winterfeldtstr. 7 und dessen Begleiter, Gerhard Kaczmaret aus der Siegfried

Magendarmstörungen der Kinder, mit denen sich ja die Kinder­lähmung einleiten kann.

Magdeburger Gebiet noch immer heimgesucht. Magdeburg , 9. September.

Der in den ungewöhnlich heißen Augusttagen erfolgte Anstieg der Erkrankungen an Kinderlähmung zeigt noch keinen deutlichen Abfall. In der Zeit vom 1. bis 7. September sind neun neue Erkrankungen festgestellt worden, von denen sechs allerdings noch auf den Monat August entfallen. Die Erkrankung eines 17jährigen Schülers ist tödlich verlaufen, während es sich bei der Mehrzahl der übrigen Erfrankten um leichte Fälle handelt, die auch bisher an Zahl überwiegend waren. Mehr als die Hälfte der Gesamtzah! der Erkrankten sind schon jetzt restlos geheilt, während bei den übrigen erfahrungsgemäß im Laufe der nächsten Monate ein weiterer Rückgang der Lähmungserscheinungen zu erwarten ist. Nur bei einem Teil dürfte ein dauernder Schaden zurückbleiben. Auch in den in der Umgebung Magdeburgs gelegenen Landkreisen hält die Krankheit noch an. In der Woche vom 28. Auguſt bis zum 3. September wurden gemeldet aus den Kreisen Wanzleben sieben, Wolmirstedt drei, Jerichom I vier, Jerichom II eine und Neu­haldensleben drei Erkrankungen.

Schließung aller Stettiner Schulen.

Steffin, 9. September.

Der Regierungspräsident und das Provinzialschulkollegium haben am Freitag beschlossen, alle Stettiner Schulen wegen der Ausbreitung der spinalen Kinderläh­mung auf drei Wochen zu schließen. Diese Maßnahme ist, so wird von amtlicher Seite betont, nicht auf einen Vorschlag der Medizinalbehörden, sondern vor allem auf das dringende Ver­langen der Elternbeiräte zurückzuführen. Die Herbstferien werden dafür fortfallen. Bisher waren in Stettin drei Todesfälle an spinaler Kinderlähmung zu verzeichnen. In Swinemünde wurde das Lyzeum vorsorglich auf 14 Tage geschlossen, da eine Lehrkraft an spinaler Kinderlähmung erkrankt ist.

straße in Schöneberg . Die Verletzten haben Bein- und Armbrüche und gefährliche Schädelverlegungen erlitten. Die beiden Fahrzeuge sind von der Polizei beschlagnahmt worden.

Wieder zwei Falschmünzer verhaftet.

Werkstatt im Norden Berlins ausgehoben.

In der Schillingstraße im Often Berlins wurden gestern nachmittag zwei Falschmünzer beim Vertrieb von gefälschten zweimartstüden angehalten und der Polizei übergeben. Es sind der 21 Jahre alte Kurt Goßmann aus der Tieckstraße und ein gewiffer Hermann Tade vom Planufer. In der Wohnung Goßmanns wurde eine Fälscherwerkstatt entdeckt. Ver­schiedenes Herstellungsmaterial fonnte beschlagnahmt werden.

porging, daß sie schon seit Juni dieses Jahres etwa 150 falsche Zweimarkstücke in Umtauf gebracht hatten. Kurt Goßmann hatte die Herstellung übernommen.

Dela im Oktober.

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Die größte Luftsportschau am Funkturm.

Schon heute wird an dem Aufbau der ersten großen Luftsport­schau ,,, DELA Berlin 1932", vom 1. bis 23. Oktober in den Messehallen, fieberhaft gearbeitet. Sämtliche Organisationen der Luftfahrt wirken an dem großen Ziel mit. Das Ausstellungs­programm sieht eine Gegenüberstellung von Flugzeugen der Ver= gangenheit und Zukunft vor. Zum ersten Male auf einer Luftfahrtausstellung werden hier auch Flugzeugtypen der Zukunft in natürlicher Größe gezeigt werden. Ein Flugauto, ein Amphibium ( Wochenendflugzeug der Zukunft) und ein Baukastenflugzeug werden den wahrscheinlichen Entwicklungsgang der nächsten Jahr­zehnte andeuten.

Die Gegenwart wird in einer großen, der Luftfahrt­industrie gewidmeten Halle zu Wort kommen. Hier wird man neben der gesamten Motorenindustrie alle Typen Sportflugzeuge, wie sie heute lieferbar sind, finden. Auch die Zubehörindustrie, die für die Fertigung von Luftfahrzeugen Baustoffe liefert, wird hier start vertreten sein. Eine andere Halle wiederum wird dem Lehren und Lernen des Luftsports gewidmet sein. Man wird hier an praktischen Darstellungen sehen, wie die Motor- und Segelflug­ausbildung vor sich geht. Viel Interesse dürfte hier u. a. ein Flugzeuglehrmodell finden, das durch den Besucher der Ausstellung von einem normalen Führersitz aus gesteuert werden kann. Eine andere Halle wird der Bodenorganisation, Luftfahrzeugprüfung, Lufttouristik und den Wettbewerben gewidmet sein. Alle Einzel­darstellungen dieser Gruppe werden, in publikumsverständlicher Weise ausgeführt, einen Einblick in die Grundlagen des modernen Luftverkehrs geben. Als einzigartig dürfte auch die hier zur Aus­führung gelangende Darstellung der Gruppe Wettbewerbe" zu bezeichnen sein. Man hat die siegreichen Flugzeuge aller deutschen Wettbewerbe naturgetreu nachgebildet, um so eine an­schauliche Uebersicht von der Entwicklung des Flugwesens geben zu können. Den Abschluß dieser Schau werden die im diesjährigen Europarundflug bewährten Flugzeuge deutscher Bauart bilden. Aber auch dem Flugzeugmodellbau wird in einer be= sonderen Halle breiter Raum gegeben sein. Eine Bastlerwerkstätte wird man im Betrieb vorführen. Eine Jungfliegerwerkstätte wird während der Dauer der Ausstellung ebenfalls im Betrieb gezeigt werden.

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Die DELA bringt außerdem eine Anzahl interessanter Sonder­veranstaltungen, deren Auftakt ein für den 2. Oktober vorgesehener DELA- Flugtag in Tempelhof bilden wird.

Billigeres Fleisch für Erwerbslose.

Wie die Landwirtschaftliche Wochenschau" erfährt, foll a b 1. Oktober die Frischfleischverbilligungsaktion für Erwerbslose wieder in Gang gesetzt werden. Vorgesehen ist, daß das Fleisch für Erwerbslose um 20 Pf. je Pfund verbilligt wird. Die Beide Männer waren in der Schillingstraße aufgetaucht; sie Frischfleischverbilligung, die nur in den Sommermonaten ausgesetzt hatten dort verschiedene Geschäfte aufgesucht, um ihre Zweimark- war, hat sich gut bewährt und sich besonders als eine wirksame stücke loszuwerden. Dabei erregten sie die Aufmerksamkeit eines Hilfe für die Erwerbslosen erwiesen.

Rätsel um Daubmann

Ein Gefangenenschicksal, das noch ungeklärt ist

Im Mai dieses Jahres hatte die sonst so stille Stadt Endingen am Raiserstuhl ihre Sensation: pach 16jähriger Gefangenschaft und abenteuerlicher Flucht war der ehemalige Soldat Ostar Daubmann erschöpft aus Innerafrika zu seinen Eltern zurückgekehrt. Die Eltern hatten längst mit dem Tode ihres Sohnes, der in den Verlustlisten als vermißt verzeichnet war, fest gerechnet. Sie ertannten ihn nicht wieder, aber sie wagten ihrem Glück nicht zu mißtrauen.

Amtliche Stellen zweifelten, ob ,, Daubmann" Daubmann sei; zumindest wußten sie nicht, ob die Berichte seiner abenteuerlichen Erlebnisse der Wahrheit entsprächen. Die Stimmen des Zweifels wurden indes nur leise weitergetragen und rasch vom Lärm des Nationalismus, der diesen Fall begierig aufgriff, übertönt. Die Ruhe, die der Rekonvaleszent auf alle Fälle bedurfte, wurde durch hurra­patriotisches Geschrei tattlos gestört.

Und nun erklärt das französische Außenministerium, das an der Klärung des Falles begreiflicherweise großes Interesse besitzt, daß nach genauen Nachforschungen die Wahrhaftig feit von Daubmanns Angaben bestritten werden müsse. Weder in den in Frage kommenden Archiven des Gesund heitsdienstes und des medizinischen Auskunftsbüros, noch in den Archiven der Militärgefängnisse und Gerichte von Lille , Amiens , Rouen , Avignon und Marseille , noch in den französischen Befizungen Nordafrikas sei eine Spur von Daubmann aufgefunden worden.

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Aber merkwürdigerweise läßt auch das von der badischen Regierung dem deutschen Auswärtigen Amt zugestellte Protokoll eine Reihe von Zweifeln offen. Dds Protokoll ist der Oeffentlichkeit übergeben worden. Es beginnt mit der Schilderung der Somme schlacht am 21. Oktober 1916;

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Daubmann hatte einen Stich in die Magengegend erhalten, feine Kameraden hielten ihn, nach seinem Bericht, für tot. Das Protokoll hat die Länge eines Romans, es lieft sich auch so spannend. Die Erlebnisse in algerischen Zuchthäusern, der Marsch durch Wüste und Urwald nichts ist ausgelassen. Aber da, wo die Nachprüfung am schnellsten möglich war, hat Daubmann die Deffent­lichkeit getäuscht. Er erzählt, daß er am Ende seiner Flucht auf einem italienischen Schiff von Tunis nach Palermo gefahren sei, daß er aber den Namen des Schiffes verschweigen müsse, weil er den Kapitän, der ihn angeblich umsonst mitnahm, nicht verraten dürfe. Er wies statt dessen eine Postkarte vor, auf der das betreffende Schiff abgebildet sei; der durch Wegradieren unerkennbar gemachte- Absender der Karte sei ein Mitglied der Schiffsbesatzung. Die badischen Behörden sind der Sache nach­gegangen. Das geheimnisvolle Postkarten- Schiff ist kein italienisches, sondern ein deutsches; Daubmann wollte in diesem Schiff von Tunis nach Hamburg mitfahren, wurde aber durch einen Steward im Auftrage des Kapitäns abschlägig beschieden; jener Steward ist der Absender der Karte.

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