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Gilgi
eine von uns
Tach Gilgi." Pit hält ihr die Hand hin und setzt sich an den Tisch, klopft der Nutte auf die Schulter: ,, Na, wie geht's, Lenchen?" Wie soll's jehn? Drecich jeht's." Lenchen steht auf: Tschö, Bittertschö Fröllein- muß laufen."
Bit", fängt Gilgi nach einer Weile an, ,, Pit, was für einer ist eigentlich dein Vater, und wie ist deine Mutter, und Pit, ich möcht' dir da erzählen
Bit fährt auf: ,, Warum störst du mich hier, was willst du? Hast du neuerdings den Tick, psychologische Studien machen zu wollen?"
" Son Quatsch zu reden, Pit!" Gilgi sieht müde und blaß aus: ,, Wie böse du geworden bist in der letzten Zeit, Pit." Das ist eben die Politik, denkt sie, die macht die Menschen so unangenehm, richtig bösartig.
Ich weiß ja, Gilgi ", Pit sieht einen Augenblick lang aus wie ein dummer, trauriger Junge ,,, ach, du kannst mich lange nicht so ekelhaft finden, wie ich mich finde. Ich
,,... Pit setzt sich an den Tisch"
bin so voll Bitterfeit und Haß, ich seh' nur noch ungerechtigkeit und Verbohrtheit". Und dann fängt er wieder mit seinem Sozialismus an, und was alles anders werden muß, und Gilgi sitt da und lauert auf einen Augenblick, wo sie ihn unterbrechen und von den Dingen erzählen kann, die ihr jetzt wichtiger und näher sind. Ja doch, ihr soll's schon recht sein, wenn's tein Privatkapital mehr gibt und der Paragraph 218 gewiß hätte der schon längst abgeschafft wer= den müssen, obwohl sie ihm vielleicht das Leben verdankt ja, und das ganze Wirtschaftssystem. Daß Leute, die von Politik reden, das immer so ganz besonders kompliziert und verworren tun müssen und die Revolution haben sie verkortst ,, ach Bit, ich kann nicht mehr!"
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,, Ja, du du gehst gleichgültig und unbeteiligt deiner Wege, Gilgi , hast du die Volkswirtschaftsbücher, die ich dir gab, überhaupt gelesen?"
Ich versteh sie nicht, Pit. Ich bin nicht furchtbar flug, und wenn ich da anfange zu denken, verlier' ich den Boden unter den Füßen, ich brauch' mein bißchen Verstand für mich und mein Fortkommen-"
,, Efelhaft, wie wichtig du dich nimmst!"
Ja, zum Donnerwetter nochmal, wen soll ich denn wichtig nehmen, wenn nicht mich selbst! Ich glaub's einfach nicht, ich halt's für eine verdammte Lüge, wenn einer sagt, daß er erst an die Allgemeinheit und dann an sich denkt. Wer ist denn die Masse? Die hat doch kein Gesicht, die ist doch kein Mensch, den man gern hat und darum ihm helfen möchte. Halt den Mund, Bit, ich rede! Ihr seid so fürchterlich eitel, ihr Jungens, ihr wollt was Besonderes sein und was Besonderes tun. Immer wollt ihr Helden sein und glauben, die Welt käme ohne euch nicht aus. Und weil ihr heldenhaft sein wollt, darum braucht ihr was, das euch ärgert, gegen das ihr fämpfen fönnt, und wenn's nicht da ist, dann schafft ihr's euch-"
,, Den Vortrag kannst du den Nazileuten halten." Bit steht auf. Du bist armselig, Gilgi , wenn du nicht begreifft, daß es einem keine Ruhe läßt, daß- ach, was soll ich dir
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noch mehr erklären, du oberflächlichs, kleines Ding du." Pit setzt sich wieder ans Klavier - Mariechen, Mariechen, hür op mich... Das ist ein Junge, der Pit! Ist denn das nun ein Verbrechen, wenn man ruhig und anständig seiner Wege geht und mit Politik nichts zu tun haben will? Und was sollte einem denn feine Ruhe lassen? Vielleicht hat Pit doch recht hier und da. Vielleicht follte man ach, lieber nicht denken, wo täme man hin, wenn man da anfangen wollte. Gilgi stüßt den Kopf in die Hände. Rote Buchstaben: Mensch, was läßt du mit deinem Leben machen!... einmal am Rhein und dann zu zwein alleine sein... Der eine Reisende ist eingeschlafen, er schnarcht, sein Kopf wackelt, die roten Lampions wackeln, das Klavier wackelt, die Dantebüste drauf wackelt Dante in der Animierkneipe! Wie kütt die Mösch... Gilgi leckt mit der zungenspitze eine Träne auf, die ihr zeit lupenhaft langsam übers Gesicht gerollt ist. Sie wundert sich, daß sie sich nicht über sich wundert, würde darüber nachdenken, wenn's ihr nicht zu kompliziert wäre. Daß der Pit so ekelhaft zu mir ist! Er ist doch mein bester Freund! Jetzt hat sie ihm immer noch nicht
thre Geschichte erzählt, hat auch keine Lust mehr dazu. Die ganze Atmosphäre hier, das Halbdunkel sie tann's nicht mehr vertragen.
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Gilgi zahlt. Ohne noch einen Blick auf Pit zu werfen, geht sie an ihm vorbei. Hinaus auf die Straße. Nach Haus?
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Schließlich hat Gilgi noch anderes zu tun, als nach ihren Eltern zu suchen. Sie be= schließt, sich für's erste um die Sache nicht mehr zu fümmern. Früher oder später wird. sich schon eine Gelegenheit finden, die Familie Greif fennenzulernen.
ein.
Zu den Krons ist Gilgi sanft wie eine Taube. Den Entschluß, fortzugehen, hat sie zunächst bis nach Karneval aufgeschoben und hat sich vorgenommen, so nett und liebenswürdig wie nur irgend möglich zu sein, solange sie noch hier ist. Sie ladet die Mutter zu Kino- und Konditoreibesuchen Schimpft nicht, wenn ein Film zum Uebelwerden rührselig ist, und sieht schaudernd, aber schweigsam mit an, wie Frau Kron ohne Rücksicht auf ihr Monumentalgewicht ganze Himalajagebirge von Cremeschnittchen, Mohrenköpfen und Obsttortletts verschlingt.
Frau Krons Schwester wird mit ihren beiden Töchtern aus Hamburg erwartet. Die Verwandten wollen Karneval in Köln verleben und dann hat man sich seit Jahren nicht gesehen. Die drei Hamburger werden bei Krons wohnen. Das Haus birst vor Aufregung. In Gilgis Zimmer werden ein Bett und ein Diwan gestellt für die bei den Rufinen. Das oberste wird zu unterst gefehrt. Ein Großreinemachbetrieb geht los: die Hetty ist so penibel", und Frau Kron
Was gibt es Neues?
Ein Blick in die Forschung
Ein aftuelles Steckenpferd der Forschung ist die biologische Strahlung. Da sich aber die sensationellen Berichte über das geheimnisvolle Elektrizitätswerk im lebenden Körper förmlich überstürzen, scheint es angebracht, den nüchternen Kern aus den phantastischen Uebertreibungen herauszuschälen.
Gesichert ist eigentlich nur die Existenz dieser Strahlen, mehr nicht. Wir wissen nicht, woher fie kommen und wohin sie gehen, wir fennen weder ihre erakte Wellenlänge noch Intensität. Vielleicht hat Lakhovsky als Autorität auf diesem Gebiete recht, wenn er meint, daß jede elektrische Körperzelle einen elektromagnetischen Schwingungskreis darstellt, der sich erst mit dem Tode entladet. Lakhovsky, der in Paris arbeitet, will seine Entdeckungen, vor allen Dingen für die Medizin, insbesondere den Krebs, verwerten, und nach einer Schrift, die vor wenigen Tagen er= schienen ist, sind seine Erfolge auf diesem Gebiet von weittragender Bedeutung.
Nach neuen Untersuchungen von Dr. Rajewsky ( Amerika ) handelt es sich bei der biologischen Strahlung um Schwingungen, die im Ultraviolett ungefähr zwischen den Wellenlängen 0,0002 bis 0,0003 Millimeter liegen. Sie ähneln somit jenen Strahlen, denen wir den Sonnenbrand, aber gleichzeitig auch die nüßliche Aufbauarbeit am Vitamin D verdanken. Wie ein hauchdünner Strahlenkranz umgeben sie ihren Körper, aber von so geringer Intensität, daß erst die Strahl fraft von 16 Millionen Menschen zusammenge nommen eine Glühbirne zum Leuchten bringen könnte. Um diesen schwachen Strom zu messen, bedient sich R. eines ähnlichen Apparats, wie iha Compton für die Höhenstrahlung anwendet.
Höchst seltsam flingen die fürzlich gemeldeten Versuche des deutschen Bakteriologen Prof. Otto Rahn , der an der Cornell Universität arbeitet. Nach seinen Experimenten soll das menschliche Blut bisweilen so starte Ausstrahlungen befizen, daß sie imstande sind, Keime und Mikrowesen zu töten. Die Strahlkraft der linken Hand ist stets stärker als die der rechten( auch bei Linkshändigen). Krebskranke Gewebe zeigen besonders heftige Ausstrahlungen, dagegen fehlen sie beim Blut dieser Kranken im Gegensatz zum normalen Blut. Falls hier einwandfreie Ergebnisse vorliegen wir haben keinen Grund, daran zu zweifeln eröffnen sich für die Bakteriologie, zweifeln Biologie und Medizin ungeahnte Perspektiven. Warten wir ab.... Strahlenbehandlung für
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für Pflanzenwachstum
wird schon seit längerer Zeit angewendet. Professor Mezzadroli in Bologna hat jetzt mit Wellen von zwei Meter Länge eine wesentliche Steigerung der Keimkraft erzielt. Bestrahlte Zwiebeln blühten zehn Tage früher als unbestrahlte. Auch die Entwicklung von Seidenraupen konnte
beschleunigt werden. Wie weit sich diese Ultrafurzwellen als Heilbestrahlung für Menschen eignet, ist noch ungeklärt.
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Jährlich verunglücken etwa 500 Personen durch Einatmen von Leuchtgas ( 2000 benutzen es zum Selbstmord). Selbstmord). Schreckliche Zahlen. Seit Jahren bemüht man sich daher, das Leuchtgas zu ent giften, doch es wird weiteren Kreisen unbekannt sein, daß diese segensreiche Möglichkeit durch die Bemühungen des Wiener Prof. W. J. Müller bereits existiert. Er berichtete fürzlich über seine Versuche an den Wiener städtischen Gaswerken, wo er mittels eines neuartigen Katalysators recht günstige Erfolge erzielte. Der Grund, warum dieses Verfahren trotz seiner gesundheitlichen Be
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deutung noch der allgemeinen Einführung harrt, liegt in der Verteuerung des Gaspreises. Hoffen wir, daß es bald möglich sein wird, eine tragbare Grenze zu finden, damit die Angst um undichte Gashähne gegenstandslos wird.
Für den Laien mag es wie ein alchimistisches Kunststück flingen, das giftige Kohlenoryd in Wasserstoff, und Kohlensäure( die später ausgewaschen wird) umzuwandeln, aber nicht minder wunderbar flingt die Methode des amerikanischen Chemikers Prussin, Kohlenwasserstoffe, also Benzin, Benzol oder Petroleum in feste Form zu verwandeln. Frühere Verfahren stellten sich zu teuer und verdarben oft die Reinheit des betref= fenden Stoffes. Das neue feste Benzin, das nicht explosionsgefährlich sein soll, geht bei jeder Tem peratur ohne zu schmelzen in einen dampfförmigen Zustand über. Wir werden also bald teine Tanks und Schläuche mehr brauchen und die Autos mit Benzinwürfeln füttern. Guten Appetit!
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Auf der ganzen Welt bemüht man sich, eine Vorrichtung zu finden, um bei Erdbebengefahr die bedrohte Bevölkerung zu warnen. Theoretisch ist diese Möglichkeit dadurch gegeben, daß den harten, kurzen Stößen meistens leichte Bodenschwankungen vorausgehen. Diese will man recht zeitig registrieren. Zu diesem Zwed hat man neuartig konstruierte Seismographen an Der
will Ehre einlegen mit ihrem Haushalt. Wenn Gilgi nach Geschäftsschluß nach Haus tommt, rast sie mit dem Staubsauger durch die Zimmer, macht neue Gardinen an die Fenster. bohnert den Parkettboden in der guten Stube. Das tut sie auch alles gern. Sie hat den innigen Wunsch, sich nützlich zu machen. Aber dann muß sie mit zum Bahnhof, die Verwandten abholen, das paßt ihr schon weniger.
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Mit Lärm und Geschrei und nein" und aber" strömen Tante Hetty und Gerdachen und Irenchen aus dem Coupé. Und eine Umarmerei geht los! So groß geworden! Und die Kinder! Ja, wer das gedacht hätte! nach so langer Zeit wie gut du aussiehst, Hetty! Und du erst, Berta! Gilgi hat ein Gefühl wie eine Raze, die gegen den Strich gestreichelt wird, als Tante Hetty ihr einen saftigen Kuß gibt. Sie möchte sich gern den Mund abwischen, weil's da so naß ist über der Oberlippe, aber sie wird dauernd beobachtet.
,, Nein, wir können mit der Straßenbahn fahren, Hetty." Frau Kron ist ein bißchen aufgelöst, trotzdem aber strategisch auf der Höhe.
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Wir wollten ja schon immer mal zum Rhein aber der Krieg! Und dann die Besagung! Ihr Armen, was müßt ihr gelitten haben." Tante Hetty flüstert und sieht sich ängstlich nach allen Seiten um. Gewiß, die Engländer sind fort, aber so ganz sicher ist sie immer noch nicht man fann nie wissen Frau Kron macht schmerzliche Augen: Ja, es waren schwere Zeiten für uns, Hetty." Frau Kron genießt das Bedauertwerden.
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( Fortsetzung folgt.)
schiedenen Orten Kaliforniens aufgestellt, wo sich schon Erdbeben ereigneten. Sie sind teilweise mit einer Alarmglocke versehen, die bei der ge= ringsten Bodenschwankung ertönt. Die Erfahrung wird zeigen, ob sich dieses System bewährt.
Das richtige Landen eines Flugzeuges ist für jeden Anfänger das eigentliche Problem, wenn aber Nebel die Sicht erschwert, wird auch der Erfahrene in Schwierigkeiten kommen. Prof. Wigand in Hamburg ist es jetzt gelungen, den Rebel einfach wegzuzaubern, um dadurch dem Flugzeug einen nebellosen Landungskanal zu schaffen. Das Verfahren besteht darin, den Elektrizitätsgehalt der Nebeltröpfchen zur Entladung zu bringen. Auch für den Schiffsverkehr ist diese Methode von großer Bedeutung.
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Man ist sich noch nicht klar darüber, ob die in letzter Zeit entdeckten winzigen Himmelskörper ( von Reinmuth und Delporte) wirkliche Planetoiden sind oder" nur" Meteorförper. Ihr Durch messer wird nicht viel größer sein als 1-2 Kilo meter, und die gewaltigen Meteorfrater in Ari zona und Sibirien zeigen, daß Meteore ähnlichen Umfangs bereits von der Erde in früheren Zeiten verschluckt wurden. Einen noch größeren Krater wollen englische Forscher jetzt in einem bekannten Teil Arabiens entdeckt haben. Sie fanden meteorisches Eisen und geschmolzenes Gestein. Man glaubt heute, daß diese Bomben aus unbekannten Fernen des Kosmos gar nicht so selten auf die Erde niedergehen. Aber mit dieser Sorge wollen wir uns schließlich nicht auch noch belasten. Gog.
Eine neue Weltanschauung?
Der Psychoanalyse verdanken wir wertvolle Einsichten, die auf vielen praktischen Ge= bieten eine fruchtbare Anwendung finden. Durch die Erforschung des Unbewußten ist das Verhalten der Menschen von einer neuen Seite her ver ständlich geworden. Für die Behandlung seelischer Krankheiten ist die Psychoanalyse ebenso unentbehrlich geworden wie etwa für die Einsicht in die Möglichkeiten und Grenzen der Erziehung oder für das Verständnis der verbrecherischen Persönlichkeit. Die Psychoanalyse liefert weiterhin einen' wesentlichen Beitrag zum Verständnis des fünstlerischen Schaffens; sie hat endlich viele Fragen der Massenpsychologie in fruchtbarer Weise gelöst. Es ist verständlich, daß eine Lehre, die auf so weit auseinanderliegenden Gebieten Erfolge erzielt hat, von ihren Anhängern allmäh= lich zu einer Universaltheorie ausgebildet wird, so daß man schließlich glaubt, alle Welträtsel" mit psychoanalytischen Methoden meistern zu können. So entsteht eine psychoanalytische Kulturphilosophie, die aus der Triebpsychologie letzte, absolute Erkenntnisse macht.
Die Ausweitung der Psychoanalyse zu einer Kulturphilosophie hat besonderen Anstoß erfahren durch das vor einigen Jahren erschienene Buch von Freud : Das Unbehagen in der Kultur." Freud sucht zu zeigen, daß jede Kultur den einzelnen zwingt, auf das freie Ausleben seiner Triebe zu verzichten. Die Kultur ist ,, triebsfeindlich", sie erzeugt daher Unluft", es tommt zu dem ,, Unbehagen", das nach Freud mit jeder Kultur notwendig verbunden ist. Es ist nach Freud eine Schicksalsfrage der Menschheit, ob es gelingt, einen Ausgleich zwischen den individuellen Trieben und den triebfeindlichen Ansprüchen der Kultur zu finden, oder ob dieser Konflikt unverföhnlich bleibt. Freud endet mit einem tiefen Pessimismus.
Es ist klar, daß diese Konstruktion fein wiffen
schaftliches Ergebnis ist, sondern eine wissenschaftlich nicht begründete Einstellung, eine sogenannte ,, Weltanschauung". Vom Standpunkte des Sozialismus aus ergeben sich zum Beispiel wesentlich andere Anschauungen über das Wesen der Kultur. Das Buch von Freud hat auch nicht die volle Zustimmung seiner engeren Schule gefunden. So versucht neuerdings F. M. Feller, der sich im übrigen ganz als Schüler Freuds erweist, eine Kulturphilosophie auf Grundlage der Psychoanalyse zu entwickeln, die genau zu dem entgegenseßten Ergebnis, also zu einer optimiſtischen Anschauung, kommt. In Anlehnung an das Wert von Freud trägt das Buch von Feller den Titel: Das Unbehagen in der Zivilisation."( Verlag A. Frande, Bern , gebunden 6 Mark.)
Feller baut auf dem Unterschied von Zivilisation und Kultur auf. Nur für die Zivilisation, beim Kampf ums Dasein und um materielle Vorteile, soll der Konflikt mit den Trieben gelten; in den kulturellen Betätigungen sei dagegen eine Befreiung von den unterdrückten Triebregungen möglich. Die pessimistische Schlußfolgerung Freuds besteht also nach Feller nicht zu Recht. Wenn heute nur wenige Menschen die befreiende Wirkung der kulturellen Arbeit genießen können, so ist daran der Kapitalismus und das Privateigentum schuld. Feller setzt seine Hoffnungen auf den Sozialismus; er versucht Pinchoanalyse und Margismus zu vereinigen. So bestechend dieser Gedanke ist, so wird er doch dem Wesen des Marrismus nicht gerecht Der Fehler liegt darin, daß auch Feller die psychoanalytischen Prinzipien zu absoluten philosophischen Erklärungsgründen erhebt Dadurch wird seine Gesamtansicht dogmatisch und konstruiert. Troz dieser angreifbaren Grundhaltung entwickelt Feller eine Reihe sehr interessanter Gedanken über Einzelprobleme. Dr. S. Weinberg.