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IRMGARD KEUN  :

Gilgi

eine von uns

Tach Gilgi." Pit hält ihr die Hand hin und setzt sich an den Tisch, klopft der Nutte auf die Schulter: ,, Na, wie geht's, Lenchen?" Wie soll's jehn? Drecich jeht's." Lenchen steht auf: Tschö, Bittertschö Fröllein- muß laufen."

Bit", fängt Gilgi   nach einer Weile an, ,, Pit, was für einer ist eigentlich dein Vater, und wie ist deine Mutter, und Pit, ich möcht' dir da erzählen

Bit fährt auf: ,, Warum störst du mich hier, was willst du? Hast du neuerdings den Tick, psychologische Studien machen zu wollen?"

" Son Quatsch zu reden, Pit!" Gilgi   sieht müde und blaß aus: ,, Wie böse du geworden bist in der letzten Zeit, Pit." Das ist eben die Politik, denkt sie, die macht die Menschen so unangenehm, richtig bösartig.

Ich weiß ja, Gilgi  ", Pit sieht einen Augenblick lang aus wie ein dummer, trau­riger Junge ,,, ach, du kannst mich lange nicht so ekelhaft finden, wie ich mich finde. Ich

,,... Pit setzt sich an den Tisch"

Phot, Paramount  

bin so voll Bitterfeit und Haß, ich seh' nur noch ungerechtigkeit und Verbohrtheit". Und dann fängt er wieder mit seinem Sozialis­mus an, und was alles anders werden muß, und Gilgi   sitt da und lauert auf einen Augenblick, wo sie ihn unterbrechen und von den Dingen erzählen kann, die ihr jetzt wich­tiger und näher sind. Ja doch, ihr soll's schon recht sein, wenn's tein Privatkapital mehr gibt und der Paragraph 218 gewiß hätte der schon längst abgeschafft wer= den müssen, obwohl sie ihm vielleicht das Leben verdankt ja, und das ganze Wirt­schaftssystem. Daß Leute, die von Politik reden, das immer so ganz besonders kom­pliziert und verworren tun müssen und die Revolution haben sie verkortst ,, ach Bit, ich kann nicht mehr!"

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,, Ja, du du gehst gleichgültig und un­beteiligt deiner Wege, Gilgi  , hast du die Volkswirtschaftsbücher, die ich dir gab, über­haupt gelesen?"

Ich versteh sie nicht, Pit. Ich bin nicht furchtbar flug, und wenn ich da anfange zu denken, verlier' ich den Boden unter den Füßen, ich brauch' mein bißchen Verstand für mich und mein Fortkommen-"

,, Efelhaft, wie wichtig du dich nimmst!"

Ja, zum Donnerwetter nochmal, wen soll ich denn wichtig nehmen, wenn nicht mich selbst! Ich glaub's einfach nicht, ich halt's für eine verdammte Lüge, wenn einer sagt, daß er erst an die Allgemeinheit und dann an sich denkt. Wer ist denn die Masse? Die hat doch kein Gesicht, die ist doch kein Mensch, den man gern hat und darum ihm helfen möchte. Halt den Mund, Bit, ich rede! Ihr seid so fürchterlich eitel, ihr Jungens, ihr wollt was Besonderes sein und was Beson­deres tun. Immer wollt ihr Helden sein und glauben, die Welt käme ohne euch nicht aus. Und weil ihr heldenhaft sein wollt, darum braucht ihr was, das euch ärgert, gegen das ihr fämpfen fönnt, und wenn's nicht da ist, dann schafft ihr's euch-"

,, Den Vortrag kannst du den Nazileuten halten." Bit steht auf. Du bist armselig, Gilgi  , wenn du nicht begreifft, daß es einem keine Ruhe läßt, daß- ach, was soll ich dir

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noch mehr erklären, du oberflächlichs, kleines Ding du." Pit setzt sich wieder ans Klavier - Mariechen, Mariechen, hür op mich... Das ist ein Junge, der Pit! Ist denn das nun ein Verbrechen, wenn man ruhig und anständig seiner Wege geht und mit Politik nichts zu tun haben will? Und was sollte einem denn feine Ruhe lassen? Vielleicht hat Pit doch recht hier und da. Vielleicht follte man ach, lieber nicht denken, wo täme man hin, wenn man da anfangen wollte. Gilgi   stüßt den Kopf in die Hände. Rote Buchstaben: Mensch, was läßt du mit deinem Leben machen!... einmal am Rhein  und dann zu zwein alleine sein... Der eine Reisende ist eingeschlafen, er schnarcht, sein Kopf wackelt, die roten Lampions wackeln, das Klavier wackelt, die Dantebüste drauf wackelt Dante in der Animierkneipe! Wie kütt die Mösch... Gilgi   leckt mit der zungenspitze eine Träne auf, die ihr zeit lupenhaft langsam übers Gesicht gerollt ist. Sie wundert sich, daß sie sich nicht über sich wundert, würde darüber nachdenken, wenn's ihr nicht zu kompliziert wäre. Daß der Pit so ekelhaft zu mir ist! Er ist doch mein bester Freund! Jetzt hat sie ihm immer noch nicht

thre Geschichte erzählt, hat auch keine Lust mehr dazu. Die ganze Atmosphäre hier, das Halbdunkel sie tann's nicht mehr ver­tragen.

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Gilgi   zahlt. Ohne noch einen Blick auf Pit zu werfen, geht sie an ihm vorbei. Hinaus auf die Straße. Nach Haus?

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Schließlich hat Gilgi   noch anderes zu tun, als nach ihren Eltern zu suchen. Sie be= schließt, sich für's erste um die Sache nicht mehr zu fümmern. Früher oder später wird. sich schon eine Gelegenheit finden, die Fa­milie Greif fennenzulernen.

ein.

Zu den Krons ist Gilgi   sanft wie eine Taube. Den Entschluß, fortzugehen, hat sie zunächst bis nach Karneval aufgeschoben und hat sich vorgenommen, so nett und liebens­würdig wie nur irgend möglich zu sein, solange sie noch hier ist. Sie ladet die Mutter zu Kino- und Konditoreibesuchen Schimpft nicht, wenn ein Film zum Uebel­werden rührselig ist, und sieht schaudernd, aber schweigsam mit an, wie Frau Kron ohne Rücksicht auf ihr Monumentalgewicht ganze Himalajagebirge von Cremeschnittchen, Mohrenköpfen und Obsttortletts verschlingt.

Frau Krons Schwester wird mit ihren beiden Töchtern aus Hamburg   erwartet. Die Verwandten wollen Karneval in Köln   ver­leben und dann hat man sich seit Jahren nicht gesehen. Die drei Hamburger werden bei Krons wohnen. Das Haus birst vor Auf­regung. In Gilgis Zimmer werden ein Bett und ein Diwan gestellt für die bei den Rufinen. Das oberste wird zu unterst gefehrt. Ein Großreinemachbetrieb geht los: die Hetty ist so penibel", und Frau Kron

Was gibt es Neues?

Ein Blick in die Forschung

Ein aftuelles Steckenpferd der Forschung ist die biologische Strahlung. Da sich aber die sensatio­nellen Berichte über das geheimnisvolle Elektri­zitätswerk im lebenden Körper förmlich über­stürzen, scheint es angebracht, den nüchternen Kern aus den phantastischen Uebertreibungen herauszuschälen.

Gesichert ist eigentlich nur die Existenz dieser Strahlen, mehr nicht. Wir wissen nicht, woher fie kommen und wohin sie gehen, wir fennen weder ihre erakte Wellenlänge noch Intensität. Vielleicht hat Lakhovsky als Autorität auf diesem Gebiete recht, wenn er meint, daß jede elektrische Körperzelle einen elektromagnetischen Schwin­gungskreis darstellt, der sich erst mit dem Tode entladet. Lakhovsky, der in Paris   arbeitet, will seine Entdeckungen, vor allen Dingen für die Me­dizin, insbesondere den Krebs, verwerten, und nach einer Schrift, die vor wenigen Tagen er= schienen ist, sind seine Erfolge auf diesem Gebiet von weittragender Bedeutung.

Nach neuen Untersuchungen von Dr. Rajewsky ( Amerika  ) handelt es sich bei der biologischen Strahlung um Schwingungen, die im Ultraviolett ungefähr zwischen den Wellenlängen 0,0002 bis 0,0003 Millimeter liegen. Sie ähneln somit jenen Strahlen, denen wir den Sonnenbrand, aber gleichzeitig auch die nüßliche Aufbauarbeit am Vitamin D verdanken. Wie ein hauchdünner Strahlenkranz umgeben sie ihren Körper, aber von so geringer Intensität, daß erst die Strahl fraft von 16 Millionen Menschen zusammenge nommen eine Glühbirne zum Leuchten bringen könnte. Um diesen schwachen Strom zu messen, bedient sich R. eines ähnlichen Apparats, wie iha Compton für die Höhenstrahlung anwendet.

Höchst seltsam flingen die fürzlich gemeldeten Versuche des deutschen   Bakteriologen Prof. Otto Rahn  , der an der Cornell Universität   arbeitet. Nach seinen Experimenten soll das menschliche Blut bisweilen so starte Ausstrahlungen befizen, daß sie imstande sind, Keime und Mikrowesen zu töten. Die Strahlkraft der linken Hand ist stets stärker als die der rechten( auch bei Linkshändi­gen). Krebskranke Gewebe zeigen besonders heftige Ausstrahlungen, dagegen fehlen sie beim Blut dieser Kranken im Gegensatz zum normalen Blut. Falls hier einwandfreie Ergebnisse vor­liegen wir haben keinen Grund, daran zu zweifeln eröffnen sich für die Bakteriologie, zweifeln Biologie und Medizin ungeahnte Perspektiven. Warten wir ab.... Strahlenbehandlung für

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für Pflanzenwachstum

wird schon seit längerer Zeit angewendet. Pro­fessor Mezzadroli in Bologna   hat jetzt mit Wellen von zwei Meter Länge eine wesentliche Steige­rung der Keimkraft erzielt. Bestrahlte Zwiebeln blühten zehn Tage früher als unbestrahlte. Auch die Entwicklung von Seidenraupen konnte

beschleunigt werden. Wie weit sich diese Ultra­furzwellen als Heilbestrahlung für Menschen eignet, ist noch ungeklärt.

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Jährlich verunglücken etwa 500 Personen durch Einatmen von Leuchtgas  ( 2000 benutzen es zum Selbstmord). Selbstmord). Schreckliche Zahlen. Seit Jahren bemüht man sich daher, das Leuchtgas zu ent giften, doch es wird weiteren Kreisen unbekannt sein, daß diese segensreiche Möglichkeit durch die Bemühungen des Wiener Prof. W. J. Müller bereits existiert. Er berichtete fürzlich über seine Versuche an den Wiener städtischen Gaswerken, wo er mittels eines neuartigen Katalysators recht günstige Erfolge erzielte. Der Grund, warum dieses Verfahren trotz seiner gesundheitlichen Be­

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deutung noch der allgemeinen Einführung harrt, liegt in der Verteuerung des Gaspreises. Hoffen wir, daß es bald möglich sein wird, eine tragbare Grenze zu finden, damit die Angst um undichte Gashähne gegenstandslos wird.

Für den Laien mag es wie ein alchimistisches Kunststück flingen, das giftige Kohlenoryd in Wasserstoff, und Kohlensäure( die später ausge­waschen wird) umzuwandeln, aber nicht minder wunderbar flingt die Methode des amerikanischen  Chemikers Prussin, Kohlenwasserstoffe, also Ben­zin, Benzol oder Petroleum in feste Form zu verwandeln. Frühere Verfahren stellten sich zu teuer und verdarben oft die Reinheit des betref= fenden Stoffes. Das neue feste Benzin, das nicht explosionsgefährlich sein soll, geht bei jeder Tem peratur ohne zu schmelzen in einen dampfförmi­gen Zustand über. Wir werden also bald teine Tanks und Schläuche mehr brauchen und die Autos mit Benzinwürfeln füttern. Guten Appetit!

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Auf der ganzen Welt bemüht man sich, eine Vorrichtung zu finden, um bei Erdbebengefahr die bedrohte Bevölkerung zu warnen. Theoretisch ist diese Möglichkeit dadurch gegeben, daß den harten, kurzen Stößen meistens leichte Boden­schwankungen vorausgehen. Diese will man recht zeitig registrieren. Zu diesem Zwed hat man neuartig konstruierte Seismographen an Der

will Ehre einlegen mit ihrem Haushalt. Wenn Gilgi   nach Geschäftsschluß nach Haus tommt, rast sie mit dem Staubsauger durch die Zimmer, macht neue Gardinen an die Fenster. bohnert den Parkettboden in der guten Stube. Das tut sie auch alles gern. Sie hat den innigen Wunsch, sich nützlich zu machen. Aber dann muß sie mit zum Bahn­hof, die Verwandten abholen, das paßt ihr schon weniger.

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Mit Lärm und Geschrei und nein" und aber" strömen Tante Hetty und Gerdachen und Irenchen aus dem Coupé. Und eine Umarmerei geht los! So groß geworden! Und die Kinder! Ja, wer das gedacht hätte! nach so langer Zeit wie gut du aus­siehst, Hetty! Und du erst, Berta! Gilgi  hat ein Gefühl wie eine Raze, die gegen den Strich gestreichelt wird, als Tante Hetty ihr einen saftigen Kuß gibt. Sie möchte sich gern den Mund abwischen, weil's da so naß ist über der Oberlippe, aber sie wird dauernd beobachtet.

,, Nein, wir können mit der Straßenbahn fahren, Hetty." Frau Kron ist ein bißchen aufgelöst, trotzdem aber strategisch auf der Höhe.

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Wir wollten ja schon immer mal zum Rhein   aber der Krieg! Und dann die Be­sagung! Ihr Armen, was müßt ihr gelitten haben." Tante Hetty flüstert und sieht sich ängstlich nach allen Seiten um. Gewiß, die Engländer sind fort, aber so ganz sicher ist sie immer noch nicht man fann nie wissen Frau Kron macht schmerzliche Augen: Ja, es waren schwere Zeiten für uns, Hetty." Frau Kron genießt das Be­dauertwerden.

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( Fortsetzung folgt.)

schiedenen Orten Kaliforniens   aufgestellt, wo sich schon Erdbeben ereigneten. Sie sind teilweise mit einer Alarmglocke versehen, die bei der ge= ringsten Bodenschwankung ertönt. Die Erfahrung wird zeigen, ob sich dieses System bewährt.

Das richtige Landen eines Flugzeuges ist für jeden Anfänger das eigentliche Problem, wenn aber Nebel die Sicht erschwert, wird auch der Er­fahrene in Schwierigkeiten kommen. Prof. Wi­gand in Hamburg   ist es jetzt gelungen, den Rebel einfach wegzuzaubern, um dadurch dem Flugzeug einen nebellosen Landungskanal zu schaffen. Das Verfahren besteht darin, den Elektrizitätsgehalt der Nebeltröpfchen zur Entladung zu bringen. Auch für den Schiffsverkehr ist diese Methode von großer Bedeutung.

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Man ist sich noch nicht klar darüber, ob die in letzter Zeit entdeckten winzigen Himmelskörper ( von Reinmuth und Delporte) wirkliche Planeto­iden sind oder" nur" Meteorförper. Ihr Durch messer wird nicht viel größer sein als 1-2 Kilo meter, und die gewaltigen Meteorfrater in Ari­ zona   und Sibirien   zeigen, daß Meteore ähnlichen Umfangs bereits von der Erde in früheren Zeiten verschluckt wurden. Einen noch größeren Krater wollen englische Forscher jetzt in einem bekannten Teil Arabiens entdeckt haben. Sie fanden meteo­risches Eisen und geschmolzenes Gestein. Man glaubt heute, daß diese Bomben aus unbekannten Fernen des Kosmos gar nicht so selten auf die Erde niedergehen. Aber mit dieser Sorge wollen wir uns schließlich nicht auch noch belasten. Gog.

Eine neue Weltanschauung?

Der Psychoanalyse verdanken wir wert­volle Einsichten, die auf vielen praktischen Ge= bieten eine fruchtbare Anwendung finden. Durch die Erforschung des Unbewußten ist das Verhalten der Menschen von einer neuen Seite her ver ständlich geworden. Für die Behandlung seelischer Krankheiten ist die Psychoanalyse ebenso un­entbehrlich geworden wie etwa für die Einsicht in die Möglichkeiten und Grenzen der Erziehung oder für das Verständnis der verbrecherischen Per­sönlichkeit. Die Psychoanalyse liefert weiterhin einen' wesentlichen Beitrag zum Verständnis des fünstlerischen Schaffens; sie hat endlich viele Fragen der Massenpsychologie in fruchtbarer Weise gelöst. Es ist verständlich, daß eine Lehre, die auf so weit auseinanderliegenden Gebieten Erfolge erzielt hat, von ihren Anhängern allmäh= lich zu einer Universaltheorie ausgebildet wird, so daß man schließlich glaubt, alle Welträtsel" mit psychoanalytischen Methoden meistern zu können. So entsteht eine psychoanalytische Kul­turphilosophie, die aus der Triebpsycho­logie letzte, absolute Erkenntnisse macht.

Die Ausweitung der Psychoanalyse zu einer Kulturphilosophie hat besonderen Anstoß erfahren durch das vor einigen Jahren erschienene Buch von Freud  : Das Unbehagen in der Kultur." Freud sucht zu zeigen, daß jede Kultur den einzelnen zwingt, auf das freie Aus­leben seiner Triebe zu verzichten. Die Kultur ist ,, triebsfeindlich", sie erzeugt daher Unluft", es tommt zu dem ,, Unbehagen", das nach Freud mit jeder Kultur notwendig verbunden ist. Es ist nach Freud eine Schicksalsfrage der Menschheit, ob es gelingt, einen Ausgleich zwischen den indi­viduellen Trieben und den triebfeindlichen An­sprüchen der Kultur zu finden, oder ob dieser Konflikt unverföhnlich bleibt. Freud endet mit einem tiefen Pessimismus.

Es ist klar, daß diese Konstruktion fein wiffen­

schaftliches Ergebnis ist, sondern eine wissenschaft­lich nicht begründete Einstellung, eine sogenannte ,, Weltanschauung". Vom Standpunkte des Sozialismus aus ergeben sich zum Beispiel wesent­lich andere Anschauungen über das Wesen der Kultur. Das Buch von Freud   hat auch nicht die volle Zustimmung seiner engeren Schule gefunden. So versucht neuerdings F. M. Feller, der sich im übrigen ganz als Schüler Freuds   erweist, eine Kulturphilosophie auf Grundlage der Psycho­analyse zu entwickeln, die genau zu dem ent­gegenseßten Ergebnis, also zu einer optimiſti­schen Anschauung, kommt. In Anlehnung an das Wert von Freud   trägt das Buch von Feller den Titel: Das Unbehagen in der Zivili­sation."( Verlag A. Frande, Bern  , gebunden 6 Mark.)

Feller baut auf dem Unterschied von Zivilisation und Kultur auf. Nur für die Zivilisation, beim Kampf ums Dasein und um materielle Vorteile, soll der Konflikt mit den Trieben gelten; in den kulturellen Betätigungen sei dagegen eine Be­freiung von den unterdrückten Triebregungen möglich. Die pessimistische Schlußfolgerung Freuds  besteht also nach Feller nicht zu Recht. Wenn heute nur wenige Menschen die befreiende Wir­kung der kulturellen Arbeit genießen können, so ist daran der Kapitalismus   und das Privateigen­tum schuld. Feller setzt seine Hoffnungen auf den Sozialismus; er versucht Pinchoanalyse und Margismus zu vereinigen. So bestechend dieser Gedanke ist, so wird er doch dem Wesen des Marrismus nicht gerecht Der Fehler liegt darin, daß auch Feller die psychoanalytischen Prinzipien zu absoluten philosophischen Erklärungsgründen erhebt Dadurch wird seine Gesamtansicht dog­matisch und konstruiert. Troz dieser angreifbaren Grundhaltung entwickelt Feller eine Reihe sehr interessanter Gedanken über Einzelprobleme. Dr. S. Weinberg.