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Morgenausgabe

Nr. 429 A 209

49.Iahrgang

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P VM-W. NerUner SolkSVIatt

Gonniag 1.1. September 1932 Groß-Äerlin 15 Z)s. Auswärts 20 Z)f.

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Jentrawsgan der Sozialdemokrattschen Partei DeutschllanM� Redaktion und Verlag: Berlin SW 68, Lindenstr. 3 kiernspr.: Dönhoff(A 7) 292297. Telegramm-Adr.: Sozialdemokrat Berlin .

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Morgen Auflösung!? Der Konflikt spitzt sich zu. Nationale Wahlparole gegen Nationalsozialisten.

Morgen, 3 Uhr nachmittag, versammelt sich der Reichs- tag des 31. Juli zum zweiten- und vielleicht letzten- mal. Er wird eine Erklärung der Reichsregierung entgegen- nehmen, die aufs stärkstenational" betont sein wird. Herr von P a p e n hofft, am Montag im Besitz der f r a n z ö s i- schen Antwort auf die deutsche Rüstungsnote zu sein, die, wie man schon weiß, entschieden ablehnend lauten wird. Herr von Papen will dann an die Vaterlandsliebe der Par- teien appellieren und sie auffordern, sich im Ringen um Deutschlands Ehr und Wehr geschlossen hinter die ehrwürdige Person des Herrn Reichspräsidenten und hinter die autoritäre Reichsregierung zu stellen. Tun sie es nicht, so ist der Kon- flikt da, der Reichstag fliegt auf und zwar sofort! Schon am Montag, nach der Reichstagssitzung, in der nur der Kanzler sprechen soll, will der Reichspräsident die Parteien des schwarzbraunen Blocks zu sich laden. Er will sie vor die Frage stellen, ob sie bereit seien, angesichts der gespannten außenpolitischen Lage alles Trennende zurückzu- stellen und mit der Regierung seines Vertrauens zusammen- zuarbeiten. Nach dem heutigen Stand der Dinge kann die Antwort nur verneinend ausfallen. Die Auflösung des Reichstags soll dann schon am Montag- abend erfolgen, noch ehe der Reichstag Gelegenheit findet, mit Reden oder Beschlüssen auf die Erklärung der Regierung zu antworten. * So sah der Kriegsplan der Herrenklubregierung gestern abend aus. Daß er noch geändert wird, ist möglich, aber nicht wahrscheinlich. Alles spitzt sich auf einen Konflikt zu, wie ihn bis vor kurzem nur die wenigsten für möglich ge- halten hätten. Derselbe Reichskanzler, der vor drei Monaten den Reichstag von 1936 auflöste, weil ihm 197 National- sozialisten zu wenig waren, wird jetzt den neuen Reichstag auflösen, weil ihm 239 Nationalsozialisten zuviel sind! Er will gegen die Partei des extremsten, bis zum Irrsinn ge- steigerten Nationalismus Wahlen machen mit einer natio­nalistischen Parole! Die Nationalsozialisten sollen in den Wahlkampf ge- drängt werden Seite an Seite mit der Zentrums partei, die sie eben erst als die Partei der Vaterlandslosigkeit und des Landesverrats beschimpft hatten. Das Zentrum hin- wiederum will die Verfassung, die Demokratie, das parlamentarische System verteidigen gegen den Reichspräsi­denten und die von ihm ernannte Regierung Schulter an Schulter mit einer Partei, die sich bisher stets als die Tod- f e i n d i n der Verfassung, der Demokratie, des parlamenta - rischen Systems bekannt hat. Derselbe Herr G ö r i n g, der jetzt als Präsident die Rechte der gewählten Volksvertretung schützen zu wollen behauptet, hat noch im Wahlkampf die Formel geprägt, Aufgabe seiner Partei sei es, die Demo- kratie mit den Mitteln der Demokratie zu vernichten. Jetzt, da die Vernichtung der Demokratie überraschenderweise von anderen gründlichst besorgt wird und zum Schaden der eigenen Partei auszuschlagen droht, hat die Demokratie keinen eifrigeren Verteidiger als diesen Herrn Göring ! *\ Wird der Reichstag morgen oder übermorgen oder in drei Tagen aufgelöst, so kann kein Mensch voraussagen, was weiter daraus wird. Zunächst wird dann die Regierung Papen im ganzen ein halbes Jahr Zeit gewonnen haben, um ohne das Vertrauen des Reichstags mit Notverordnungen und Presseordonnanzen regieren zu können. Ob der im No- vember zu wählende Reichstag überhaupt zusammentreten wird, ob er länger leben wird als sein kurzlebiger Vor- ganger, das alles kann niemand voraussehen. Auch wird man nur mit äußerster Vorsicht den Gedanken aussprechen dürfen, daß bei sehr sorgfältiger Auslegung der Ver-

f a s s u n g ein solches Tun vielleicht ein wenig bedenklich sein könnte. Denn spräche man. diesen Gedanken mit allzu plumper Offenheit aus, so könnte man verboten werden und bekäme zu guter Letzt eine Postkarte aus Leipzig , daß das alles so in bester Ordnung sei. Schon hat dieDeutsche Allgemeine Zeitung" angedeutet, daß ein neuer Wahlkampf sich nicht mehr mit der bisher üblichenUngebundenheit" vollziehen würde. Es wird dabei, wenn wir richtig unterrichtet sind, nicht nur an ein schärferes Anziehen der Kandare für die Presse gedacht, sondern es schweben auch Pläne, den Parteien die Führung des Wahl- kampfes finanziell zu erschweren. Was man mit alle- dem erreichen will, ist noch nicht im allerentferntesten ficht- bar; denn daß es gelingen könnte, der einzigen Regierungs- partei, der deutschnationalen, auf solche Weise zu einer Mehr- heit zu verhelfen, wird niemand annehmen. -i° Der sozusagen verfassungsmäßige Ausweg aus diesem Chaos. wird gesucht in einer Verständigung des Reichspräsi- denten mit der schwarzbraunen Koalition. Für den wahrscheinlichen Fall, daß diese Verständigung nicht mög- lich ist, rüsten beide Teile. Die Reichsregierung hat dabei den Vorteil, nicht nur die bewaffnete Macht für sich zu haben, sondern auch einigermaßen einig zu sein. Der ver- hältnismäßig kleine Kreis, den sie umfaßt, wird zusammen- gehalten durch das Bewußtsein, daß es für alle ums Ganze geht. Auf der anderen Seite ist der schwarzbraune Block eine mehr als sonderbar zusammengewürfelte Gesell- schaft, ihr Zusammenhalt kann nicht stark sein. Dieser innerlich schwache schwarzbraune Block steht oben- drein noch zu den Parteien' links von ihm, vor allem zur Sozialdemokratie, im schärfsten Gegensatz. Ein ein- heitliches Vorgehen des Reichstags zum Schutze seiner Rechte ist infolgedessen nur schwer denkbar. Die Sozialdemokratie ist nicht geneigt, etwas zu tun, was dieser Regierung der Sozialreaktion das Leben auch nur um fünf Minuten ver- längern könnte; sie will aber ebensowenig sich zum Steig- bügelhalter der schwarzbraunen Koalition hergeben. Und mahnte sie nicht die eigene Klugheit zu äußerster Vorsicht, so würde das der Feind im Rücken tun. Was immer die Sozialdemokratie tun oder lassen wird, die KPD. wird sie auf alle Fälle beschuldigen, entweder der regierenden Sozial- reaktion oder dem machtlüsternen Faschismus Vorschub zu leisten. * In Wirklichkeit will die Sozialdemokratie weder das

Paris , 10. September. (Eigenbericht.) Der französische Ministerrat, der am Sonnabend unter dem Dorsih des Präsidenten der Republik tagte, hat den Wort- laut der französischen Antwortnote auf das deutsche Memorandum endgültig gebilligt. Die Rote soll in einem ziem­lich farblosen und kalten Ton abgefaßt sein und erklären, daß Frankreich Sonderverhandlungen mit Deutschland ab- lehnt. Die Rote ist am Sonnabend mit einem Sonderkurier nach Berlin abgegangen und wird dort durch den französischen Botschas- ter dem Reichsauhenminisler übergeben werden. Am Montagabend wird ihr Wortlaut vom Quai d'Orsay veröffentlicht. DasJournal des Debats " will aus der Unterredung des ameri- lanischen Senators Rsed mit Herriot erfahren haben, daß Reed

eine noch das andere tun. Sie kämpft gegen beide Formen der Diktatur, die deutschnationale und die nationalsoziali- stische, für die Wiederherstellung der Volks- rechte, deren Bedeutung für die Kämpfe der Arbeiterklasse heute auch dem Blindesten klar geworden sein sollte. Sie führt den Klassenkampf gegen die dümmste und Hab- gierigste Bourgeoisie der Welt, die durch Sub- ventionen und durch noch tieferes Herabdrücken der Arbeiter- löhne ihre eigene schäbige Existenz neu zu fundieren sucht. tieferes Herabdrücken der Arbeiterlöhne bis unrer die Hunger- grenze ihn eigene schäbige Existenz neu zu fundieren sucht. Jeder verständige Mensch in Deutschland , der noch an etwas anderes denkt als an Profit und Futterkrippe, jeder, in dessen Munde die Liebe zum eigenen Volk mehr ist als bloße Heuche- lei, muß heute erkennen, daß Staat und Gesellschaft blitzschnell dem Abgrund entgegenrollen und daß es keine Rettung gibt außer bei der Arbeiterklasse und beim Sozia- l i s m u s. Diese Erkenntnis in alle Hirne zu hämmern ist jetzt die wichtigste Aufgabe, wichtiger als alle taktischen Entscheidun- gen. Die Mächte der Vergangenheit sind am Werk, Deutsch- land zum Tode zu regieren. Was kommt nach ihnen? Ent- weder ein hoffnungsloses Dahinsterben oder aller eine Arbeiterbewegung, die im Zeichen der Demokratie und des Sozialismus geeint marschiert! Schwarzbraunes Karussell. Nin in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln! Am Sonnabendnachmittag wurde amtlich mitgeteilt: Reichstagspräsident Göring hatte beantragt, daß eine Unter- r e d u n g zwischen dem Herrn Reichspräsidenten und den Vertre- tern der nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei, des Zen- trums und der Bayerischen Volkspartei stattfinden möge. Hier- mit hatte sich der Reichspräsident einverstanden erklärt und die Unter- redung aus Dienstag anberaumt. Am Sonnabend hat Herr Göring gebeten, daß die Unterredung schon am Montag stattfinden möge. Auch hierzu hat der Herr Reichspräsident sein Einverständnis erklärt. Am Sonnabendabend jedoch war alles wieder anders. Da wurde folgende Meldung verbreitet: Wie vom Büro des Reichstagspräsidenten mitgeteilt wird, wurden die vom Reichspräsidenten zur politischen Aussprache ge- betenen drei Fraktionen noch am Sonnabend vorstellig, die für Dienstag anberaumte Besprechung er st nach der Aus-

erklärte, die Vereinigten Staaten würden auf keinen Fall die Wiederaufrüstung DeutsHlands ermutigen. Reed habe gleichzeitig die Notwendigkeit der allgemeinen Abrüstung im Sinne des Vorschlags Hoover betont.

Großreinemachen in Spanien . Adelstitel abgeschafft. Madrid , 10. September. (Eigenbericht.) Das spanische Parlament hat Titel und tv ü r d e n der spanischen Aristokratie annulliert. Die spanische Post- Verwaltung wird deshalb Briefe und Pakete nicht mehr bestellen, die als Ausschrist außer dem Ramen auch den Titel eine» früheren Adeligen tragen.

Frankreichs Antwort unterwegs. Vor der Lleberreichung in Berlin .