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Untersuchung oder Farce?

Meinungsstreit der Rationalen  ".

Der sogenannte Polizeiuntersuchungsausschuß des Preußischen Landtags segte die Zeugenvernehmung über die Vorgänge bei der Stageraffeter fort. Aus den Aussagen des Polizet­oberleutnants remer ist folgendes bemerkenswert: Reine Be­geisterung, die das Publikum trieb, kann es nicht gewesen sein. Es wurde zum Beispiel einem Polizeibeamten, der als Teil nehmer an der Skagerakschlacht die Ordens schnalle trug, diese abgerissen und auf die Straße geworfen. Durch Eingreifen von Kameraden wurde das Ehren­zeichen dem rechtmäßigen Besizer wieder zugestellt. Es ist ausge­schlossen, daß vor Betreten der Moltkebrüde durch die Wache mit dem Gummifnuppel geschlagen wurde, wie behauptet wird. Ich

Der umgekehrte Bismard.

GÖRING

fönnen."

Brasty

Schach dem Tode!

Der Kampf der Wissenschaft gegen den Scheintod

Zahllos sind jene unheimlichen Geschichten, in denen ein für tot| gehaltener Mensch aufgebahrt wurde und nach einiger Zeit in der Reichenhalle oder unter ähnlich schauerlichen Umständen wieder zu fich fam Wir alle haben solche Geschichten gehört oder gelesen, und so tommt es, daß besonders in Laienkreisen mit dem Begriff des Scheintodes alle möglichen Befürchtungen verbunden sind Scheintodes alle möglichen Befürchtungen verbunden sind jeder Arzt macht in dieser Richtung seine Erfahrungen. Vieles auf diesem Gebiet ist natürlich übertrieben oder falsch dar= gestellt, aber es bleibt bei dem dunklen und rätselvollen Pro blem des Scheintodes noch genug an Tatsachen übrig, um eine Beschäftigung mit dieser Frage wichtig und lohnend erscheinen zu lassen. Gerade aus der letzten Zeit liegt hierüber eine Fülle von interessanten Untersuchungen vor, die deutlich zeigen. daß die Be­deutung des Kampfes gegen den Scheintod bisher vielfach unter schäzt worden ist. Ehe wir aber näher auf diese Frage eingehen, muß zunächst deutlich ausgesprochen werden, daß die unter den Laien fo häufige Sorge vor dem Lebendigbegraben­werden" vollkommen überflüssig ist. Die gefeßlich vorgeschriebene Wartefrist( Aufbahrung) vor dem Begräbnis ver­hindert eine derartige Möglichkeit absolut; sie hat einfach den Sinn, in dem Zeitraum der Aufbahrung die sicheren Todeszeichen( Leichen­starre, Totenflecke usw.) eintreten zu lassen, bei denen eine Täuschung vollkommen ausgeschlossen ist. Wenn wir von einem Kampfe gegen den Scheintod sprechen, so meinen wir also nicht etwa eine Ver­stärkung dieser durchaus genügenden Sicherheitsmaßnahmen, sondern es handelt sich darum, den Uebergang des Scheintodes in den wirklichen Tod zu verhindern. In einem bekannten medizinischen Werke über die Wiederbelebung findet sich zu diesem Problem folgender Sah: Sicherlich verfällt eine große Anzahl von Menschenleben dem Tode, weil im Glauben, der Tod sei schon eingetreten, feine Rettungsmaßregeln mehr getroffen werden." Dieser eine Sazz zeigt wohl schon mit hinreichender Deutlichkeit, wie ungeheuer wichtig diese Frage ist, und welche Bedeutung wir dem Kampfe gegen die unheimliche Erscheinung des Scheintodes zumessen müssen.

In allen Fällen von echtem Scheintod bietet der Betroffene das Bild eines wirklich Toten. Nicht nur der Laie erhält diesen Eindruck, sondern auch der geschulte Arzt kann häufig den Getzt den Nazi nur in den Sattel, reiten wird er schon nicht Scheintod nicht als solchen erkennen durch keine der üblichen Me­thoden läßt sich auch nur die geringste Herztätigkeit nachweisen, und der Atem steht vollkommen still Und doch lebt der Scheintote noch, wenn auch auf einer tieferen Stufe ein Leben auf Widerruf sozusagen, und nur eine begrenzte Zeit hindurch. Neuere Unter­fuchungen haben festgestellt, daß ein lebenswichtiger Teil des Rörpers feine Funktion eingestellt haben fann, trozdem

fann diese Behauptung aufstellen, da ich an der Spize des Zuges der Wache die Brücke betrat.

Auf die Frage eines Ausschußmitgliedes, weshalb am Tage

vorher wohl nicht gerufen und der Polizei Schwierigkeiten ge­macht wurden, erwidert der Zeuge: An dem Tage habe es start geregnet. Dadurch wäre die Stimmung etwas gebrüdt gemejen und die Begeisterung hätte sich etwas gelegt.

Diese Aussage in Verbindung mit den bereits früher gefallenen ergibt aufs neue die völlige altlosigkeit der Aussagen des nationalsozialistischen Zeugen, des Syndikus Jansen. Polizeioffiziere und Mannschaften haben übereinstimmend ausgefagt, daß die Polizei gezwungen war, von der Abwehrwaffe Gebrauch zu machen, als vom Publikum versucht wurde, die Sperrfette gewalt­fam zu durchbrechen und tätlich gegen die Polizei vorzugehen.

Der Polizeimajor Schmerbed beweist an Hand der Zeittabelle, daß die Aussagen des Zeugen Jansen unmöglich stimmen fönnen. Im alten Landtag waren gerade die Deutschnationalen unter Führung des früheren Polizeimajors Bord befliffen, Untersuchungs. ausschüsse   in Gang zu sehen, um Vorgänge in der preußischen Be­amtenschaft mit parteipolitischer Brille betrachten zu können. Jetzt ist ihnen dieser Ruhm durch den auf Veranlassung der NSDAP  . eingesezten Polizei- Untersuchungsausschuß genommen worden. Des­halb hat sich, nachdem dieser Ausschuß vier öffentliche Sigungen ab­

gehalten hat, der Abgeordnete Bord in einem Hugenberg- Blatt heftig gegen den Untersuchungsausschuß und die Methoden dieser Nachprüfungen gewandt. Er meint, das ganze sei nur eine Farce!

In einer Geschäftssigung des Ausschusses griffen die Nazis in

schärfster Form Herrn Bord und die Deutschnationalen an. Es fam zwischen ihnen zu lebhaften Auseinandersetzungen. Mit einer offi­ziellen Erklärung ihrer Fraktion legten die Nationalsozialisten Pro­test und Verwahrung ein gegen das Borgehen von Bord, der angab, daß die in dem Artikel wiedergegebene Auffassung von seiner Partei

gebedt würde.

Sonst wurde die Dienstagfügung ausgefüllt mit weiteren Zeugen vernehmungen wegen der Vorkommnisse bei der Skagerrak  - Kund­gebung. Die Vernehmungen werden in immer weiteren Sigungen fortgesetzt, ohne daß die geringste Gewähr einer einwandfreien Aufklärung gegeben wäre.

Berbote am laufenden Band.

Neue Serie.

Das Verbot von Nazi- Reventlows Reichswart" findet realen Ausgleich in der Unterdrückung weiterer Kommunistenblätter. So hat der Oberpräsident der Provinz Sachsen   die Erfurter tommu nistische Tageszeitung Thüringer Boltsblatt" auf 14 Tage verboten, weil in mehreren Artikeln sowohl die thü­ringische Regierung wie Mitglieder der Reichsregierung ,, beschimpft

und böswillig verächtlich gemacht" worden seien.

Weiter ist Der Syndikalist" in Berlin- Neukölln gleich auf drei Monate verboten und gegen seinen Verantwortlichen ein Strafperfahren eingeleitet worden. Berboten sind ferner Der freie Arbeiter", die Arbeiterpolitit" und die Zeitschrift Spartatus", von deren weiterem Bestehen viele erst durch die Verbotsnachricht erfahren dürften.

Die in Berlin   erscheinenden Zeitschriften Der junge Bolschewit"

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aber noch als lebend bezeichnet werden muß. Eine besondere Rolle spielt diese Tatsache bei dem sogenannten Atmungs sentrum, von dem die Impulfe für den Atmungsvorgang aus­

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gehen. Beim Scheintoten ist dieses Atmungszentrum außer Funktion gefeßt seine Lebensfähigkeit bleibt aber noch lange erhalten. Der entscheidende Punkt bei dem Kampfe der Wissenschaft gegen den Scheintod besteht nun in der Aufgabe, durch geeignete Mittel( künft­liche Atmung usw.) die Tätigkeit dieses Lebenspunktes", wie die Franzosen das Atmungszentrum genannt haben, wieder in Gang zu bringen und dadurch den Scheintod zu überwinden.

Beim Problem des Scheintodes aber drängt sich eine prin­zipielle Frage auf: wie ist es überhaupt möglich, daß selbst der geschulte Arzt mit all seinen Hilfsmitteln nicht einmal einen Toten von einem Lebenden unterscheiden kann? Diese Frage führt uns über die rein medizinische Seite unseres Problems hinaus und zu einer der Grundfragen der Wissenschaft vom Leben überhaupt- zu dem uralten und ewig neuen Rätsel, was Leben" eigent= lich sei und wodurch es sich vom ,, Tod" unterscheide. Nehmen wir als Beispiel folgenden interessanten Fall: vor genau 22 Jahren tötete ein Wissenschaftler bei seinen Experimenten ein Huhn und entnahm dem Herzen des Tieres einige Zellen. Er setzte sie bestimmten Bedingungen aus, die ihnen auch außerhalb des Körpers ein Weiterleben ermöglichen sollten. Der Versuch gelang, die Zellen blieben leben, vermehrten sich durch Teilung usw., furz sie zeigten die gleichen Erscheinungen, die wir von diesen Zellen auch im lebenden Körper kennen. Das war vor 22 Jahren. Inzwischen hat man die Zellen weitergezüchtet... und sie leben heute noch genau so wie damals, während das Huhn, dem sie entnommen wurden, inzwischen schon längst auf natürliche Weise gestorben wäre!

Was für einzelne Zellen gilt, läßt sich unter Umständen auch für ganze Organe erreichen: man fann bekanntlich Froschherzen herausschneiden und längere Zeit in Nährflüssigkeiten schlagen lassen, ja sogar bei einem Embryoherzen ist das kürzlich unter besonders günstigen Bedingungen 36 Stunden hindurch gelungen! Es gibt sozusagen eine Stufenleiter des Todes das höher organi­sierte Lebewesen erliegt notwendig dem natürlichen Tode, einzelne Teile seines Körpers dagegen nicht unbedingt, für sie ist der Tod fein zwingendes Attribut des Lebens. Und auf der unteren Stufe der Organismen, im Reiche der Einzeller, scheint fogar der gesamte Körper( die Zelle, in der sich alle Lebensfunktionen vereinigen) an sich unsterblich zu sein; man hat gewisse Arten von Einzellern schon Jahrzehnte hindurch gezüchtet, ohne daß sich irgendwelche Altersschädigungen bemerkbar machten. Amerikanische Forscher wollen sogar in gewissen geologischen Schichten derartige Lebewesen gefunden haben, deren Alter auf Millionen von Jahren zu veran­schlagen ist!

Diese wenigen Beispiele zeigen schon deutlich genug, wie fließend

die Begriffe lebend und tot" ineinander übergehen. Jezt verstehen wir auch, daß das Problem des Scheintodes in Wirklichkeit viel tiefer liegt, als es zunächst den Anschein hat.

Dr. W. Hoffmann.

ber beutschen Schuljugend zusammengestellt: Deutsche  Entwurf zu einem sozialen Museum. Märsche". Der Schulfunk ist bekanntlich eine Einrichtung, die be­Die Sammlung Bürg von Krüppeldarstellungen. sonders den Lehrplan entlegener ländlicher Schulen bereichern soll. ,, Deutsche Geschichte, dargestellt in 9 Militärmärschen, ist das nicht Ein Arzt, der dem Gegenstand seiner speziellen Betreuung ein Thema, über das man nachdenken kann?" hieß es in den ver­menschlicher Gebrechen in ber bildenden Kunst nachspürt und ihre bindenden Worten. Die Sendung tat es auf ihre Weise. Den Nachbildungen seit dem Altertum sammelt, zur eigenen und der Bariser Einzugsmarsch erklärte sie als ein helles Bild Porter, Die Gendtätte Bild Allgemeinheit Belehrung: welch besonderer und erschütternder Fall Deutscher Bergangenheit", ein Barademarich flang dem Redner start non Sammelleidenschaft! Hans Bürg, Direktor des Ostar­Helene- Heims in Dahlem  , hat ein solches Museum menschlichen wie Orgel". Ist es ein Wunder, daß viele Lehrer in der Proving werke, meist Graphiken, auch Zeichnungen, Delbilder, Kleinstulpunt it unde zu entdecken. Es gab eine Bücher stunde Bom Elends in erstaunlichem Umfang zusammengebracht: 5000 Runst- uns voller Empörung über diese Sendung schrieben? Ein kleiner Lichtschein war im Programm der Berliner  turen und Reproduktionen nach Darstellungen menschlicher Krüppel. Funk stunde zu entdecken. Es gab eine Bücherstunde Bom Krieg zum Frieden"; Referent Dr. G. Hermann. Ihr Das Oskar- Helene Heim will den Krüppel zum normalen Wuchs Titel war eindringlicher als ihr Inhalt; doch die Ausführungen be­zurückführen und ihn der Arbeit wiedergeben. Die Sammlung von wiesen bei aller literaturkritischen Einstellung dem Stoff jedes Buches Lektüre eines bestimmten Wertes; er bekam aber über alle besproche­völlige Objektivität. Der Hörer empfing teine Empfehlungen für die nen Bücher einen ausreichenden Ueberblick, um sich das für ihn -lz.

vieltausend Darstellungen Mißgestalteter stellt eine einzige Recht­fertigung dieser schönen humanen Aufgabe dar und zugleich ihr höllisches Gegenstüd aus der Vergangenheit.

Man kann hier sehr vieles lernen: wie seit Urzeiten die

bedeutendsten Künstler sich zu den unheimlichen Mißbildungen

hingezogen fühlten und niemals aufgehört haben, das Teuflische in der Schöpfung dem Ebenbild der Gottesfchönheit entgegen­zustellen. Wie man sich in der Gesellschaft zu den Mißgebildeten gestellt hat: mit Abneigung, Hohn und dem Bewußtsein der Ueber­legenheit( Gipfel: der Hofnarr der Fürsten  ); mit Demut und Liebe, in den Wunderheilungen und der christlichen Charitas; mit grau­famer Neugier, da wo sich Berkrüppelte dem Böbel zur Schau stellen mußten; und schließlich mit dem Pathos sozialer Anklage, die feit Callot   und Goya   bis zur Gegenwart von Dir, Groß und Zille Krieg, Kapitalismus   und andere Greuel der Gesellschaft als Schulbträger für diese menschlichen Leiden angeprangert hat.

Man lernt in dieser unerschöpflichen Schau aber auch tiefere und feinste Unterscheidungen machen in der psychologischen Beur­teilung menschlicher Fähigkeiten: wie aus leichteren ober schweren Abweichungen von der Norm geniales Schaffen, Geschichtswende, Erfindungen und auch Greuel jeder Art ihren heimlichsten Ursprung fanden. Wie aus Minderwertigkeitsgefühlen förperlicher oder feelischer Herkunft der Ehrgeiz, es zu etwas Besonderem zu bringen, entstanden ist, zeigt die Geschichte auf jeder Seite, von Alexander dem Großen bis zu Richard III.  , Napoleon und Wilhelm II.  Dieser wahrhaft geistreiche und bedeutende Beitrag zur Mensch­heitsgeschichte ist in seiner gegenwärtigen Gestalt nicht auszuschöpfen. Die Sammlung von Direktor Würg fann in ihrer provisorischen Aufstellung in 10 Räumen des Ostar- Helene- Heims niemals der Deffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Sie muß, um ihre Werte zu entfalten, von Stadt oder Staat übernommen, museumstechnisch aufgestellt und der Allgemeinheit zum Studium geöffnet werden. Gs dürfte nicht schmer sein, die nötigen Räume und die Museums­organisation zu finden. p. f. sch.

und Der Agitator" sind mit sofortiger Wirkung bis zum Nationalfonzentrierte Zwangserziehung

12. März 1933 einschließlich(!) verboten worden. Be­gründet wird dieses Berbot mit schwerer Beschimpfung" und bös­willigen Berächtlich machung" der Reichsregierung.

Der Oberpräsident der Provinz Ostpreußen   hat die Preußische Zeitung  "( nationalsozialistisch) in Rönigsberg auf die Dauer einer Woche verboten, weil in der Zeitung der Reichsregierung Ber faffungsbruch vorgeworfen wird.

Auch die nationalsozialistische Neue Kreiszeitung" in Bad Liebenwerda   ist, allerdings nur auf fünf Tage, verboten worden, und zwar wegen eines Artikels über das Beuthener Urteil.

Im Blanetarium am 300 läuft Berge in Flammen", ein Film aus den Dolomiten. Im Hintergrunde bes Filmes stehen die gewaltigen Berge der Alpen und der Kampf um Tirol. In affconomischen Vorprogrami wird das Thema Sternenschid sal" behandelt.

"

,, Auf vielfachen Wunsch", wie der Rundfunk den Hörern mit teilen mußte, ging Herrn von Papens auf Wachsplatten tonjer vierte Rede zum zweitenmal über alle deutschen   Sender. Die günstigste Abhörzeit für den werttätigen Hörer war damit in ganz Deutschland   auf Leerlauf geschaltet. Daß die bisher für die Stunde der Regierung" vorgesehene Rundfunkzeit zwischen 7 und 8 Uhr abends von Herrn von Papen zwischen 7% und 8% Uhr ge­legt wird, hat zur Folge, daß von den programmäßigen Abend darbietungen rücksichtslos ein Stück herausgeschnitten wird, so am Montag die erste Hälfte von Cavalleria rusticana  ".

Was den Erwachsenen genommen wird, wird den Kindern ge­geben: Rundfunkunterhaltung. Der Schulfunt der Deut chen Welle trägt nach besten Kräften dafür Sorge. Er über nahm aus Hamburg  ( dieser Sender verdient überhaupt besondere Beachtung) eine Beranstaltung, so recht für das Herz und Gemüt

geeignete selber aussuchen zu können.

Helene Ackermann: ,, Neue Frauen".

Kleines Theater.

Eine Wiener Schriftstellerin hat von der gefälligen, wenn heute auch schon überlebten Plauderkunst ihrer Landsleute gelernt. Sie benugt diese Fähigkeit, um Probleme der Liebe und Ehe zu erörtern. An einem Pfarrer, deffen Lebenszweck die Hebung gefallener Mädchen ist, zeigt sie die Schwierigkeit des Unterfangens. Der geiſt­liche und gütige Herr wird innerlich zerrissen von der legitimen Battin, die ihn in die Tiefen des sehr Alltäglichen, des mangelnden Wirtschaftsgeldes und des Kindergeplärrs hinabzieht. Die Bakterio­login Fräulein Dr. Lustig will ihn dafür in ihrem Schlafzimmer trösten, was aber nur vorübergehend gelingt. Denn er empfiehlt das Heiligste für die Gattin des Seifenfabrikanten Johann Lug, ohne allerdings viel mehr als oberflächliche Sympathie bei dieser dem kompromittierenden Ehebruch abgeneigten Dame zu gewinnen. Schließlich kehren alle beteiligten Paare zu ihrer durch Zank und Versöhnung ausgefüllten Legitimität zurück. Das ist alles zu wahr, um schön, zu schön, um wahr zu sein. Festgestellt werde aber die Schlagfertigteit eines brauchbaren Theaterbialogs.

Die Damen West, Krahn und Kolman, die Herren Stoeger und Ludwig zwingen die dankbaren Rollen. Man entdeckt wieder, daß viele Talente in Berlin   nicht ausgenutzt werden fönnen, weil die Zufallsdirektoren nicht stabil sind und auf jede Ordnung ihres Geschäfts und ihrer Kunst längst verzichteten. M. H.

Das erste populäre Philharmonische Konzert. Wieder steht Profeffor Brüder am Bult, wieder musiziert as Bhilharmonische Orchester. Als würdiger Auftakt

des beginnenden Musikwinters klingen Bach, Brahms  , Beet­ hoven   feierlich durch den Raum: der aber ist halb leer, während in früheren Jahren jedes einzelne dieser populären und überaus preiswerten Konzerte bis auf den legten Plaz besezt gewesen war. Ein guter Dirigent, eins der besten Orchester der Welt, die be­währtesten Werke, die man sich denten tann finden sie bei Preisen von 50 Pf. bis 1,20 m. wirklich nur mehr ein so schwaches Echo? Steht die Mufit so tief im Kurs oder ist auch der Preis noch zu hoch, zu unerschwinglich für die, die ihr treu ge­blieben sind und Sehnsucht haben nach ihrem lebendigen Erflingen? Schwer zu entscheiden; es ist auch noch sehr früh im Jahr. Es wäre aber traurig, wenn so hochwertiges Angebot ohne Nachfrage, wenn solche Mufit ohne Gemeinde bleiben müßte; wenn die steigende Flut der Not die letzten Brücken abzureißen vermöchte, die uns verbinden mit dem Reich der Phantasie. A. W.