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Eine Komödie der Moralheuchelei Ludwig ThomasMoral" im Komödienhaus

Das Komödienhaus am Schiffbauerdamm wird wieder eröffnet Der neue Direktor ist B a r n o w s k y, der tüchtige Bühnenmann, der sich durch schwierige Zeiten 25 Jahre stets zu unserer Freude wieder heraufgearbeitet hat. Das ganze Haus ist frisch gestrichen, mit Grün, der Farbe der Hoffnung. Es ist ein etwas mattes Grün. Ludwig ThomasMoral" wird gespielt, die Satire, die auch schon etwa ein Vierteljahrhundert alt ist, die Blasphemie aus dem Obrigkeitsstaat von Anno dazumal und feine Stützen, denen zum Schluß etwas Wunderbares passiert. Die Hauptperson wird in den Adelsstand erhoben, persönlich oder erblich, es wird nicht ganz klar. Klar wird allein, daß die ganze Hautevolee der kleinen Residenz eine höchst ergötzliche Heuchlergesellschast ist. Alle, die im Sittliche keitsverein die höchsten Volksbelange schützen, sind Stamm- und Ehrengäste jener Person, die des Erbprinzen Adjutant eine hoch- anständige nennt. Und diese Perjon kuppelt. Als das Kupplcrnest ausgehoben wird, muß sich der Erbprinz in dem Kleiderschrank der Person verstecken Und wegen dieses kronprinzlichen Mißgeschicks kommt an den Tag die herrliche Blamage des Polizeipräsidenten, des Herrn Polizeiassessors, des Herrn Rentier und Reichstags- kandidaten,(konservativ-liberale Koalition) des Herrn Oberlehrers. (Die Deutschen sind das einzige Bolk, das sich mit nur einer Frau begnügt. Zitat nach Tacitus .) Die Moral enthüllt also nicht etwa die Unmoral. Vielmehr bleibt die Unmoral das beneidenswerte Sonderrecht der begüterten Familien. Barnowsky hat das Stück schon einmal inszeniert. Der Erfolg von 1910 soll den von heute garantieren. So wird das Gesetz des Fortschritts aufgefaßt. Barnowsky hat das Stück sogar sehr bunt und lustig inszeniert. Denn solche Komödien, die nicht die Faust- Grabbe-Probleme, an die er sich so gern ehrgeizig wagt, lagen ihm stets am besten. Ohne Uebertreibung werde heute auch noch einmal zu Ludwig Thoma in die Unsterblichkeit hinüber gesagt, daß er genau wußte, was er wollte. Er kannte das Theaterhand- werk, und die Gesinnung überwucherte niemals sein Talent. Im Komödienhaus wird heute wieder dokumentarisch und auch ergötzlich klar, daß 1919 und 19Z2 gleiche Theaterdaten sind. Auch die Barnowskysche Aufführung Hot neben dem wohlkonservierten Kulturstil den noch besser konservierten Bühnenstil: die dicke Wirkung

wird durch starkes Chargieren gesucht. Dafür sind charakteristisch die Darsteller, wie S a l f n e r, Norbert Schiller , Gülstorfs Steinbeck, Lingen , Hilde Hildebrandt Eine Type für sich, mehr mit Ueberlegenheit geladen als auf Uebertreibung ver- sessen, ist dann Wa l l b u r g. der Hauptheuchler Er sts�t dem Leben näher als dem Komödiantentum. Ohne sich zu übernehmen, holt er eine Menge Komik aus seinem drolligen Naturell. Karl E t l i n g e r versucht hingegen, auch in seine dankbare Charge ein Dämonentum hineinzubringen, an den der brave Satiriker Ludwig Thoma gar nicht dachte. Dieser so fröhlich wirkende Mischmasch, den der ehrgeizige Direktor noch zu seiner gleichmäßig disziplinierten Truppe gestalten möchte, gefiel sehr. Es knallte das Beisallsgetöse. _ Max Hodidorf. Gehnsucht 202". Gloriapalast. Ein sehr geschicktes und gescheites Manuskript, das gleich drei Väter hat(Cube, Preßburger, Fartas), einfallsreiche Regie(Max N e u s e l d), prächtige Kameraarbeit, sehr sauber ge- machte, überaus geschmackvoll montierte Musik von Richard Fall , die nirgends auffällt, nirgends aus dem Rahmen fällt oder gar sentimental wird. All diese Kräfte in schönem und wie absichtslosem Gleichgewicht das gibt einen Film, der sich sehen lassen kann, bei dem man wie nur selten guter Dinge wird Inhaltlich ist es eine nette Verwechslungsgeschichte rings um die allgemeine Pleite: Fritz Schulz und Rolf van G o t h sind die angstbebenden bankrotten Chefs, Paul K e m p ihr Angestellter, über den man Tränen lachen muß; Magda Schneider und Luise Rainer die zum anmutigen bapp/ end nötigen anmutigen Partnerinnen (Hans T h i m i g endlich in kleiner, sedoch sehr wichtigen Beamten- rolle) alle sind sie aufs beste ausgewählt, ganz an ihrem Platz und glänzend in Form. Die musikalischen Miniaturformen(ein kleines Ouartett, kleine Chöre, reizende Soloschlager, wieSchatz ich bin in dein Parfüm verliebt") klingen mit ihrer filmischen Lösung oder wenn man will, die Bildszenen mit ihrer musikalischen aufs beste zusammen das pausenlose Tempo, das schwerlose Weiterschwingcn des Ganzen ist eine seltene Freude. v-.

Der Llrsprung des Konflikts. Aus dem Stenogramm der letzten Reichstagssitzung. Das nunmehr vorliegende amtliche Stenogramm der letzten Reichstagssitzung verzeichnet nach Wiedereröffnung der Sitzung an der umstrittenen Stelle folgendes: Präsident G ö r i n g: Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist wieder eröfsnet. Nachdem sich vorhin kein Widerspruch gegen die neue Tages- ordnung geltend gemacht hat, kommen wir jetzt zur Abstimmung über die Anträge Torgler . Wir stimmen ab.(Abg. Torgler: Nament- lich, Herr Präsident!) Die Abstimmung ist namentlich.(Andauernde große Unruhe.) Ich bitte um Ruhe. Wer positiv für die Anträge Torgler abstimmt, gibt eine Karte mit Ja ab, wer dagegen stimmt, eine Karte mit Nein. Die Abstimmung hat begonnen. (Lebhafter Beifall bei den Kommunisten. Andauernde große Bewegung im Hause. Reichskanzler von Papen legt aus den präsi- denkentisch ein Schriftstück nieder und verläßt mit den Mitgliedern der Reichsregierung den Saal. Rufe von den Kommunisten: Nieder! Glocke des Präsidenten.) Meine Damen und Herren! Wir müssen die Abstimmung durchführen. Wir waren bereits in der Abstimmung. Ich muß zuerst die Abstimmung durchführen, bevor ich andere Maßnahmen treffen kann.(Große Unruhe und Zurufe.) Meine Damen und Herren! Damit kein Irrtum obwaltet: Ihre beiden Anträge Nr. 118 und 119, Herr Torgler , waren doch zur ge- meinsamen Abstimmung gestellt?(Zustimmung.) Also wird gleichzeitig über das Mißtrauensvotum auf Nr. 44 mit abgestimmt. (Die Abgabe und Einsammlung der Stimmkarten erfolgt.) Meine Herren, ich bitte, auch während der Abstimmung die Ruhe zu bewahren, damit die Abstimmung rasch durchgeführt werden kann. Abgeordnete, die ihre Karte noch nicht abgegeben haben, bitte ich, das hier nachzuholen. Die Abstimmung ist geschlossen. (Das Ergebnis wird ermittelt.) Meine Damen und Herren! Ich verkünde dos Ergebnis der namentlichen Abstimmung. Es wurde abgestimmt über die verbun- denen beiden Anträge, die Notverordnungen aufzuheben, sowie dem Gesamtkabinett von Papen das Mißtrauen auszusprechen. Der stenographische Bericht verzeichnet dann die Mitteilung des Abstimmungsergebnisses sowie alle übrigen bekannten Ausführungen des Präsidenten bis zu dessen Schließung der Sitzung. Aus einer Anlage ist in der üblichen Form die Stimmabgabe der einzelnen Abgeordneten zu entnehmen.

Vorstoß gegen Bracht! Sozialdemokratischer Antraq in Essen . Essen, 16. September. Die für Freitag einberufene Essener Stadtverordnetenver- sammlung wird sich mit dem folgenden sozialdemokratischen Antrag zu befassen haben: Durch die Beteiligung an dem Kabinett Papen hat sich der Oberbürgermeister in schroffen Gegensatz zur Mehrheit der Essener Bevölkerung gestellt, so daß bei einer evtl. Rückkehr von seinem Urlaub nach Essen von einem Vertrauens- Verhältnis zwischen Bürgerschaft und ihrer Vertretung, der Stadt- verordnetenversammlung, nicht mehr gesprochen werden kann. Die Stadtverordnetenversammlung billigt nicht den Beschluß des Ver- sassungsausschusses auf Beurlaubung des Oberbürgermeisters Bracht bis zum 31. Dezember 1932. Sie hebt diesen Beschluß auf. Die Stadtverordnetenversammlung ersucht ferner den Oberbürgermeister Bracht, mit sofortiger Wirkung auf seinen Posten als Oberbürger- mcifter zu verzichten. Die Neuwahl eines Oberbürgermeisters ist mit Beschleunigung durchzuführen." Aazi-Hellseher vor dem Arbeitsgericht. Verwandte Seelen streiten sich. Der Hellseher H a n u s s e n hatte für ein von ihm heraus- gegebenes WochenblattB. W. " einen Artikel geschrieben, worin er astrologische Berechnungen über die Zukunft Hitlers an- stellte und dem Naziführer einen großen Erfolg prophezeite. Der Chefredakteur Lenz , der wohl etwas mehr Sinn für Vernunft hatte als sein Meister, hielt es für angebracht, die von Hanussen verfaßten Seltsamkeiten etwas zu mildern. Er strich des- halb einigePerlen" aus dem Artikel und gab ihn in Druck. Hanussen, empört über die Verstümmelung seines vermeintlich von höheren Mächten" beeinflußten Werkes, stellte Lenz zur Rede. Dieser bestand aus den von ihm vorgenommenen Aenderungen und erklärte:Ihre idiotischen Anordnungen befolge ich n i ch l, machen Sie Ihren Kram allein." Als Hanussen noch weiter auf Lenz einredete, drohte ihm dieser mit Ohrfeigen, ging hinaus und kam nicht wieder. Obgleich Lenz selber seine Stellung fristlos ausgegeben hatte, klagte er beim Arbeitsgericht auf Schadenersatz mit der Begründung, der Streit wegen des Artikels sei nur der Tropfen, der das Faß zum Ueberlaufen gebracht habe. Er habe die Rcdok- tian nicht weiterführen können, weil Hanussen, obgleich er ein ge- borener Jude sei, übertrieben nazisreundlich eingestellt sei. Damit solle jedoch nicht gesagt sein, daß er, Lenz, gegen die NSDAP , an sich etwas einzuwenden habe. Das Gericht wies die Klage ob mit der Begründung, die nazifreundliche Einstellung Hanussens sei ja dem Kläger schon bei seinem Eintritt in die Stellung bekannt gewesen, er könne also daraus keinen Grund zur fristlosen Aufgabe der Arbeit herleiten. Wenn der Kläger daran Anstoß nehm«, daß Hanussen als geborener Jude die Nazis umwerbe, so müsse darauf hingewiesen werden, daß ja der Kläger gegen die nationalsozialistische Partei nichts cinzu- wenden habe, obgleich auch er, der Kläger , ein geborener Jude sei, der Levi hieß und erst nach der Taufe den Namen Lenz ange- nommen habe. E n Jubiläum der S�raßenbe'euchtung. Als in der Nacht zum 16. September 1882 die Berliner vom Potsdamer Platz durch die Leipziger Straße nach Hause wanderten, waren sie erstaunt über diestrahlende" Beleuchtung, Es war auch wirklich«ine ungeheure Lichtfülle wenigstens für damalige Verhältnisse, die jede dieser Lampen ausstrahlte. 899 Kerzen gab eine Ziemens-Disferential-Bogenlampe her und ersetzte dadurch zwei bis drei cer alten Gaslampen. Heute können wir dieses technisdie Jubiläum, dieGrundsteinlegung zur Lichtstadt Berlin", begehen.

Tas Museum siir Naturkunde ist aus Mangel an Mitteln gezwungen, bis auf weiteres die ösfentlickten und unentgeltlichen Mittwachabendvorträgc sowie die wechselnden Ausstellungen eingehen zu lassen. Aus dem gleichen Grunde kenn da-. Mnicum anw nicht mehr an den Abendsninden und Sonntags bis in die illachmittagsstunden geöffnet werden. Tas Museum wird während des Winterhalbjahres täglich mit Ausnahme von Dienstag und Freitag von 19 14 Uhr geöffnet sein,

Helene Simon 70 Lahre. Dr. Helene Simon hat keine wissenschaftliche Vorbildung, ihr Doktor ist ehrenhalber, verdient durch wissenschaftliche Erforschung der sozialen Not und der Mittel, ihr abzuhelfen. Die Bedeutung, die sie für uns hat, beruht in ihrem leidenschaftlichen Kampf für die soziale Reform. Die moderne Wohlfahrtspflege ist ohne die Vor- arbeit von Helene Simon undenkbar. Sie hat schon 1993 in ihrer SchriftRobert Owen , Sein Leben und seine Bedeutung" ein Bild vom Wesen der modernen Wohl- fahrtspflege entworfen. 1912 hat sie das Buch der Webb,Ver- h ü t u n g d e r A r in u t", übersetzt, das zum erstenmal den Mängeln der alten Armenpflege die Aufgaben der modernen Wohlfahrtspflege gegenüberstellte. Die Arbeiten der Webb hat Helene Simon in Deutschland fortgeführt. 1995 hat sie einen leidenschaftlichen Kampf um die Einführung des Schulfrühstücks geführt, das für die Leistungsfähigkeit der Volksschule unentbehrlich geworden ist. Ihre Arbeit im Arbeitsausschuß für soziale Fürsorge für Kriegerwitwen und-waisen, den 1917 derDeutsd)e Verein für öffentliche und private Fürsorge" gründete, hat der Für- sorge für die Kriegsopfer, namentlich der für die Witwen und Waisen des Weltkrieges in Deutschland den entscheidenden Antrieb gegeben. Was Helene Simon in der Borkriegszeit durchdacht und geplant hatte, konnte sie nun durchführen, eine Fürsorge, die vor Armut bewahrt und der jungen Generation Erziehung zu Beruf und Leben gibt. Viele Schriften aus dieser Zeit zeugen von chrer Arbeit. Sie gehört nock) heute dem amtlichen Reichsausschuß für Kriegs- beschädigten- und Kriegerhinterbliebenenfürsorgc an. In der letzten Zeit hat Helene Simon , allen Widerständen zum Trotz, allerdings bisher vergebens, versucht, einen Schutz der Kinder, die in der Landwirtschaft arbeiten, herbeizuführen. Dagegen ist es ihr gelungen, Hilfsmaßnahmen für Kinder wandernder Landarbeiter einzuführen. Helene Simon ist Parteigenossin und eifrige Mitarbeiterin der Arbeiterwohlfahrt. Hier ist sie allen eine wertvolle Lehrmeisterin, nicht nur durch Wissen und Erfahrung, sondern vor allem durch die Leidenschaft, mit der sie sich für eine bessere Welt einsetzt. Wir wünschen Helene Simon , daß ihr noch viele Jahre Arbeit zum Wohle der Arbeiterklasse vergönnt seien. Höchste Eisenbahn" Das neue Reportoire des Tingel-Tangel. Es ist gewiß kein neuer Gedanke, die Zeitereignisse unter dem Sammelbegriss der Eisenbahn mit ollem, was dazu gehört, zu betrachten. Auf eine ähnlidze Idee sind schon die alten Prediger verfallen, die ja ihrem Publikum auch immer etwas Neues bieten mußten. Wenn ich mich recht besinn«, habe ich auch einmal eine Predigt gelesen, über das Leben des Christen in Gestalt einer Reise in der Pastkutsdie. Aber Friedrich Holländer , der Brettl- universalist, hat in seinen pointierten Texten und seiner packenden Musik, nicht minder wie in seiner Regie so viele Einfälle und er- freulicherweise auch so viel Ausfälle, daß sein Publikum er hat wirklich ein ihm zugeschworenes Stammpublikum bei dieser Eisenbahnreise nicht aus dem Atem kommt und sich prachtvoll amüsiert. Man sitzt in einer Wartehalle, wird von Eisenbahnpersonal ge- führt und bedient und schaut gespannt aus die Eisenbahnvorgänge der kleinen Bühne, aus der Pid E l k i n s das Unmöglichste an Ausstattung möglich macht. Schon packt uns Holländer(selber am Flügel) mit den Rhythmen des fahrenden Zuges. Zwei blinde Passagiere stellen die Verbindung zwischen den einzelnen Gliedern her, und nun gehts los mit einer Bahnhofsszene in Rom . dem 16 andere folgen. Das Ganze wird zusammengehalten durch Holländers Musik, aus deren Geist alles geboren ist. Natürlich sind nicht alle Nummern gleich gut. Der zweite Teil ist etwas schwächer als der erste und an den Schluß des Ganzen sollte die Schlußnurmner des ersten TeilsH ö ch st e Eisenbahn" treten. Denn die ist wirklich packend, eine Fanfare, die ins Publikum schmettert, aktivistischer Geist des Ausbegehrens und des kraftvollen Zupackens. Wie immer pflegt Holländer alle Tonarten des Lustigen, des Ironischen, des Satirischen . Im Ganzen ist er diesmal etwas zurückhaltender, sozu-

sagen publikumsmäßiger, wenn auch die politischen und sozialen Pointen keinesweg fehlen. Außer bewährten alten, ist auch eine Menge neuer Kräfte am Werk. Heinrich G r e t l e r bewährt sich in mancherlei Rollen. Sein bestes gibt er im Wartesaal und als Schwyzer Dütsch sprechender Fremdenführer in der Schluß- nummer. Mit urkräftigem Temperament setzt sich Kate Kühl in Szene, die symbolisch gemeinte Notbremse(die meisten Szenen sind natürlich symbolisd) auszulegen) und die bis zur Tollheit ge- steigerte Auskunst sind außerordentlich schlagkräftig. Hubert von Mayerinck, vielseitig und wendig, hat ein paar Spezial- nummern: �Reiselektüre und Reisebekanntschaft(mit Marianne Stanior ), ganz exzentrisch ist die NummerW arm und K a l t". Die gelungensten Ensemblenummern sindDer Song derTräger" das sächsisch-englischeD i e F r e m d e n k o m m e n" und vor allein dasBalett der Verbot e". In dem letzteren feiert die Illklust wahre Triumphe. Die alberne Sucht der Deutschen alles zu verbieten, wird hier aufs köstlichste parodiert, in einer Art, die selbst schon wieder verbotsfähig ist. Hollaenders starke Begabung, sich seder Situation musikolisd> anzupassen, macht sid) immer wieder geltend. Neben den kraftvollen Rhythmen gelingen ihm auch reine musikalische Köstlichkeiten wie der FoxtrottReizend". Im einzelnen wären noch viele Leistungen zu würdigen.Im engen Seitengang" wimmelt es von versänglichen politischen Anspielungen, die immer rechtzeitig ab- gebrochen werden.Die Hochzeitsreise" und dieStroh­witwen" mit Hedi S ch o o p an der Spitze des Balletts sind voll bester Laune. Und so kann man denn diese Eisenbohnfahrt getrost jedermann empfehlen. D. Darf ich heiraten?" Lehrspiel auf der Deutschen Welle. Die Deutsche Welle bradste ein LehrspielH e r r D o k t o r, darf id) heiraten?" von Dr. med. Dr. phil. R a t h m a n n zur Aufführung. Diesem Lehrspiel liegt eine unzweifelhaft gute und nützliche Absidst zugrunde. Gerade heute, wo die Aufzucht von Kindern von Familie und Allgemeinheit besondere Opfer fordert, ist es von größter Wichtigkeit, daß in all« Kreise des Volkes Aus- klärung darüber getragen wird, wie man kranken Nachwuchs ver- hindert, gesunden gewährleistet. In diesem Sinne zu wirken, dürfte dem Lehrspiel allerdings nur i» recht geringem Maße gelungen sein, da es sein widstiges Thema viel zu sehr mit unwesentlichem Beiwerk überdeckte. Das Wirken der Eheberatungsstellen, ihre Bedeutung gerade für cugenische Fragen kam dabei zu kurz. Selbst die Be- deutung der energischen Problem« für die einzelne Familie traten wenig deutlich hervor. Die Schilderung, daß zwei erblich schwer belastete Eltern nur geistig minderwertige Kinder hervorbringen können, wird ein anscheinend crbgesundes Brautpaar kaum veran- lassen, für sich selber die Aufsudzung einer Eheberatungsstelle für notwendig zu halten. Umgekehrt wird die flüchtige Andeutung, daß in der Eheberatungsstelle aud) von einer Ehe abgeraten werden kann, manche geradezu von ihrem Besuch abschrecken naturgemäß gerade viele von jenen, denen er besonders anzuempfehlen wäre. Hier hätte viel mehr von der Feinarbeit der Eheberatungsstellen gezeigt werden müssen. Bor allem hätte den Hörern deutlich ge- macht werden müssen, daß die Arbeit, die die Eheberatungsstellen für gesunden Volksnachwuchs leisten, auch darin besteht, daß sie Familien, in denen kranke Nadzkommen mit Sicherheit zu erwarten sind, über Geburtenverhütung ausklären und zwar nicht erst, wie das Lehrbeispiel glauben machen könnte, wenn bereits sechs verblödete Kinder und vier Fehlgeburten zu verzeichnen sind. Der Stosf dieses Lehrspiels hätte zweifellos spannender und mißverständlicher in einfadzen Dialogen in einer Eheberatungsstelle vor den Hörern ausgebreitet werden können. lz. Der Verdi-Zyklus der Städtischen Oper wird durch eine Neuinszenie- rung desM asken balle s" lZ9. September ) erweitert. Musikalische Leitung: Fritz Busch -Dresden , a. G.; Inszenierung: Carl Ebert . Der neue Elisabeth-Bergncr-Film wird Sonnabend um 11.30 Ubr im Capital als Nachtvorstellung gegeben, bestimmt für alle, die beruflich ver- hindert sind, eine frühere Vorstellung zu besuchen. Tie Ausführung derJunggesellen", die für heute im Kleinen Theater angesetzt war, ist aus Dienstag verschoben.