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Folgen deutscher Abwesenheit.

Man hofft noch auf Einigung mit der deutschen Völkerbundsdelegation.

Genf , 22. September. ( Eigenbericht.)

Büro der Abrüstungstonferenz hat am Donnerstag in zwei Sigungen die praktische Erledigung seines Arbeitsprogramms durchberaten. Mit der Erledigung der mefent­lichen Fragen wurden die Kommissionen betraut. Der Rest wurde vertagt bis nach der Vollversammlung des Völkerbundes, während deren Dauer das Büro seine Arbeiten ausseßt und Prä­fident Henderson nach England fährt.

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Am Vormittag wurde Bourquin Belgien zum Bericht erstatter über die Frage der Abrüstungskontrolle ernannt. Er soll in Zusammenarbeit mit den übrigen Delegationen seinen Bericht nach der Vollversammlung vorlegen. Litwinow vet­langte, daß der russische Vorschlag auf

Beteiligung der Arbeiterschaft in der Kontrollkommission in den Bericht einbezogen werde. In bezug auf die Abschaffung der Luftbombardements wies Madariaga Spanien darauf hin, baß ohne Abschaffung der Bombenflugzeuge gar nichts erreicht

werde. Auch könne ohne Teilnahme Deutschlands die Frage der Zivilluftfahrt nicht entschieden werden. Man vertagte daher die Aussprache hierüber auf Montag in der Hoffnung, bis dahin mit der am Donnerstag in Genf eingetroffenen deutschen Völker­bundsdelegation doch noch zu einer Berständigung über deren Teilnahme an den Büroberatungen fommen zu fönnen. Buero, der Präsident der Landkommiffion, wurde zum Berichterstatter über die Begrenzung der schweren Artillerie und der Tanks ernannt. Die Erörterung der Kontrolle von Waffenhandel und Waffen­herstellung wurde einem Komitee überwiesen, in dem 17 Staaten vertreten find. Da die großen Seemächte sich bisher über irgend­eine Seeabrüstung noch nicht einigen konnten, soll diese Frage vorläufig weiter offen bleiben. Die Seemächte sollen das Büro jedoch auf dem laufenden halten. Dem italienischen Juristen Bilotti wurde die Berichterstattung über das Verbot der chemischen Kriegsführung sowie die Maßnahmen bei Verlegung dieses Verbots übertragen. Endlich wurde der Versuch Litwinows, nunmehr die politischen Fragen als Grundlage jeder Ab­rüstung zuerst zu beraten,

von Sir John Simon sofort erstickt

mit dem von der Mehrheit erleichtert aufgenommenen Vorschlag, während der Tagungspause gewisse Fragen erst einmal durch Ver handlungen zwischen den interessierten Dele gationen zu klären.

Wiederum hat also die deutsche Regierung eine große Gelegen­heit nicht wahrnehmen können, um mit der Darlegung ihres Gleich berechtigungsanspruches vor die Weltöffentlichkeit zu treten. Man versteht die Genugtuung Paul Boncours, mit der er auf die ständige Bereitschaft Frankreichs hinwies, zu jedem gewünschten Zeitpunkt feinen Sicherheitsanspruch öffentlich zu diskutieren, man versteht auch, daß Herriot am Mittwochabend. be­ruhigt nach Paris fuhr, nachdem er sich den Tag über nur in Genf bereitgehalten hatte, sofort in die Debatte über Deutschlands Ab. lehnungsgründe eingreifen zu können.

Schwarzbraunes Schweigen.

Abschwächungsversuch im Deutschen ". Nationalsozialisten und Zentrum haben sich bisher zu den Enthüllungen des Genossen Otto Wels über die schwarzbraunen Koalitionsverhandlun gen mit feinem Wort geäußert. Stattdessen versucht das Organ der christlichen Gewerkschaften, Der Deutsche", am Donnerstagabend die Richtigkeit der Enthüllungen anzu­zweifeln. Es führt zu diesem Zweck einen Verlegenheitstanz auf, der die Absicht des Ablenkungsmanövers deutlich er­fennen läßt und schließlich doch auf eine Bestätigung der Ent hüllungen von Otto Wels hinausläuft.

Tatsächlich sind diese Enthüllungen in feinem Punkt zu bestreiten.

Radikale Maulaufreißer.

Es ist nichts zu dumm...

Das dümmite Zeug wird von der kommunistischen Breffe nicht verschmäht, wenn es gilt, gegen die Sozialdemokratie zu hetzen. Die ,, Belt am Abend" leitet einen gewöhnlichen Reflamefeldzug für Abonnenten mit der albernen Bemerkung ein, die sozialdemokratische Presse und die Sportpalastversammlung seien bemüht, Stüßen der Präfidialregierung zu werden. Nur Leser, die weder einen Blid in unsere Presse werfen dürfen noch die Reden unserer Genossen gehört haben, die überhaupt bar aller politischen Bildung sind, können solchen Quatsch ernst nehmen. Wenn irgend jemand den diktatori schen Mächten in Deutschland Borschub leistet, dann sind es die ,, radikalen" Herrschaften, die gemeinsam mit Nationalsozialisten und Deutschnationalen jede demokratische Regierungsbildung unmög­lich machen. Die Kommunisten beschweren sich heuchlerisch, weil die Sozialdemokratie die Beseitigung von Braun und Severing nicht mit profetarischen Rampfmitteln, mit Generalstreit oder gewalt. samen Widerstand beantwortet hat aber sie selbst haben mit Nazi­und Hugenberg- Leuten diese Minister durch Mißtrauenspoten gestürzt. Erst stürzen und dann bei der Durchführung des eigenen Berlangens generalstreifen, diese Albernheit war selbst den bravsten tommunisti­fchen Kämpfern zu viel.

Sie merken, daß die Welt am Abend" fortwährend zum wirk­lichen, ernsten, tatsächlichen Kampf aufruft, felbft aber nie anders als mit dem Maule gefämpft hat.

Gefängnis für Hochverrat. Wegen des Druds von KPD. - Schriften verurteilt. Der vierte Straffenat des Reichsgerichts verurteilte den Betriebsleiter Müller aus Berlin wegen Vorbereitung zum Hochverrat in Tateinheit mit Unterſtügung einer staatsfeind lichen Verbindung zu einem Jahr acht Monaten Gefäng. nis, während der mitangeklagte Buchdrucker Staedtler mangels ausreichenden Beweises freigesprochen wurde. Beide Angeklagte waren im Betrieb des Buchdruckereibefigers Nowakowig in Neukölln tätig, der wegen Herstellung hochverräte­rischer kommunistischer Kampfschriften bereits vor acht Tagen vom Reichsgericht zu Jahren Festung verurteilt wurde. Nach der Verhaftung von Nowatowig war der Druck des fommunistischen Aufstandslehrbuchs Oktober" in dem unter Leitung des Müller stehenden Betriebe fortgesetzt worden.

Die Nazis wollten Bracht!

Deutschnationale Enthüllungen im Landtag.

In der Donnerstagssigung des Landtags begründete nach der Rede des Deutschnationalen Steuer Abg. Dr. Nicolai( Natsoz.) den Rückzugsantrag feiner Frattion. Dieser lautet:

" Soweit die Reichsverfassung und die Verfassung des Landes Preußen von der am Ruder befindlichen Regierung gemäß dem von ihr beschwrenem Eid geachtet und durchgeführt wird, ist es Pflicht der Beamten und staatlichen Angestellten Preußens, die Verfassung eben falls zu achten und zu schüßen."

Der Redner erklärt, seine Fraktion habe seinerzeit dem kommu­ nistischen Antrag zugestimmt als Warnungandie Regierung, sie solle auf dem Wege der Biegung der Verfassung nicht weiter. schreiben. Die Nationalsozialisten hätten feinen Rückzug gemacht, sie versuchten rur, die Fassung des Beschlusses, die zu Zweifeln hätte Anlaß geben können, durch eine Formulierung zu ersetzen, die feinen 3weifel mehr zulaffe.( Lachen links.)

Darauf werden die Verhandlungen zur Vornahme von Abstimmungen

unterbrochen. Auf Vorschlag des Geschäftsordnungsausschusses wird die Aufhebung der Immunität von Abgeordneten in fünf Fällen versagt.

Auf Antrag des Rechtsanwalts Frank II- München empfiehlt der Ausschuß die Aufhebung der Immunität des Abg. Dr. Braun ( S03.), des früheren preußischen Ministerpräsidenten, zur Durch­führung einer Privatflage Adolf Hitlers . Dieser Antrag wird jedoch mit 200 gegen 197 Stimmen abgelehnt.

Das Haus stimmt dann über zahlreiche Anträge zu Berg werfsfragen ab. Angenommen werden im wesentlichen die Anträge des Handelsausschusses.

Das Haus setzt hierauf die unterbrochene Aussprache fort.

Abg. Bugdahn( Soz.):

Wer den Schmerz des Herrn Steuer, der hier vor einer Stunde zum Ausbruch tam, ganz verstehen will, muß beobachtet haben, Mehrheit, die jetzt errungen sei, zur Schau getragen hat. Herr Steuer

welche Hoffnungsseligkeit Herr Steuer hier wegen der nationalen

hat sich die Erfüllung seiner Sehnsucht aber wohl ganz anders vor­gestellt, als es heute gekommen ist.( Lebhafte Zustimmung.)

Unser Urantrag über den Besuch des Herrn Kerrl beim Reichs­ präsidenten soll ein für allemal flarstellen, daß der Landtagspräfi­dent zu solchen politischen Verhandlungen des Auftrags des Land­tags bedarf. Herr Kerr! hat feinen Auftrag gehabt, beim Reichs­ präsidenten die nachträgliche Billigung der Einsetzung des Reichs­tommissars in Preußen auszusprechen, den Erlaß einer Notverord mung zur Abänderung der Geschäftsordnung zu verlangen und be­stimmte Vorschläge für die Reichsreform zu unterbreiten.

Die Nationalsozialisten beschweren fich jeht so start über den Reich kommissar in Breuken. Dabei hat Herr Kube am Tage der Einsehung des Reichskommiffars in Hamburg davon ge­gesprochen. daß jekt eine neue Enoche in Breuken beginne, nach­dem der Reichspräsident sich entschloffen habe die Herren Braun und Severing abzuservieren".

Herr Rube hat auch gesagt: Jezt kommen wir!" Gekommen ist aber der Besuch des Herrn Kerri beim Reichspräsidenten zur Ein­legung einer Berwahrung gegen den Reichsfommiffor. Herr Lohse hat die eidesstattliche Versicheruna abgegeben, er wisse nichts davon, dak Hitler und die Nationalsozialisten die Regierung Raven gebilligt hätten. Herr Steuer hat es heute aber sehr deutlich herausgelagt, daß die einzigen, die feinerzeit gefragt worden feien, die Nationalioziafiften gewesen sind. Wenn heute her nationalsozialistische Redner erklärt hat, von einem beſtimmten Zeitpunkt an habe seine Graftion nicht mehr mit der Regierung Bapen zusammengehen fönnen. io enthält diese Bemer­fung auch das Befenntnis, daß fie es bis dahin getan hat.

Jedenfalls find die Nationalsozialisten schuld, daß in Breuken jetzt Dr. Bracht regiert. Ohne Sifler fein Bapen und ohne Kube fein Bracht!

Zu den Konflikteanträgen erklärte der Redner, die Erklärung des Abg Dr. Nicolai( Natsoz.), man habe mit dem neuen Antrag eine Formulierung geben wollen, um eine mißverständliche Fassung zu erfeßen, fönne wenig überzeugen. Die Nationalsozialisten hätten eben einem mißverständlichen Antrag überhaupt nicht zustimmen dürfen. Allerdings sei das, was jekt vom Herrentlub und von der Reichsregierung aus diesem Antrag herausfonstruiert werde, an den Haaren herbeigezogen. Bezeichnend sei die Aeußerung der Deutschen Zeitung", der angenommene Antrag erschüttere die Staats­autorität und müsse vom Reichspräsidenten zum Anlaß genommen werden, den Landtag durch Notverordnung aufzulösen. So weit Daraus erkläre sich auch jetzt die Sorge der fei man gegangen! Daraus erkläre sich auch jetzt die Sorge der Nationalsozialisten!

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Die Sozialdemokraten feien aber nur Zuschauer bei dem Spiel, das mit diesem Anfrag getrieben würde. S'e fönnten den Na­tionalfozialisten nur fagen: Sehen Sie nur selbst zu, wie Sie das von Ihnen gefürchtete Schicksal der Auflösung des Landtags ab­wenden können und wollen.

Denn trotz aller starten Worte tönnten die Nationalsozialisten nicht darüber hinwegtäuschen, daß ihre Erklärung gestern und ihr Ver­halten heute diktiert sei von der Furcht vor Neuwahlen auch in Preußen.( Lebhafte Bustimmung bei den Goz.) Die Sozialdemokratie fürchte Neuwahlen in Breußen nicht. Sie werde auch bei diesen Wahlen mit dem alten Kampfgeift, den sie immer aufzuweisen habe, wenn es für die Freiheit der Arbeiterklasse und die Freiheit des Volkes gehe, fämpfen.( Lebh. Beifall bei den S03.) die nichts anderes sei als die Schüßerrolle für die Bapen- Diktatur. Abg. Koenen( Komm.) spricht von der Zuschauerrolle der SPD. , Nur ein politischer Massenstreit, der das Riel der BD. fei, werde die Papen- Diftatur beseitigen.( Lebhafter Beifall bei den Komm.)

Judenjunge".

Der Dant vom Hause Harzburg.

Herr Steuer, der junge Mann Hugenbergs im Landtag, ist feineswegs ein Adonis, er ist erst recht nicht, was sich die Volts­meinung unter einer germanischen Redengestalt vorstellt. Auf einem zu furz geratenen schwammigen Körper, durch einen Fetthals mit diesem verbunden, thront ein Spitschädel mit einem beweglichen Mausgesicht. Die winzigen Aeugelein wandern hin und her, die großen Lippen find meist wie zu einem höhnischen Pfeifen gespitzt. Obendrein hat die Natur ihm noch eine mißtönende Fistelſtimme eingebaut, die schon zu mancher Heiterkeit Ursache gemesen ist. Aber natürlich Der dafür tann Herr Steuer nichts. Landtag hat denn bisher auch stets über seine törperlichen Unzu­länglichkeiten hinweggesehen. Aber am Donnerstag, als Herr Steuer es mit den Nazis verdorben hatte, war es auch mit dieser Schonung vorbei. Wie Herr Lothar Steuer, pfiffig lächelnd das Rednerpult betrat, brandete ihm aus den Reihen der untreu geworbenen Harz­burger. Konkurrenz der Kampfruf entgegen: Judenjunge!"

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Der Präsident Kerrl hörte, wie gewöhnlich, nicht, was bei seiner Fraktion vorging. Dagegen sollen einige jüdische Abgeordnete gegen die Bezeichnung des Herrn Steuer als Judenjunge" lebhaft pro­testiert haben.

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Abg. Bord( Dnat.) betont, daß es sich für die Deutschnationalen darum handle, die Staatsautorität zu festigen, nicht darum, Demo­tratie und Parlamentarismus zu verteidigen. Auch wir sind der Meinung, daß der Landtagspräsident im Namen des Landtags poli­tische Verhandlungen nicht führen kann. Wir bedauern außerordent­lich, daß der Vorsitzende des marristenfreien Präsidiums in diesem aufe es nicht fertiggebracht hat, einem nationalen Redner Ruhe zu verschaffen.( 3uftimmung bei den Deutschnationalen.) Wir sehen darin eine grobe Pflichtverletzung des Präsidenten und stimmen deshalb dem Mißbilligungsantrag zu.

Abg. Stendel( DVp .) erklärt, daß der am 30. Auguft ange nommene Antrag darum so ungeheuerlich gewesen sei, weil hier ein Urteil gefällt wurde, obwohl eine ganz andere Justiz, nämlich der Staatsgerichtshof allein, über Verfassungsfragen zu entscheiden hat.

Abg. Nuschte( Staatsp.) ist der Ansicht, daß Präsident Kerri feine Präsidenterbefugnisse erheblich überschritten habe. Was den Beamtenbeschluß vom 30. August angehe, so handle es sich dabei um ein sehr beträchtliches Rapitel. Diese Angelegenheit sei nur

durch klare Aufhebung des Beschlusses aus der Welt zuschaffen. Abg. Veidt( Chr.- Soz.) stimmt dem deutschnationalen Antrag auf Aufhebung des damaligen Landtagsbeschlusses gleichfalls zu und begrüßt, daß die Regierung den Parteien die starke Hand gezeigt habe. Abg. Biester( Dt.- Hann.) erklärt, die Nationalsozialisten seien um die Rolle, die sie jetzt spielten, nicht zu beneiden.

Abg. Sabe( Natsoz.) wendet sich gegen Ausführungen des Abg. Nuschke. Der Redner lehnt dann nochmals den deutschnationalen dem heutigen Abstimmungsergebnis ziehen zu müssen, so werden Antrag ab und erklärt, sollte Dr. Bracht glauben, Folgerungen aus wir auch das mit Humor zu ertragen wissen.

Harzburger Enthüllungen.

Als Abg. Steuer( Dnat.) das Wort nimmt, verlassen die Na tionalsozialisten wiederum den Sizungssaal. Nach seinen ersten Worten wird ihm von der äußersten Rechten zugerufen: Juden­junge!"( Große Heiterkeit.) Die Einstellung des Abg. Kube zu

Herrn Dr. Bracht hat sich sehr beträchtlich geändert Unmittelbar nach der Wahl des neuen Landtags, als das große Rätselraten be= gann, wen die Nationalsozialisten als Kandidaten für die Miniſter­präsidentenwahl herausstellen würden,

hat mir ein sehr maßgebendes Mitglied dieser Partei gesagt: Wir haben nicht die Absicht, einen Parteimann herauszustellen, sondern einen sehr hervorragenden Oberbürgermeister einer weft­lichen Großstadt( Lebhaftes Hört! hört! bei den Deutschnafio­nalen. Zuruf bei den Natsoz.: Der war schlecht orientiert!) Dieser schlecht informierte Mann war Jhr( zu den Natsoz.) eigener Fraffionsführer.( Heiterfeit.)

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Wenn die Nationalsozialisten den deutschnationalen Antrag ablehnen und von einem taudinischen Joch reden, so muß man doch feststellen, daß sie seit gestern im Dauerlauf durch das faudinische Joch des Ein geständnisses ihrer Fehler gehen.( Heiterfeit.)

Ein hierauf von den Nationalsozialisten eingebrachter Antrag auf Schluß der Aussprache wird gegen die Stimmen der National­fozialisten abgelehnt.

Abg. Nufchte( Staatsp.), mit Gelächter und Rufen der National­sozialisten empfangen, bleibt trotz Einschaltung des Lautsprechers fast unverständlich, da bei den Nationalsozialisten laute Unterhaltung ein­jetzt, die vom Präsidenten Kerrl nicht unterbunden werden kann. Der Präsident verläßt schließlich seinen Blah und die Sigung ist damit abermals unterbrochen.

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Nach Wiedereröffnung der Sigung verlangt Abg. Ceinerf( Soz.) zur Geschäftsordnung das Wort und protestiert nachdrücklich gegen das Berhalten der Nationalsozialisten. Es sei ein Standal, daß durch die Nationalsozialisten Redner anderer Frattionen systematisch an der Ausübung ihres verfassungsmäßigen Rechtes, im Landtag thre Meinung zu sagen, gehindert würden. Ein Antrag des Abgeordneten Leinert( S03.) auf Unterbrechung der Sigung, damit der Aeltestenrat zu den Vorgängen Stellung nehmen fönne wird von allen Barteien gegen die Nationalsozialisten angenommen.

Die Sihung wird zum vierten Male unterbrochen.

Nach etwa einstündiger Unterbrechung wird die Sigung wieber eröffnet. Abg. Nuschke( Staatsp.), der das Wort erhält, um seine vorhin unterbrochenen Ausführungen fortzusehen, erklärt: Ich habe nicht die Absicht, auf das Niveau des Herrn Rube herabzusteigen.

Bei den Nationalsozialisten entsteht bei diesen Worten wieder große Unruhe. Man hört Rufe: Das ist eine neue Provo­fation! Unerhört! Unverschämtheit! Abg. Kube( Natsoz.) droht dem Redner mit der Fauft.

Der Präsident schließt den Abg. Nuschte von der Sigung aus! Der deutsch nationale Antrag wird mit 208 gegen 35 Stimmen bei 45 Stimmenthaltungen abgelehnt. Die Sozial­demokraten beteiligten sich nicht an der Abstimmung.

Es folgt die namentliche Abstimmung über den national. sozialistischen Antrag

Für den Antrag stimmen die Nationalsozialisten, dagegen u. a. die Kommunisten, Deutschnationale und die Deutsche Volkspartei . Bom Zentrum werden Enthaltungsfarten abgegeben, während sich die Sozialdemokraten wiederum nicht an der Abstimmung beteiligen. Der nationalsozialistische Antrag wird mit 156 gegen 86 Stimmen bei 45 Enthaltungen angenommen.

Der fozialdemokratische Mißbilligungsantrag gegen den Bräfi­denten kerrl wird dem Verfassungsausschuß überwiesen.

Das Haus vertagt sich auf Freitag 10 Uhr. Auf der Tages. ordnung steht u. a. die zweite und dritte Lesung des nationalsozia listischen Artrags auf Vorverlegung der Gemeindewahlen,

Aufbauwillige prügeln sich.

Stennes gegen Hitler .

In der Nacht zum Mittwoch wurde auf die Schnitterfaserne des Gutes Osterne bei Zehdenid ein politischer Ueberfall verübt. Die Arbeitsdienstfreiwilligen des Arbeitslagers Badingen, die poli tisch der Stennes Richtung angehören, hatten seit längerer 3eit mit den Schnittern, die Anhänger der NSDAP . find, Streitig teiten. Sie bewaffneten sich nun in der Nacht mit Kartoffelbacken, Spaten, Sensen und sonstigen Feldgeräten, drangen unter Anführung ihres Aussehers Borchardt in die Schlafsäle der Schnitter ein und überfielen sie in ihren Betten. Es tam zu einer blutigen Saalschlacht, bei der drei Personen schwer und einige andere leicht verlegt wurden.

Einberufung des Auswärtigen Ausschusses gefordert. Die fom­munistischen Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses des Reichstags haben die sofortige Einberufung des Auswärtigen Ausschusses be antragt, und zwar mit folgender Tagesordnung: 1. Stellungnahme zu der durch die deutsche Rüstungsnote an Frankreich geschaffenen Lage; 2. Bericht über die Lausanner Konferenz.

Die Zentrumsfraktion des Preußischen Landtags wählte am Donnerstag Professor Dr. Lauscher zu ihrem Borsigenden.