Rr. 449 49.3ahrgang
1. Beilage des Vorwärts
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Freitag, 23. September 1932
Protest gegen Brachts Drohung. Bekenntnis zu Mag Rothe.
Berlins Jungbanner an den Kameraden im Zuchthaus. Die Führer des Berliner Jung banners im Reichsbanner
Sozialdemokratie wahrt Rechte der Selbstverwaltung..Gnadenfrist" für Berlin Schwarz- Rot- Golb haben an ihren Kameraden Mar Rothe, der
Zehn ganze Tage blieben also für die Stadtverordneten und die Bezirksverordneten, um eine so wichtige und so komplizierte Frage wie die neue Bezirkseinteilung von Berlin zu entscheiden!
Um die Rechte der gewählten Stadtvertretung zu wahren,| Bezirkseinteilung Beschluß faffen. Die Vorlage geht im Laufe der hat die Berliner fozialdemokratische Stadt. Woche an die Stadtverordnetenversammlung und wird unmittelbar verordneten fraktion als protest gegen die beiden darauf veröffentlicht, wie uns amtlich versichert wird. Die Erlasse des Herrn Bracht zur Verwaltungsreform Berlins Stadtverordnetenversammlung fann sich frühestens dem Stadtverordnetenvorsteher einen Dringlichkeits- in einer Sizung am Dienstag, dem 4. Oktober, mit der Vorlage antrag überfandt, der folgenden Wortlaut hat: beschäftigen. Am 14. Oftober müßte nach dem Bracht- Diktat ,, Wie amtlich bekanntgegeben wurde, hat der Herr alles fig und fertig sein. stellvertretende Reichskommissar für Preußen am 20. September 1932 in zwei Erlassen den städtischen Körperschaften die Auflage gemacht, die Frage der Neuabgrenzung sowie der Aenderung in der Verfassung der Berliner Verwaltungsbezirke durch gültige Gemeindebeschlüsse bis zum 15. Oktober, also in einer Zeit zu regeln, in der dies schon rein technisch unmöglich ist. Diese Tatsache läßt erkennen, daß der Herr stellver tretende Reichskommissar die Regelung nicht auf dem durch Gesetz vorgeschriebenen Wege, sondern unter A us schaltung der Stadt und Bezirksverord. netenversammlungen durch Verordnung anstrebt. Die Stadtverordnetenversammlung protestiert entschieden gegen die Absicht der kommissarischen preußischen Staatsregierung, Aenderungen der Berliner Bezirks verfassung und Bezirkseinteilung auf dem Verordnungs. wege herbeizuführen. Die Stadtverordnetenversammlung will positiv an der Regelung dieser Fragen mit arbeiten, sie beauftragt daher den Herrn Oberbürgerarbeiten, sie beauftragt daher den Herrn Oberbürger. meister, umgehend alle geeigneten Schritte zu tun, um eine Zurücknahme der Erlasse vom 20. September 1932 zu erreichen."
Zu dem Ultimatum des Herrn Bracht haben wir noch folgendes zu sagen: In der Frage der Verfassungs änderung fönnen die städtischen Körperschaften, entweder gemeinsam oder auch getrennt, nur Vorschläge machen. Sie dienen verfassungsmäßig dem Preußischen Landtag als Material, das er bei seiner Beratung über das Gesetz nach seinem Ermessen verwendet. Wenn das Material der Regierung eingereicht wird, so hat sie es gegebenenfalls mit einem darauf fußenden Gefeßentwurf, dem Landtag zuzuleiten.
Anders liegt die Sache bei der Aenderung der Bezirks= grenzen. Hier entscheiden die städtischen Körperschaften allein und endgültig. Die Vorlage des Magistrats geht also zur Beschlußfassung an die Stadtverordnetenversammlung. Nachdem ein übereinstimmender Beschluß der beiden Gremien erzielt ist, muß nach§ 14 des Gefeßes Groß- Berlin die Zustimmung der beteiligten Bezirksversammlungen eingeholt werden. Bird sie erteilt, so ist die Aenderung Gesez.
Was Bracht möchte.
Der Beauftragte im preußischen Innenministerium will die Verfassungsänderung selber machen. Er will also den Landtag ausschalten. Er beruft sich dabei darauf, daß er auf Grund der Ermächtigungsverordnung des Reiches Maßnahmen zum Ausgleich der Haushalte der Gemeinden im Verordnungswege treffen dürfe. Wir behaupten: die kommissarische Preußenregierung hat überhaupt keine Rechte, und ein Gesetz wie diese Verfassungsänderung geht weit über den Rahmen jener Ermächtigung hinaus.
In der Frage der Bezirks einteilung verläßt sich Herr Dr. Bracht darauf, daß der geschilderte Gemeindebeschluß nicht zustande kommt. Dann will er wieder die besagte Ermächtigung heranholen und durch eine Notverordnung bestimmen: Der Magistrat darf die Grenzen allein festlegen, aber unter der Bedingung seiner Genehmigung. Er schaltet sich also auch hier ein, wo er bisher ausgeschaltet war. Interessant ist, daß er die Stadtverordnetenversammlung auch dann mit Ausschaltung bestrafen will, wenn sie selbst zugestimmt hat und der Widerstand etwa nur bei einem oder mehreren Bezirken liegt. Weigert sich schließlich der Magiftrat, so entscheidet der Oberbürgermeister allein, wieder unter dem Vorbehalt der Genehmigung seiner Entscheidung durch Herrn Dr. Bracht.
Durch Notverordnung soll weiter die Neuwahl der Bezirks stadträte aufgehoben und eine Uebergangsregelung getroffen Die Termine.
merden.
jezt im 3uchthaus Ludau die vom Sondergericht verhängte Strafe von fünf Jahren Zuchthaus angetreten hat, einen Brief gerichtet, in dem es heißt:
,, Wir geloben, alle Kräfte anzuspannen, und nicht eher zu ruhen, bis der Augenblick da ist, da Du und alle kameraden, die für uns in den Gefängnissen und Zuchthäusern leiden, wieder als freie Menschen in der Front der Freiheit neben uns stehen. Bon Deiner Schuldlosigkeit überzeugt, fenden wir Dir in Berbundenheit und echter Kameradschaftlichkeit die Grüße des Berliner Jungbanners. Unsere Unterschriften sollen Dir ein Pfand unserer Ireue sein. Es lebe die foziale Republik ! Es lebe die Freiheit!" Das Schreiben, das Mar Rothe durch seinen Verteidiger zuBerliner Jungbanners.
Kann man so etwas ernst nehmen? Hat man je einer beschließenden Körperschaft eine solche Heti agd zugemutet? Und dabei soll geleitet werden wird, trägt die Unterschriften sämtlicher Führer des die Stadtverordnetenversammlung in derselben Zeit auch noch die doch wahrlich nicht einfachere Reform der Verfassung der Bezirke verabschieden, wenn sie irgend welchen Einfluß auf die angedrohten Beschlüsse des Kommissars nehmen will. Lohnt es Dr. Bracht sich diese Termine und ihre Konsequenzen sich, unter diesen Umständen überhaupt anzufangen? Hat Herr wirklich überlegt? Wir glauben: nein.
Ein Ultimatum verpufft selbstverständlich, wenn die Termine nachträglich torrigiert werden müssen. Und das müssen sie doch wohl, wenn die ganze„ Gnadenfrist" für die Selbstverwaltung nicht vollends zur Farce werden soll. Aber dafür darf Herr Bracht sich rühmen die gestrige Bresse dürfte es ihm gezeigt haben, daß es ihm gelungen ist, alles Porzellan zwischen das etwa noch vorhanden gewesen sein sollte, restlos zu zerschlagen. der Wilhelmstraße bzw. Unter den Linden und der Königstraße, der Staatsführung! Segen der neuen Staatsfunst, der grundsätzlich neuen Art
Spanische Copihändler
In Berlin ist der spanische Topf- und Krughandel mit Hilfe von ziehen die Händler mit Eseln durch die Straßen, um die heimiLasteseln eine ständige Erscheinung geworden. Tag für Tag schen Tonwaren zu verkaufen. Die hübschen handgearbeiteten Tonkrüge, Wasserbehälter und Vasen sind gar nicht teuer, aber trotzdem wird nicht viel gekauft.„ Kein Geld", sagen die Leute, und die jungen Spanier lächeln hilflos, denn sie verstehen fast gar kein Deutsch. Der Absatz der Tonraren ist minimal. Der auf dem Bild will sogar seinen braven Esel
Am Montag, dem 26. September, wird der Magistrat end- verkaufen, aber auch dafür scheint sich kein Interessent gültig über seine Vorschläge sowohl zur Verfassungsreform wie zur
Josetti
zu finden.
Kürbis- Razzia.
Weberhandnehmende tägliche Laubendiebstähle.
Einen heftigen Kampf führen zur Zeit die Laubenbefizer gegen die Baubendiebe. Aus allen Gegenden Berlins laufen zahlreiche Diebstahlsanzeigen ein. Die Lauben werden ausgeplündert und die Früchte, die sich die Besizer mit vieler Mühe gezogen haben, werden aus den Gärten gestohlen. In vielen Kolonien haben die Pächter einen Sicherheitsdienst eingerichtet. Abwechselnd tontrollieren sie nachts das Gelände. Fast täglich werden 5 bis 6 Diebe die wütenden Laubenbefizer arg verprügelt. In der Kolonie ,, Neuabgefaßt und der Polizei übergeben. Oft sind die Spitzbuben durch töllner Wiesen" murden gestern 3 junge Burschen abgefaßt. Als die Wächter der Kolonie auf die Jungen aufmerksam wurden, flüchteten sie. Das Ueberfallkommando murde gerufen und die Kolonie systematisch abgesucht. Schließlich fand man sie auch. Jeder hatte sich ein Häuschen zum Versteck ausgesucht und von innen die Tür abgeriegelt. Sie geben zu, daß sie sich die größten Kür bisse aussuchen wollten. Einen Handwagen hätten sie schon und in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag wollten sie eine ,, Kürbis Razzia" abhalten. Am Kiezer Play in Marien felde wurde ein berüchtigter Laubendieb festgenommen. Er hatte ebenfalls schon allerlei Sachen zusammengepackt als man ihn erwischte. Aehnliche Festnahmen erfolgten auch in Schöneberg , Steglig und Tempelhof .
Todesopfer des Fabrdammes.
Der Straßenverkehr hat gestern wieder mehrere Todesopfer gefordert. Auf der Charlottenburger Chaussee, unweit des Großen Sterns, wurde der 70 Jahre alte Bankbeamte Theodor Brüh= mann aus der Altonaer Straße 33 in Moabit von einem Privats auto überfahren. Schwer verletzt wurde der Greis ins Moabiter Krankenhaus gebracht, wo er einige Zeit nach seiner Aufnahme gestorben ist. Ein weiterer tödlicher Unfall ereignete sich auf dem Priesterweg in Schöneberg . Beim Spielen geriet der Schüler Georg Lemke aus der Sedanstraße 43 in Schöneberg unter die Räder eines Autos. Das Kind murde bewußtlos ins Schöneberger Krankenhaus übergeführt; wenige Stunden später trat der Tod ein. In beiden Fällen ist die Schuldfrage noch ungeklärt.
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Am Rohrdamm in Siemensstadt prallte gestern ein Privatauto mit einem Rettungsauto der Feuerwehr zusammen. Der Feuerwehrwagen stürzte um und der Führer sowie sein Begleiter erlitten erhebliche Verlegungen. Schließlich wurde noch in der Wisbyer Straße der 9 Jahre alte Karlheinz Rosch aus der Wisbyer Straße von einer Straßenbahn überfahren. Auf der nächsten Rettungsstelle erhielt der Junge erste Hilfe.
Hindenburg Protektor der„ Dela".
Reichspräsident von Hindenburg hat die Schuhherrfchaft über die Deutsche Luftsport, Ausstellung Berlin 1932( Dela)" übernommen. Die Aufbauarbeiten der Ausstellung sind in vollem Gange. Die Ausstellung verspricht in allen ihren Teilen überaus sehenswert zu werden, insbesondere wird die Abteilung Zukunft der Luftfahrt" Darstellungen von Flugzeugen bringen, wie sie etwa Diese Darstellungen der Zukunft zeigen umwälzende Neuerungen in den nächsten zehn Jahren zur Entwicklung gelangen werden. in der Flugtechnik und werden einen Hauptanziehungspunkt der Ausstellung bilden. Schon heute sind zahlreiche Sonderzüge aus dem Reiche und auch aus dem europäischen Auslande gemeldet, so daß mit einem regen Besuch gerechnet werden kann.
Wer Qualität schätzt,
JUNO
o/ M.rund
greift stets zur Juno,
die mit ihrem köstlichen Aroma immer wieder jeden Kenner entzückt.
Juno- TABAK , Juno- Mischung und Juno- Format
finden bei allen Rauchern die verdiente Anerkennung. Daß eine so hochwertige Cigarette Zugaben wie Wertmarken, Gutscheine und Stickereien ausschließen muß, wird jeder verstehen.
Wer Gutes zu würdigen weiß, raucht Juno!
Joselli
JUND
6 STUCK 20%
KON
LINON