Beilage
Sonnabend, 24. September 1932
Der Abend
Gerhart Hermann Mostar: Die Geschichte der Woche
Spalausgabe des Vorwards
Ein Mensch steht wider die Ewigkeit
nichts geschehen war.
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In einem Münchener Hospital starb eine alte Frau. | meinend vor Erleichterung davon überzeugt hatte, daß seinem Werk Ihr Name, sie hieß Antonia Pfisterer, war eine kurze Zeit lang durch die Spalten der Presse gegangen: sie hatte versucht, eine Plastik der Glaspalastausstellung des Jahres 1920 zu zerstören.
Ich war damals ein junger Dachs, seit einem halben Jahr erst in München , und Antonia Pfisterers Geschichte reicht eigentlich weit zurück. Dennoch gewann ich durch eine zufällige Bekanntschaft mit dem alten Bildhauer, der die angegriffene Plastik geschaffen hatte, einen Einblick in die seltsamen Vorgänge. Ich will sie darzustellen versuchen in der gleichen Reihenfolge, in der sie sich mir enthüllten. Das Bildwerk stand im Hauptraum der Ausstellung, dicht neben der Eingangstür. Es stellte, in Lebensgröße, ein schreitendes junges Mädchen dar, das in der ausgestreckten Rechten einen Becher hielt, in welchem sie einem imaginären Unbekannten oder, wenn man wollte, dem Beschauer einen imaginären Trant fredenzte. Die Plastik trug keinen besonderen Titel; jeit aber eine Kritik erschienen war, in der die Schreitende als Sinnbild der Jugend bezeichnet wurde, hatte diese Auffassung suggestiv gewirkt. Der Künstler selbst lehnte sie ab; ihm habe nichts vorgeschwebt als die Darstellung der Bewegung.
Das Kunstwerk gefiel. Manche Enthusiasten sahen es sich zwei mal an, wiewohl es in keiner Weise„ modern" war. Seltsam aber war es, daß eine Besucherin, nachdem sie am dritten Ausstellungstage zum ersten Male erschienen war, immer wieder tam; und immer wieder, ohne die übrigen Gemälde und Plastiken auch nur eines Blickes zu würdigen, diese eine Gestalt anstarrte, so viele Tagesstunden lang, als die Ausstellung überhaupt geöffnet war. Den an sich seltsamen Eindruck vertiefte der Umstand, daß die Frau zu der Steingestalt in einem trassen, etwas lächerlichen Gegensaz stand. Die Plastik, soweit hatte jener phantasievolle Kritiker recht, atmete wirklich Jugend in jeder Linie; ein vollendet gebauter, nicht fülliger, aber auch nicht überschlanker Körper, von einem wehenden Jungmädchengewand umgeben; ein weiches, zartes Gesicht, eine kräftige Hand, die fest um den Becher griff. Die Frau aber, auf die das Werk eine so besondere Anziehung ausübte, war ziemlich alt. Ihr Leib war derb, fast ungeschlacht, formlos, fett. Ihre Wangen waren gedunsen, ihr Haar strähnig, ihre Augen erkennbar durchsichtig. Sie war sehr häßlich. Auch schien sie einfachen, proletarischen Standes zu sein. Ihre niedere, runzlige Stirn zeugte mehr von vielen Sorgen als von vielem Denken, und ihre breiten, meist bleischwer auf den Knien ruhenden Hände hatten die rauhe Haut derer, die harte Arbeit machen müssen. Und dies armselige Wrack eines vom Glück verstoßenen Menschen hockte schwammig und unschön auf dem schmalen, fleinen Sofa, das der Plastik gegenüberstand, und sah Stunde um Stunde mit seltsam scharfem Blick auf die junge Gestalt aus Stein. Dieser scharfe Blick war rätselhaft: es war Schwärmerei darin und genaue Prüfung und wiederum etwas wie Ingrimm und Feindschaft.
Die Plastik blieb sich gleich, alle vier Ausstellungswochen hin= durch. Aber mit der Betrachtenden ging eine so deutliche Veränderung vor, daß es den Museumsbeamten auffiel. Zuerst war sie gekommen in einem Kleid von ausdrucksloser, ärmlicher Wohl= anständigkeit, und in ihrem Gesicht war nichts gewesen als der stumpfe Ausdruck einer verarbeiteten, innerlich leer gewordenen alten Frau. Da kam ein Tag, da hatte sie sich die dünnen Haare brennen lassen, und auf ihre blutleeren, rauhen, altersschmalen Lippen hatte fie Lippenrot getan... Sie sah lächerlich aus, sehr lächerlich, und die Museumsdiener grinsten. Mein Gott, dies alte Gestell suchte fich zu verjüngen... Es wurde sogar noch schlimmer. Sie wechselte das Kleid. Das heißt eigentlich war das neue Kleid das alte, aber sie hatte es fürzer gemacht, wehender, jugendlicher ungeschickt genug hatte sie das übrigens gemacht. Und wenn sie bisher still und unauffällig auf ihrem Sofa gesessen hatte, nur zuweilen von einem Besucher bemerkt durch die krasse Gegensätzlichkeit zu dem nahen Bild der Jugend, so sah sie es nun in immer steigendem Maße darauf ab, sich bemerkbar zu machen. Manchmal stand sie auf und stellte sich in die Nähe der Plastik, nahm eine dem Steinbild ähnliche Haltung ein, und ihre blassen Augen gingen von sich zum Bildwerk und zum Betrachter und wieder zu sich, mit einem fragenden, einem manchmal verzweifelt fragenden, immer aber unfreiwillig komischen Ausdruck. Kein Zweifel: sie suchte sich der Plastik anzugleichen.
Einmal unternahm es ein gelangweilter und neugieriger Galeriediener, sie in ein Gespräch zu ziehen. Warum sie denn gerade immer vor dieser Plastik säße, fragte er. Was sie denn daran fände. Sie sah den Diener an, das Werf, sich zuckte die formols massigen Schultern und sagte, mit einem albernen Lächeln um den geschminkten Mund: ,, Wenn Sie es nicht selbst merken..." und mehr war nicht aus ihr herauszubekommen.
Ein kleiner Kreis jüngerer und älterer Künstler, der mich in Gnaden aufgenomemn hatte ohn all mein Verdienst und Würdigkeit, saß beim Frühschoppen in der Brennessel. Es war in der vierten Woche der Ausstellung; bald war sie zu Ende. Als Gast aus Berlin war der Bildhauer unter uns, der jene Plastik geschaffen hatte. Er wohnte seit Jahrzehnten in Berlin ; in München jedoch hatte er studiert. Nun sollte sein Werk einen Käufer gefunden haben, darum war er hergekommen: ein beweglicher, netter after Herr, der in Erinnerungen und Rotwein schwelgte.
Er wurde ans Telephon gerufen. Kam bald zurück, am ganzen Körper zitternd. Irgendein verrücktes Weibsbild hat meine Plastik in der Ausstellung umgeworfen. Jawohl, natürlich beschädigt. Ich muß sofort hin...
Wir fuhren alle mit. Einem von uns war das alte Weib aufgefallen. Auch dem Bildhauer selbst, wie sich herausstellte. Er hatte es ansprechen wollen, wurde dann aber abgelenkt. Nein, er kannte es nicht. Keine Ahnung. Eine Verrückte wahrscheinlich..
Im Glaspalast stellten wir fest, daß der Plastik gottlob nichts geschehen war. Der Bildhauer, mit allen Gedanken nur seinem Werk verhaftet, hatte in grotesker Weise mißverstanden. Nicht das Kunstwert war beschädigt, sondern die Alte war verwundet... Sie war plötzlich aufgesprungen, hatte beide Arme um den schlanken, festen Steinhals geschlungen und mit kaum glaublicher Kraft die Figur umgestürzt. Dabei hatte sie gellend geschrien... Aber ihr eigenes Fleisch war es gewesen, das den Stein gerettet hatte. Die Plastik war über sie gesunken... Gie lag mit einem Knochenbruch und vielen Hautabschürfungen, von einem schnell herbeigeholten Arzt betreut, in einem Nebenzimmer, in welchem auch der Bildhauer, von einem Kriminalbeamten geführt, verschwand, nachdem er sich fast
Wir anderen kehrten zur Brennessel zurück. Nach einer Stunde etwa tam auch der Bildhauer.
,, Ich weiß alles", sagte er. Ich verstehe alles..." ,, War sie denn vernehmungsfähig?"
,, Nein. Aber ich habe ihren Namen erfahren. Ich kenne fie doch. Ich habe sie nur nicht erkannt. Man fann sie nicht mehr erkennen... Ich dachte auch nicht mehr an sie. Hatte sie vergessen... Aber ich will der Reihe nach erzählen. Die Jugend", wie mans hier kitschig genug nennt, habe ich vor einem Jahr gemacht nach einer kleinen Tonstudie aus meiner Münchener Studentenzeit, die mir wieder in die Hände kam, und deren Frische mir altem Knochen auffiel. Ich entsann mich kaum des Modells, das ich damals gehabt hatte: eine junge Kellnerin des Lokals, in dem ich damals verkehrte. Sie hatte sich gern in ihrer freien Zeit die paar Modellstundengroschen nebenbei verdient. Sonst interessierte sie mich nicht weiter, menschlich und so. Darum vielleicht wurde diese Tonstudie ein so schlackenloses Bild des Jungseins, und das Becherreichen war wohl eine unbewußte Reminiszenz an ihren Beruf. Vielleicht war mir auch die Grazie gerade dieser Bewegung an ihr aufgefallen. Sie sehen, das alles war mir so gleichgültig, daß ich kaum noch etwas weiß... Ein Modell hat seinen Lohn bekommen, und ich habe meine Studie gemacht. Bafta. Das macht man viele hundertmal in beiläufig vierzig Jahren.
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Und nun aber nun gerät diese Frau, die das übliche Proletarierleben gelebt hat, verheiratet nach kurzer Jugend, Kinder geboren, Mann verloren, sich durchgeschuftet durch die vierzig gleichgültigen Jahre seither nun gerät das alte, stumpfe Weib in den Glaspalast, weiß der Teufel aus welcher Regung, aus welchem Zufall. Sieht meine Plastik und erkennt sich... Wahrhaftig, erfennt sich. Unterbewußt muß meine Erinnerung eben doch sehr scharf gewesen sein, daß die kolossale Vergrößerung aus der Studie ihr so ähnlich blieb... Da fizt sie nun, die Alte, Häßliche, und begreift zum ersten Mal, wie alt, wie häßlich sie geworden ist, und wie jung, wie hübsch sie einmal war. Sie figt und starrt ihre Vergangenheit an.. ihr Versäumtes.. ihr Vertanes.. was weiß ich alles... Und sie darf es natürlich nicht ganz begreifen, wie furcht
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bar wahr dies Altwerden, dies Verwesen bei lebendigem Leibe ist. Sie ist doch eine Frau, nicht wahr, so alt und fett sie auch ist. Ich habe mich eben vernachlässigt, denkt die Frau in ihr. Und sie fängt an, sich herzurichten. Sie schminkt sich, pudert sich, brennt sich die Haare, verjüngt ihr Kleid. Ist sie dem Bilde da nicht schon ähnlicher? Natürlich! Sie muß es ja sein, sie ist doch selbst dieser Körper, dies Gesicht, dies Bild... Sie scharwenzelt vor den grinsenden Dienern herum: erkennt ihr mich nicht..? Vor den Besuchern: seht ihr es denn nicht? Ich bin das, ich! Einmal muß mich doch einer von euch erkennen! Aber das Wunder kommt nicht. Und weil draußen das Wunder nicht kommt, kommt drinnen die Wut. Darf dies Ding hier aus Stein mir meine Jugend vor= werfen, darf diese tote Figur, für die ich ein paar Groschen bekam, bleiben, ewig sein in ihrer Schönheit, und ich muß vergehn, fett, häßlich, stumpf werden..? Und sie schafft das feindliche Bildwerk aus der Welt, stürzt sich darauf, vernichtet es.. Aber auch das gelingt nicht. Das Bild bleibt heil, und sie selbst wird noch mehr zerstört..."
Wir schwiegen lange mit ihm.
,, Was soll man nun tun?" fragte er endlich.„ Sie unterstützen? Gut, eine Weile, so lange und so viel ich es kann, oder bis sie wieder arbeiten kann. Aber ist es das, was sie will? Kann ich ihr ihre Jugend wiedergeben? So wenig, wie ich die Plastik alt machen kann... Und doch hat sie einen Rechtsanspruch gegen die Kunst, eine Klage wider die Kunst. Was tausenden die Bestätigung irdischer Glücksmöglichkeit ist, das ist ihr Unglück, ihr Vorwurf, ihre Frage an das Geschick. Darf die Kunst ewig sein, da der Mensch vergänglich ist.
Er sah sich im Kreise um. Einer nickte.
,, Ja! Natürlich ja!" sagte er.„ Aber schafft das die Geschichte aus der Welt?"
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Die Geschichte ist nun aus der Welt geschafft worden. Der Tod hat das besorgt. Nach zwölf Jahren. Antonia Pfisterer soll nichts mehr gearbeitet haben, soll verkommen sein in diesen zwölf Jahren..
Nun wird sie irgendwo begraben, ein alter, verfommener, unnüger, häßlicher Mensch. Und irgendwo in einem Museum, bewundert und beglückend, steht das Bild ihrer Jugend und fredenzt jedem Beschauer den Becher des Lebens...
Die Philosophie des als Ol
Zum 80. Geburtstag Hans Vaihingers am 25. September
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Nur der Irrtum ist das Leben, Und das Wissen ist der Tod."
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Dieses viel zitierte Wort Schillers, das schon auf dem Gymnafiasten tiefen Eindruck gemacht hatte, ist gewissermaßen, nach den eigenen Worten des heute Achtzigjährigen, die Grundlage von Hans Vaihingers Fiftionslehre, seiner weltberühmten Philosophie des Als Ob", geworden. Was versteht der Gelehrte unter dieser Lehre, die mehr bezeichnet als nur ein philosophisches System, die ein Programm darstellt, eine eigene Weltanschauung und Lebenshaltung? Wie ist Vaihinger auf die eigentümliche Bezeichnung des Alls Ob" verfallen? Dieser Name", so meint Vaihinger ,„ erschien mir schlagender als alle anderen möglichen Namen, dasjenige auszudrücken, was ich zu sagen hatte: daß das ,, Als Ob", daß der Schein, daß das Bewußt- Falsche eine enorme Rolle in der Wissen schaft, in der Weltanschauung und im Leben spielt. Ich wollte eine vollständige Aufzählung aller Methoden geben, in der wir absichtlich mit bewußt falschen Vorstellungen bzw. Urteilen operieren, ich wollte das geheime Leben dieser wunderbaren Methode aufdecken, ich wollte eine vollständige Theorie, sozusagen eine Anatomie und Physiologie, bzw. eine Biologie des Als Ob" geben.
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1 ihn um jene Zeit, seine Vorlesungen und seminaristischen lebungen an der Universität Halle einzustellen, und führte ihn auf diesem traurigen Umwege zu seinem ursprünglichen Werke zurüd,
Trotzdem der greise Forscher heute fast gänzlich erblindet ist, verfügt er noch immer über eine unvermindert frische Geisteskraft. Noch heute ist sein gastliches Haus in Halle, das niemand ohne reiche Anregung und Förderung verläßt, jungen funst- und wissenschaftsbeslissenen Menschen aller Länder geöffnet. Noch heute diktiert der Gelehrte seiner Assistentin täglich einige Stunden aus neuen Arbeiten. Erst türzlich ist sein Nießsche- Buch, das einen bequemen Wegweiser durch die unwegsame Lektüre des Dichterphilosophen darstellt, in neuer, erweiterter Auflage erschienen.
Schüler und Freunde aus aller Welt haben sich zu einer wohl. verdienten Ehrung Hans Vaihingers zusammengefunden: in einer von Dr. Seidel( Berlin ) redigierten Festschrift anläßlich seines 80. Geburtstages, die sehr wertvolle Beiträge enthält, findet das Werk des großen Philosophen eine dankbare und umfassende Würdigung. Dr. Lily Herzberg.
Eine Prophezeihung Vaihingers
Im Schicksal des Denkers Vaihinger spielt eine große Rolle eine unvollendete Schrift, die er seit dem Jahre 1888, also seit dem Regierungsantritt Wilehlm II., seit dem Beginn der imperialistisch besonders betonten Aera , immer wieder plante. Er wollte durch eine Flugschrift, betitelt Finis germaniae"( das Ende Deutsch lands ) in die Weltgeschichte eingreifen. 70 Millionen Deutsche im Gefolge eines„ ruchlosen Optimismus“ Beweisen wollte er, daß und unter der Führung ihrer kaiserlichen Gewalthaber seit dem
Doch nicht allein um eine methodologische Untersuchung handelt es sich für den Philosophen. Wie diese ganze Untersuchung schon aus einer bestimmt gerichteten Weltanschauung herausgewachsen ist, so wächst sie sich von selbst auch wieder aus zu einem allgemeinen philosophischen System aus, das sich als„ Idealistischer Positivismus " bezeichnen läßt. So ist dieser in einem ganz religiösen Milieu, in bezeichnen läßt. So ist dieser in einem ganz religiösen Milieu, in einem schwäbischen Pfarrhause geborene, im Tübinger Stift erzogene Mann, der selber einst zum Theologen bestimmt war, in ehrlicher und konsequenter Verfolgung seiner an Schiller , Herder, Darwin, Plato , Kant und Schopenhauer geschulten Weltanschauung zu einem mutigen metaphysikfeindlichen Standpunkte gekommen. Die meta- Jahre 1871 die ganze Welt in Feindschaft gegen sich hineintreiben. physischen Realitäten, besonders Gott und Unsterblichkeit, werden als solche geleugnet; als ethisch wertvolle Fiktionen dagegen bleiben sie von unerseglichem Wert.
Don
Die Philosophie des Als Ob" ist in Wahrheit das Lebenswert des Philosophen. In jungen Jahren begonnen, als Habilitationsschrift im Jahre 1876 unter dem Titel„ Logische Untersuchungen" niedergeschrieben, ruhte das Werk nicht weniger als 35 Jahre, um erst 1911 unter dem Namen der Philosophie des Als Ob", unter dem es siegte, in erweiterter Form im Druck zu erscheinen. Die Arbeit am ersten Entwurf war seinerzeit durch den Tod Vaihingers Vater jäh unterbrochen worden, der den Philosophen nötigte, sich nach lohnenderer Beschäftigung umzusehen. Ein sehr günstiger Vertrag mit dem weitblickenden Stuttgarter Verleger W. Spemann für einen Kant- Kommentar kam daher wie gerufen. Damals begann jenes von Hans Vaihinger wiederholt ausgesprochene ,, Gesetz der Ueberwucherung des Mittels über den Zweck" sich in feinem eigenen Leben praktisch auszuwirken: Die Beschäftigung mit dem Kant- Kommentar führte nämlich 1896 zur Begründung der Zeitschrift ,, Kant- Studien". Das Mittel überwucherte den Zweck; der Kant- Kommen trat zurück hinter den neuen ,, Kant- Studien". Als man 1904 den 100. Todestag Kants beging, schien es unabweisbare Pflicht, zur Förderung der Kant- Studien" eine KantStiftung ins Leben zu rufen und zu deren Förderung wiederum die Kant- Gesellschaft. Sie nahm fortan alle Zeit ihres Gründers in Anspruch, wurde wahrhaft zum Selbstzweck, hat dafür aber faft ebenso wie die Philosophie des Als Ob" dazu beigetragen, den Namen ihres Begründers bekannt zu machen. Ein schweres Augen leiden, das die Sehtraft des Gelehrten start verminderte, zwang
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Daher sagte er einen Weltkrieg voraus, der für die deutsche Macht das sichere Ende bringen würde. Als Motto sollten der Flugschrift die Worte voranstehen: Quos deus vult perdere prius dementat"( Wen Gott zugrunde richten will, dem nimmt er vorher den Verstand). In seiner Selbstbiographie legt Vaihinger mit schwermütiger Genugtuung dar, wie er alles Unheil, das seit dieser Zeit über unser Vaterland kam, vorausgesehen habe. Schließlich beklagte er, daß Krankheit, nämlich das Augenleiden, das in vollständige Blindheit überging, ihn zwang, auf den Kampf in der politischen Arena zu verzichten und sich auf sein eigentliches Feld der philosophischen Gedankenarbeit zu beschränken.
Der„ Marsch der Eisernen Front" für Orchester. Vom„ Marsch der Eisernen Front", der durch die Schallplatte bereits starke Verbreitung und Anerkennung gefunden hat, ist auch eine Ausgabe für Blasorchester erschienen. Besetzung: 1. Piccolo, 1 Klarinette in Es, 4 Klarinetten in B, 3 Pistons, 2 Trompeten, 2 Hörner, 2 Tenorhörner, 1 Bariton, 2 Bässe, Schlagzeug; diese Besetzung kann auch vereinfacht werden( Piccolo, 2 Klarinetten, 3 Pistons, 1 Horn, 2 Tenorhörner, 1 Barriton, 1 Baß, Schlagzeug); auch eine Aufführung ohne Holzbläser ist möglich. Der Preis des Orchestermaterials einschließlich der Direktionsstimme beträgt 5 M. Auch eine Ausgabe für Klavier, zum Preise von 1 M. iſt erschienen. Bestellungen sind an den Deutschen Arbeiter- Sängerbund e. B., Berlin , S. 14, Wallstr. 58, zu richten.