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Morgenausgabe

Rr. 453

A 221

49. Jahrgang

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Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Sonntag

25. September 1932 Groß- Berlin 15 Pf. Auswärts 20 Pf.

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlan

Redaktion und Verlag: Berlin   SW 68, Lindenstr. 3

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Die Arbeiter sollen fuschen! Maulbelden und Kämpfer.

Das Kabinett der Barone droht den Gewerkschaften.

Die Verordnung der Regierung Papen   vom 5. September| 1932 stellt nach Ansicht der freien Gewerkschaften einen per­faffungswidrigen Einbruch in das Tarifrecht dar. Die Gewerkschaften haben angekündigt, daß sie sich gegen diese rechtlich unhaltbare Verordnung mit allen gejeglichen Mitteln zur Wehr sehen werden.

In vielen Fällen, wo, gestützt auf diese Verordnung, Unternehmer versucht haben, einseitig die tarifliche Friedenspflicht zubrechen und den Tariflohn her­abzusetzen, haben sich die Arbeiter erfolgreich dagegen zur Wehr gesetzt. Die Vertreter des Unternehmertums haben laut nach einem Eingreifen der Regierung gegen die Abwehrstreits der Arbeiterschaft gerufen. Der Reichs­arbeitsminister Schäffer hat nunmehr dem Chefredakteur des Wolf- Büros Erklärungen abgegeben, die diesen Forderungen des Unternehmertums entsprechen. Der Aus­frager behauptete, es lägen Aeußerungen einzelner Gewerk­schaftsführer vor, die mehr oder minder unverhüllt eine Sabotage der Verordnung ankündigten, und fragte, welche Haltung die Reichsregierung gegenüber solchen Ber­suchen einnehme. Darauf erwiderte Schäffer:

gericht. Alle juristischen Konstruktionen, die das Arbeits­ministerium bisher angestellt hat, um die Zahlung eines ver­fürzten Lohnes als Erfüllung der Tarifpflicht hinzustellen, halten der Rechtsprechung nicht stand. Die Gewerkschaften werden deshalb gegen die unhaltbare Konstruktion des Reichs­arbeitsministers ankämpfen.

Der Versuch, die bisherigen Abwehrkämpfe als wilde kommunistische Kämpfe hinzustellen, ist durchsichtig genug. Die Arbeitskämpfe, die durch den Versuch des Lohn drucks auf Grund der Papen- Verordnung ausgelöst worden sind, stellen durchweg den Widerstand der organi fierten Arbeiter dar. Durch diesen organisierten Widerstand sind alle wilden kommunistischen   Bewegungen verhindert worden. Die Gewerkschaften lassen sich ihre Taktik selbstverständlich nicht von den Kommunisten vorschreiben. Von vornherein haben die Gewerkschaften erklärt, daß sie die Verantwortung für diese Verordnung ab lehnen müßten, weil sie von ihren inneren Widersprüchen und ihrer Undurchführbarkeit überzeugt find. Der Reichsarbeitsminister versucht, die Erwerbslosen gegen die tämpfenden Arbeiter auszu Solidarität mit den Erwerbslosen vor. Das von einem Minister des Kabinetts der Barone! Wenn der Reichsarbeitsminister die Solidarität zwischen Arbeitenden und Erwerbslosen   praktisch durchgeführt zu sehen wünschte, so brauchte er nur auf das Arbeitsbeschaffungsprogramm des DGB. einzugehen! Die Arbeiterschaft hat die Berkür­zung der Arbeitszeit im Interesse der Erwerbslosen verlangt; aber sie ist sich einig darüber, daß ihr insgesamt nur geholfen werden kann, wenn mit der Einstellung der Erwerbslosen   auch die Kaufkraft der Arbeiterschaft gesteigert wird. Nach dem Wirtschaftsplan des Kabinetts Papen   aber würde seine Durchführbarkeit vorausgesezt die Lohn ist es, mit Hilfe des verfälschten Gedankens der Vierzig­summe dieselbe bleiben. Der 3wed dieses Wirtschaftsplanes stundenwoche die Löhne der Neueinzustellenden wie der Arbeitenden auf ein nicht mehr erträg­liches Minimum herunterzudrücken.

Es trifft zu, daß in einzelnen Betrieben Arbeiter ihre Arbeitspielen. Er wirft den kämpfenden Arbeitern Mangel an pläge verlassen haben, weil der Arbeitgeber ein ihm nach der Berordnung zuftehendes Lohnminderungsrecht aus= geübt hat, und daß in anderen Betrieben die Arbeiter durch Drohung mit Streit den Arbeitgeber nötigen, die Aus­

übung dieses Rechts zu unterlassen.

Die grundsäglichen Gegner der Reichsregierung und ihrer Berordnung vom 5. September- insbesondere die kommunistisch gesinnten Arbeiter seien bestrebt, diese Tatsache zu vergröbern."

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Im Interesse der Arbeitslosen und zu Ehren der Gewerk.

schaften hoffe ich, daß neue Nachrichten das Uebertriebene der Mel­dungen dartun; denn ich weiß, daß in vielen Betrieben die Ver­

ordnung tatsächlich durchgeführt wird. Grundsäglich bin ich noch Arbeitern, die noch einen Arbeitsplatz haben, wegen einer geringen

nicht geneigt, daran zu glauben, daß eine erhebliche Zahl von

Lohnkürzung den Arbeitslosen, die mit ihren Frauen und Kindern

lange genug gedarbt haben, das Recht auf Arbeit und den Eintritt

in das Arbeitsverhältnis verwehren wollen.

Vor zwei Tagen hat im Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes in Genf   die Arbeitergruppe mit Unterſtügung meines Vertreters die Verkürzung der Arbeitszeit gefordert, um für die

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Weil den Kapitalisten das Vertrauen in die Ankurbe­lungsmethoden des Kabinetts Papen   fehlt, so daß sie nicht selber neue Betriebsmittel einsehen, sollen diese Betriebsmittel aus gekürzten Löhnen durch die Arbeiterschaft beschafft

haben, nicht das mindeste zu tun. Er bedeutet nur eine Ber­fälschung dieser Gedanken!

I

Braunes Parlamentstheater.

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gegen die Reaktion.

Arbeiterkampf

Das politische Maulheldentum der Nationalsozialisten hat sich im Preußischen Landtag   ausgetobt in Lärmszenen, Mitteln, die Kampf vortäuschen sollen, wo feiner ist. Wer Sigungsunterbrechungen, Beschimpfungen in allen jenen laut schreit, ist noch kein Kämpfer! Diesem parlamentarischen laut schreit, ist noch kein Kämpfer! Diesem parlamentarischen Lärmtheater fehlte alles, was zu wirklichem parlamentari­schem Kampf gehört, vor allem der aus fefter Gesinnung stammende Ernst und das große Ziel der Hauptakteure!

Denn, wenn auch im kommenden Wahlkampf die Natio­nalsozialisten sich wieder als Kampfbewegung vorstellen wollen, so fönnen sie dennoch durch lautes Maulheldentum nicht verdecken, daß sie den Rückzug auf die Papen  - Linie bereits angetreten haben. Ihre politischen Verhandlungen sind vertagt bis nach der Reichstagswahl, man wartet ab, ob man danach mit einem oder zwei Koalitionspartnern zu tun haben wird. Der Sinn des Wahlkampfes für Papen und seine Freunde ist es, Hugenberg zum Zünglein an der Wage zu machen, um das reaktionäre Programm des soge nannten Präsidialkabinetts mit einem echten Bürgerblock parlamentarisch zu untermauern.

Auf beiden Seiten ist man sich im klaren, daß man nach den Wahlen einander brauchen wird. Herr von Papen hat Herrn Kerrl   auf die Zeit nach den Wahlen vertröstet, Herr Kerrl   hat sich vertrösten lassen, und fein Agitationsgeschrei der Nationalsozialisten kann darüber hinwegtäuschen, daß ihnen eine Rolle als Stimmsoldaten eines kommenden Bürgerblocks zugedacht ist!

*

Sie haben sich als Kämpfer für Volksrechte mastiert, aber die Masterade hat nicht lange vorgehalten! Herr Göring  ist von der Barrikade heruntergestiegen und sehr zahm ge­worden, um Hitler  , den zweiten Bismard, ist es ganz stille geworden, und die Nazipreußen haben vor Papen   und Bracht tagsauflösung hat gezeigt, daß die Größe ihres Mutes im einen tiefen Kotau vollzogen. Die Drohung mit der Land­umgekehrten Verhältnis zur Größe ihres Mundwerks steht.

Was sich im Preußischen Landtag und im Ueber­wachungsausschuß des Reichstags vollzogen hat, sind Theater­spiele an der Peripherie der Politik. Sie können nicht ver­decken, daß inzwischen die fapitalistische Offensive weitergegangen ist. Die Kürzung der Unterstützungen für die Opfer der Krise ist Tatsache. Die Not wächst ins Entfeßliche.

Offensive gegen die Arbeiterschaft vor, gestützt auf die Not­verordnung des Kabinetts der Barone!

Erwerbslosen Arbeitspläge zu gewinnen. Wenn jetzt in Deutsch  - werden! Dieser Plan des Kabinetts der Barone hat mit den Das Unternehmertum geht mit dem 15. November zu neuer land der losigkeit, sondern stellenweise sogar der Verlust der bisherigen Arbeit zur Folge hat, dann muß ich allerdings gestehen, daß das tat fächliche Verhalten der Arbeiter in Deutschland   mit den Forderungen in Genf   in unlösbarem Widerspruch steht. Daraus fönnten für die Vorkonferenz zur internationalen Abkürzung der Arbeitszeit ge fährliche Folgerungen entstehen.

Es scheint mir zunächst Aufgabe der Gewerkschaften zu sein, die Streifmeldungen auf ihren wahren Sachverhalt zu prüfen und dann sofort das zu veranlassen, was die tarifvertragliche Friedenspflicht von ihnen ver= langt. Denn es ist ganz zweifellos, daß

die Zahlung des vom Arbeitgeber auf Grund der Verordnung gekürzten Lohnbetrags als eine volle Er­füllung der tariflichen Verpflichtungen anzusehen ist. Auf die unmittelbaren Folgen der Verlegung der Friedenspflicht hinzuweisen, erübrigt sich; jede Gewerkschaft und jeder Arbeiter weiß wie es scheint, sehen aber manche noch nicht ein, daß- wenn die Friedenspflicht verneint oder hartnäckig verletzt wird der Begriff des Tarifvertrages ge­fährdet und die Stellung der Gewerkschaften erschüt­tert wird.

das,

Für den Winter hat die Reichsregierung die Erhöhung der Arbeitslosenunterstützung ins Auge gefaßt, weil sie davon ausgeht, daß auf Grund des Wirtschaftsplans die Arbeitslosengiffer fintt. Es kommt jegt zum guten Teil auf die Haltung der Ge merkschaften und der Arbeiter an, ob diese natürliche Boraus fegung eintreten kann. Auf alle Fälle hält die Reichsregierung an ihrem Wirtschaftsplan und an der Verordnung fest."

Mit der Verlautbarung des Reichsarbeitsministers ist der Konflikt, den das Kabinett der Barone durch seine Ver­ordnungen heraufbeschworen hat, noch außerordentlich verschärft worden!

Binsfenfung und Kontingente.

Vor der Verkündung des Regierungsprogramms. Zie der Reichskanzler vor vier Wochen auf der westfälische Bauerntagung das Wirtschaftsprogramm des Papen  - Kabinetts ver­kündete, wird der Reichsernährungsminister Freiherr von Braun  die Versammlung bayerischer Bauernvereine am Montag in München  zum Anlaß nehmen, um die am Freitag gefaßten Beschlüsse über die Begrenzung der Einfuhr durch Kontingente und die 3inssentung befannt zu geben.

Obwohl noch keine Einzelheiten über das neue Regierungspro­gramm in die Deffentlichkeit gedrungen sind, steht fest, daß die wahn­mizigen Forderungen der Agrarier auf eigenmächtige allgemeine Kontingentierung landwirtschaftlicher Beredelungsprodukte im Rabi nett nicht durchgedrungen sind. Der scharfe Protest aus allen Kreisen der industriellen Arbeitnehmer- und Unternehmer organisationen hat offensichtlich seinen Zweck nicht verfehlt. In dem Duell zwischen dem Wirtschaftsminister Warmbold und dem Agrar­minister von Braun scheint der Wortführer der agrarischen Interessen zweiter Sieger geblieben zu sein. Offenbar wird die Regierung bei den wichtigsten Kontingenten versuchen, sich mit den betroffenen Ländern auf dem Verhandlungswege zu einigen.

Gegen diesen Versuch, die neueste Lohnkürzung den In der Zinsfrage tommt eine nochmalige allgemeine Arbeitern mit Gewalt aufzuzwingen, muß schärfft er 3inssentung für Rentenwerte nach den bisherigen Verlautbarungen Widerspruch erhoben werden. Nach dem Gesetz, wie gleichfalls nicht mehr in Frage. Die Zinssenkung wird voraus­nach der Rechtsprechung fann ein Tarifvertrag sichtlich darauf hinauslaufen, daß die Zinsen von landwirtschaftlichen während seiner Laufzeit nicht abgeändert, hypotheken, die von Kreditinstituten gegeben sind, auf 4 Broz. noch kann von ihm abgegangen werden, es sei denn, daß gesenkt werden. Die Differenz von 2 Broz. wird das Reich zunächst beide Parteien hierzu ihre Zustimmung geben. Wenn für drei Jahre vergüten, so daß die ganze Aktion auf eine neue fh die eine social nicht mehr an den Vertrag häit, so ist gewaltige Subvention der landwirtschaftlichen Hypotheken­auch die andere Partei nicht mehr an die Friedenspflicht schuldner   hinausläuft, die für die vorgesehene Stundung von drei gebunden. Ob eine Partei die Friedenspflicht verlegt, dar Jahren das Reich die runde Summe von 200 mit. über entscheidet nicht die Regierung, sondern das Arbeits- lionen Mart tosten dürfte.

Kein Wohlfahrtsstaat! Das sagt in kürzester Form, wie das werktätige Volk heute unter dem Kabinett der Barone den Staat erlebt. Es fühlt den Druck der kapitalistischen  Offensive, es muß sich dagegen wehren. Das ist das große Kampfproblem, das im Mittelpunkt der Politik steht!

Die kapitalistische Offensive ist auf erbitterten Widerstand gestoßen, auf echten, zähen Kampfwillen, auf die Entschlossen­heit von Kämpfern, nicht von Maulhelden. Die freien Ge­werkschaften haben erklärt, daß sie in der Tariflohnsentung blicken, und daß sie ihre Anwendung durch Kampfmaßnahmen einen verfassungswidrigen Einbruch in das Tarifrecht er­in den Betrieben beantworten würden. In einer großen An­zahl von Betrieben haben sich die Arbeiter gegen weitere Lohnsenkungen zur Wehr gesezt, diese Abwehr­fämpfe haben in vielen Fällen zum Erfolg geführt.

Das sind wirkliche Kämpfe! Sie vollziehen sich ohne Lärm, ganz unromantisch, aber in ihnen tritt die echte Kämpfergesinnung und das wahre Heldentum zutage. Denn der Arbeiter, der den Abwehrkampf gegen die Offensive des Unternehmertums führt, schlägt seine und seiner Familie Existenz in die Schanze! Bei diesen Kämpfen geht es in jedem einzelnen Betrieb um die Sache der gesamten Ar­beiterschaft, um die Verteidigung ihres Rechts und ihrer Eristenzgrundlage! Gelänge der neue Lohnraubfeldzug des Unternehmertums, so würde die Arbeiterschaft weiter ge­schwächt werden, mit dem Sinten ihrer Kaufkraft würde die Wirtschaftsschrumpfung weiter gehen. Je niedriger die Löhne, um so höher die Zahl der Erwerbslosen  !

Die organisierten Arbeiter waren immer bereit, durch Kürzung der Arbeitszeit Plaz zu schaffen für die Erwerbslosen, und dafür Lohnopfer zu tragen- bei dem Papen- Plan aber handelt es sich darum, den im Ar­des beitsbeschaffungsprogramm ADG B. niedergelegten Gedanken zu verfälschen, die Erwerbs­Losen zu niedrigsten Löhnen einzustellen und die Löhne der