Stockholm , 24. September. (Eigenbericht.) Die sozialdemokratische Minderheitsregie- r u n g hat am Sonnabendnachmittag ihr Amt angetreten. In dem Regierungsprogramm des Kabinetts Per /Dansson, das am Sonnabend bekanntgegeben wurde, heißt es: Als Grundlage ihrer Arbeit wird der Regierung das von der Sozial- demokratischen Partei bei den Reichstagswahlen aufgestellte Pro- gramm dienen. Die Abdrosselungspolitik, die von einigen Staaten betrieben worden ist, hat die ökonomische Krise nur noch verschärft. Der sich daraus ergebende Rückgang des internationalen Warenaustausches hat ein katastrophales Sinken der Produktion und eine entsprechende Arbeitslosigkeit zur Folge gehabt. Die Regierung hofft die gegenwärtige Krise durch die Beseitigung der Zoll- mauern beseitigen zu können. Es werden Mahnahmen zur Regelung des Imports und Exports getroffen werden müssen, jedoch nur insofern als sie den Grundprinzipien des Freihandels nicht widersprechen.
Hanffons sozialistisches Programm. Gegen Zollmauern und Rüstungen- für Arbeitsbeschaffung und wirtschaftliche Gtaatskontrolle.
Als ihre wichtigste Aufgabe betrachtet es die Regierung, den Opfern der Krise zu Helsen , was in erster Liltie durch die vom Staat zu schaffenden neuen Arbeitsmöglichkeiten geschehen soll. Die Arbeitslosenver- sicherung bedarf weitgehender Reformen. Durch die Reorganisation des Kriegswesens wird die Regierung versuchen, alle damit zusammenhängenden Ausgaben weitgehend zu kürzen Ereignisse der letzten Zeit, die das ökonomisch« und moralische Ansehen des Landes schwer getroffen haben, haben das Problem einer gesellschastlichen Kontrolle der Handhabung der ökonomischen Werte der Ration in den Vordergrund gerückt. Die schwedische Außenpolitik verfolgt in erster Linie das Ziel, alle Bestrebungen zum Abbau der inter - nationalen militärischen und ökonomischen Rüstungen zu unter- stützen.
Völkerbund und Mandschurei. Scharfe Roie, aber klägliche Beschlüsse.
Genf , 24. September. (Eigenbericht.) Der Völkerbundsrat hat die Verössenllichung des Mand schurei -Berichts und seine Ueberreichung in Ranking und Tokio auf den 4. Oktober festgesetzt. Der Rat wird erst am 14. Rovember zur Prüfung des Berichts zusammentreten, da die von Zapan beantragte Frist von sechs Wochen zwischen Veröffentlichung und Aussprache einstimmig gewährt wurde. Präsident de V a l e r a stellt im Verlauf der Sonnabend-Sihung des Rates fest, daß Japan die Regelung des Falles präjudiziert habe durch An- erkennung der Mandschurei und den Abschluß eines Vertrages mit ihrer Regierung. Der Rat stehe also vor einer wesentlich erschwerten Ausgabe, deren Ernst niemand verkennen könne. Japan erpreßt— der Völkerbund kapituliert. Die nach dem fernen Osten entsandte Untersuchung?- kommission des Völkerbundes ist nach mehr als halb- jähriger Abwesenheit wieder nach Europa zurückgekehrt. Der von ihr verfaßte, etwa 40 Seiten lange Bericht ist dem Völkerbundssekretariat bereits übergeben worden. Ueber seinen Inhalt ist zunächst strengstes Stillschweigen bewahrt worden. Doch sickert jetzt über die Grund- tendenzen dieses Dokuments so viel durch, daß es im wesentlichen für Japan ungünstig ausgefallen ist. Das geht auch daraus deutlich hervor, daß die Japaner neuer- dings eine außerordentliche Nervosität an den Tag legen und die Behandlung des Berichtes während der Jahresversammlung des Völkerbundes zu hintertreiben bemüht find. Sie wollen nach der bewährten Taktik, die ihnen seit einem Jahr bisher immer geglückt ist, abermals Zeit gewinnen. Unter dem Dorwand, daß die japanische Regierung genügend Zeit haben müsse, um den Be> richt zu studieren und Gegenbemerkungen zu verfassen, hat Japan in Genf eine sechswöchige Frist beantragt und erreicht, vor deren Ablauf das Dokument nicht zur offiziellen Berawng durch den Völkerbundsrat und durch die Völkerbundsversammlung ge- langen kann. Inzwischen wird Japan sein förmliche» Pro- t e k t o r a t über den von ihm selbst ins Leben gerufenen, angeblich unabhängigen Staat Mandschutuo befestigen können. Aber gerade gegen die Schaffung dieser angeblich unabhängigen Mandschurei, die zu 35 Proz. von Chinesen bevölkert ist, soll die Dölkerbundskommission scharfen Protest eingelegt haben. Somit wird die Hinausschiebung der Völkerbundsberatungen über den Kommissionsbericht nichts anderes bedeuten als die Verleugnung der Arbeiten der Kommissionsmitglieder und eine weitere V o r s ch u b- l e i st u n g für die imperialistischen Pläne der japanischen Militärs und Annektionspolitiker. Diese abermalige Kapitulation des Völkerbundes vor dem japanischen Imperialismus wird nur dazu beitragen, das Ansehen der Genfer Institution in der Welt, das durch seine
schwächliche und dilatorische Behandlung des chinesisch-japanischen Konflikts bereits schwer gelitten hat, noch mehr zu schädigen. Aber Japan scheint durch seine regelmäßig wiederholte Drohung, aus dem Völkerbund fosort auszuscheiden, falls sich Genf in„seine" An- gelegenheiten einmisch«, alles zu erreichen. Diese erpresserische Drohung hat man bereits zu jener Zeit vernommen, als der Völkerbund einen schüchternen Versuch unternahm, dem Massaker der chinesischen Zivilbevölkerung von Schanghai durch japanische Land-, See- und Luststreitkräste Einhalt zu gebieten. Wieder einmal hat die führende Völkerbundsbürokratie das Signal zur Kapitulation von den japanischen Militaristen gegeben! (5in tolles Lust-Husarenffück. Mukden, 24. September. Aus dem japanischen Flugplatz in Mukden wurden am hellen Tage sechs japanische kriegsslugzeuge von Chi- nesen gestohlen. Die Chinesen hallen sich als Maler aus- gegeben und waren von der Plahwache in die Flugzeugschuppen eingelassen worden. Plötzlich erhoben sich sechs Flugzeuge kurz hintereinander in d'e Lufl. Als japanische Flieger die ver- solgung aufnehmen wollten, mußten sie feststellen, daß die noch vorhandenen Maschinen unbrauchbar gemacht worden waren. Hochbetrieb hinter den Genfer Kulissen. Gens, 24. September. (Eigenberichk.) Am Sonnabend fanden in Genf zahlreiche Besprechungen über die Möglichkeit einer Rückkehr Deutschlands zu den Beratungen des Büros der Abrüstungskonferenz statt. Am Vormittag hatte der englische Außenminister Sir John Simon eine Besprechung mit dem französischen Kriegeminister Paul Boncour . Ueber den Ausgang dieser Besprechungen wird Stillschweigen bewahrt. Abends reiste der sranzösische Kriegsminister nach Paris , um dem französischen Kabinett über die Mitteilungen des englischen Außenministers Bericht zu erstatten. Am Nachmittag suchte Reichsaußenminister von Neurath den Präsidenten der Abrüstungskonferenz Henderson auf. Beide haben nach dem offiziellen Kommunique über diese Besprechung die Entwicklung der Situation auf der Abrüstungskonferenz in freund- schaftlicher Form durchgesprochen. Irgendwelche Beschlüsse lstitten nach Lage der Sache nicht gefaßt werden können. Die I n i t i a t i v e zu dieser Aussprache soll von Henderson ausgegangen sein. Rückgabe der japanischen Völkerbundsmandate an Deutschland . Washington , 24. September. Aus guter Quelle verlautet, daß in Genf ein Plan ausgearbeitet werde, die von Japan oerwalleten Südseemandate an Deutschland zurückzugeben, falls Japan aus dem Völker- bund austreten sollte.
Hetriebsarbetter aus ein nicht mehr erträgliches Minimum herabzudrücken! In den Betrieben wird deshalb nicht nur das Recht und die Lebenshaltung der in Arbeit stehenden Prole- tarier verteidigt, sondern auch das Recht und die Zu» kunftsaussichten der Erwerbslosen ! Die oberste Forderung des Widerstandes gegen die kapitalistische Offensive heißt deshalb: Solidarität des gesamten Proletariats! Die Kräfte der Reaktion stützen sich auf die Hoffnung, daß entsetzliche Not und jahrelange Erwerbs- losigkeit den Willen der Erwerbslosen zur Solidarität ge- brachen hätten, sie haben es mehr als einmal zynisch ausge» sprachen! Diese Hoffnung der Reaktion muß zuschanden werden. Der kapitalistischen Offensive muß der einmütige Abwehrwille des gesamten Proletariats entgegenstehen! » Das Unternehmertum schreit nach Anwendung von staatlichen Machtmitteln gegen streikende Arbeiter und gegen die Gewerkschaften. Das Organ der Scharfmacher, die„DAZ.", fordert, daß man im Arbeit- nehmerlager die Lohnsenkungen stumm und ergeben hin- nehmen soll,„sonst"— so droht sie—„könnte es sich als notwendig herausstellen, von schärferen gesetzlichen Maßregeln Gebrauch zu machen". Die reaktiv- näre Gewalt soll gegen die Abwehrkämpfe der Arbeiterschaft mobil gemacht werden! Der Reichsarbeitsmini st er will diesen Unter- nehmerforderungen entsprechen. Er hat eine Erklärung ver- öffentlicht, in der er den kämpfenden Arbeitern Verletzung der tariflichen Friedenspflicht vorwirft und dunkle D r o h u n- gen gegen die Gewerkschaften ausstößt. Das ist ein Alarmsignal, das der gesamten Ar- beiterschaft die Bedeutung des Kampfes klarmachen muß, den sie zu führen hat. Sie muß im politischen Kampfe ihre Rechte, ihre Organisationen, ihre Kampfmöglichkeiten verteidigen gegen den Ansturm der Reaktion! Die sozialdemokratischen Arbeiter werden in diesem Kampf der gesamten Arbeiter- schaft das Beispiel geben, wie ernsthaft die Rechte und die Wohlfahrt des Volkes verteidigt werden! Die Gewerkschaften werden sich gegen den ver- fassungswidrigen Einbruch in das Tarifrecht wie gegen die Lohndruckoffensive mit allen gesetzlichen Mitteln zur Wehr setzen. Die Sozialdemokratische Partei hat ein Volksbegehren beantragt, durch das der sozialpolitische Teil der Papen-Verordnung, die Grundlage der Lohndruckoffensive, außer Kraft gesetzt werden soll. Das ist der politische Gegenschlag gegen die Pläne der sozialen Reaktion, wie sie der Reichsarbeitsminister des Kabinetts der Barone enthüllt hat! Dafür gilt es jetzt, die Einheitsfront des gesamten Proletariats herzustellen! Die Maulhelden in der braunen Uniform, die durch ihr Treiben die Sache der Reaktion befördern, und die Schreier mit dem Sowjetstern, die eine einheitliche Kampffront der Arbeiterschaft verhindern, müssen beiseite geschoben werden! In der sozialdemokratischen Arbeiterschaft lebt nicht das Mauheldentum, wohl aber der wahre Kampfgeist! Der sozialdemokratische K a m p f g e i st, das ist die Hoffnung des arbeitenden Volkes, ist die Sorge der politischen und sozialen Reaktion. Jetzt ist es an der Zeit, diesen Kampf- geist zu zeigen!_
Reichsbanner aufgelöst— Nun erst recht Reichsbanner! Der preußische Staatskommissar Dr. Bracht hat den unzweideutigen Beweis geliefert, daß er seine Funktionen völlig einseitig gegen das Reichsbanner ausübt. Er hat die Ortsgruppen Richtenberg und Oh lau des Reichsbanners aufgelöst mit einer Begründung, die einer Be- schimpfung der großen republikanischen Organisation gleich- kommt. Von einer Auflösung von SA.- Stürmen ist keine Rede. Nach wie vor existiert die Organisation der Bombenwerfer, der Brandstifter, der Mörder in O st» preußen! Nach wie vor hat der grauenhafte Mord von Potempa nicht zu einer Auflösung der beteiligten SA.-Organi- sationen geführt. Hier geschieht nichts— aber Reichsbannerortsgruppen werden aufgelöst! Diese Schaffung von zweierleiRecht, diese oftenkundige Einseitigkeit wird den berechtigten Zorn aller hervorrufen, die noch Sinn für Gerechtigkeit haben! Sie wird den Willen verstärken, Herrn Bracht und seine Leute hinwegzufegen! Wir werden mit um so größerer Aktivität dafür sorgen, daß bei den kommenden Wahlen den Bracht und Genossen bewiesen wird, daß nichts hinter ihnen steht! Nun erst recht Reichsbannerl Wenn ein in Preußen kommissarisch eingesetzter Innenminister ohne oerfassungs- mäßige Grundlage die Augen zudrückt gegenüber den Organi- sationen von Mördern und Bombenwerfern, und dafür Reichs- bannerortsgruppen verbietet, müssen die Republikaner erst recht auf der Wacht sein. Ihre Gesinnung und ihr Wille und ihre Zusammengehörigkeit läßt sich nämlich nicht auflösen!
Llm den Termin der Gemeindewahlen. Einberufung des preußischen Staatsrats Der Preußische Staatsrat ist nunmehr für Donnerstag nächster Woche einberufen worden. Auf der Tagesordnung der Vollsitzung steht die Stellungnahme zu dem vom Landtag gefaßten Beschluß, am K. November gleichzeitig mit der Reichstagswahl die Neu- wähl der Gemeindevertretungen stattfinden zu lassen. Am Tage vorher treten der Verfassung?- und der Gemeindeausschuß des Staatsrats zu einer gemeinsamen Sitzung sowie auch die Fraktionen zwecks Stellungnahme zu der Vorlage zusammen. In parlamentarischen Kreisen wird damit gerechnet, daß«ine Mehrheit des Staatsrats gegen den Landtagsbeschluh Einspruch einlegt.
verbal kommunistischer Veranstaltungen. Der Polizeipräsident von Altona-Wandsbek hat die Vervtrswltungen anläßlich des sogenannten Roten Massensporttag«? am 25. September in Altona verboten.
Schiedsspruch im Ruhrbergbau Llnternehmer gegen Lohn-, Arbeiter gegen Arbeitszeit- Verlängerung. Essen, 24. September. Zn dem Lohnstreit Im Ruhrbergbau fällte der Schlichter. Professor Dr. Drahn, einen Schiedsspruch, wonach der L o h n t a r i s unverändert auf vier Monate verlängert wird. Das M e h r- arbeltszeitabkommen wird mit einigen redaktionellen Aenderungen in den Rahmentaris aufgenommen, wodurch für das Mehrarbeitszeitabkommen die Kündigungsfrist des Rahmen- tarifs gültig wird. Der Rahmentaris ist erstmalig am 1. Februar ISZZ zum 1. April 1333 kündbar. Nach dem Schiedsspruch sollen Löhne und Arbeitszeit unver. ändert bleiben, das Mehrarbeitszeitabkommen jedoch beseitigt, die achtstündige Schichtzeit an Stelle der gesetzlichen Sieben st undenschicht als tarifliche Arbeitszeit festgelegt werden. Dieser Teil des Schiedsspruchs, der den befristeten freiwilligen Verzicht auf die gesetzliche sieben- stündige Schichtzeit zu einem dauernden macht, die Siebenstunden- schicht in die Achtstundenschicht verwandelt und damit den Berg- arbeitern nicht nur den gesetzlichen Anspruch nimmt, sondern ihnen diesen auch als Kopipensalionsobjekt aus der Hand schlägt, wird damit begründet, daß jetzt nicht mehr dreimal gekündigt werden kann, sondern nur noch der Lohntarif und der Manteltarif, aber nicht mehr das Mehrarbeitszeitabkommen. Der Zechenverband stimmt der Beseitigung des Mehr- arbeitszeitabkommens zugunsten der Achtstundenschicht natürlich zu, den Lohnschiedsspruch lehnt er ab, weil er eine weitere Lohnverschlechterung für vier Monate verhütet. Die Gewerkschaften dagegen nahmen den Lohn»
schiedsspruch an, lehnten jedoch den Arbeitszeit- schiedsspruch ab, da ihnen dieser Preis eines dauernden Verlustes für die vier Monate Lohnsrieden zu hoch ist. Die Erklärungsfrist läuft am Montag ab, Nachverhand- l u n g e n sind bereits zu Dienstagvormittag, 13 Uhr, im Reichs- arbeitsministerium angesetzt. Sozialdemokratische Schulanträge. Die sozialdemokratische Fraktion des Preußischen Landtags hat eine Reihe das Schulwesen betreffende Anträge eingebracht. Unter anderem wird eine Einwirkung auf die Gemeinden dahin gefordert, daß diese in ihren Haushalt die der Notlage weiter Volksschichten entsprechenden Mittel zur Gewährung von unentgelt« lichen Lernmitteln einstellen, und besonders finanzschwachen Gemeinden seien gegebenenfalls Staatszuschüsse zu gewähren. Die Ausnahmebehandlung dissidentischer Schulamtsbewerber hinsichtlich chrer entgültigen Anstellung soll beseitigt werden. Weiter wird das Staatsministerium er- sucht, ollen Schularten Preußens erneut zur Aufgabe zu machen, auf der Grundlage und in Ergänzung der Erziehung zum eigenen Volks- tum den Gedanken der Notwendigkeit der Verständigung und der Zusammenarbeit der Völker zu pflegen. Ferner sollen alle Vorbereitungen getroffen werden, um Ostern 1333 das 3. Volksschuljahr allgemein durchzuführen. Weiter soll das Staatsministerium die durch den Kultusminister Grimme geschaffene Junglehrer fürsorge auf alle Junglehrer und Junglehrerinnen ausdehnen, um damit eine Verbindung des gesamten Lehrernachwuchses mit der Schule zu erreichen. Schließlich wird eine Abänderung der Bestimmungen über die Zulassung zu den Hochschulen dahin gewünscht, daß der Zugang zu den Hochschulen nicht allein vom Durchlaufen einer höheren Schule abhängig gemacht wird, sondern auch die Erprobung im Berussleben und die Ausbildung in Fachschulen al, Vorbereitung für da» Studium voll gewertet werden.