Staatsanwalt überfallen
Vor dem Jugendgericht niedergeschlagen
Vor dem Jugendgericht Stralauer Straße fand heute morgen ein unerhört gemeiner Ueberfall statt. Der Jugend- Staatsanwalt Hoelz wurde von drei jungen Burschen auf der Straße, unmittelbar vor dem Eingang zum Jugendgericht, niedergeschlagen. Er erhielt einen Fußtritt gegen den Oberschenkel JugendStaatsanwalt Hoelz ist schwerkriegsbeschädigt und lahmt und einen Fauchschlag auf den Kopf. Der Arzt stellte eine leichte Gehirnerschütterung und einen Bluterguß am Oberschenkel fest.
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Bon den drei jungen Burschen fehlt bisher jede Spur. Sie sind unerkannt entkommen. Der Pförtner hatte einige Burschen vor dem Gebäude herumlungern sehen, ohne auf sie weiter acht zu geben. Ob der Ueberfall aus politischen Motiven oder aus irgendwelchen anderen Gründen begangen wurde, läßt sich im Augenblick noch schwer sagen. Staatsanwaltschaftsrat Hoelz, deffen Strafanträge in der Regel sehr milde sind, war gestern in einem Prozeß gegen Nationalsozialisten, die sich als Minderjährige vor der Sonderkammer des Jugendgerichts zu verantworten hatten, gezwungen, hohe Strafanträge zu stellen. Das Gericht hat gegen einen der an
geklagten Nationalsozialisten auf 1 Jahr Zuchthaus erkannt. Ob die Täter in den Reihen der Nationalsozialisten zu suchen sind, dürfte erst die Untersuchung ergeben. Der Präsident des Amtsgerichts hat für die Zukunft Sicherungsmaßnahmen angeordnet.
Staatsanwaltschaftsrat Dr. Hoelz ist eine der erfreulichsten Erscheinungen in Moabit . Seine warme Anteilnahme an dem Schicksal der jungen Leute, die er anzuflagen hat, sein ständiges Streben, ihnen in jeder Weise zu helfen, hat ihm allgemeine Sympathien eingebracht.
Die Rechtsnot
Konferenz erst am 4. Oktober
Die Deutsche Liga für Menschenrechte" bittet uns, darauf hinzuweisen, daß die Konferenz ,, Die Rechtsnot in Deutschland " nicht wie vorgesehen am Sonnabend, dem 1. Oktober, stattfindet, sondern wegen Verhinderung eines Referenten nunmehr am Dienstag, dem 4. Oktober, um 19.30 Uhr, im Plenarsaal des ehemaligen Herrenhauses, Leipziger Str. 3, stattfinden wird.
Kontrolle unerwünscht
Litten als Zeuge
Reinfall der Nazi- Anwälte
Auf Antrag der Nazianwälte im kommunistenprozeß vor dem Sondergericht wurde der Berteidiger Rechtsanwalt Dr. Litten als Zeuge vernommen. Die Aussage aber, die dann erfolgte, hatten sich die Nazianwälte denn doch nicht gedacht; sie wurde für sie ein großer Reinfall.
R.-A. Dr. Litten gab ausführlich den Inhalt seiner Reden wieder, die er auf verschiedenen kommunistischen Versammlungen aus Anlaß der Vorfälle in der Röntgenstraße gehalten hat. Er zählte
fämtliche Schand- und Bluttaten des Mordffurms 33
auf, ein ansehnliches Register. Die Nazianwälte saßen mit rotem Kopf da. Die Richter machten große Augen. Daß es um den Mordsturm 33 so schlimm bestellt ist, haben sie doch nicht geahnt. R.-A. Dr. Litten kam dann auf die Bernehmungen zu sprechen, die er in seinem Büro vorgenommen hat. Den angeklagten Kommunisten war es darum zu tun, die Nazischützen ausfindig zu machen; sie benannten sie deshalb ihrem Anwalt, sämtliche Teilnehmer der Sizung am 29. August im Lokal Willmann. R.-A. Dr. Litten
That dem Gericht nur diejenigen Zeugen namhaft
Reichsfinanzminister will nicht gestört werden
Im Bezirk des Landesfinanzamts Oberschlesien hatten sich mehrere Beamte der Reichszollverwaltung im Dienst in auffälliger Weise für die nationalsozialistische Bewegung betätigt.
Als die Republikanische Beschwerdestelle Berlin das Material hierüber, noch vor Uebernahme der Geschäfte durch das Adelskabinett, dem Reichsfinanzminister unterbreitete, befam sie die Nachricht, daß vor einiger Zeit eine allgemeine Anordnung des Inhalts ergangen sei, daß bei Anzeigen gegen Beamte wegen unzulässiger politischer Betätigung der Name der Person, auf deren Wahrnehmungen die Anzeige beruht, angege= ben werden müsse. Würde dieser Aufforderung nicht Folge geleistet, so sei auf die Anzeige nichts zu veranlassen.
Darauf vertrat die Republikanische Beschwerdestelle den selbstverständlichen Standpunkt, daß der Minister dann in entsprechender Weise auch dafür Sorge tragen müsse, daß die republiktreuen Be
amten vor jeglichem Terror von nationalsozialistischer Seite aus geschützt werden müßten. Kein Beamter würde über irgendwelche politischen Verſtöße in Zukunft noch etwas melden, wenn er dadurch schwere Nachteile zu gewärtigen habe.
Dieses ganze Vorbringen hat nun der neue Reichsfinanzminister im Bapen- Kabinett dahingehend furzerhand entschieden, daß irgendwelche Mißstände in der Behörde selbst erledigt werden müffen. Der Minister schließt wörtlich:
„ Die Mitteilung von Verfehlungen eines Amtsgenossen an eine außerhalb der Verwal tung stehende Organisation oder private Stelle ist nach meiner Auffassung mit den Pflichten eines Beamten nicht vereinbar."
Die Behördenvorstände wünschen also schön unter sich zu bleiben, damit ja nicht irgendmie das Volk sich um die inneren dienstlichen Dinge fümmert. Die Unfehlbarkeit der Behörden könnte ja Schaden nehmen.
gemacht, die wirklich etwas Wesentliches zu be= funden wußten, und zwar nur mit Einwilligung der Zeugen selbst, da sie ja Gefahr liefen, wegen Landfriedensbruchs zur Verantwortung gezogen zu werden. R.-A. Dr. Litten bestreitet, die von ihm Bernommenen auf Widersprüche aufmerksam gemacht zu haben; er habe sie alle ermahnt, die Wahrheit zu sagen. Der Anwalt wehrte sich auch mit aller Entschiedenheit
gegen die Verdächtigung der Nazianwälte,
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er habe in Versammlungen die fommunistischen Zeugen zum Meineid aufgefordert. Trogdem beantragten die Herren entgegen ihrer ursprünglichen Behauptung, sie wünschten durchaus nicht, daß Dr. Litten nach seiner Aussage als Verteidiger aus dem Prozeß ausscheiden möge ihn nicht zu vereidigen. Ein entsprechender Beschluß des Gerichts hätte aber unbedingtes Ausscheiden Dr. Littens aus diesem Prozeß zur Folge. Staatsanwaltschaftsrat Dr. Wagner stellt dem Gericht anheim, Dr. Litten zu vereidigen. Die Naziver teidiger erhalten von R.-A. Dr. Rosenfeld eine
Wirtschaftsführung
scharfe Abfuhr. Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück.
Nach längerer Beratung beschließt das Gericht Rechtsanwalt Dr. Litten als Zeugen zu vereidigen. Die Nazianwälte fizzen mit langen Gesichtern da.
Der 23jährige fommunistische Arbeiter Willi Faltin, der gestern mittag in der Hermannstraße in Neukölln das Opfer eines nationalsozialistischen Mordanschlages geworden ist, liegt noch immer im Neuköllner Krankenhaus bewußtlos danieder. Die Aerzte versuchen alles, trotz der schweren Schußverlegungen, die Faltin erlitten hat, den Arbeiter am Leben zu erhalten. Das Befinden des durch einen Kieferschuß verletzten Kaufmannes Lange hat sich soweit gebessert, daß Gefahr nicht mehr besteht. Der 18jährige nationalsozialistische Mordschüße Heinz Schüler wird heute dem Vernehmungsrichter vorgeführt. Die furchtbare Bluttat des Jugendlichen erscheint um so verwerflicher, als Faltin und Schüler, der damals noch der Kommunistischen Partei angehörte, gute Freunde waren.
Kommunist halb tot geschlagen
An der Ede Hanke- und Linienstraße wurde in den gestrigen späten Abendstunden abermals ein tommunistischer Arbeiter von Hakenkreuzlern überfallen und in der brutalsten Weise mißhandelt. Mit einem schweren Schädelbruch wurde der Mann, ein 33jähriger Arbeiter Richard Fredrich aus der Weinstraße, ins Krankenhaus am Friedrichshain gebracht. Gegen 22 Uhr marschierte ein Trupp von etwa 40 bis 50 Nationalsozialisten, die von einer Versammlung tamen, durch die Linienstraße. Dem Trupp liefen fünf Kommunisten direkt in die Arme. Die HitlerBurschen schlugen sofort auf die Kommunisten ein. Bier von ihnen gelang es zu flüchten, der Arbeiter Fredrich dagegen wurde von den entmenschten Burschen ergriffen, zu Boden geschlagen und solange mit Fußtritten bearbeitet, bis er das Bewußtsein verlor. Das alarmierte Ueberfalltommando Hirtenstraße" nahm die Verfolgung der Banditen auf und nach längerer Berfolgung fonnten 26 uniformierte Hitler - Gardisten feftgenommen werden.
enttamen. Mehrere schwer verlegte Bäst e mußten zur Rettungsstelle und ins St. Josef= Krankenhaus gebracht werden.
Aktien beim Bruder
Neues aus der Kreuger- Affäre
Vor einigen Tagen traf aus Stockholm die Nachricht ein, daß das gesamte Privatver= mögen des Generalfonfuls Kreuger, Bruders von Ivar Kreuger , von der Gerichtskommission beschlagnahmt wurde.
Die Hintergründe der Beschlagnahme wurden zwar nicht erörtert, sind aber wert, erwähnt zu werden, da sie ein sehr bezeichnendes Licht auf die Familie Kreuger werfen.
Einem Stockholmer Detektiv gelang es nachzuweisen, daß Ivar Kreuger kurz vor seiner letzten Abreise nach New York eine größere Menge Attienpatete abgehoben hatte, ohne daß man nachweisen konnte, wo diese Pakete, die einen Wert von 15 Millionen Kronen repräsentierten, geblieben waren. Die Aktien waren für alle Untersuchungskommissionen unauffindbar.
Vorige Woche nun fand man ein Kalenderblatt, auf dem Ivar Kreuger handschriftlich vermerkt hatte:„ Aktien an meinen Bruder." Und nun erfährt man folgendes. Ivar Kreuger hatte, die Katastrophe vorausahnend, seiner Berwandtschaft größere Werte aus dem Besitz seiner Gesellschaften übergeben. Der Bruder Kreugers, Generalkonsul Torsten Kreuger , hatte es anscheinend versäumt", dem Gericht diese Aktienübergabe zu melden. Jetzt erst erfuhr man davon und ging deshalb mit einer Beschlagnahme des gesamten Privatver mögens des Generalkonsuls vor. Die Aktien, die es zu beschlagnahmen gelang, sind aber heute ,, nur" noch 2½ Millionen Kronen mert. Man mußte deshalb auch andere Teile des Privatvermögens der Kreuger - Familie sicherstellen, um für die vielen Geschädigten dieses fapitalistischen Standals wenigstens einen Bruchteil ihrer Berlufte zu retten. Die Geschädigten sind vor allen Dingen Angehörige des schwedischen Mittelstandes.
Asphaltring gesprengt Magistrat gegen Arbeitsgemeinschaft
In Berlin besteht eine Arbeitsgemeinschaft" der Asphaltfirmen, die sehr betriebsam in Erscheinung fritt, wenn die Stadt auf dem Wege der Ausfchreibung größere Aufträge zu vergeben hat. Man treibt hier eine Preispolitik, der sich die Stadt im Interesse der Allgemeinheit nicht mehr beugen durfte.
Kürzlich hatte der Magistrat wiederum be schlossen, Arbeiten auf dem Gebiet des Straßen
baues im Gesamtbetrage pon etwa 6 Millionen Mark ausführen zu lassen. Die Mittel hierfür werden von der Reichsregierung durch Vermitt lung der Deutschen Gesellschaft für öffentliche Ar beiten und aus Zuschüssen der merteschaffenden Arbeitslosenfürsorge der Stadt Berlin zur Ber fügung gestellt.
Die Angebote brachten, soweit es sich um ge= pflasterte Straßen handelte, feine Ueberraschung. Der Zuschlag für diese Arbeiten fonnte bald verteilt werden. Dagegen zeigte es sich bei den Angeboten für Asphalt und Teer straßen, daß sich der weit überwiegende Teil der Berliner und mehrere größere auswärtige Firmen zu einer Arbeitsgemeinschaft" zufammengeschlossen hatten, die ein einheitliches, nach der Ueberzeugung des Magistrats zu hohes An gebot abgegeben hatten. Der Magistrat war der Ansicht, daß er trotz der Eilbedürftigkeit der Arbeiten sich auf keinen Fall übersteigerte Preise von einem Ring diftieren lassen dürfe, da hierdurch die Interessen der Allgemeinheit auf das schwerste geschädigt würden. Er hat deshalb Zu schläge nur auf einzelne Lose an außerhalb des Rings stehende Firmen mit erheblich billigeren Breisen erteilt und im übrigen die Ausschreibung aufgehoben.
Granaten als Sport
Die Ausreden eines Bombenwerfers Kiel , 1. Oftober. Eigener Bericht
In Schleswig- Holstein fißt eine ganze Anzahl SS.- Leute wegen der Handgranatenanschläge in Untersuchungshaft. Gegen einen dieser Leute, den SS. Mann Schmidt aus Kiel , verhandelte jetzt das Kieler Sondergericht. Zur Anklage stand allerdings noch nicht der Handgranatenanschlag auf das Warenhaus Karstadt in Kiel , dessen Schmidt dringend verdächtig ist, sondern nur ein Bergehen gegen das Schußmaffengesetz und Kriegsgerätegesetz.
Bei diesem SS.- Mann fand die Kriminalpolizei bei der Haussuchung nämlich eine scharfe Handgranate und eine Browningpistole mit 12 Schuß Munition. Der SS.Mann will die Handgranate beim Egerzieren ge funden haben. Er will sie nur als lebungsgranate angesehen haben.
Sein nationalsozialistischer Verteidiger wagte zu behaupten, daß der SS.- Mann doch nichts ,, Böses" mit der Handgranate beabsichtigt habe. Sie sei doch nur als Sportgerät gebraucht worden. Die SS. scheint danach die Handgranaten= anschläge auf Warenhäuser, Synagogen, Gemeindehäuser und Konsumvereinsverkaufsstellen
als Sport anzusehen. Das Sondergericht glaubte dem SS.- Mann seine Entschuldigungen nicht, sondern verurteilte ihn zu 3 Monaten und 2 Tagen Gefängnis.
Leute von BVKF.
Der Gastwirt muß die Zeche zahlen
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Mal ist es die politische, mal die großstädtische Unterwelt, die, in schönem Wechsel, immer wieder durch üble Gewalt- und Bluttaten von sich reden macht. War es am Freitag ein Nazistrolch, der in Neukölln durch einen Mord den Landfrieden brach, so war es in der Nacht zum Sonnabend eine ganze Horde Unterweltler, neun Mitglieder des Bruder Vereins Kreuzberger Freunde", die in dem Lokal von Krebs in der Berliner Straße 160 in Tempelhof wie die Irrsinnigen hausten. Als der Wirt ihnen die Getränke ver weigerte, fingen sie sofort eine Schlägerei an. Mit Flaschen, Biergläsern und Stühlen gingen sie auf Wirt und Gäste los. Spiegel wurden zertrümmert und nahezu alles im Lokal demoliert. Als der Wirt das Ueberfallkommando rufen wollte, flüchteten die Leute und
Im Schlaf erdrosselt
15 Jahre Zuchthaus für den Mörder
Das Magdeburger Schwurgericht verurteilte den/ Melter Wilhelm Schliefau wegen Totschlags zu der Höchststrafe von 15 Jahren Zuchthaus und Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 10 Jahren. Schliefau hatte im Juli 1931 in Niederndodeleben den Melker Marquardt im Schlaf erbroffelt und seiner Barschaft beraubt. Nach der Tat flüchtete Schliefau und fonnte erst nach fast einem Jahr im Juni 1932 in Berlin festgenommen werden. Der Staatsanwalt hatte die Todesstrafe beantragt. Der Angeflagte nahm das Urteil sofort an, das damit rechtsfräftig wurde.
Die Mace
Das Parlamentsheiligtum in die Ecke geworfen
London , 1. Oktober. Eigener Bericht Im Parlament von Nordirland ( Ulster ) fam es am Freitag zu einer fenfationellen Szene. Als der Präsident dem einzigen sozialistischen Abgeordneten eine Aussprache über das Arbeitslosenproblem verweigerte, erhob sich dieser, er griff die Mace, das Wahrzeichen der Parlamentswürde, und warf es als Zeichen seines Protestes in die Ecke. Er wurde hierauf aus dem Haus perwiesen.
Wahlrechtsraub an den Armen
Condon, 1. Oftober. Eigener Bericht
Ein Komitee, das über Einsparungen bei städtischen und anderen Behörden berichtete, empfiehlt den Entzug des Stimmrechts für solche Personen, die städtische Armenun terstühung beziehen.
Man sollte es faum für möglich halten, daß im Lande der ältesten freiheitlich demokratischen Tra dition ein solcher Wahlrechtsraub an den Opfern der Krise überhaupt ermogen mird! Im kaiser. lichen Deutschland wurde allerdings den aus öffentlichen Mitteln Unterstüßten das Wahlrecht entzogen. Diese schreiende ungerechtigkeit ist mit vielen anderen durch die Revolution abgeschafft worden. Aber vielleicht wirkt diese Nachricht aus England aufmunternd auf die Kreise um Papen und Gayl, die die verfassungsmäßigen Volksrechte rückwärts revidieren wollen?