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Oberösterreich und striche dort die Häuser braun an."
,, Also die Novemberverbrecher, die Sozialdemokraten, waren es, die damals die Barone wegjagten. Sie erreichten zum erstenmal, daß in Deutschland der arbeitende Mensch mit Schwielen an den Händen als ein gleichberechtigter Staatsbürger betrachtet wurde. Sie erkämpften die Verfassung des allgemeinen gleichen Wahlrechts und des parlamentarischen Systems, auf die sich heute der Herr Reichstagspräsident Göring so gerne beruft. Und nicht nur das! Alles, was die jetzt regierenden Barone dem arbeitenden Volke genommen haben oder was sie ihm noch nehmen wollen, alles, worum heute heiß gerungen wird, ist von den Sozialdemokraten, den Novemberverbrechern, dem deutschen Volke erkämpft worden."
,, Die demokratische Republik ist sie von den Nationalsozialisten aufgebaut worden oder von den Sozialdemo= fraten? Die Arbeitslosenversicherung- hatten etwa die Kommunisten sie erobert oder waren es nicht wiederum die Sozialdemokraten? Das Tarifrecht,
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Mandschurische Regierungstruppen meutern
Charbin , 1. Oktober. angeschlossen haben, sind nunmehr im Besitz des ganzen Gebiets westlich von Hailar. Sie haben einen internationalen Zug bei Anganchi überfallen.
Nach einem bei der Berwaltung der offchinefischen Eisenbahn eingegangenen Telegramm haben die Wachen an der Eisenbahn in der Mandschurei gemeufert, in Mandschuli 68 dort ansässige Japaner getötet, in Puhatu drei Japaner und in Hailar neun. In Mandschuli besetzten sie außerdem das japanische Konsulat. Das Schidjal des Konfuls und des übrigen Konfulatspersonals ist noch unbekannt.
Weitere Ausdehnung
Der chinesische Militäraufstand im Gebiet von Hailar und Mandschuria dehnt sich immer weiter aus. Die Aufständischen, denen sich teilweise mandschurische Regierungstruppen
Genfation im Gondergericht
Urteil
der staatlich geschütte Lohn des Arbeiters Vertagung zwecks Obduktion vor dem war es von der RGO. errungen oder sind es nicht die Gewerkschaften gewesen, die gemeinsam mit der Sozialdemokratie diesen bedeutsamen sozialen Fortschritt verwirklichten?"
,, Das alles, meine lieben Kinder, ist schon ziemlich lange her. Ihr lieft damals noch in feuchten Hosen herum und wußtet nicht, was rund um euch her passierte."
,, So aber geht die Geschichte weiter: Als die davongejagten Barone merkten, daß es ihnen nicht ans Leben ging, tamen sie aus ihren Löchern gekrochen und mischten sich unter das Volt. Sie erzählten ihm von den herrlichen alten Zeiten, von dem wohlge= ordneten Reich Wilhelms II. und daß an allem Unheil, an dem verlorenen Krieg, an Versailles , am Dawes- Plan , am Young- Plan , an der Weltkrise des Kapitalismus nur die Sozialdemokratie Schuld trage. Sie erfanden alle diese frechen Lügen aus Rache, weil die Sozialdemokraten sie davongejagt hatten, und bald hatten sie die Freude, zu erleben, daß Nationalsozialisten und Kommu= nisten in ihren Chor miteinstimmten. Ueber den Rücken Hitlers und Thälmanns fletterten die Barone in die Regierung. Und da sizzen sie jetzt."
,, Also, ihr Kinder, wenn ihr über die Ba rone schimpfen wollt, schimpft, soviel die Polizei euch erlaubt. Aber denkt auch daran, wie das alles zusammenhängt und wie das alles gekommen ist. Ihr wißt jetzt, was ihr von den kleinen Rognasen zu halten habt, die immerzu brüllen: Die SPD. hat schuld!" Daß die Sozialdemokratie vor vierzehn Jahren die Barone davonjagte, war keine Schuld, sondern ein Verdienst. Und wenn die Barone wiedergekommen sind, so hat nicht die Sozialdemokratie daran schuld, sondern die Riesenrindviehdummheit derer, die den Baronen zur Macht verhalfen, indem sie die Sozialdemokratie schwächten."
,, Das sagt euren Eltern, bevor sie wieder wählen gehen. Und dann fommt es auch wieder mal anders!"
,, Noch sind nicht alle November vorbei Neunzehnhundertdreißigundzwei."
Reichspräsident von Hindenburg begeht am 2. Oktober seinen 85. Geburtstag, den er selbst im Familienkreise verbringen will, der aber drau ßen durch Schulfeiern, Reichswehrparaden, Be flaggung der Amtsgebäude usw. gefeiert wird und der ihm ohne Zweifel Tausende von Glückwünschen aus den verschiedensten Lagern ins Haus bringen wird.
Wenn die deutschen Sozialdemokraten, die ihm vor einem halben Jahre zur Abwehr schwerer politischer Gefahren ihre Stimme gegeben haben, an diesen Feiern feinen inneren Anteil haben, so geschieht das wegen vieler Ereignisse, die zwischen jener Wahl und diesem Geburtstag liegen. Wir brauchen sie nicht im einzelnen aufzuzählen, brauchen nicht auf die Form hinzuweisen, in welcher der Reichspräsident sich wenige Wochen nach seiner. Wahl von Brüning trennte, wir nennen nur die rigorosen Eingriffe in Preußen, die sich auf eine seiner Verordnungen stützten, und alles, unter was er seit der Ernennung Papens seine Unterschrift gesezt hat: von den Verordnungen zur Herabsetzung der Lebenshaltung. der Armen bis zur anfechtbaren Auflösung des Reichstags. Es mag bitter sein, aber wir müssen es um der Wahrheit willen feststellen, daß zur politischen Gegnerschaft, die mir nie verschleiert haben und die wir dem greisen Staatsoberhaupt gegenüber stets in ritterlichen Formen ausge= tragen haben, menschliche Enttäuschungen gefom men sind, die uns den Eintritt in den Kreis der Feiernden endgültig verwehren.
Eigener Bericht
Unter der Anklage des versuchten und vollendeten Totschlages hatte sich am Sonnabend der Reichsbannermann Rohlte aus Striegau vor dem Sondergericht in Schweidnih zu verantworten. Rohlte wird beschuldigt, am 18. Juli in Groß- Rosen bei Striegau im Verlauf eines Zusammenstoßes zwischen Natio= nalsozialisten und Arbeitern verschiedener politischer Richtungen einen SA.- Mann schossen zu haben.
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Kurz vor der Verkündung des Urteils wurde, nachdem der Staatsanwalt bereits fieben Jahre Zuchthaus beanfragt hatte, am Sonnabendabend die Berhandlung auf Berlangen der Verteidigung und auf Anraten der ärztlichen Sachverstän
digen um anderthalb Wochen vertagt. Das Gericht beschloß noch malige Untersuchung der Leiche des Erschossenen, um feststellen zu lassen, ob die tödliche Wunde von einem Geschoß aus der Waffe des Angeklagter herrühren kann.
Ergebnis von Stresa
Das Neunzehner- Komitee der außerordentlichen Bölkerbunds- Bollversammlung zur Regelung des Mandschureitonflifts hat am Sonnabend eine ergebnislofe Sigung abgehalten, die nur die völlige Entschlußlosigkeit gegenüber dem Vorgehen Japans von neuem zeigte. China hatte beantragt, die Beratung
des Litton- Berichts sobald als möglich anzusetzen. Das Komitee wird die Beratung des Berichts im Völkerbundsrat abwarten und dann die Bollversammlung ein erufen. Ferner hatte China beantragt, Maßnahmen zu ergreifen, die Japan an der weiteren Ausnutung der gewonnenen Zeit zuungunsten Chinas verhindern sollten. Hierzu begnügte sich das Komitee, sein Bedauern darüber auszusprechen, daß Japan sich nicht an der feierlich übernommenen Verpflichtung gehalten habe, die ihm verbot, irgend etwas zur Erschwe= rung der Lösung des Konflikts zu tun. Diese Meinung soll China zum Trost und Japan zur Warnung mitgeteilt werden. Sie wird den japa= nischen Militärs bestimmt einen Mordsrespekt einflößen! Ihr Respekt vor dem Völkerbund ist überhaupt sehr groß!
Der scharfe Wind
Zeitungsverbote und Verbotsgründe
Die Rote Fahne " mar für vier Wochen verboten. Man hat sie nach drei Wochen wieder erlaubt, jedoch hat die gestern erschienene Num mer genügt, ein neues Verbot herbeizuführen, das diesmal bis zum 15. Oktober gelten soll.
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Die Rote Fahne " hatte sich, wie es ihrer Gewohnheit entspricht, in ihrer neuesten Nummer nach dem Verbot gleich wieder auf die So= zialdemokratie und den Vorwärts" ge= stürzt. Was sie nebenbei noch gegen die Regierung sagte, war im Verhältnis zum Ton der Nazipresse geradezu zahm. Das neue Verbot scheint uns daher unbegründet und um so bedenklicher, als es bis nahe an den Termin der neuen Wahlen reichen soll.
Was die Regierung mit solchem Tun bezweckt, ist um dunkler, als die„ Rote Fahne" sicher nicht geeignet ist, der KPD . neue Anhänger zu werben. Ihre Wahlaussichten find wahrscheinlich ohne Fahne besser als mit ihr. Die Sozialdemokratie wird durch das Dazwischenfahren mit dem Polizeifnüppel in ihrer notwendigen sa chlichen Auseinandersehung mit dem Kommunismus erheblich gestört.
Noch schärfer als in Berlin bläst der Bind in Magdeburg . Dort ist gegen das gesamte Bersonal niez pas neten der Druckerei der kommunistischen Tribüne" vora Oberreichsanwalt in Leipzig ein Ermittlungsver fahren megen Hochperrats eingeleitet mor den. Im Zusammenhang damit nahm die Ber liner Politische Polizei in der Druckerei der Tribüne" mit Berliner und Magdeburger Kriminal polizeibeamten eine Haussuchung vor, die zur Versiegelung und Beschlagnahme einer Rotationsmaschine(!) führte. Auch einige Schriftstücke wurden beschlagnahmt.
Eigener Bericht
der
In der Europa Rommiffion wurden am Sonnabend die Entschließungen angenommen, die das Ergebnis von Strefa billigen und die Einsetzung eines Finanzkomitees für die Ausarbeitung der technischen Einzelheiten zur Errichtung des Gemeinschaftsfonds für Getreidesubventionen und Währungsanleihen an die ofteuropäischen Getreideländer fordern. Auf Antrag Griechenlands , Bulgariens und der Türkei wurde ein Zusatz beschlossen, der die Prüfung gleichen Behandlung für Tabak vorschlägt. Der Wert dieser angenommenen Entschließungen wird ganz beträchtlich vermindert, ja, das magere Ergebnis von Strefa wieder vollkommen in Frage gestellt durch die ausdrückliche Willensäußerung der Versammlung. Darin wird festgestellt: 1. Alle Rechte dritter Staaten bleiben durch die Annahme der Resolution unberührt. Das bedeutet, daß jeder Staat seinen Meistbegünstigungspartner am Abschluß von Preferenzverträgen hindern kann. 2. Alle Staaten entscheiden sich endgültig erst dann, wenn praktische Vorschläge vorliegen. 3. Alle in der Aussprache geäußerten Vorbehalte werden mit der Resolution den Regierungen übermittelt.
Die Aussprache selbst zeigte wesentlich mehr Gegner als Freunde der Pläne von Stresa . England distanzierte fich vom Gemeinschaftsfonds. Belgien , Holland und die skandinavischen Staaten sprachen gegen die Subventionspolitit. Sehr scharf ging Litwinow gegen den Plan als Ganzes an, den er als einen Att der Distriminierung Sowjetrußlands bezeichnete. Deutschland wird sich am Gemeinschaftsfonds nicht beteiligen.
Ausschneiden! Aufheben!
,, Niemand kämpft so schäbig und niederfrächtig wie die deutsch nationalen Reaktionäre, und deshalb gibt es für uns fein pattieren mit ihnen. Deutschland wird erft dann gefunden, wenn dieses Lager endgültig erschlagen" ift."
So Der Freiheitskampf", Amtliche Tageszeifung der NSDAP . Gau Sachsen am 30. September des Jahres 1 nach Harzburg .
Neurath berichtet Hindenburg . Der Reichspräsident empfing am Sonnabend den Reichs. minister des Auswärtigen, Freiherr von Neurath , zum Vortrag über die Genfer Verhandlungen.
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Das sind Verbotsgründe!
Der Kommissar des Reichskommissars für Preußen, Dr. Bracht, hat vor kurzem die Bundes. zeitung ,, Das Reichsbanner" auf die Dauer von vier Wochen, und zwar bis zum 19. Oktober einschließlich, verboten. Auf Grund einer Verein barung zwischen Bracht und dem Verlag des Bundesorgans ist das Verbot abgekürzt worden, so daß die Zeitung mit der am 8. Ottober fällig werdenden Nummer wieder erscheinen darf. Die Abkürzung erfolgte aber nur unter der Bedingung, daß in der ersten Nummer nach Wiedererscheinen eine vereinbarte Erklärung veröffentlicht wird. Troß der Abkürzung der Verbotsdauer bleibt die Begründung, die dem ursprünglichen Berbot beigegeben wurde und die erst jetzt bekannt wird,
Gayls Corpsbrüder
Nationalsozialistische Beschwerden.
Im Preußischen Landtag haben die Nationalsozialisten eine Kleine Anfrage gestellt wegen der Personalpolitik der kommissarischen Staatsregierung. An Stelle der entlassenen sozialdemokra tischen Parteigänger seien jetzt besonders start ,, die Korpsbrüder des Herrn Reichsinnenministers Freiherrn v. Gayl vom Korps Saronia" hierbei berücksichtigt worden".
Der Austausch von sozialdemokratischen Parteibuchbeamten durch deutschnationale Parteibuchbeamte befremde, da es nicht der Zweck der Landtagswahl gewesen sei ,,, die Parteiherrschaft der großen Sozialdemokratischen Partei durch eine Barteiherrschaft der fleinen Deutschnationalen Bolkspartei zu ersetzen". Die Regierung wird
ein geradezu flassisches Dokument. Diese Begründung, die eine ganze Reihe von Druckspalten umfaßt, richtet sich gegen den Aufsatz des Verteidigers im Ohlauer Reichsbannerprozeß, Dr. Braun- Magdeburg, dessen Ausführungen das Berbot veranlaßt haben. Der Beamte, der die Begründung niedergeschrieben hat, erkennt mehr fach fach die formelle Sachlichkeit der Aeußerungen Brauns an, nichtsdestoweniger behauptet er, daß in dem fraglichen Aufsatz eine Beschimpfung und böswillige Verächtlichmachung im Sinne des Gesezes" zu sehen sei. Auf die in. dem Artikel gestellte rethorische Frage an den Reichskommissar: ,, Wollten Sie der Wahrheit dienen?", wird mit diesem schweren Geschütz geantwortet:
,, Schon die Frage für sich allein kann nur beleidigend gemeint sein und muß jedenfalls auf den Leser so wirken; denn das Bestreben, der Wahrheit zu dienen, muß für eine Behörde so selbstverständlich sein, daß sie selbst nicht einmalinder Form einer rhetorischen Frage in 3weifel gezogen werden fann."
Am meisten gekränkt fühlte sich Herr Bracht durch die auch nur fragemeis angedeutete Möglichkeit, er tönnte parteiisch handeln:
,, Der gegen einen Beamten erhobene Vormurf parteiischer und von pflichtwidrigen Motiven bestimmter Geschäftsführung ist fo swer, daß er, falls feine Richtigkeit nicht durch gewichtige Tatsachen zweifelsfrei erwiesen werden kann, ohne weiteres als eine Beschimpfung und böswillige Verächtlichmachtung im Sinne des Gesezes zu merten ist. Er ist die schlimmste und ihrem Inhalt nach schärffte bentbare und daher im höchsten Grade verlegende Form der Mißachtung gegenüber dem be treffenden Beamten und daher mehr als jeder andere Bormurf geeignet, ihn als mit einem sittlichen Matel behafteten und deswegen der Achtung der Volksgenossen unwürdig hinzustellen."
Wir wollen nicht in Vergleich ziehen, was tagtäglich in der nationalsozialistischen Presse an Vorwürfen von Parteilichkeit in ruppigster Tonart gegen alle Regierungsstellen ausgesprochen wird, ohne daß sich ein Finger rührt. Diese ganze Begründung stellt nahezu eine unfehlbarkeit behördlicher Organe fest und läßt für eine Kritik der Presse kaum noch Raum.
Im Museum der Pressezensur von 1932 wird diefe Begründung einst als Mustereremplar be
wundert werden.
u. a. gefragt, wieviel Korpsbrüder des Reichs= innenministers Freiherrn v.Gayl in Reichsstellen und Landratsposten usw. hineinbalanciert worden seien.
Die Kubisten merken auch alles. Erst ist Herr v. Papen auf ihren Schultern ,, in die Amtlichkeit geklettert", dann haben sie Herrn Bracht an Severings Stelle rufen lassen, und jetzt geht's bei den Kleinen wie bei den Großen. Sie hatten sich schon das Maul geleckt von wegen den Pfründen, nun sind sie die Endesgefertigten und stimmen ihre Klagelieder auch noch vor der Deffentlichkeit an. Wir sprechen ihnen unser aufrichtiges Beileid aus, wenn sie es durchaus haben wollen.
nicht weniger als hundert Punkte soll das Regierungsprogramm des neuen faschistischen Ministerpräsidenten. Ungarns , Julius Gömbös, enthalten!
Leserinnen des Vorwärts"
Beachten Sie das Preisausschreiben in der heutigen Ausgabe des ,, Vorwärts" und machen Sie bitte Ihre Kolleginnen darauf aufmerksam. Die Bedingungen des Preisausschreibens ermöglichen allen, auch den Arbeitslosen, die Teilnahme