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BEILAGE

Vorwärts

Berlin- Alexanderplatz

Vor einem Jahr noch war der Aleg ein brodeln­des Chaos. Seine Eingeweide waren bloßgelegt. Zwischen dem Gewirr der Kabeln und Rohr­leitungen werften   die Arbeiter mit Preßluft­bohrern, Schneidbrennern und Spizhacken. Der Blick fing sich an Bretterplanten. Durch die Rizen war zu sehen, wie sich die Bagger tief in die Erde hineingefressen hatten. Tag und Nacht rollten die Transportbänder und schafften die herausge= wühlte Erde   fort. Vom Wind erfaßter Kalk schwebte über den Abbruchstellen. Hinter anderen Zäunen erscholl das Knacken der Mörtelmaschinen. Der ewig kreisende Betonmischer spie Ladung auf Ladung aus seiner rundlichen Oeffnung. Knar­rende Lastautos holperten über die Bohlenwege und brachten Eisenträger und fuhren Sand. In menigen Monaten wuchsen aus Glas und Beton die Hochhäuser auf. Das Schnattern der Preß­luftbohrer, das Zischen der Schneidbrenner ver­stummte. Die Spizhacke hatte ausgedient. Die Bauzäune wurden abgerissen. Unter der Erde war der neue U- Bahnhof schon fertiggestellt. Oben konnte man vom Dachgarten des Hauses ,, Berolina" aus den Fortschritt der legten Ar­beiten verfolgen, die dem Alexanderplatz   ein neues Geficht gaben. Schottersteinhaufen und qualmende Teerkessel umrahmten den Weg der zukünftigen Fahrstraßen und zeigten die Lage der Verkehrs­inseln an. Und jetzt wird es nur noch wenige Wochen dauern, dann rückt die letzte Arbeits­mannschaft ab, dann fällt der letzte Bauzaun. Un­behindert wird der Verkehr über den Platz fluten und die Kontorhäuser umbranden.

Der Strudel des Verkehrs

Aus allen Richtungen quillt die Flut des Ver­fehrs über den Platz. Die Busse schaukeln brum­mend heran, plauzend entweichen den Auspuff­töpfen der Autos Qualmschwaden, vom Stadt­bahnhof tönt das Donnern der einfahrenden Züge herüber, die Straßenbahnen freischen in den Kur­ven, Radfahrer flizen flingelnd durch die schmalen Lücken im Wagenverkehr. Auf den Bürgersteigen hetzt der Schwarm der Fußgänger: teine Zeit, feine Zeit... Einkaufende Hausfrauen, in die Büros hastende Angestellte, Stadtreisende mit Musterkoffern, elegante Nichtstuer, abgerissene Strichtungen. Straßenmädchen stelzen mit hohen Absagen und maskenhaft geschminkten Gesichtern einher. Sie stehen an den Hauswänden, ihre Ge­sichter sind eine Speisekarte der Liebe, und ihre Augen gehen lockend zu den Männern. Figuren mit Wochenbärten lungern, die Hände in den Hosentaschen vergraben, nach einem Geschäft, immer bereit, sich und andere zu verkaufen. Die Ballonmügen tief ins Gesicht gezogen, lehnen sie an den Häuserwänden. In ihren Augen glimmen unheimliche Lichter. Ihre Gesichter blicken finster. Die Zeitungsverfäufer suchen mit ihrem Geschrei den Straßenlärm zu übertönen. Rafierklingenver­fäufer und Seifenhändler bevölkern die Bord­schwellen. Schlipse dunkler Herkunft werden an­geboten. Wenn ein Schupo sich nähert, stieben die wilden Händler auseinander. Eine alte Frau fizt und singt mit brüchiger Greifinnenstimme ein längst verflungenes altes Lied. Dazwischen: Der neueste Plan von Berlin   zum Aufklappen. Nur 10 Pfennige, nur ein'n Iroschen! Professor Doktor Magnus Hirschfeld  , statt eine Mark nur ein'n Iroschen!" Hinter den großen Fensterscheiben der Schnellimbißhallen stehen Bassanten, die hastig eine Molle herunterstürzen. Ostjuden mit Kork­zieherhärten, schwarzen Hüten und fleckigen Kaf­tanen schieben sich mit den Händen gestikulierend durch die Menge. Ein biederer Provinzler mit braungegerbtem Gesicht und grünem Lodenmantel sucht unsicher seinen Weg. Er wird von dem Trubel aufgefogen und mit weggespült.

In der Münze"

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Bor den Bierquellen der Münzstraße locken die Breistafeln. In den Schaufenstern liegen gebrühte Schweinstöpfe, Klopse, Bouletten und Würstchen. Aus den geöffneten Türen kommt der Kneipen­mief und scheppernde Musik von Blech und Pauken, die von dem Gröhlen Angetrunkener heiser synkopiert wird. Innen hängen Papier­girlanden, Nutten hoden trübselig bei einem schalen Glase Bier, Leute von unbestimmtem Aus­sehen wollen ,, echt goldene" Uhren aus Tombak  verkaufen. Wenn das alkoholische Wirkungen treibende Gehämmer der Kapelle pausiert, wird der Lautsprecher eingestellt, und Violinen dehnen najale Liebeslaute.

Die Kinos in der Münze" haben heute auch schon die Leierfästen durch die Tonfilmapparatur ersetzt. Vor den grellbunten Aushängeschildern stehen Ausrufer mit Schellen und laden zum Eintritt.

Der lange, niedrige Zuschauerraum mit den unbequemen Holzbänken ist überfüllt. Die weni­gen Ventilatoren bemühen sich vergeblich, die von billigem Barfüm und menschlichen Ausdünstungen durchsetzte Luft zu erneuern. Auf den Holzbänken figt, an den Wänden lehnt ein buntgemischtes Publikum: schlafende Vagabunden, zärtliche Lie bespaare, Dirnen, zuhälter, Verbrecher, alle Leute, die nichts anderes zu tun haben, als wo möglich schon am frühen Vormittag im Kino zu

Eine Studie Von Erich Preuße

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sigen. Der Vorführungsapparat surrt, auf der Leinwand regnet es, daß einem die Augen weh tun beim Hinsehen.

Früher stampfte hier ein Mujitapparat uralte Schlager. Wenn dann der Held auf der Leinwand einen gefährlichen Kampf zu bestehen hatte und die wenigen Zuschauer, die ihre Aufmerksamkeit den Bildern zuwandten, vor Erregung auf den Plägen hin und herrutschten, dann spielte der Leierkasten höchst gemütlich: ,, Wenn ich die blonde Inge nach Hause bringe..."

Heute streckt Heinrich George   unter dem Bei­fall sämtlicher im Zuschauerraum anwesenden Ganoven den Gefängnisinspektor Wallace mit einer Rugelgarbe aus der Maschinenpistole nieder.

Uebrigens: Ganoven... Da stellen sich bei unserer von Kriminalromanen bedienten Phantasie romantische Assoziationen ein. Das Leben der Existenzen an der Peripherie der Gesellschaft ist bar jeder Romantit. Ihr Gott ist der elementare Trieb, ihr Gesez die Selbsterhaltung. Das wird dann die verbrecherischen Instinkte" genannt...

Werdegann eines ,, Berbers  "

Er hat keinen Vater gehabt. Seine Mutter war eine polnische Saisonarbeiterin. Seine Kindheit verbrachte er in Findelhäusern, in Kneipen, in fleinen Gemüsekellern der Vorstadt. Dem Jugend­gericht blieb er nicht unbekannt. Nach seiner Ent­lassung aus der Fürsorge schüttelte er jede Form von Bindung als unerträglichen Zwang ab. Er fühlt sich in seinem Dasein bedroht, wenn er arbeiten soll. Aus der Fabrik wird er deshalb herausgeschmissen. Er zerschneidet die letzten Bande, die ihm Halt bieten fönnten. Er tritt endgültig und für immer aus der sogenannten bürgerlichen Gesellschaft aus. Er sucht in über­quellendem, mißleitetem Freiheitsdrang das Glück auf der Landstraße. So vagabundiert er nun um­her: barfuß, ohne Papiere, mit dem Knüppel in der Hand. Da und dort findet er Kameraden, die ihn verstehen und mit denen ihn eine Interessen­gemeinschaft verknüpft. Von der Brotrinde bis zum Ende Wurst ist ein verbissener Kampf... Ein Ding wird gedreht. Darauf zerstreut man sich in alle vier Binde. Er kommt nach Berlin  . Er übernachtet in den Asylen und in Güterbahn­höfen. Seine Nahrung sucht er sich aus den Ab­fällen der Markthalle zusammen. Schließlich

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nimmt ihn ein Mädchen auf, das er in einer jentimentalen Anwandlung an Jugendgeliebten erinntert hat. An dem Mädchen bleibt er hängen. Davon lebt er nun. Wenn sie nichts verdient, dann schlägt er sie. Aber iroz allem hat er sie gern. Ihre hysterischen Ausbrüche er­widert er mit unbeholfenen Liebkosungen.

Eines Tages fommt das Mädchen ins Kranken­haus. Er ist nu wieder ohne Einfünfte. Er ist ein gewisses Wohlleben gewöhnt. Das Hunger­dasein früherer Tage kommt für ihn nicht mehr in Frage. So nimmt er denn einen brauchbar Wenn er genügend bekannt ist und Mut zeigt, dann findet er Anschluß bei einer Kolonne, die den Einbruch im großen Stil betreibt. Er wird in einen Ringverein aufgenommen, bekommt seine guten Annoncen( Tips) und fährt mit seinen Rumpanen mit Delpumpe und anderem modernen Einbruchswerkzeug ausgerüstet im Auto auf Ga­noventour. Wenn er Glück hat, dann verdient er schweres Geld. Zigaretten sind sehr gefragt, Schmucksachen meniger. Es ist nicht unmöglich, daß er nach wüsten Jahren des Ausgestoßenseins sich in die Bürgerlichkeit zurückreitet und als be= häbiger Kneipier seine Tage beschließt. Hat er aber feinen Mumm, dann versucht er in den Kneipen Dumme zu finden und die Stiere" mit ,, echt goldenen" Uhren aus Tombak   ,, zu verladen". Wenn er Pech hat, dann kappen" ihn eines Tages die ,, Bullen". die Kriminalbeamten.

Das ist der Berber  " vom Alexanderplaz. Er ist der Außenseiter des Proletariats. Er fennt nicht dessen Klassenbewußtsein. Aber er fennt seine Not und seinen Hunger.

Schluß- Speech

Die Tagen fligen über den Asphalt. Das Ge­hämmer der Musik dringt aus den Kneipen. Die Strichmädchen lehnen an den Häuserwänden. Und immer Bewegung und immer Leben. Tag und Nacht. Wenn es um 2 Uhr morgens so scheint, als sollte eine Atempause eintreten, dann tommen schon die Markthelfer, dann beginnt in den Obstgroßhandlungen der Kaiser- Wilhelm­Straße, dem füßlich duftenden Covent Garden Berlins  , der neue Arbeitstag. Tag für Tag, Nacht für Nacht geht es auf dem Alexanderplag ums nadte Leben. Und um des nadten Lebens willen fesselt und reizt uns fein Getriebe.

Marx und sozialistische Aktion

Als Karl Marg die Grundzüge seines Weltbildes entwarf, war die hochkapitalistische Entwicklung der Wirtschaft erst in ihren Anfängen sichtbar. Daß diese Entwicklung nicht übersprungen werden fonnte, ist Marr klar gewesen. Erst wenn der Ka­ pitalismus   seine höchste Entfaltung erreicht hat, ist der ,, Umschlag" zu einer neuen sozialistischen   Ord­nung der gesellschaftlichen Verhältnisse möglich. Eine Gesellschaftsformation geht nie unter, bevor alle Produktivkräfte entwickelt sind, für die sie weit genug ist, und neue höhere Produktionsverhältnisse treten nie an die Stelle, bevor die materiellen Eristenzbedingungen derselben im Schoße der alten Gesellschaft selbst ausgebrütet worden sind." Marg mußte sich also immer mit aller Schärfe gegen alle jene Formen von Sozialismus" wenden, die von einem konstruierten Idealzustand einer gesellschaft­lichen Ordnung ausgingen. Die sozialistische Ge­staltung der Welt ist also ausdrücklich an ,, die ma­teriellen Eristenzbedingungen" gebunden, die Marg vor mehr als sechzig Jahren nur in ihrer ten denziellen Entwicklung vorausgesehen hat und auch nur so voraussehen konnte.

Wenn auch die Gestaltung einer sozialistischen  Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung bis in ihre Einzelheiten der Gegenwart überlassen bleiben muß, die die Entwicklung der Produktivkräfte für genügend fortgeschritten hält, so hat sich Marg die Frage nach dem sozialistischen   Aufbau im all­gemeinen sehr wohl gestellt, und es ist wichtig, gerade jezt diese Ideen mit unserer gegenwärtigen Auffassung einer sozialistischen   Aktion in Einklang zu bringen.

Eduard Heimann   hat unlängst in seiner bedeutenden Schrift über die Sozialistische  Wirtschafts- und Arbeitsordnung" auf die klassische Stelle im Kapital" hinge­wiesen, wo Marg am Schluß des berühmten Kapi­tels über die geschichtliche Tendenz der kapita­ listischen   Akkumulation" Aufgabe und Ziel der Sozialisierung umschreibt. Diese Stelle hat folgen­den Wortlaut: Die aus der fapitalistischen Pro­duktionsweise hervorgehende fapitalistische Aneig­nungsweise, daher das kapitalistische Privateigen­tum, ist die erste Negation( Berneinung) des indi­viduellen, auf eigene Arbeit gegründeten Privat eigentums. Aber die kapitalistische Produktion er zeugt mit der Notwendigkeit eines Naturprozesses ihre eigene Negation. Es ist Negation der Rega­tion. Diese stellt nicht das Privateigentum des Ar­beiters wieder her, wohl aber das individuelle Eigentum auf Grundlage der Errungenschaft der

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fapitalistischen Alera: der Kooperation( 3usammen­arbeit) und des Gemeinbesizes der Erde und der durch die Arbeit selbst produzierten Produktions­mittel."

Die Verwandlung des auf eigener Arbeit der Individuen beruhenden zersplitterten Privateigen­tums in fapitalistisches ist natürlich ein Prozeß, ungleich langwieriger, hart und schwieriger als die Verwandlung des tatsächlich bereits auf gesell­schaftlichem Produktionsbetrieb beruhenden fapi­talistischen Eigentums in gesellschaftliches. Dort handelte es sich um die Expropriation( Enteignung) der Volksmasse durch wenige Usurpatoren( von widerrechtlich enteignen), hier handelt es sich um die Expropriation weniger Usurpatoren durch die Volksmasse."

Diese wenigen Säge enthalten in gedrängter Form den wesentlichen Inhalt des marristischen Sozialismus. Der Marrismus will das Privat­eigentum aufheben, um das individuelle Eigentum wiederherzustellen. Der Mensch hat in der kapita­ listischen   Aera sein Menschentum verloren: er ist zur Ware geworden. Erst wenn die Produktions­mittel Gemeinbesig, also vergesellschaftet merden, wird der Mensch aus der Herrschaft der Sachen befreit, wird er sich selbst zu eigen.

Steht also die Zielidee bei Marr fest, so muß die Verwirklichung im einzelnen der kämpfenden Gegenwart überlassen bleiben. Daß es sich hier auch um einen geschichtlichen Prozeß han=" delt, wenn auch um einen wesentlich fürzeren als den der kapitalistischen   Entwicklung, hat Marg deut­lich gesehen; nicht nur in den obigen Sägen. In den Randglossen zum Gothaer Programmentwurf ( 1875) zeigt Mary am Beispiel des Rechts, daß das formal gleiche Recht eigentlich ein Recht des Unrechts sei; auch die erste Phase einer sozia­listischen Gesellschaft ,,, wie sie eben aus der kapita­ listischen   Gesellschaft nach langen Geburtswehen hervorgegangen ist", tann von Mißständen nicht frei sein. Erst in einer höheren Phase der kom­munistischen Gesellschaft ,, nachdem die knechtische Unterordnung der Individuen unter die Teilung der Arbeit, damit auch der Gegensatz geistiger und förperlicher Arbeit überwunden ist..., nachdem mit der allseitigen Entwicklung der Individuen auch die Produktionsfräfte gewachsen sind und alle Springquellen des genossenschaftlichen Reichtums voller fließen erst dann kann der enge bürger­liche Rechtshorizont ganz überschritten werden und die Gesellschaft auf ihre Fahnen schreiben: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Be dürfnissen!"

MONTAG, 3. OKT. 1932

Die Ameisen in der Glaskugel

Ein großes New- Yorker Warenhaus verkaufte in seiner Spielwarenabteilung lebende Ameisen. Zwischen den zwei Hälften einer Glaskugel, die von gummiertem Papier zusammengehalten wur­den, kribbelten eine Gemeinschaft kleiner brauner Ungeheuer durcheinander und arbeitete. Der Ver­fäufer hatte den Ameisen ein wenig Sand ge= streut, in den sie strahlenförmige Gänge bauten. Im Mittelpunkt saß ein Geschöpf, größer als die anderen, nahezu ständig unbeweglich. Es war die Königin, die von den Arbeitsameisen respektvoll gefüttert wurde.

,, Sie machen keinerlei Mühe", erklärte der Ver= käufer. ,, Alles, was Sie zu tun haben, ist, einmal im Monat einen Tropfen Honig durch diese Deff= nung zu träufeln. Nur einen Tropfen, und die Ameisen sorgen für seine Beförderung und Ver­teilung."

,, Nur einen Tropfen im Monat?" fragte die junge Dame. Ein Tropfen ernährt die ganze Gesellschaft einen Monat lang?"

Sie trug einen weichen Hut, der bis auf die linke Augenbraue in die Stirn gerückt war, und ein geblümtes Musselinkleid. Ihre Arme waren bloß. Der Verkäufer, der jung war, betrachtete sie gedankenverloren.

,, Ein Tropfen genügt", wiederholte er. ,, Das ist fabelhaft", sagte sie. Und sie kaufte den durchsichtigen Ameisenstaat...

,, Liebling", sagte sie ,,, hast du meine Ameisen gefehen?" Sie hielt die dünne, fribbelnde Glas­fugel zwischen ihren blassen Fingern mit den rot gefärbten Nägeln. Ihr Gatte, der neben ihr saß, bewunderte die Biegung ihres Nackens.

Wie interessant du einem das Leben machst, Liebste", sagte er. ,, Mit dir ist alles neu und viel­gestaltig. Gestern abend: das Konzert; den Tag vorher: der Vortrag Adlers; heute: diese Ameisen... O du kannst dir nicht vorstellen, wie erholend das für mich ist, wenn ich abends heim­tomme..."

,, Schau, Liebling", rief sie mit jener kindhaften Ueberschwenglichkeit, die er liebte( und was sie wußte), siehst du diese Riesenameise? Das iſt die Königin. Die anderen dienen ihr. Ich füttere sie selber. Und stell dir vor, Liebling, ein Tropfen Honig im Monat ist genug. Ist das nicht poetisch?!"

Er füßte fie...

Nach Ablauf einer Woche waren ihr Mann und ihre Freundinnen sämtlich des Ameisenhaufens müde. Auch sie war seiner müde. Sie stellte ihn in ihrem Zimmer hinter den goldgefaßten Spiegel, um ihn nicht mehr sehen zu müssen. Am Ende des Monats vergaß sie den Tropfen Honig. Die Ameisen starben langsam Hungers. Aber bis zum Schluß bewahrten sie einen Tropfen Honig für ihre Königin auf. Sie starb als letzte.

( Berechtigte Uebertragung von Hans B. Wagenfeil.)

Angeklagter Schleppegrells

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Bruno Nelissen Haken, der Verfasser des ,, Bluthundes" dieses Romans des kriegs­beschädigten Proleten, dessen sinnlos frankhaftem Protest die tödliche Polizeikugel ein Ende macht, hat einen Justizroman, Angeklagter Schleppegrells( Berlag Eugen Diederich), geschrieben. Einen Roman des Meineidspara­graphen, der richterlichen und staatsanwaltlichen den Roman eines unschuldig Berblendung

Verurteilten.

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Der Inhalt könnte wahr sein. Der Verfasser, Jurist, plaudert die Geheimnisse des Beratungs­zimmers aus, er kennt die Seelenvorgänge von Richter und Staatsanwalt, die Gerichtsverhand­lungen sind voller Spannung, die Dialoge meister­haft wie wäre es mit einem dramatischen Schleppegrells? die Plädoyers der Parteien vorzüglich aufgebaut, die Aeußerungen der Presse zu den einzelnen Phasen der verschiedensten Pro­zesse halten stets Maß, sind nirgends übertrieben. Der Roman verdient höchste Beachtung und wird sie finden.

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Ueber die Art der Darstellung kann man ver­schiedener Meinung sein. Sie wird immer wieder durch pathetische Ansprachen an einzelne Akteure unterbrochen, die Einheitlichkeit leidet darunter. Der wahrhaft große Schriftsteller bedarf dieser Mittel nicht, um den Eindrud zu erhöhen, er wirkt durch die Darstellung selbst.

ENGELMARD

Leo Rosenthal  .

... stets vorzüglich

stets bekömmlich

Engelhardh

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