für Kampfmaßnahmen auferlegt werden, die sich nicht gegen einen vereinbarten Tarifver- trag richten. Die Gewerkschaften sollen haften, weil sie sich dafür einsetzen, daß ein verein- barter Tarifvertrag so durchgeführt wird, wie er zwischen den Parteien festgelegt worden ist. Die Begründung einer Haftung ohne ver- traglich übernommene Verpflichtung i st eine Abänderung des Bürger- lichen Gesetzbuchs. Sie ist eine Umwälzung aller Rechtsprinzi- pien, die unser Rechtsleben be- herrschen. Sollen doch die Gewerkschaften die Haftung für Kampfmaßnahmen über- nehmen, wenn ihre Mitglieder sich dagegen wenden, daß eine Privatperson durch ein- seitige Erklärung den Inhalt der Verein- barung abzuändern versucht, die die Gewerk- schaften abgeschlossen haben. Die Auferlegung der Haftpflicht für die Ge- werkschaften anläßlich eines Arbeitskampfes bei Durchführung der Verordnung ist gegen- über dem Inhalt der Verordnung vom S. September 1932 weder eine Durchführung, noch eine Ergänzung. Sie ist eine A e n d e- r u n g, ja sogar eine Umwälzung, etwas radikal Anderes als das, was die Derord- nung selbst bestimmt hat. Der Reichsarbeitsminister hat durch den Erlaß der Durchführungsverordnung vom 3. Oktober 1932 die ihm eingeräumte Dele- gationsbefugnis flagrant und offensichtlich überschritten. Die 3. Durchführungs- Verordnung ist daher nichtig. Daß Durchführungsverordnungen, die sich nicht im Rahmen der Ermächtigung halten, nichtig sind, hat das Reichsarbeitsgericht anläßlich des Ruhreisenstreits mit aller erdenklichen Klarheit zum Ausdruck gebracht. Darüber hinaus ist aber die 3. Durchfüh- rungsverordnung ein Verstoß gegen Ar- tikel 165 der R e i ch s v e rf a s fu n g, durch den die paritätische Regelung der Lohn- und Arbeitsverhältnisse verfassungsmäßig festgelegt ist. Bedeutet es die„gleichberech- tigte" Mitwirkung der durch die Verfassung anerkannten Organisationen der Arbeit- nehmer, wenn der einzelne Arbeitgeber ein- seitig bestimmen kann, wann die Gewerk- schaften von ihrer Kampfbefugnis Gebrauch machen dürfen, welches der Inhalt der tarif- lichen Durchführungs- und Friedenspflichten ist? Verstößt bereits die gesamte Verordnung vom 5. September 1932 gegen die Verfassung, so ist die 3. Durchführungsverordnung der Höhepunkt dessen, was bisher an Miß- achtungderGrundprinzipiender Weimarer Reichsverfassung von der Regierung Papen in die Wege geleitet worden ist. Durch§ 2 der 3. Durchführungsverordnung wird die Haftpflicht der Gewerkschaften rück- wirkend auf den 15. September festgelegt. Sie hat demnach vom 15. September bis 3. Oktober 1932 nach der eigenen Erklärung des Reichsarbeitsministers nicht bestanden! Für die Entscheidung von Konflikten zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften, die zwischen dem 15. September und 3. Ok- tober stattgefunden haben, ist die in§ 2 niedergelegte Rückdatierung auch dann uner- heblich, wenn man die 3. Durchführungsver- ordnung für gültig ansehen wollte. Nach ständiger Rechtsprechung des Reichsarbeits- gerichts haften die Tarifträger nur bei s ch u l d h a f t e r Verletzung des Tarifver- träges. Von schuldhafter Verletzung kann aber dann nicht die Rede sein, wenn der Gesetz- geber nachträglich den Parteien des Tarif- Vertrages Pflichten aufzuerlegen versucht, die sie bei Vornahmen der Kampfmaßnahmen nicht kennen konnten. Durch die 3. Durchführungsverordnung widerlegt sich der Reichsarbeitsminister selbst. Er erkennt an, daß die von ihm zuerst er- lassene Verordnung vom 5. September 1932 nicht den Inhalt hatte, den sie nach den offiziösen Mitteilungen des Reichsarbeits- Ministers haben sollte. Ein Eingeständnis des eigenen Dilettantismus! Die Dikta- tur ist der Dilettantismus. Diese Erkenntnis sollten sich die Verächter des par- lamentarischen Systems merken, die stets nach dem„F a ch m a n n" gerufen haben.
Überall Nazi-Verluste Bei den schon kurz erwähnten Geineinderats- wählen in der Gemeinde W e ft- R a t e k a u, in dem bisher überwiegend nationalsozialistischen oldenburgischen Landesteil Lübeck-Eutin erhielten die Sozialdemokraten 1694 Stimmen(bei der letzten oldenburgischen Landtagswahl 1086), die Nationalsozialisten 1658(1326! Verlust ungefähr 26 Prag .), die bürgerliche Einheitsliste 348(216), Kcmnimnisten 221 Stimmen(bisher 181). Das ist in zwei Wochen die fünfte Gemeinde- wähl, bei der die Nationalsozialisten 26 bis 6 6 Proz. ihrer Stimmen verlieren. Die Haken- lreuzpresse hat ihren Lesern kein einziges dieser Resultate mitgeteilt.
Die Deutsche Liga für Menschenrechte hatte gestern abend zu einer Konferenz im Herrenhause eingeladen. Das Thema lautete„Die Rechtsnot in Deutschland ". Die Leitung des Abends hatte Rechtsanwalt Dr. Oskar Cohn. Was jetzt geschieht, sei das Aeußerste, was selbst die kühnste Phantasie sich nicht hat träumen lassen, als der§ 48 der Verfassung geschaffen wurde. Daß ganze Gebiete des Strafrechtes, des Strafprozesses und der Ge- richtsverfassung grundlegend geändert werden konnten, beweist, wie wenig das Bewußtsein von der Notwendigkeit guter Rechtsinstitutionen im deutschen Volke vorhanden ist. Unter der Rechts- not leidet aber heute nicht mehr wie vor dem Kriege nur die Arbeiterschaft, sondern ganz andere große Teile der Bevölkerung. Als erster Referent sprach Ministerialdirektor a. D. Dr. H e r m a n n Brill- Gotha über Not- verordnungsrecht und Reichsversassung. Millionen von Menschen, führte er aus, die Jahre hindurch an den Staat, der den Sammelnamen R e p u- b l i t trug, geglaubt haben, sehen heute vom Staat nicht viel mehr als den Artikel 48 der Verfassung. Neben die s o z i a l e N o t. die der Artikel 48 nicht zu bannen vermochte, ist jetzt eine R e ch t s n o t getreten, die das ganze rechts- staatliche Gefüge in Frage stellt. Es gibt kein Gebiet des privaten und öffentlichen Rechts, das von der Einwirkung des Artikels 48 nicht erfaßt worden wäre. Während des Sozialistengesetzes haben die Massen des Volkes den Staat gehaßt. Heute bringen trotz der Herrschaft des Artikels 48 noch große Teile des Volkes dem Staate Liebe entgegen, aber sie werden dafür mit Skor- pionen gezüchtigt. Wir leben jetzt in einem Aus- nahmezustand, der nicht nur die persönliche Frei- heit auf den verschiedensten Gebieten in der uner- träglichsten Weise eingeschränkt, sondern, was noch schlimmer ist, die ganze Gesetzgebung auf- gehoben hat. Dieser Ausnahmezustand mußte sich auch auf die Teilung der Gewalten und aus die Rolle der Regierung auswirken. Die Usur- pation aller Gesetzgebung durch die Regierung stellt nichts anderes dar als eine Diktatur.
Dünzlau, 4, Oktober. Eigener Beridit des„Vorroärts" Vor dem Sondergericht begann am Montag unter großem Andrang des Publikums der große Landfriedensbruch-Prozeß um den Sturm auf das Bunzlauer Volkshaus. Es sind 15 Zeugen und 3 Sachverständige geladen. Ferner sind 7 Reichs- bannerleute angeklagt. Die Mitglieder der Eisernen Front werden durch Rechtsanwalt Dr. Seidenberg-Liegnitz verteidigt. SA. -Leute von auswärts waren schon am Vor- mittag des 22. Juli am Bunzlauer Volkshaus vorbeigefahren, wobei die Gebärde des Halsab- schneidens gemacht und auch gerufen worden war: „Wir kommen heute abend wieder". Daher wurde das Volkshaus stärker beschützt. Kurz nach 9 Uhr zog die Polizei chre Streife zurück. Kurz vor 16 Uhr fuhren 6 bis 8 Lastautos mit Angehörigen der Standarte 64, Sturmbanner 2 Lauban und SA. auf der Rückkehr von der Hitler -Kundgebung am Volkshause vor. Verschiedene SA. -Leute standen bereits auf den Trittbrettern. Auf Kom- mando sprangen dann die SA. -Leute von zwei Wagen ab und stürmten, offenbar nach vorbereitentemPlan.aufdasLolks- h a u s l o s. Die Torwache setzte sich zur Wehr, während am Westflügel die Nazis in das Haus- innere dringen konnten, wo sich eine schwere Schlacht entwickelte, ebenso wie auch aus der Straße. Es soll hierbei aus dem Volkshause geschossen worden sein. Hierbei nimmt die Anklage irrtüm- lich an, daß der Reichsbannermann Schreiber von diesem Schuß getroffen wurde. In Wirklichkeit ist aber ein SA.-Mann beobachtet worden, wie er von der Vorgartenecke mehrere Schüsse auf Schreiber abgab. An feinem Standort wurde von der Polizei dann auch die Patronenhülse gefun- den. Schreiber stürzte, von zwei Kugeln durchbohrt, zu Boden, doch wurde ihm trotzdem noch von Nazis die Schädel- decke mit Knüppeln zertrümmert, so daß er tot von Kameraden ins Volkshaus gebracht werden mußte. Ein zweiter Sturm auf das Volkshaus wurde durch die inzwischen«ingetroffene Schupo verhindert. Außer Schreiber wurden noch 4 Mit- glieder der Eisernen Front und angeblich 9 Nazis verletzt. Am heutigen ersten Verhandlungstage wurden zunächst die Angeklagten vernommen. Die Nazis, die früher teils zugegeben hatten, von den Autos abgestiegen und gegen die Menge vorgegangen zu sein, bestritten es jetzt und suchten sich als un- schuldig hinzustellen. Im weiteren Verlauf fand ein Lokaltermin am und im Volkshaus statt. Der Angeklagte Kaufmann Oswald Höhne aus Gnadenberg, der an der Tür Wache hatte, beobachtete, wie die Nazis in langsamer Fahrt ankamen und vom letzten Wagen Hornfignale gegeben wurden, worauf die SA.-Leute absprangen
Es gilt zu kämpefn für die Wiederherstellung der politischen Freiheit und die Wiederherstellung des Reichstages und der Gesetzgebung. Ver!assun6s>vidrteer Lohnabbau. Professor Dr. Hugo Sinzheimer- Frank- furt a. M. sprach über den Kamps für das Recht. Das Gefährlichste in der Rechtsnot unserer Zeit, die eine allgemeine Rechtenot ist, stelle die Vernichtung des demokrati - schen Rechts dar, d. h. des Rechtes der Men- schen, Menschen zu sein. Die Vernichtung des Rechtes der Menschen, die nichts anderes als Macht einsetzen können, als ihre Arbeits- kraft. Dieses Recht ist gefährdet, wenn nicht schon vernichtet. Das ist die Rechtsnot. Den Be- griff der Präsidialregierung kennt die Reichsver- faffung nicht. Der Kanzler und die Minister sind nicht dem Präsidenten verantwortlich, sondern dem Reichstag. Die Verfassung ist entstanden auf Grund eines Paktes zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Dieser Pakt hat die neue soziale Ordnung begründet. Cr war der Geburtsakt der Verfassung. Der Artikel 165 der Verfassung bringt die Unabdingbarkeit des kollektiven Willens jedem Individuellen Einspruch gegenüber zum Ausdruck. Die Notverordnung vom 5. September, und in noch viel höherem Maße die heute herausgekommene Ergänzungs- Verordnung verletzen die Verfassung. Sie schassen eine Rechtsnot auf dem Gebiete des Kollektivrechtes der Arbeiter. Der Arbeitgeber kann nach dieser Verordnung, unabhängig von dem Inhalt des Vertrages, ihn einseitig ändern, während der Artikel 165 der Verfassung die Mitwirkung des Arbeitnehmers festsetzt. Die heutige Notverordnung stellt einen Versuch dar, das Streikrecht aufzuheben. In solch einem Augenblick muß man an die Worte Lassalles mahnen:„Es kann eine Zeit kommen, da die Ware Arbeit sich als Mensch gebärden wird." Es wird keine Schuld der Belegschaft sein, wenn sie in einen Ausstand tritt. Durch diese Handlung' begeht sie keinen Friedens-
und gsgen das Volkshaus vorgingen. Ein SS.- Mann mit schwarzer Mütze habe aus nächster Nähe aus die Mitteltür geschossen. Gleich darauf sei gerufen worden:„Schreiber ist ge- troffen!" Dann wurde Höhne selbst nieder- geschlagen. Der angeklagte Bäcker Paul Nütz aus Bunzlau sah, daß die SA.-Leute schon beim Nahen ein Bein über die Wagenwand des Autos gesetzt hatten, um rascher abspringen zu können. Der angeklagte Töpfer Fritz Jung aus Bunzlau schilderte, wie die Nazibanditen noch mit Knüppeln auf den am Boden liegenden nieder- geschossenen Reichsbannerkameraden Schreiber einschlugen, wobei ihm der Schädel zertrümmert wurde. Auch dieser Angeklagte wurde dann miß- handelt. Der Angeklagte Lach mann sah, wie Schreiber, neben den er trat, den tödlichen Schuß erhielt. Auch er selbst wurde mit Messern und Schlagwerkzeugen schwer verletzt. Der minderjährige Glasmacher B u f« sah eben- falls, wie der SS.-Mann auf Schreiber schoß, der angeklagte Metallschleifer Hermann Matthäus, wie in den Flur des Volkshauses hineingeschossen wurde. Zu Beginn der Beweisaufnahme bestätigte Kriminalassi st ent Böttger, daß die Nazis in breiter Front gegen das Volks- haus vorgingen. Der Vorsitzende der SPD. , Riedel, hatte vormittags um verstärkten Schutz des Volkshauses gebeten, doch war ihm erklärt worden, er sehe Gespenster! Dieser Zeuge Riedel alarmierte sofort beim Anrücken der Nazis Polizei und Landrat. Während er telephonierte, sah er vom Fenster aus, wie die Nazis die Bänke von ihren Wagen nahmen, diese zerschlugen und an den Rädern zu Knüppeln zurechtbrachen. Die Verhandlung dauert fort.
Krieg in Braunfchweig Zwischen Stahlhelm und Nazis Braunschweig, 4. Oktober. Eigener Beridit des„Vorwärts" Zwischen Stahlhelm und Nazis ist im Lande Braunschweig der heftigste Krieg entbrannt. Die braunschweigische Stahlhelmzeitung„Junge Nation" nennt die Nazis„Braune Kom- m u n e" und„H i t l e r- B a n d i t e n". Die also Gekennzeichneten revanchierten sich mit G e w a l t- täti gleiten, die am Montagabend beim Stahlhelmfackelzug für Hindenburg den Charakter eines Aufruhrs und Landfriedensbruches an- nahmen. Die amtliche„Staatszeitung " veröffent- licht von Stahlhelmseite folgende Darstellung: „Die Stahlhelmer glaubten zunächst, Kommu- nisten vor sich zu haben. Es stellte sich jedoch
bruch. Professor Sinzheimer ruft zum Schluß auf zum Kamps für eine machtbegründete Demo- kratie! Als letzter Referent sprach Rudolf Olden . Nach einer ausgiebigen Diskussion zu der Frage der Sondergerichte nahm die Konferenz folgende Resolution an: „Die von der Deutschen Liga für Menschen- rechte einberufene Konferenz„Die Rechtsnot in Deutschland " gibt ihrer Ueberzeugung Ausdruck, daß die Verordnungen über Sondergerichtsbarkeit aufgehoben werden müssen Die B e- schränkung der Rechtsgarantien in Verbindung mit den ungeheuerlichen Mindest- strafen führen zu Verfahren und Urteilssprüchen, die das Ansehen der Justiz untergraben. Die Wahrheitsfindung, im politischen Prozeß an sich sehr erschwert, wird bei den Eigentümlichkeiten der Sondergerichtsbarkeit nahezu unmöglich. Die Not, in die das deutsche Recht geraten ist. bedeutet zugleich eine Gewissensnot der bei den S o n d e r g e r ich t e n beteiligten Ju- r i st e n. Die zutage liegende Gefahr, daß Un- schuldige schwere Strafen erleiden, erschüttert das Rechtsbewußtfein des Volkes."
Reichsbanner überparteilich Line Erklärung desBundesvorstandes Die Bundespressestelle des Reichsbanners teilt mit:„Um vereinzelt aufgetretenen Anzweiflungen der U e b e r p a r t e t I i ch k e l t des Reichsbanners entgegenzutreten, hat der Bundesvorstand des Reichsbanners in seiner letzten Sitzung erneut einstimmig festgestellt: An der satzungs- und willensmäßig stets bekundeten und gshandhabten Ueberparteilichkeit des Bundes hat sich nichts geändert. Mit der Ueberparteilich- keit des Reichsbanners ist aber auch jeder Versuch unvereinbar, die Organisation für politische Sonderzwecke zu mißbrauchen."
heraus, daß es sich um SA. -Leute handelte. Unter den Nationalsozialisten befand sich auch der S A.- F ü h r e r und Landtagsabgeordnete Rechtsanwalt Alpers. Es fielen Rufe wie„N i e d e r m i t H i n d e n b u r g" und nicht wiederzugebende Beschimpfungen. Auch wurden nachweislich von nationalsozialistischer Seite scharfe Schüsse auf Stahlhelmleute und Polizisten abgegeben. Ein SA.-Mann be- drohte einen berittenen Polizeioffizier mit der Waffe. Andere versuchten ihn vom Pferde zu ziehen." Von einer Anwendung der Notverordnung, die jeden mit Zuchthaus bedroht, der gegen die Staats- gewalt mit der Waffe vorgeht, wird man im Reiche des Herrn Klagges kaum etwas hören. Die Angreifer waren ja auch Nazis. Der im Bericht der„Staatszeitung " genannte Naziabgeordnete Alpers ist kürzlich im Zusammenhang mit der Aufdeckung der Spreng st offattentate in der Stadt Braunschweig schwer beschuldigt worden. Um von der Urheberschaft und Verant- wortung abzulenken, haben die Nazi den einzigen verhafteten SA. -Schützen schnell ausgeschlossen und ihn als„Lockspitzel" diffamiert.
Auch das noch? Nach dem Zwickel die Prostitution! Kommissarius Bracht will der Prostitution zu Leibe gehen. Er will den Reichsinnenminister bitten um den Erlaß einer Notverordnung zur Aenderung des Gesetzes über die Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. Da soll unter dem Feldgeschrei„wider die Unsittlich keit" ein wichtiger sozialhygienischer Fort- schritt mit Hilfe des Artikels 48 wieder aufgehoben werden. Wozu soll der Artikel 48 noch gebraucht werden? Eins sei mit aller Deutlichkeit gesagt: man kann mit polizeilicher Unterdrückung die Prostitution vielleicht unsichtbarer machen— aber man wird sie damit nur gefährlicher machen! Je mehr die Not wächst, um so stärker wird die Prostitution anschwellen! Ist es öffentliche Sitt- lichksit, die Tatsache zu vertuschen, wenn man die Ursache nicht beseitigen kann? Es scheint, daß ein anonymer wohlorgan i- sierter Kreis von Muckern den Macht- habern in den Ohren liegt. Der' anonyme Kreis von Muckern glaubt, die Prostitution sei schon beseitigt, wenn die Mädchen hinter der Ecke statt vor ihr ständen. Aber vielleicht wird da auch noch ein— Zwickel notverordnet?
Zinanznol in Sachsen . Im August hatte der sächsische Staat einen Fehlbetrag von über 514 Millionen Mark zu verzeichnen, während noch im Juli ein Ueberschuß von über drei Millionen Mark erzielt worden war. Im Zusammenhang damit stiegen die schwebenden Schulden im August um über 6 auf 255,77 Mil- lionen Mark.