Gavl prüft... Was wird mit dem Volksbegehren? Das Volksbegehrsn gegen den Sozialabbau, das von der Sozialdemokra- tischen Partei am 12. September noch vor der Auflösung des Reichstags beim Reichsinnenmini- sterium eingereicht worden ist, wird von diesem immer noch„geprüft". Der Parteioorstand hat am Dienstag den Reichs- innenminister, Freiherrn v. G a y l, persönlich er- sucht, die Prüfung zu beschleunigen. Freiherr v. Gayl erklärte, daß die finanzielleAuswir- kung des Antrags geprüft werde, worauf ihm erwidert wurde, daß nach der Reichsverfassung finanzielle Bedenken nicht in Frage kommen können. Es dürfe nicht das Gefühl her- vorgerufen werden, daß dem Volk sein plebiszitäres Recht genommen werden solle Der Minister sagte zu, diePrüfungzube- schleunigen. Die Regierung darf sich nicht wundern, wenn die Mutmaßung Platz greift, daß man nach Vor- wänden sucht, das Volksbegehren gegen den Sozialabbau verschleppen, es sabotieren und schließlich ablehnen zu können!
Rühmlos... Der„�ngriikk" kenntöohm nichtmehr Man durfte gespannt sein. So etwas kommt schließlich nicht alle Tage vor: Der oberste Stabs- chef der Prioatarmee Hitlers überführt, einen Führer des Reichsbanners aufgesucht zu haben, um von ihm Material gegen seine eigenen Leute zu bekommen, von denen er sich mit Mord- absichten bedroht fühlt. Wie— so fragte man sich— wird die nationalsozialistische Presse diese Enthüllung des Münchener Pro- zesses aufnehmen? Wie wird sie sich zu diesem Verhalten Röhms stellen? Wird sie es decken, wird sie es verurteilen? Man nimmt mit einer gewissen Spannung den „Angriff" zur Hand und findet— nichts! Wieder einmal die Nazitaktik: Unangenehme Tatsachen werden systematisch t o t g e s ch w i e- gen. Totgeschwiegen ist nicht ganz der richtige Ausdruck. Sie werden forteskamotiert. Der Moni- teur des Dr. Joseph Goebbels wird sich beileib« nicht vorwerfen lassen, den Münchener Prozeß gänzlich zu verschweigen. Er berichtet darüber. sogar mit knalliger Ueberschrift:„Zusammen» bruch einer neuen Lügenhetze." Dann folgen zwanzig Zeilen. Man erfährt daraus, daß die Vorwürfe gegen die Naziführer Schwarz und Slhulz nicht erwiesen seien und daß der angc- klagte Redakteur Goldlchagg 1200 Mark Geldstrafe zu zahlen habe. Ergo, so denkt sich der „Angriff"-Leser— muß ja alles in bester Orb- nung sein. Der Name R ö h m wird im„Angriff"-Bericht überhaupt nicht genannt. Weder berichtet das Blatt die Ladung Röhms als Zeugen, noch sein unentschuldigtes Ausbleiben, noch die Aus- sage des Majors a. D. Mayr vom Reichsbanner über den Besuch Röhms bei ihm. Röhm ist anscheinend für den„Angriff" eine gänzlich uninter- essante Persönlichkeit. Der„Angriff" druckt wohl die pathetische Rede Röhm» in Wien ab(„Sie mögen uns beschimpfen, sie mögen uns verleumden.. aber daß dieser Mann es nicht wagt, seinen angeblichen„Verleumdern" Auge in Auge vor Gericht gegenüberzutreten— das braucht die dem Hauptmann Röhm unter- stellte SA. nicht zu wissen! Nach der Lektüre des Münchener Berichts war für jeden Einsichtigen klar, daß in einer nor- malen Partei Röhm von Stund ab ein er- ledigter Mann sein müßte. Freilich: in einer normalen Partei. Bei den Nazis bestehen offenbar Bindungen und Mitwisser- s ch a f t e n zwischen den obersten Führern, die es unmöglich machen, einen Mann wie Röhm fortzuschicken. Die Furcht vor Ent- h ü l l u n g e n, die ein in die Wüste geschickter Röhm liefern könnte, muß im Braunen Hause maßlos sein! Den Mitgliedern gegenüber aber hilft man sich durch— Schweigen! Nicht umsonst ist die NSDAP , eine Partei der geistig Primitiven. Man hat ja eine Rubrik eingerichtet„Sie lügen, sie lügen!". Also wird es wohl auch gelogen sein, daß Röhm beim Major Mayr war, wie natürlich auch die Röhm-Briefe„gefälscht" sind. Und welcher SA. -Mann macht sich Gedanken darüber, daß sein oberster Stabschef lieber SOO Mark Strafe auf sich nimmt, als daß er vor Gericht eine Zeugenaussage macht!?
Röhms Mordsangst
.Was zitterst du, Osaf Röhm?*1 .Ich hab immer das Gefühl, als käme einer von hinten"
, 4. Oktober. Eine neue schwere politische Bluttat er- eignete sich am Dienstagabend gegen 20.Z0 Uhr in der schiesischen Hauptstadt. Am Schweidniher Stadtgraben, in der Nähe der Groupenftraße, wurden vier jüngere Reichsbannerkameraden. die sich aus dem Wege zum Gewerk- schaftshaus befanden, von mehreren ihnen unbekannten Leuten mit„Freiheit!" angerufen. Als die Reichsbannerkameraden den Gruß nicht erwiderten, da sie eine Provokation vermuteten. stürzten plötzlich eine Horde von etwa dreißig Nationalsozialisten aus dem Dunkeln hervor. Die Rohlinge st a ch e n mit M e s s e r n auf die Ueberfallenen ein und brachten dem ISjährigen Zungbannerkameraden Stock vier tiefe Stiche tn den Rücken bei, die in die Lunge eindrangen. Ein weiterer 2Zjähciger Reichsbannerkamerod pietsch trug einen Stich in den Oberarm und Der- stauchungen an den Händen davon. Die beiden verletzten muhten sofort ins Krankenhaus übergeführt werden. Als Polizeibeamte am Tatort ein
trafen, waren die Helden bereits verschwunden. Auch die Messerstecher sind unerkannt entkommen. Noch ein llebersall Eine Stunde nach dem Uebersall aus Reichsbonnerleute am Schweidniher Stadtgraben er- eignete sich in Breslau am Dienstagabend eine zweite viehische Bluttat der Hakenkreuzler. Etwa um 21 Uhr fiel in der Nähe des hauptbahnhoses etwa ein Dutzend Nazis über einen ISjährigen Zungbanner- kameraden der Zugendabteilung Breslau-Ost, namens Herbert G o r e h k y, her und brachten ihm Zungbannermann mehrere liefe Stiche in den Rücken bei. Der Ueberfallene konnte mit letzter Kraft zur nächsten Polizeiwache fliehen und wurde dann in außerordentlich bedenNichem Zustande in» Krankenhaus geschafft. Es handelt sich auch bei der zweiten Bluttat um eine von den Nazis planmäßig vorberel- tele Aktion. Auch in diesem Falle hatten die Rowdys dem Reichsbannermann, um ihn in die Falle zu locken, vor dem Uebersall den Gruß „Freiheit" zugerufen.
Der lvürttembergische Landtag wird auf Diens- tag, 11. Oktober, einberufen. Den Hauptgegen- stand der Beratungen wird voraussichtlich die Aussprache über die Notverordnungen des Staatsministeriums zur Sicherung des Haushalts von Staat und Gemeinde« bilden.
Kampf ums Recht Klage Preußens gegen die Diktatur Leipzig . 4. Oktober. Der Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich veröffentlichte heute nachmittag den Ter- minzettel für die Hauptoerhandlung über die Einsetzung des Reichskom'missars in Preußen. Die mündliche unk» öffentliche P e r- Handlung beginnt am Montag, dem 10. d. M., um 10>j Uhr, im Hauptsitzungssaal des Reichs- gerichts. Es ist eine mehrtägige Dauer vorgssehen. Als klagende Parteien treten auf: 1. das Land Preußen, vertreten durch das ehemalige Staatsministerium mit den Streit- bevollmächtigten, den Ministerialdirektoren Dr. B a d t und Dr. Brecht- Berlin und Universitätsprofessor Dr. G i e s e- Frankfurt a. M., 2. die Zentrumsfraktion im Prußifchen Landtag, vertreten durch Universitätsprofessor Dr. Peters- Berlin, Z. die Fraktion der Eozialdemokrati- fchen Partei Deutschlands im Preußischen Landtag, vertreten durch Universitätsprofessor Dr. Heller, Frankfurt a. M., 4. der preußische Ministerpräsident Dr. h. c. Braun und d>e preußischen Minister Seoe- ring, Hirt siefer. Steiger, Schreiber, Schmidt. Grimme und Klepper, S. das Land Bayern , vertreten durch das Gesamtministerium und 6. das Land Baden , vertreten durch das Staatsministerium, mit den Streitbeoollmächtigten Ministerialdirektor Dr. F e ch t- Berlin und Ober-
regierungsrat Wal im badischsn Ministerium des Innern. Beklagt sind das Deutsche Reich , ver- treten durch die Reichsregierung, und der R e i ch s- k a n z l e r als Reichskommissar für Preußen. Auf ihrer Seite treten als Streitbeoollmächtigte auf: Ministerialdirektor Gottheiner, Ministerial- rat Dr. Hoche, Professor Dr. Carl Schmidt-Berlin , Professor Dr. Jacobi-Leipzig und Professor Bil- finger-Halle.
Slatin Pascha gestorben Der Gefangene des Mahdi In seiner Heimatstadt Wien ist gestern mittag im Alter von 75 Jahren Slatin Pascha ge- storben, der seinerzeit Weltberühmtheit durch seine Abenteuer im Sudan erlangt hatte. Mit 16 Jahren kam er, von Abenteurer- lust gepackt, n a ch A e g y p t e n, wo er mit den Forschern Schweinfurth, Rohlfs, Nachtigal und Heuglin zusammenkam. Im Jahre 1874 bereiste er den Sudan , wurde dort mit G o r d o n Pascha bekannt. Bon 1876 bis 1878 weilte er wieder in seiner österreichischen Heimat und machte als Reserveoffizier den Feldzug in Bosnien mit. Gordon Pascha berief ihn dann nach Aegypten , wo er, erst 22 Jahr« alt, Gouverneur der Sudanesischen Provinz Darfur wurde. Er kämpfte gegen den religiösen Aufitand der Mahdisten. Schließlich mußte er sich am 24. De- zember 1883 dem Mahdi ergeben. Slatin Pascha muhte elf furchtbare Leidensjahr« über sich ergehen lassen und wurde vom Mahdi und später von seinem Nach-
Naziangfl vor Wahlen Die Braunhosen verhindern Landtags- auflösung Eigener Beridit des„Vorwärti" Darmstadt . 4. Oktober. Die blasse Angst der Nazis vor Neu» wählen verhinderte am Dienstag die Auf- l ö s u n g des Hessischen Landtags . Schon vor Wochen hatte die sozialdemokratische Fraktion einen Antrag aus Auflösung gestellt, so daß die Nazis Zeit genug gehabt hatten, sich über ihre Haltung zur Neuwahl gleichzeitig mit der Reichs- tagswahl schlüssig zu werden. Aber erst kurz vor Beginn der Plenarsitzung am Dienstag kündigten sie einen Verlegenheitsantrag an, wo- nach sie der Auflösung zustimmen würden unter der Bedingung, daß die Zahl der Abgeordneten» sitze auf die Hälfte, nämlich 35, und außerdem die Ministergehälter auf 12 000 Mark herab- gesetzt werden würden. Während sich das Zentrum einer Neuwahl überhaupt nicht geneigt zeigte, er- klärten sich die Sozialdemokraten mit einer Herab- setzung der Mandatszifser grundsätzlich einver- standen, jedoch nicht auf 35 Sitze, da sonst eine positive Arbeit im Parlament und eine geeignete Vertretung des flachen Landes völlig in Frage gestellt sein würde. Bereit waren die Sozial- demokraten zu einer Verminderung der Sitze auf 56. Außerdem stellten sie einen Ergänzung»- antrag, wonach auch die Gehälter der höheren Beamten entsprechend herabzusetzen seien. Wich- rend nun die sofortige Minderung der M i n i st e r g e h ä l t e r aus 12 000 Mark ein» stimmige Annahme fand, lehnten Nazis und Zentrum die Angleichung der hohen Beamten- gehälter ab. Es entsteht sonach der groteske Zu- stand, daß Ministerialräte künftig höher« Gehälter beziehen als die Minister! Die Anträge der Sozialdemokraten und der Nazis auf Verminderung der Sitze wurden mit wechselnden Mehrheiten abgelehnt. Als man zur Abstimmung über den Auslösungsantrag selbst schritt, verlieh die Nazi-Fraktion, die in Uniform erschien und deshalb von den kam- munisten als Liftboys begrüßt worden war, ge- schlössen die Sitzung. So wurde zwar der sozial- demokratische Antrag gegen die Zentrumsstimmen angenommen, blieb aber trotzdem u n- wirksam, weil die Verfassung die A n w e s e n- heit von zwei Dritteln der Abgeordneten vorschreibt.
Funk rund um Scholz Der Unentbehrliche bleibt Ein rechtsstehendes Nachrichtenbüro hatte gestern nachmittag die Meldung verbreitet, der Rundsunt-Scholz habe— endlich!— sein Köck- t r i t t s g e s u ch eingereicht. Die Entscheidung über die Annahme des Gesuches werde erst in einigen Tagen fallen. Die Nachricht hat eingeschlagen. Eine„deutsche Einheitsfront" schien sich aufzutun: Von rechts bis links schien man den Rücktritt des Funkdiktators als einen Ansang vom Besserwerden zu betrachten. Aber-- Aber am Abend war alles wieder ganz an- ders. Da ließ der Baron von Gayl als Reichs- innenminister amtlich mitteilen, daß er in einer Unterredung Scholz ersucht habe, die Um- st e l l u n g des Rundfunkwesens, soweit sie zur Zuständigkeit des Kommissars des Reichsinnen- Ministers gehört, beschleunigt weiterzu- führen, um den bisher unvermeidlichen Zwi- s ch e n z u st a n d mit seinen Begleiterscheinungen abzukürzen. Die Gerüchte von dem bevorstehen- den oder gar erfolgten Rücktritt des Reichs- rundfunkkommissars Scholz seien völlig er» fu nd en! Das ist beinahe eine verzwickelte Geschichte. Der Rundfunk bleibt— obwohl er in seiner jetzigen Desorganisation auf einmütige Ab- lehnung stößt— dem Manne ausgeliefert, der die Funkeinrichtungen wechseln möchte wie seine Parteibücher. Aber was will man: es ist durchaus begreiflich, daß die Regierung der Papen-Gayl-Bracht sich von dem Manne nicht trennen kann!
folger Mdullahi auf deren Kriegszügen in fchwe- rep Ketten mitgeschleppt. Am 20. Februar 1895 gelang ihm die von seinen Freunden oft ver- geblich vorbereitete Flucht. Jetzt trat er als Oberst mit dem Paschatitel in die anglo- ägyptische Armee ein und war in dem 1898 von Lord Kitchener endlich siegreich beende- ten Feldzug gegen die Mahdi Chef des militäri- fchen Nachrichtendienstes. Seine abenteuerlichen Erlebnisse hat Slatin Pascha , dem im Jahre 1906 in Oesterreich der Freiherrntitel verliehen wurde, in dem Buch„Feuer und Schwert im Sudan" aufgezeichnet.
O D O 1,- Z AH AI PA S TA mit �nvgneir- tycden k m ü cn-... sie haben �(aufkicaft.