Erwartungen der Scharfmacher
-
Die Schlichter aus dem Reiche tamen am Dienstag zusammen, nicht zu einer Konferenz mie nach Bekanntgabe der neuen Durchführungsverordnung hinsichtlich der Friedenspflicht der Gemerkschaften" berichtigt wurde-, sondern zu= nächst nur zu einer informatorischen Vorbe= sprechung. Dieser Vorbesprechung folgt heute die Konferenz im Reichsarbeitsministerium zur Beratung der Auswirkungen der Lohn- Notverordnung.
Man mußte annehmen, daß der Reichsarbeitsminister die Schlichter über das Ergebnis der Nachprüfung der Neueinstellungsmeldungen, der Zahl der wirklichen Neueinstellungen, ohne die furzfaisonmäßigen Einstellungen, die bereits vor oder gleich, nach Weihnachten wieder erledigt find, über die Lohnfürzungsversuche und die dagegen geführten Abwehrstreifs, erst hören merde, bevor er irgendeine neue Entscheidung trifft. Wollten die Unternehmer nicht so lange warten?
-
Die neue Verordnung ist vom 3. Oktober datiert, die Schlichter waren zum 4. Oktober be= stellt. Vorher aber waren. wie uns von unterrichteter Seite versichert wird die Ver= treter der Unternehmer beim Reich s= arbeitsminister, um sich über die Abwehrstreifs zu beklagen, und auf ihr Drängen scheint die vorherige Veröffentlichung der Durchführungsverordnung zurückzuführen zu sein.
Damit sehen die Scharfmacher aber ihre Wünsche noch nicht erfüllt, um für ihre weiteren Lohndrückereien freie Hand zu haben. Sie haben vor allem Stimmung dafür gemacht, daß die Bestimmung des§ 90 des Arbeitslosen= versicherungsgeseges aufgehoben oder menigstens vorübergehend außer Kraft gesezt wer= den soll, wonach einem unterstützten Arbeitslosen die Arbeit in einem bestreiften Betrieb nicht zu= gemutet werden kann.
Man hofft auf diese Weise die Arbeitslosen zum Streifbruch zwingen zu können und erwartet obendrein als Ergebnis der Schlichterfonferenz ein direktes Streifverbot.
Vor solchen Experimenten warnt auch die demo
500 Mann entlassen
Weil sie streikten
Die Firma Wippermann AG. in Ha gen Delftern, Abteilung Fahrradteile, wollte die Löhne ,, angleichen", weil ihre Erzeugnisse von einer fatastrophalen Preisgestaltung betroffen seien. Die Arbeiter wandten sich durch Streit gegen die Lohnfürzung, worauf die Firma erflärte, sie ziehe es vor, den Betrieb zu schließen, als zu den bisherigen verlustbringenden Löhnen meiter zu arbeiten. Die Firma betont ausdrücklich, daß die Einführung einer 40stündigen Arbeitswoche mit entsprechender Lohnkürzung und Mehreinstellung von Arbeitern im Sinne der Notverordnung von ihr nicht ge= plant sei.
Die Arbeiter sind der Auffassung, daß wenn sie hungern sollen, sie es besser ohne Arbeit als mit Arbeit tun können.
Von der Schlichterkonferenz
"
fratische Presse. Mit Recht schreibt die Vossische Zeitung", schon jetzt sei in die Arbeitnehmerschaft eine solche Beunruhigung hineingetragen wor= den, daß zweifellos eine gefährliche Gegenbewegung in Gang kommen würde, wenn man die angedeuteten Experimente durchführen wolle. Die Arbeitnehmerschaft aller Lager habe der Regierung Papen von Anfang an mit starkem Mißtrauen gegenübergestanden. Dieses Mißtrauen sei durch die Taten der Regierung faum vermindert
worden. Gerade die Folgen der Lohnsenkungsverordnung hätten aber der Regierung zeigen können, daß auch eine ,, autoritäre" Regierung für die Durchführung ihrer Absichten das Vertrauen der Arbeitnehmer nicht entbehren könne.
Wollte die Schlichterkonferenz die Hoffnungen der Scharfmacher erfüllen, sie würde damit die Erklärung des Reichspräsidenten , daß der soziale Gedanke gewahrt werden solle, vollends zum Geſpött machen.
Die ,, Flamme des Friedens"
In Neuville St. Vaast bei Arras wurde durch den kriegsblinden Deputierten Scapini eine Flamme des Friedens" enthüllt.
schwere Schießereien zwischen Unterweltleuten ab. Bei der letzten Schießerei murde sogar die Polizei mit den Burschen in einen Feuerfampf nerwickelt. Es gelang jedoch, zwei Männer, die zum Verein ,, Atlantik " gehörten, festzunehmen. Da die e- amten der Kriminalpolizei bei den Festgenomme nen feine Waffen vorfand, wurde bei dem weiblichen Anhang nachgeforscht. Dabei fanden die Beamten bei einer Haussuchung im Nordosten der Stadt unter einer Bettmatrate versteckt sieben ge= ladene Pistolen und über 100 Schuß Munition dazu. Die Festgenommenen, insgesamt 13 Bersonen, werden dem Vernehmungsrichter vorgeführt.
Strafantrag im Weiß- Prozeß Geldstrafe für Lippert, Gefängnis für
Krause
In dem Prozeß gegen die„ Angriff"-Redakteure Dr. Lippert und krause wegen Beleidigung des Polizeipräsidenten Grzesinski und des
Schlesischer Weberstreit Polizeivizepräsidenten Dr. Weiß ſtellte heute
Vergebliche Streikbrechersuche
Eigener Bericht des ,, Vorwärts" Breslau, 5. Oktober.
Die Streitbewegung in der schlesischen Textilindustrie ist unverändert. Die Belegschaften der Tertilfabriken in Langenbielau und Reichenbach streiken nach wie vor. Am Dienstag ließen die Reichenbacher Unternehmer eine Bekanntmachung veröffentlichen, daß ab Mittwoch früh die Fabrikfontore zur Wiedereinstellung solcher Arbeiter, die sich mit den von den Werksleitungen vorge= schlagenen Lohnsägen einverstanden erklären, ge= öffnet seien, und daß für hinreichenden Schuh der Arbeitswilligen Sorge getragen werde. Dieser Versuch, in die Front der Streifenden eine Bresche zu schlagen, war freulicherweise erfolglos.
er=
Am Mittwoch standen vor den Toren der Reichenbacher Textilfabriken nur sechs zum Streifbruch bereite Leute.
Waffenlager in der Matratze
In den letzten Tagen sind von der Berliner Kriminalpolizei nach langwierigen Ermittlungen 11 Mitglieder des berüchtigten Vereins ,, Atlantik" festgenommen worden. Unter den Verhafteten befindet sich eine Frau, die ihre Wohnung als Waffenversted hergegeben hatte.
In den letzten drei Monaten spielten sich in der Lange Straße, bald darauf in der Weberstraße und zuletzt, vor etwa drei Wochen, am Friedrichshain
der Bertreter der Anklage, Oberstaatsanwalt Burchardi, nach mehrtägiger Beweisaufnahme die Strafanträge. Er forderte gegen den Angeklagten Dr. Lippert wegen öffentlicher Beleidigung und übler Nachrede eine Geldstrafe von 1500 Reichsmark oder erfahweise drei Monate Gefängnis und gegen den Angeklagten Krause wegen der gleichen Delikte die gesetzliche Mindeststrafe auf Grund der Notverordnung des Reichspräsidenten von je drei Monaten Gefängnis für zwei Fälle der öffentlichen Beleidigung und üblen Nachrede, und zwar soll diese Strafe zu fünf Monaten Gefängnis zusammengezogen werden. Weiter beantragte der Oberstaatsanwalt, den Angeklagten die kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Den Nebenklägern, Polizeipräsident Grzesinski und Polizeivizepräsident Dr. Weiß, foll außerdem die Publikationsbefugnis des Urteils im ,, Angriff" und in fünf weiteren politischen Tageszeitungen zugebilligt werden.
Fliegertod
Mannheim, 5. Oftober.
Im Mannheimer Flughafen ereignete sich gestern ein tödliches Flugzeugung füd. Der 24 Jahre alte Pilot Ga u ß, der mit einem Privatflugzeug aufgestiegen war, drehte in 800 Meter Höhe einen Looping. Als er aus dem Looping herauskam, war die Maschine in starker Fahrt. Es gelang dem Piloten, die Maschine, deren Tragflächen bereits flatterten( ein Vorzeichen des Flügelbruchs), wieder anzuziehen, er beging jedoch die Unvorsichtigkeit, vor dem Abspringen mit
dem Fallschirm die Anschnallgurte mit einem Draht zu befestigen. Inzwischen war das Flugzeug von 600 auf 80 Meter heruntergekommen. Der Fallschirm funktionierte tadellos, jedoch war die Höhe zu gering, so daß Gauß schwer auf das Gelände niederfauste und so schwere Verlegungen erlitt, daß er auf dem Wege zum Krankenhaus seinen Verlegungen erlag.
82. Abteilung. Heute, 20 Uhr, Funktionärsizung bei Schellhase.
Die ,, große 3eit"
Im Europa- Haus wird eine Ausstellung über den Krieg„ Die Front" gezeigt, eine Ausstellung, die objektiv sein soll. Sie ist objektiv, was das Material betrifft, das ausgestellt ist.
Ist es objektiv, wenn der Führer durch die Ausstellung vom Krieg als von der großen Zeit" spricht, in der man sogar aus Papier Stoffe und Kleider hergestellt hat? Sehnt er sich nach dieser ,, großen" Zeit zurück? Ist es nicht ein Ver= brechen, wenn er die Frauen ganz ernsthaft auffordert, ihren Männern zu Weihnachten G a s= masken zu schenken( ,, Prospekte der Firma... können mitgenommen werden")? Es ist ein Ver= brechen! Für Gasmaskenfabrikanten mag der Krieg etwas Großes" sein, für die Arbeiterschaft, für die Menschheit ist er die Katastrophe, ist er das Verderben! Für den Spießbürger zwischen 15 und 50 Jahren mag es ,, erhebend" sein, durch einen wiederaufgebauten Schützengraben zu gehen, er hat ihn ja im Krieg nicht gesehen; für den Nazijüngling mag es ,, interessant" sein, Kohlrübenmarmelade zu sehen, er braucht sie ja nicht zu essen. Für den, der im Schützengraben gelegen hat, ist die Erinnerung schrecklich und furchtbar, nicht erhebend und interessant"! Der Spießbürger geht lächelnd in die Ausstellung hinein und kommt lächelnd wieder heraus, er betrachtet lächelnd das Dum- Dum- Geschoß und die Handgranate
Jungbanner Groß- Berlin. Heute teine Zusammenkunft der Jungbannerführer im Gaubüro. Wetter für Berlin: Weiterhin fühl, teils heiter, teils woltig, schwache Winde aus Westen. Für Deutschland: Im größten Teil des Reiches Fortdauer des kühlen, beständigen Herbstwetters. Im Nordosten immer noch veränderlich.
-
Rundfunk am Abend
Berlin: 16.05 Hörbericht von der Dela. 16.45 Klaviermusik. 17.00 Kinderkalender Oktober. 17.20 Von der bildenden Kunst. 17.30 Rechtsfragen des Tages( Geh. Justizrat Prof. Dr. E. Heilfron). 18.00 Blasorchesterkonzert. 18.55 Die Funkstunde teilt mit. 19.00 Stimme zum Tag. 19.10 Blasorchesterkonzert. 19.30 R. J. Kreutz: Eigene Dichtungen. 20.05 Sinfoniekonzert. 21.00 und 22.00 Wetter-, Tages- und Sportnachrichten. Tanzmusik. Königswusterhausen: 16.00 Pädagogische Bücherstunde. 16.30 Aus Hamburg: Nachmittagskonzert. 18.00 Alt- Berliner Geo sellschaftskultur um 1800( Dr. M. Kramer, Adda Heynssen). 18.30 Geschichte der Tribute ( A. Brockdorff). 18.55 Englisch( Marga v. Kuhlwein, Lektor W. Mann). 19.35 Zivilversorgung und Personalpolitik der öffentlichen Verwaltung( O. Mosbach). Sonst: Berliner Programm.
Vollständiges Europaprogramm im ,, Volksfunk", monatl. 96 Pf. durch alle Vorwärts"- Boten oder die Postanstalten.
Hierzu 1 Beilage.
,,
Der ,, Borwärts" erscheint wochentäglich zweimal, Sonntags und Montags einmal, Sonntags mit der illustrierten Kupfertiefdruckbei lage ,, Volk und Zeit". Bezugspreise: Wöchentlich 75 Bf., monatlich 3,25 RM.( davon 87 Pf. für Zustellung ins Haus) im voraus zahlbar. Postbezug 3,97 RM. einschließlich 60 Pf. Postzeitungs- und 72 Pf. Postbestellgebühren. Auslandsabonnement 5,65 RM. pro Monat; für Länder mit ermäßigtem Drucksachenporto 4,65 R. Bei Ausfall der Lieferung wegen höherer Gewalt besteht kein Anspruch der Abonnenten auf Ersatz.
Anzeigenpreise: Die einspaltige Millimeter zeile 30 Pf., Reklamezeile 1,50 RM. ,, Kleine An zeigen": das fettgedruckte Wort 20 Pf., jedes weitere Wort 10 Pf. Rabatt laut Tarif. Worte über 15 Buchstaben zählen doppelt. Arbeitsmarkt: Millimeterzeile 25 Pf. Familienanzeigen: Millimeterzeile 16 Pf. Anzeigenannahme im Hauptgeschäft Berlin SW. 68, Lindenstraße 3, wochentäglich von 8 bis 17 Uhr. Der Verlag behält sich das Recht der Ablehnung nicht gen ehmer Anzeigen vor.
Verantwortlich für Politik: Richard Schwarz; Wirtschaft: G. Klingelhöfer; Gewerkschaftsbewegung: J. Steiner; Feuille ton: Herbert Lepère; Lotales und Sonstiges: Friz Karstädt; Anzeigen: Otto Hengst; sämtlich in Berlin. Verlag: Vorwärts- Verlag G. m. b. H. Druck: Vorwärts Buchdruckerei und Verlagsanstalt Paul Singer u. Co., beide Berlin SW. 68, Lindenstraße 3.
Staats
MA
Theater
Mittwoch, den 5. Oktober Staatsoper Unter den Linden
1912 Uhr
Der Rosenkavalier
Staatliches Schauspielhaus
20 Uhr
Die Journalisten
VOLKSBUHNE
Theater am Bülowplatz D 1, Norden 2944. Allabendlich 84 Uhr Letzte 3 Aufführungen
von
-
Stettiner Sänger
Reichshallen- Theater ( Dönhoffplatz) Dir. Meysel.
Dir. Meysel.
Tägl. 8.15 Uhr, Sonntags 3.30 Uhr( ermäßigte Pr.) Das neue Programm mit der Posse
,, Und abends wird getanzt"
Winter Garten
8 Uhr 15. Flora 3434. Rauchen erl. Vier Bronnetts, George Dormonde, Lord Ain, Mary Erik& Co., 7 Alfredos
u. S. W.
Karten abends schon von 70 Pf.
nachm. von 50 Pf. an
Städt. Oper BERLINER THEAT
Charlottenburg Fraunhofer 0231 Mittwoch, 5. Oktbr. Turnus III:
Macbeth
20 Uhr Onégin, Reinmar, Andrésen, Gottlieb, Cavara, Feher. Dirig.: Fritz Stiedry Schiller Grolmanstr. 70/71
8 Uhr CASINO- THEATER 8, Uh Steinpl.( C 1) 6715
Lothringer Straße 37.
Auch Sonntags nachm. 4 Uhr:
Neu!
Neu!
Königin der Luft New
Humor!
Stimmung!
Man lacht Tränen über Direktor Hans Berg als Tante Julchen. Gutschein für die Leser 1-4 Personen Faut. 0.75 M., Sessel 1.25 M., Park. 0.50 M.
HAUS VATERLAND
KURFURST 7460
P
Vergnügungs Restaurant Berlins
BETRIEB
KEMPINSKI
A 7 Dönh. 625 Letzte Woche 84 Uhr
MOISSI Der lebende Leichnam
50 Pf.- 4 M
Rose- Theater
Große Frankfurter Straße 132 Tel. Weichsel E 7 3422 5.15, 8 30 Uhr
Nur noch 8 Vorstellungen Der Hauptmann
Täglich 84 Uhr
Der 18. Oktober
Sonntg., 9. Okt., 81/4 Uhr: Einmalige Aufführung: Die versunkene Glocke
Theater
Deutsches Theater
Weidend. 5201.
-
Kammerspiele
84 Uhr Letzte Aufführungen Schicksal nach Wunsch
Freitag, 7. Oktbr.
Das Verlöbnis
von Rich.Billinger
von Köpenick
Fillhalter
bei
JUERGENS
Alexanderplatz Neue Königstr. 43
Heimarbeit
zu vergeben! Socken, Paletots, Ulster Gepa, Dircksenstr. 46 Zu melden Donnerstag 27-7 Uhr abends