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ERSTE BEILAGE

Vorwärts

Januskopf Alexanderplatz

Elendsgassen hinter strahlenden Fassaden- Heimat des ,, Scheuergutes"

Wenn jetzt der Alexanderplatz nach jahrelangem Buddeln und Bauen langsam sein neues Gesicht herausschält, dann zeigen die glatten Flächen der neuen Bürohäuser, die großen Cafés und der sich nur mit Mühe ordnende Riesenverkehr das nie ruhende Herz des arbeitenden Berlins . Was der Engländer ,, City" nennt, der Kern der Welt­stadt hat sich bis hierhin ausgedehnt und nimmt auch die umliegenden Straßen in seinen Bann.

Schwerbeladene Lastautos, von der Zentral­markthalle kommend, stampfen am frühen Mor­gen über den Asphalt. Dann rauschen die mit Arbeitern und fleinen Angestellten vollgepfropften Omnibusse heran, und wenn der Tag schon hell aufblüht, sausen die Pneus der eleganten Limou­sinen mit den ,, Herren Chefs" bis vor die Türen der sachlichen Geschäftspaläste.

Und doch: dieser Plaz ist anders als die übrigen Geschäftszentren. Hinter den hohen Fassaden der nüchternen Arbeitsburgen, wo die einen sich Lurus und Wohlleben erraffen, während den anderen ein schäbiges Monatsgehalt in die Hand gedrückt wird, leben nicht nur Ladeninhaber und gute Bürger, sondern hier hausen noch die Men­schen aus jener Zeit, als der Aler und sein Viertel noch für verdächtig ,, dunkel" galt.

Aus diesen Altstadthäusern ist schon vor vielen Jahren ein großer Fleck herausgebrochen worden, dort, wo jetzt die Volksbühne steht. Aber dazwischen, in den grauen, düsteren Straßen zwischen Alex und Bülowplay ist noch ein Rest erhalten, der vielleicht noch am ehesten dem Lon­doner Whitechapel ähnelt.

Juden in langen Kaftanen und ehrwürdigen Bärten sieht man hin und wieder die mit Obst­wagen und gestikulierenden Händlern verstopften Straßen durchschreiten. Die kleinen, dunklen, schmutzigen Kinder, die überall herumliegen, schreien und toben zwischen all dem Getriebe herum. Ihre Mütter gehen mit abgehärmten, forgenden Gesichtern für ein paar Groschen ein­kaufen.

Es wird in diesen Gassen alles angeboten; alte Kleider, Möbel, Kinderwagen, Handwerksgeräte, Lebensmittel und für Eingeführte gibt es auch ,, Scheuergut", nach dessen Herkunft man lieber nicht fragt. Mancher, der jetzt ein paar

Bumpen kommen se alle von alleene angeloofen." Und die meisten Bewohner der umliegenden, alten Baracken haben ihren Kredit schon ver= loren, sie kriegen nichts mehr auf die hohe Kante von ihrem Krämer geborgt. Sie kriechen aus

Der letzte Abfall wird noch einmal durchwühlt...

Straßenzüge weiter in eleganten Klubjesseln seine Abschlüsse tätigt, hat wohl auch hier mit einem Köfferchen und lauter Ausruferstimme begonnen.

Doch wie in den großen Hochhäusern heute die Krise in den Ecken lauert und an vielen Fenstern noch das erschreckende zu vermieten" steht, so drückt in den Elendsgassen noch mehr die Arbeits­losennot auf die Gemüter. Fast lustlos stehen die Händler an ihren bunten Ständen und ant­worten auf eine Frage nur seufzend:;, Na ja, wat soll ick noch schreien, hat doch kenn Zweck, zum

Die Not steigt weiter geführt zu haben, als fie in der Nacht vom 23.

Immer mehr Wohlfahrtserwerbslose

Die Zahl der Wohlfahrtserwerbslosen in Berlin , der langfristigen Erwerbslosen, die weder auf Ar­beitslojenversicherung noch Krisenfürsorge Anspruch haben und ausschließlich von den Gemeinden er­halten werden, ist im September 1932 wieder gestiegen. Sie betrug Ende September 1932 326 863 gegenüber 316 523 am Ende des Bormonats. Sie hat demnach um 3,3 Prozent zugenommen. Unter den am 30. September 1932 gezählten Wohlfahrtserwerbslosen befanden sich 9586 Fürsorgearbeiter, am Ende des Vormonats waren es 9506.

Selbstschutz verboten

Gefängnis für Dorfbewohner

Es gehört heutzutage nicht viel dazu, um auf die Anklagebank zu kommen. Die sieben harm­Tosen Dorfbewohner aus Germendorf bei Oranienburg im Alter von 22 bis 32 Jahren haben wohl auch nicht geahnt, daß sie vor Gericht stehen würden unter der Anklage ,, bewaffnete Haufen" gebildet und Stich- und Hiebwaffen"

Yosesti

JUNO

zum 24. Juli als Doppelwache von je drei Mann die Dorfstraße auf- und abpatroullierten, um die SPD Platate vor den Nazis zu schützen und auch zu perhüten, daß ihre Häuser beschmiert würden.

Man hatte natürlich an die Nazis gedacht und sich auf alle Fälle mit Knüppeln und Artstielen ausgerüstet, da man ja Naziburschen nicht mit leeren Händen gegenübertreten kann. Nur zwei von diesen Leuten waren gewerkschaftlich organi­siert, die anderen waren einfach Sympathisierende. Natürlich hatten diese Germendorfer Bürger nicht die geringsten Angriffsabfichten. Sie waren voll­tommen friedlich. Sie waren sich auch nicht be= wußt, etwas Strafbares zu tun. Und es war ihnen schließlich nicht so sehr um die SPD. ­Plakate zu tun als um die Sauberhaltung

ihren Kellerlöchern auf die Straße, betteln und versuchen, in den Markthallen etwas Abfall zu ergattern. Wenn am Abend die Obstkarren nach Hause ziehen, dann stürzen sich alte Frauen und Männer mit Säcken und Körben auf die Rest e schlechten Obst es und sind froh, wenn sie ein paar Holzbretter oder Pappscheiben darunter finden. Es findet alles noch seine Verwendung. Und das ein paar Ecken abseits vom lärmenden, strahlenden Aleg, der manchem Ausländer als Symbol des neuen, frischen Berlins gilt.

stiele waren ,, Hieb- und Stichwaffen". Tatsächlich wurde ein Verfahren eingeleitet und tatsächlich mußten sieben Mann vors Gericht. Die An­geklagten verteidigten sich nicht besonders geschickt. Das Urteil lautete für jeden der Angeklagten auf drei Monate Gefängnis, im Grunde genommen für nichts, für gar nichts. Es war niemandem ein

DIENSTAG, 11. OKT. 1932

wurde angenommen, daß Kleinschmidt einem Herzschlag erlegen sei. Bei der Obduktion stellte sich jedoch überraschend heraus, daß in der Kehle des Greises ein Taschentuch steckte, das offenbar als Knebel benutzt worden war und den Erstickungstod des Sonderlings herbeigeführt hatte. Nach wochenlangen Ermitt­lungen ist es Kriminalfommissar Dr. Berrdorff jetzt gelungen, drei junge Leute im Alter von 19 bis 23 Jahren festzunehmen, die im dringenden Verdacht stehen, den alten Mann ermordet zu haben. Die mutmaßlichen Täter haben sich bereits in heftige Widersprüche ver wickelt. Besonders belastend ist die Tatsache, daß sie alle drei für den Tag des Verbrechens kein Alibi antreten können. Die Burschen befinden sich im Gewahrsam und man rechnet mit einem baldigen Geständnis.

Ende eines Forschers

Selbstmord inmitten seiner Sammlungen

Der 50 Jahre alte bekannte Berliner Forscher, Schriftsteller und Weltreisende Carl Heinz Heiland hat sich gestern in seiner Wohnung in der Friedrichstraße 76 erfchoffen. Seelische Depressionen sollen das Motiv zu dem Ver­zweiflungsschritt des Lebensmüden sein.

Heiland hat einen großen Teil seines Lebens auf Forschungsreisen in Afrifa ver­bracht. In den letzten Jahren trat er mehr in den Hintergrund und lebte mit einer Wirtschafterin in der Friedrichstraße ziemlich zurückgezogen. Er hatte dort eine große Wohnung inne, die aber in Wirklichkeit ein erotisches Museum ist, denn über­all findet man die unzähligen überseeischen An­denken, Trophäen und Kostbarkeiten, die sich Hei­land von seinen Forschungsreisen jedesmal nach der Heimatstadt mitgebracht hat. Sein plötzlicher Tod kommt allen Freunden und näheren Be­fannten völlig überraschend.

Gestern verlies die Wirtschafterin Heilands, eine Oberschwester, die Wohnung gegen 16 Uhr, um einige Besorgungen zu machen. Als sie gegen 18 Uhr heimkehrte, bot sich ihr im Schlafzimmer des Forschers ein entseglicher Anblick. Mit einem alten Jagdgewehr hatte sich Heiland erschossen. Er lag in einer großen Blutlache leblos auf dem Boden. Die Waffe hatte eine solche Durchschlags= kraft, daß der halbe Schädel aufgerissen war. Der Tote war kaum noch zu erkennen, so hatte der furchtbare Schuß das Gesicht entstellt. Die Leiche der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt

worden.

Leid geschehen, es war nicht einmal jemand Explodierter Wurstkeffel

bedroht worden. Ehrenhafte Staatsbürger werden also, weil sie in diesen gewiß nicht sicheren Zeit­läuften ihr Eigentum beschützen wollen, bestraft. Zum Glück war es kein Sondergericht, es gibt noch eine zweite Instanz; eine Berufung ist also möglich. Die Gefängnisse in Deutschland dürften bald nicht für alle Verurteilte mehr reichen.

ihrer eigenen Häuser. Als ein Trupp Der Tote in der Laube

von etwa 60 Nazis durch das Dorf zog, ohne Unheil anzustiften, blieben sie von der Wache auch vollkommen unbehelligt. Die Patrouillen mar­schierten weiter auf und ab, weil sie ganz be= stimmte Nachricht über zu erwartende Klebe­folonnen bekommen hatten. Statt der Nazis kam aber ein Streifenwagen der Land= jägerei. Vielleicht kam er nur zufällig des Weges daher, vielleicht hatte er Wind bekommen von der Patrouille. Jedenfalls war der Wagen plötzlich da und nahm an der Dorfwache Anstoß. In den Augen der Landjägerei war das ein bewaffneter Haufen" und die Latten und Art­

Ein Mord vor der Aufklärung

Am 20. September wurde in seiner Wohnlaube am Königsdamm in Plößensee der 87jährige Friedrich Kleinschmidt, der dort draußen als Sonderling bekannt war, tot aufgefunden. In verschiedenen Behältnissen wurden verschiedene hundert Mark entdeckt, die sich der Greis im Laufe der Jahre zusammengebettelt hatte. Be= kannte und Nachbarn wollten wissen, daß der alte Mann mehr Geld gehabt haben müsse und es tauchte der Verdacht des Mordes auf. Zunächst

Zwei Schwer-, ein Leichtverletzter

Durch Unvorsichtigkeit wurde gestern abend in der Schlächterei von Girra in der Hermann­ffraße 209 in Neukölln eine schwere Spiritus­explosion verursacht. Zwei Kunden, die ahnungs­los am Ladentisch standen, erlitten schwere Brand­wunden. Ein Angestellter des Fleischermeisters fam mit leichten Verlegungen davon.

Auf dem Verkaufstisch stand ein Wurst= kessel, der durch Spiritus warm gehalten wird. Als die Spiritusflamme zu verlöschen drohte, wurde leichtfertigerweise von einem Angestellten Spiritus nachgegossen. Dabei explodierte der Spiritusbehälter und Stichflammen schossen nach allen Seiten. Zwei Käufer, ein Hans Elers aus Schmöckwiß, Jagen 37, und Erich Lehmann aus der Trelleborger Straße 33 in Pankow , er­litten so schwere Brandverlegungen, daß sie ins Urban- und Neuköllner Krankenhaus eingeliefert werden mußten. Ein Schlächtergeselle 30g sich leichte Verbrennungen zu. Der explodierte Kessel ist von der Polizei beschlagnahmt worden.

Eins A mit Sternchen

A

bedeutet wohl höchstes Lob.

Ein Raucherquartett zollte es in so origineller Form kürzlich unserer

Jun0,

um seiner Zufriedenheit mit der hohen Qualität dieser beliebten Cigarette Ausdruck zu geben. Es bereitet uns besondere Freude, die Anerkennung unseres Grundsatzes: Alles für die Qualität

und nichts für Zugaben wie Wertmarken, Gutscheine oder Stickereien, bestätigt zu sehen.

Juno Cigaretten Sterne, die allen erreichbar sind.

Joseli

JUNO

o/ M.runo

6 STUCK 20-980

O

LINOW