breiten Lolksmassen in Stadt und Land nicht so offen und rücksichtslos zugunsten ihrer Pei- niger ausgebeutet worden. Ein Lohnabzug folgt dem anderen. Die Lebenshaltung des Volkes wird in demselben Grade herabge- drückt, wie die Weimarer Verfassung ange- tastet wird. Eins bedingt das andere. Der Reichswehrminister betont stets, daß er als Minister vom Reichspräsidenten ernannt sei, womit offenbar eine besonders hohe„un- politische" Verehrung für das Staatsgrund- gesetz ausgedrückt werden soll. Parteipolitik soll das nicht sein. Kann man sich da wundern, daß dieser Rückfall in den frühmittelalterlichen Geist nicht nur zur geistigen, politischen, wirffchaft- lichen Isolierung Deutschlands führt, sondern daß diese Isolierung geradezu als ein Ideal gepriesen wird? Geistige Autarkie, wirt- schastliche Autarkie spotten ihrer selbst und wissen nicht wie, wenn sie sich in das Gewand der„Deutschbewußtheit" kleiden. Wie kann Geistesschwäche deutsch sein, zumal ja doch am deutschen Wesen die Welt genesen soll? In allen zivilisierten Ländern der Erde hat man nicht nur stets und unter allen Um- ständen Respekt und Hochachtung vor dem Grundgesetz des Staates, sondern auch vor dem Selbstbestimmungsrecht des Bürgers, der Freiheit des Bürgers. In Deuffchland gibt es einen Vizepräsidenten des Reichstags, einen Richter, der in öffentlicher Versamm- lung etwa erklärt:„Ohne Verfassung s- bruch geht es nicht. Papen wird ihn schon machen. Wir können ihm vertrauen." Und es erhebt sich kein Sturm der Entrüstung von links und rechts, kein Sturm bei den Hütern des Rechts, kein Sturm unter den Ge- bildeten. Kein entrüsteter Widerspruch wird in der Wilhelmstraße 78 laut. Wo das Rechtsbewußffein so erschüttert ist wie in Deutschland seit dem 20. Juli, da fehlt der Begriff für das Recht überhaupt. � In allen großen Aufgaben der Zeit hat die Sozialdemokratie eine Hauptaufgabe: den Kampf für die großen Grundsätze der Wei- marer Verfassung. Die Sozialdemokratie ist gezwungen, die Aufgaben zu erfüllen, die die bürgerliche Gesellschaft für sich nicht gelöst hat. Es ist zugleich ein Kampf um den ge- sellschaftlichen Forffchritt gegen Ausbeutung und Verelendung. Es ist ein Kampf um Freiheit und Recht nach außen und innen. Es ist ein Witz der Weltgeschichte, daß um 1932 ein Häuflein deutschnationaler Rück- wärtsler, deren Geist aus der Zeit vor 1807 vor Frecherrn vom Stein stammt, sich als lünzige Hilfsmacht einer Regierung bewegen kann. Daß das lange dauern kann, ist un- wahrscheinlich. Petrefakten sind noch nie wieder lebendig geworden. Je mehr diese Leute jetzt den Geist der Zeit mißhandeln, um so sicherer und gewaltiger erhebt sich wieder eine Welle der Freiheit, des Selbst- bewußtseins, der ehrlichen Deutschheit. Der Träger dieser Welle wird die Sozialdemo- kratic sein.
Titulescus Wiederkehr Ein Gegner der Annäherung an die Sowjetunion Der führende rumänische Politiker und Dtplo» mat T i t u l e s c u, zuletzt seit Jahren Gesandter in London , hatte kürzlich seinen Abschied aus Protest gegen die von der rumänischen Regie- rung aufgenommenen direkten Verhandlungen mit der Sowjetunion , die namentlich von Frankreich eifrig befürwortet wurden, eingereicht. Jetzt wird plötzlich gemeldet, daß Titulescu auf Wunsch des Königs nicht nur feinen Abschied rückgängig gemacht hat, sondern sogar al« A u ß« n m i n i st e r in das Kadinett Vaido«in- treten soll. Man nimmt an, daß«r demnächst mit der Bildung einer neuen Regierung betraut werden soll. Es hat den Anschein, als ob die unbedingt fowjet- gegnerischen Kreise Rumäniens wieder Oberwasser gewonnen haben, die dem Abschluß eines Nicht- angriffspaktes widerstreben, solange nicht Mo»- kau die Abtretung Bessarabiens förmlich anerkennt. Allerdings würde dadurch auch«ine Verstimmung zwischen Bukarest und Paris ein- treten, weil Frankreich eifrig bemüht ist, solche Verträge zustande zu bringen, um Rußland end- gültig von der Rapallopolitik loszulösen.
Pape« in zweierlei Gestalt Der I�eickskanAler in L.e!p2!s vertreten— der Reichskommissar nicht
Eigener Bericht des„Vorwärts" F. KI. Leipzig . 11. Oktober. Es geschehen immer noch Wunder, wenn die aufgeklärte Neuzeit auch nichts mehr davon wissen will. Ein solches Wunder ereignete sich am Diens- tag in der Sitzung des Staatsgerichtshofes. Man rufe sich in Erinnerung: Der Reichspräsident ernennt den Herrn v. Papen zum Reichs- kommifsar für Preußen, der Reichs- kommissar entsetzt die beiden politischen Minister Braun und Severing ihres Amtes und enthebt die übrigen Minister ihrer Dienstgeschäfte. Er setzt gleichzeitig als seinen Stellvertreter den klerikalen Oberbürgermeister Bracht ein, der mit der „Wahrnehmung der Geschäste des Innenministers" betraut wird. Dieser Kommissar amtiert voll- kommen als I n n e n m i n i st e r. In dieser Eigen- schaft erließ er seine Zwickeloerordnung, in dieser .Eigenschaft hat er mit den übrigen Kommissaren die vielfachen Stellenbesetzungen verfügt, die der Entscheidung des Staatsgerichtshofes vor- greifen— aber plötzlich ist der Reichs- kommissar von der B i l d f l ä ch e'v e r- s ch w u n d e n! Wie solch ein Wunder geschehen kann? Ganz einfach: der Ministerialdirektor Gottheiner erklärt, der Reichskanzler sei nur als Reichs- kanzle r, als Führer der Reichsregierung vor dem Staatsgerichtshof vertreten, nicht aber als Kommissar für Preußen! Alles, was der Reichskommissar in Preußen tat und seine Kommissare tun ließ, unterliege nicht der Beurteilung des Staatsgerichtshofes. Das sei höchstens Gegenstand eines innerpreußi- fchen Konflikts, nicht aber eines Konflikts zwischen Reich und Preußen. Man merkt die Ab- ficht und wird nicht einmal verstimmt. Die Kom- missare nehmen alle Rechte für sich in Anspruch, aber lehnen jede Pflicht, sich zu verantworten, ab, sei es vor dem Landtag, sei es vor dem Staatsgericht. Diese Kommission der Kommissare amtiert formell als preußische Staatsregierung. Eine Serie von Klageschriften der verfassungs- mäßigen, aber am Amt verhinderten Minister richtet sich gegen den Reichskommissar und gegen feine Kommissare. Aber die Schlauheit des Herrn G o t t h e i n e r hat entdeckt, daß diese „Staatsregierung " nur eine vorübergehende sei und daß die Klagen gegen den Kom- missar wegen mangelnder passiver Legitimation nicht verhandelt wer- den könnten. Diese Schläue ging jedoch auch dem Präsidenten des Gerichts wider den Strich. Er bemühte sich auch, aus der Praxis des Stoatsgerichtshofs dem Reichsvertretsr klarzulegen. daß man«ine solche Trennung der Funktionen bei einer politisch so bedsutsamsn Frage unmöglich zulassen könne. Denn es sei doch keineswegs wünschenswert, daß der Staatsgerichtshof nach langen Verhandlungen eine Entscheidung treffe und daß dann plötzlich erklärt werden könnte, die Entscheidung sei nicht zulässig gewesen. weil— der Reichskommissar nicht vor Gericht ver- treten war! Der Appell blieb ungehört— bis zum Abend! . Und das ist das zweite Wunder: Am Abend wurde plötzlich der bisher als Zuhörer anwesende Ministerialrat Schütze aus dem preußi- schen Innenministerium als o f f i z ie l l e r Ver- treter des Reichskommissars für Preußen, d. h. des Reichskanzlers in seiner doppelten Eigenschaft als Reichskommissar, zuge- lassen. Man hat sich demnach wohl in den Mi- nisterien gesagt, daß die arrogante Art des deutschnationalen Abgeordneten Gottheiner den Interessen der„Kommissare" nicht gerade förder- lich sei. Der Nachmittag dieses Verhandlungstages ge- hörte der grundsätzlichen Auseinander- s c tz u n g über die Bedeutung der Verordnung zur Einsetzung des Reichskommissars. Hier kamen zunächst Bayern und Baden zum Wort. In den Kreis der juristischen Betrachtungen wurde schließlich auch der Artikel 48 der Reichsverfassung«inbezogen, vor allem die Frage, welche Voraussetzungen für seine An- wendbarkeit gegeben sein müssen. Der anerkannt bedeutendste Kenner des Verfafsungsrechts, Pro- fessor Anschütz- Heidelberg , nahm hier- bei Gelegenheit, in einem großzügigen Abriß die Bedeutung des Artikels 48 und seine Voraussetzungen darzulegen. Als Kern der Dar- legungen sei hervorgehoben, daß nach Meinung von Anschütz die Frage, ob eine Landesregierung etwa nicht scharf genug die Polizeigewalt ange- wendet habe, aus kein en Fall einen Grund zur Anwendung des Artikels 48 Absatz 1 abgeben könne. Denn die Anwendung der Polizeigewalt fließt aus dem Hoheitsrecht des Landes, nicht aus dem Pflichtenkreis im Reiche. Der Staatsgericht?- hos dürfe deshalb nicht der Frage ausweichen, ob eine Pflichtverletzung des Landes Preußen als
Voraussetzung der 48'Verordnung vorgelegen habe. Als Kronjurist der Baronsregierung produzierte sich darauf wieder der Berliner Staatsrechtler Carl Schmitt , der bis aufs Mittel- alter und die alten Kurfür st en zurückging, um zu beweisen, daß die Papen-Verordnung gegen Preußen zu Recht bestehe. Ihm leuchtete in knappen aber schlagenden Dar-
legungen Professor Heller als Vertreter der fogialdemokratifchen Landtagsfraktion heim, indem er nachwies, daß das Mittelalter, die Kur- fürften und die Zustände von 1806 gar nichts zu tun haben mit der jetzigen Frage. Diese interessanten Auseinandersetzungen zwi- schen den Staatsrechtslehrern dauerten bis nach 7 Uhr abends an.
Die Staatswiffenschaft für Preußen
Atfy&neittt TiuyMtiüV&i&C€ih44*fy Alle Genossinnen und Genossen, sowie Reichsbannerkameraden, Jugend- und Sportgenossen beteiligen sich cun Souuafaud, den* 15, Öldo&ec von den bekannten Stellen aus. Der Bezirksvorstand,
Leipzig , 11. Oktober. Im Verlaufe der Vormittagssitzung hatte der Vertreter der sozialdemokratischen Fraktion, Prof. Dr. heller, das Beweisthema für die Zeugenver- nehmung folgendermaßen präzisiert: daß von vornherein die Regierung von Papen mit der NSDAP , Abmachungen über die Beseitigung der preußischen Regierung getroffen habe. Mit der Ladung des Herrn von Gleichen und anderer maßgebender Mitglieder des herrenklubs solle bewiesen werden, daß von einer unabhängigen und unparteiischen Regierung, die nur die Bürgerkriegssiiuation bekämpfen wollte, gar keine Rede sein könne, daß vielmehr sehr klare parteipolitische Abmachungen bestanden. Er wolle selbstverständlich auch nicht behaupten, daß die Abmachungen mit der NSDAP , da? alleinige Motiv für die Reichsregierung gewesen seien. Ministerialdirektor Dr. Ladt erklärte, daß die Beseitigung der preußischen Regierung nur der Schlußstein eines Planes sei, der seit zehn Jahren in Kreisen des Reichswehrministeriums besprochen worden sei und der auch Lieblingsplan des Generals von Schleicher war, nämlich den Dualismus Reich— Preußen mit Hilfe des Art. 48 zu beseitigen. Der Vorsitzende Dr. Bumke erörtert dann eine prozessualtechnische Frage. Nach den Akten des Reichsgerichts sei in der Tat zu diesem Verfahren zwar die Reichsregierung,„zu Händen des Herrn Reichskanzlers", geladen, nicht aber besonders der Reichskanzler in seiner Eigen- schaft als Reichskommissar für Preu- ß e n. Die Bemerkung der Vertretung der Reichs- regierung, daß sie nicht den Reichskanzler in seiner Eigenschaft als Reichskommissar mit vertrete, be- ruhe aber wohl nicht auf dieser Nichlladung, die ja leicht nachgeholt werden könne, sondern wohl auf der grundsätzlichen Erwägung, daß der Reichs- kanzler in seiner Eigenschaft als Retchskommisfar in diesem Verfahren nicht vertreten sein könne. Nachdem Ministerialdirektor Dr. Gottheiner das kurz bestätigt hat, bittet Reichsgerichtspräsident Dr. Sumke. doch dieses prozessuale Hindernis zu beseitigen. Er mochte nicht riskieren, daß eines Tages sine Entscheidung ergeht, von der nicht fest- steh«, ob sie nicht auch gegen oder für den Reiche- kommissar Wirkungen habe und daß man dann sage: Wie konnte» Ihr. ohne den Reichskommissar zu beteiligen, eine solche Entscheidung fällen? Er bitte daher die Vertretung des Reiches, doch in Berlin rückzufragen, ob nicht auch der Reichs- kommissar bei der Verhandlung als mit vertreten gelten könne. Ministerialdirektor Dr. Gottheiner sagt diese Rückfrage zu und gibt dann die folgende Er- klärung ab: „Eine Vereinbarung des Reichskanzlers mit Hitler über ein Vorgehen gegen Preußen ist nicht getroffen. Verhandlungen darüber haben zwischen ihnen nicht stattgefunden. Auch die Aufhebung des Uniformverbots, die Wiederzu- lassung der SA. -Truppen und die Wiedergewäh- rung sonstiger politischer Freiheiten waren nicht Gegenstand von Vereinbarungen zwischen dem Reichskanzler und Hitler , gehörten vielmehr von vornherein zum Programm der Reichsregierung, die von sich aus entschlossen war, aus Gründen der Gerechtigkeit Ausnahmebestimmungen gegen die Nationalsozialisten zu beseitigen." Nachdem Ministerialdirektor Dr. Brecht noch darauf hingewiesen hat, daß der Reichskanzler nu r dementieren lasse, daß er in a m t- licher Eigenschaft solche Vereinbarungen abgeschlossen habe, werden die Verhandlungen durch eine Mittagspause unterbrochen. Gazd und Severing Zu Beginn der Nachmittagssitzung verliest Dr. Brecht die bereits in der Presse bekannt- gegebene Erklärung des Ministers Severing gegenüber der Behauptung, daß er, Severing . beim Reichsinnenminister Frhr. o. Gayl selbst die Einsetzung eines Reichstommissars für notwendig erklärt habe. Demgegenüber verliest Min.-Dikektor Dr. Gott- Heiner folgendes Telegramm, das Reichsinnen- minister v. Gayl ihm übersandt hat: „Etwa Mille Zuni d. 3. hatte ich mit Herrn Minister Severing in dessen Arbeltszimmer eine Unterredung über schwebende pollzelliche Fragen. 3m Perlaufe der Unterredung brachte Minister Severing das Gespräch aus die damals in der Oeffentlichkrit umlaufenden Gerüchte über die angeblich von der Reichsregierung geplante Einsehung eine» Relchskom- � missars für Preußen. Ueber den Umfang der Befugnisse eines solchen Reichskommissor» ist dabei selbstverständlich nicht im einzelnen gesprochen worden. Es unterliegt aber nach meiner bestimmten Erinnerung keinem Zweifel. daß es sich bei dem Gespräch um die weit- gehende Maßnahme der Einsehung eines politischen Reichskommissars für Preußen handelte. Lei dem Gespräch erklärte Minister Severing . er habe sich an dem Geschrei über die angeblich bevorstehende Einsehung eines Reichskom- misiars für Preußen nicht beteilig«, weil er persönlich der Ansicht sei. daß diese Maßregel sich nicht werde umgehen lassen. 3m weiteren Verlauf des Gesprächs äußerte Minister Seve ring
mit Bezug auf die Einsehung des Reichs- kommissars: Warten Sie nicht mehr lange ab." Min.-Dir. Dr. Brecht erklärt dazu: Die Er- klärungen der Minister Severing und v. Gayl über ihre Unterhaltung wegen des Reichskom- missars schienen in diametralem Gegen- s a tz zu stehen. Da er aber von keinem der bei- den annehme, daß er nicht die Wahrheit sage, müsse es da etwas geben, was aus den Erklä- rungen nicht ersichtlich sei. Dr. Brecht äußert die Vermutung, daß evtl. die Frage der Ein- setzung eines Polizeikommissars für Norddeutsch- land erörtert worden sei, die ober nichts mit der Amtsentsetzung Severing - zu tun haben konnte. Reichsgerichtspräsidenr Bumke ersucht die Par- teien, die beiden Ministererklärungen dem Ge- richtshof zuzustellen, und fügt hinzu, wenn Seve- ring tatsächlich der Einsetzung eines Reichskom- missars mit den jetzt eingetretenen Folgen zuge- stimmt haben sollte, dann würde nicht er- sichtlich sein, warum die Reichsstellen nicht, ehe sie am 20. Juli die Maßnahmen durchführ- tcn, mit Severing Fühlung nahmen, da es sich ja dann nur um die Erfüllung eines Wunsches von Severing gehandelt haben würde. Im übrigen erklärt der Präsident die Erörte- rung der tatsächlichen Vorgänge hiermit für ge- schlössen. Das Recht der händer Es beginnt dann die rechtliche Erörte- rung mit einer allgemeinen Aussprache über die Probleme, die sich au- dem Art. 48 der Reichsoersassung in Verbindung mit der bundes- staatlichen Gliederung des deutschen Reiches er- geben.- Staatsrat 3an erhält dann das Wort zu grund- legenden Ausführungen, wobei er u. a. erklärt: Bayern hat sich der preußischen JUage ange- schfossen, weil es wünscht, daß die Fragen, über die die bayerische Regierung mit der Reichsregie- rung im Zusammenhang mit dem Vorgehen gegen Preußen nicht übereinkommen konnte, von dem berufenen Organ, dem Staatsgerichtshos, geklärt werden. Die Verhandlungen, die Bayern im Anschluß an die Ereigniste des 20. Juli mit der Rsichsrsgierung geführt habe, hatten Bayern nicht befriedigen können, so daß die Klage vor dem Staatsgerichtshos notwendig geworden sei. Der Zweck der bayerischen Klage sei, daß die Fragen, über die sich Bayern mit dem Reiche nicht habe einigen können, vom Staatsgerichtshos ein für allemal geklärt und im Interesse des befreundeten Zusammenarbeitens mit der Reichs- regierung, also prävent iv, entschieden werden. Bayern habe damals um Feststellungen gebeten, nicht, was auf Grund des Artikels 48 gemacht werden solle, sondern nur, was unter allen Um-
Severing gegen Gayl Abwehr falscher Behauptungen Genosse Carl Severing , der am Dienstagabend in zwei großen Massenkundgebungen in Bautzen in Sachsen gesprochen hat, teilt uns zu dem Tele- gromm des Reichsinnenministers von Gayl, das in der Sitzung des Staatsgerichtshofs verlesen wurde, mit, daß die Angaben dieses Telegramms von Anfang bis Ende unrichtig feien. Es Hab« sich bei dem Besuch des Reichsinnen- minister» in Severings Amtsräumen vor allem um die Bitte des Freiherrn von Gayl gehandelt. den Ministerialdirektor Dr. Menzel in der preußischen Verwaltung unterzubringen. Darauf- hin habe Severing erklärt, er könne eine Zusage in dieser Richtung nur geben, wenn er Klar- Hett über die Pläne des Reiches in der Frage der Reichsreform haben würde. In diesem Zusammenhang habe er dem Freiherrn von Gayl die Frage gestellt. was an den Gerüchten über die Einsetzung eines Re i ch s k o m m i ss a r s in Preußen sei. Darauf habe er die Antwort erhalten, das sei alles noch völlig in der Schwebe. Severing betont, daß er nach dieser Antwort Freiherrn von Gayl dringend gewarnt habe, einen derartigen Schritt gegen Preußen zu unternehmen, der der gesetzlichen Grundlage ent- behre. Es sei nach der Reichstagswahl eine Situation denkbar, in der sowohl der Reichs- tag als auch der Preußische Landtag völlig ver- sagten und daß gewisse Elemente dies zum An- laß nehmen könnten, Unruhe und Unordnung zu stiften. Wenn in solcher Situation eine starke Zusammenfassung der Machtmittel von Reich und Preußen erfolge, würde die Reicheregierung eine bessere Plattform haben, als wenn sie ohne ge- setzlichen Grund die Sondermaßnahmen der Ein- setzung eines Reichstommissars gegen Preußen ergreifen«üroe. Die best« Lösung sei dann in der Z u s a m- menfassung der korrespondieren- den M i n i st«> i e n im Reich und in Preu- ßen zu finden, wie sie im Vorjahr« bereits ernst» hast erörtert worden sei.