Duft aus braunen Häusern Die Opposition befürchtet Ueberfälle
Das in Berlin von ehemaligen Naziführern herausgegeben« Blatt der Naziopposition wird den Braunen Häusern von Woche zu Woche unbequemer. In seiner neuesten Ausgabe ver- öffentlicht das Oppositionsblatt im selten Sperr- druck einen Notschrei gegen die vom Braunen Haus in Berlin vorbereitete Feme gegen den Hauptschristleiter Wilhelm Klute. Ueberfall- trupps sollen bereits gege» ihn und andere Oppositionsleute organisiert sein und die Bedrohten wissen sich nicht anders zu helfen, als mit der Drohung, neues„vernichtendesMaterial" zu veröffentlichen, wenn einem ihrer Leute etwas geschehe.„Wenn die Partei keine Neigung hat", heißt es am Schlüsse der Warnung,„eine zweite Affäre Röhm zu erleben, so ist es notwendig. sich zu anständigen Formen des Kampfes zurück- zufinden." Es duftet weiter aus den Braunen Häusern! Gluckt der Pgs. Die oppositionelle Nazizeitung in Dresden „Die Nation", veröffentlicht am Kopf ihrer neuesten Ausgabe di« Nachricht, daß bereits 123 0 0 0 Abgänge in der NSDAP , zu verzeichnen sind. In der gleichen Nummer wird die Mit» teilung eines früheren Nazi-Laitdtagsab geordneten veröffentlicht, der eingesteht, daß die National- sozialisten den Landtag zur Kaschemme gemacht haben. In Weimar sind in den letzten Wochen nicht weniger als 134 Mitglieder aus der Nazipartei ausgetreten. Diese Aus- trittsbewegung hält noch an. Die Ursache hierfür dürfte nicht nur in der Reichspolitik zu suchen sein, sondern vor allem in der thüringischen Politik. Den großen Versprechungen, die die Nazis der Bevölkerung vor der Wahl gemacht haben, folgen keine Taten. Die notleidende Be- völkerung erwartet aber Taten in sozialer Beziehung, nicht nur Beförderungen von Nationalsozialfften in gut bezahlte Beamtenstellen. kita?i-?oIi�eibesmte Herr Bracht und seine Leute konnten es nicht ausstehen, daß Schutzleute sich im Reichsbanner organisieren oder sozialdemokratische Parteiarbeit verrichten. Gegenüber Nationalsozialisten scheint man nicht so empfindlich zu sein. Wenigstens ver- schickt der Polizeiobersekretär Scholich in Breslau an die vertrauenswürdigen Schutzpolizei- b samten folgende Einladung: N. S. Beamtenarbeitsgemeinschast Fachgruppe Polizei.... Breslau , den S. 10. 32.
Goetheftroße 4S. eine Sitzung der Vertrauens- Männer der Schutzpolizei statt, zu der Sie hiermit eingeladen werden,«sollten sie am Erscheinen verhindert sein, so bitte ich Sie, einen Vertreter, der gesinnungsmäßig zu uns gehört, zu entsenden. Hell Hitler ! geg. Scholich(Pol. Ober-Sek.) Fachschaftsleiter. Herr Scholich scheint sich der Zustimmung hoher Beamter sicher zu fühlen, denn er benutzt nicht nur die Dienstumschläge mit dem Diensfftempel der Polizei, sondern läßt seine„Vertrauensleute" durch das Präsidium auf dem Dienstwege«inladen. Diese Verbindungen sind besonders interessant, wenn man daran denkt, daß erst kürzlich die Bres- lauer Nationalsozialisten im Konzerthaus ihre deutschnationalen Harzburg -Freunde verprügelten und fast täglich Ueberfälle und Prügeleien in den Straßen von Breslau provozieren. Prügel illr SA. -Mäaner Seitdem die Hoffnungen und Entwürfe für da» Dritte Reich in immer weitere Fernen rücken. mehrt sich nicht nur die Unzufriedenheit und die Zersetzung in den Sturmabteilungen der Natio- nalsozialisten, man setzt auch die an politischen Gegnern erprobten Keilereien in den eigenen Lagern fort. Am beliebtesten scheinen Prügel der Vorgesetzten gegenüber ihren Untergebnen zu sein, wie sie einst in Rekrutenmißhandlungs- Prozessen im alten Kaiserreich zur öffentlichen Kenntnis kamen. Ein besonders krasser Fall wird jetzt aus Gleiwitz gemeldet: Dem Scharführer Thomms wurde der Befehl ertellt, mit seiner Gruppe eine ungesetzliche Ha n d l u n g auszuführen Thomm « hat sich im Hinblick auf die inzwischen ergangene Notverord- nung geweigert. Als er am Tage danach mit seiner Schar angetreten war, kam der Trupp- führer Barkel und wiederholte die Befehle. Thomms erwiderte, er habe keine Lust ins Zucht- hau» zu wandern. Darauf forderle Partei sieben Scharmitglieder auf, den Thomms festzunehmen. Diese faßten ihn; Bartel schlug ihn zunächst mit den Fäusten, nachher mit dem Gummiknüppel ins Gesicht. Als Thomme mit Bekanntgabe dieses Ueberfalles drohte, wurde ihm erklärt, man würde ihn dann um die Ecke bringen Die Furcht vor der„Feme " wächst bei den SA. -Leuten mit jedem Tag. Ein typisches Bild ergibt eme Meldung aus Stettin . Dort haben sich der Gaugeschäftsführer Rittmeister v. Gravenstcin und der Musikmeister Jülich von der Standarte 21 kräjtig das Fell versohlt. Der Anlaß war, daß Jülich für sich und seine 25 Mann starke Kapelle den rückständigen Lohn von 1400 Mark gefordert hat. mit dem Erfolg,
Dsr„Heimkehrer Daubmann" wurde als Schwindler entlarvt.
daß Jülich zuerst seine Senge von dem Herrn Rittmeister bezog und darauf samt den 25 Musikern ohne Geld entlassen und auf die Straße gesetzt wurde. In einer Zeit, in der die nationalsozialistische Agitation von Arbeitersreundlichkeit und sozialer Gesinnung geradezu überschäumt, sind solche Fälle besonders lehrreich.
Sparsamkeit! >Vas kostet die Personalpolitik? Die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei im Preußischen Landtag hat folgenden Antrag eingebracht „Die Personalpolitik der kommissarischen Regierung unter Führung des Reichskommissar» in Preußen treibt eigenartige Blüten. Während in den Reden der verantwortlichen Männer immer die Sparnotwendigkeiten betont werden, die sich dann auch prompt durch die Notverordnungen in Kürzungen der Einkommen für die breiten Volks- schichten auswirken, wird hier das Geld buchstäb» lich zum Fenster hinausgeworfen. Die kom» misiarifche Regierung hat leitende Beamtenstellen in den Zentralbehörden neu besetzt. Ministerial- direktor Dr. N o b i- wurde zum 1. Oktober Staatssekretär im_ Staatsministerium, Staatssekretär Dr. W e i s m a n n bezieht aber auch noch sein Gehalt bis zum 1. November. Es sind also für den Monat Oktober zwei Staatssekretärge- hälter zu zahlen. Ministerialrat Dr. Schütze im Ministerium des Innern wurde zum Ministerial- direktor ernannt an Stelle des Ministerialdirektors Dr. Badt. Auch in diesem Fall ist eine Doppel- Zahlung des Ministerialdirektorgehalts erforder- lich, da Dr. Badt ebenfalls noch für Oktober An- fpruch auf sein Gehalt hat. Wir beschränken uns auf die Anführung dieser beiden Beispiele. Es ließe sich jedoch eine lange Liste aufstellen, wo in jedem Einzelfall Doppelzahlungen erfolgen. Diese Personalpolitik hat mit Sparmaßnahmen nichts mehr zu tun. sondern belastet im Gegenteil nur die Steuerzahler unnötigerweise. Wir beantragen daher: Der Landtag wolle beschließen, den Reichskommissar zu ersuchen, dem Landtag über folgende Fragen Auskunft zu geben: I. Wie hoch sind die Beträge, die durch die Entfernung von Beamten aus dem Amt neben den im Haushalt festgesetzten Gehaltssummen verausgabt worden sind und noch gezahlt werden an die Nachfolger der ausgeschiedenen Beamten, also für Doppel- Zahlungen? 2. Aus welchen Etatspofitionen werden hie Mittel für diese Aufgaben genommen?
„Wieder au{ einen Schwindel hereingefallen. Na, heben wir die Dekorationen auf, bis der Kronprinz als Reichsverweser einzieht."
Saalschlacht aus einem Schützenfest. Bei einem Familienabend des Schüxenoereins in Baden- hausen(Westfalen ) erschienen dreißig National- sozialisten in der Wirtschast, nachdem vorher mehrere uniformierte SA. -Leute mit den Gästen scharfe Auseinandersetzungen gehabt hatten. Es gelang zwar, die Nationalsozialisten, die angeb- lich von einer Verlobungsfeier kamen, aus dem Saale zu weisen, doch umzingelten sie das Lokal und warfen mit Knüppeln und Ziegelsteinen sämtliche Fensterscheiben ein. Als das Licht>m , Saale verlöschte, entstand ein Schlägerei. Mehrere Schüsse wurden abgegeben. Etwa dreißig Per- sonen wurden verletzt, darunter auch mehrere Frauen. Vier Mitglieder des Schützenvereins er- litten schwerere Verletzungen. Beim Erscheinen der Polizei waren die Nationalsozialisten bereits geflohen.
Keine Auflösung in Danzig Nazi-Abgeordnete drücken sich vor dem eigenen Antrag Eigener Beridit des„Vorwärts" Danzig , 12. Oktober. Der von den Nationalsozialisten mit Unterstützung der Kommunisten gestellte 21 n- trag auf Auflösung des Volkstages wurde in der Mittwochsitzung mit 46 gegen 15 Stimmen abgelehnt. Die Sozial- d e m o k r a t i e sprach sich gegen den Antrag aus, da ihr nicht nur der jetzige Zeitpunkt wegen der besonderen außenpolitischen Verhältnisse für Neuwahlen nicht geeignet erscheint, sondern sie auch die innerpolitische Entwicklung abmarken will, die sich aus der Beseitigung de» bisherigen Abhängigkeitsverhältnisses der Regierung von den Nationalsozialisten ergibt. Bemerkenswert ist, daß von der 13 Mann zählenden nationalsozialistischen Fraktion fünf nicht für den nationalsozialistischen Auflösungsantrag stimmten.
Täuschungsmanöver In vertraulichen Zirkularen fordert die kommu- niftifche Parteileitung zur Gründung neuer „Wohngebietsausschüsse" als Ergänzung zu ähn- lichen Ausschüssen an Stempelstellen, Arbeits- nachweisen und Wohlfahrtsämtern auf. Sie sollen „Stoßtrupps für außerparlamentarische Kämpfe" werden, gegen Arbeitsdienstpflicht protestieren und vor allem die Agitation gegen die Sozialdemo- kratie zu Wahlzwecken neu beleben. Wo unsere Genossen mit solchen Propaganda- versuchen in Berührung kommen, müssen sie vor
allem darauf hinweisen, daß alle jetzt gefährdeten und abgebauten Unterstützungen für die Arbeits- losen gegen die Stimmen der Kommu- nisten im Reichstag haben durchgesetzt werden müssen. Alles, was die Kommunisten jetzt zu verteidigen angeben, haben sie abgelehnt, verächtlich gemacht und als„Verrat" bezeichnet. Es ist von den Sozialdemokraten seinerzeit bean- tragt und angenommen worden und geht den Er- werbslosen jetzt verloren, seit unser Einfluß durch Nationalsozialisten und Kommunisten geschwächt wurde. Mit„Ausschüssen" und Resolutionen solcher 2lueschüsse kann es nicht zurückerobert wer- den. sondern nur durch eine vernünftige Zu- sammensetzung des Reichstags, der sich fein Recht erzwingt und das Zerschlagene wieder aufbaut.
Ktandrech« in Ungarn ausgehoben. In der Sitzung des ungarischen Kabinetts am Montag wurde einstimmig beschsoffen, das Standrecht auf- zuhebsn. Herriol ist mit feinen beiden Kabinettschefs am Mittwochabend nach London abgereist, um sich dort mit Macdonald zu besprechen. Vorher war das Abrüstungsproblein im Ministerrat besprochen worden, namentlich Paul Boncours neuer Ab- rüftungsplan. Der evangelische Oberkirchenrat hat gegen den oldenburgischen Naziministerpräsidenten Röver Strafantrag wegen Beleidigung ge- stellt. Röver hatte«s in einer Rede als Kultur- schände bezeichnet, daß die oldenburgische Geist- lichkeit einen Missionsvortrag des Negerpastors Kwami unterstütze. Sämtliche Naziwahloersammlungen im Stadt- bezirk Düsseldorf sind auf Anordnung des Polizei- Präsidenten bis einschließlich 16. Oktober ver- boten worden. Als Grund wird das provo- zierende Verhalten der SA. -Leute in den bis- herigen Naziversammlungen angegeben.
Die Vartei im neuen Wahlkamps
Zu der Fertigstellung der Kandidatenlisten in den einzelnen Bezirken und den Erösfnungsver- sammlungen in allen Teilen des Reiches beginnt sich in einzelnen Gegenden bereits der Symbol- kämpf zu gesellen, der auch diesmal, trotz der ungünstigen Jahreszeit, in großem Umfange durchgeführt werden soll. Nach sieben großen Funktionärkonferenzen der Eisernen Front im Kreise M a n s f e l d wurde in Eisleben die roße Sturmfahne gehißt, die weit über anze Straßenviertel und die großen Bahnstrecken weht. Sie soll überall Nachfolger finden, gleich- zeitig mit umfassenden Flugblattverbreitungen In Stadt und Land. Im Herkules-Saalbau in Nürnberg eröff- nete Toni P f ü l f und Genosse Buchta in be- geistert verlaufenen Versammlungen den Wahl- kämpf, Tornow sprach in Kiel vor den Ver- trauensleuten der Partei, Wissel in Altona , Dr. Leber in einer großen Versammlung in Hamburg . Im Hackerbräukeller in M ü n- chen fanden Staudingers packende Aus- führungen stürmischen Beifall. In einer wegen Uebersüllung polizeilich gesperrten Versammlung
Ueherall frisch an die Arbeit
in Breslau erörterte Genosse L ö b e die poli- tische Lage und die Aussichten des Kampfes. S e v e r i n g sprach in überfüllten Versammlun- gen, jubelnd begrüßt, in Glauchau , Zwickau und anderen sächsischen Städten, R o ß m a n n und Schuhmacher auf dem Landesparteitag und den Jugenddemonstrationen in Stuttgart , Höltermann hielt in Dortmund einen Appell der S ch u f o ab, nach einem Referat von Engelbert Graf bestätigte der Bezirk Leip- zig die bisherige Kandidatenliste. Die sozialdemokratische"Wahlliste im Bezirk Hessen-Nassau wird wieder, wie bereits seit langen Jahren, von Philipp Scheide mann geführt. Di« Kasseler Partei hat ihn am Sonn- tag einmütig wieder als Spitzenkandidat nominiert. Auf dem Parteitag der o st p r e u ß i f ch e n Sozialdemokratie wurde nach einem Referat des Genossen Tornow die alte Kandidatenliste Broun, Larssen, Lufft, Jäcker genehmigt und ein Antrag gegen Dopprlkandidaturen angenommen. Ebenso erklärte sich die Parteiversammlung für Groß-Frantfurt am Main nach einem Vor-
Zweierlei Parolen Zu Beginn einer Vortragsreihe über die neuen deutschen Reichstagswahlen gab am Dienstag- abend der Sprecher der Komintern im Sowjet- Rundfunk einige Richtlinien an die deutschen Kommunisten. Er betonte insbesondere, daß es die Aufgabe der KPD sei, bisherige national- sozialistische Wähler für den Kommunismus zu gewinnen. Zu diesem Zweck empfahl er, bei der Propaganda in den Städten die Klassen- kampsparolen stärker zu betonen, dagegen auf dem flachen Lande die nationalen Parolen der KPD. hervorzuheben. Die Kommunisten können eben alles. Aller- dings bemüht sich Goebbel gegenwärtig, ihnen zu beweisen, daß er in punkto Demagogie«»noch besser kann.