Rundfunk der Woche
Die Diktatur regiert
Reichsrundfunkkommissar Erich Scholz ließ sich vor einigen Tagen von einem Vertreter der Schlesischen Zeitung" interviewen; er erklärte dabei u. a.: Wer Ziel und Zweck der Neuregelung des Rundfunks richtig erfassen wolle, müsse allgemeine Politik und Kulturpolitik scharf trennen. Es habe gegolten, den Rundfunk allgemeinpolitisch dem überragenden Einfluß der Weimarer Koalitionsparteien zu entwinden und ihn dazu zu bringen, sich mehr als bisher klar und bewußt nationalen Aufgaben zu widmen. Die Kulturpolitik falle unter die Hoheit der Länder, wie die Leitsätze für den Rundfunk es auch besagten. Sie veranferten den Grundsatz der Dezentralisation, um eine freie Gestaltung der Rundfunkprogramme auf landmannschaftlicher Grundlage zu verbürgen. Der Reichsrundfunkkommissar und Pg. i. W. erflärte weiter, er sei der festen Ueberzeugung, daß das Reformwerk binnen drei Wochen durchgeführt sein werde.
Daß Herr Erich Scholz sich mit Feuereifer auf die Aufgabe gestürzt hat, den Rundfunk dem Einfluß der Weimarer Koalitionsparteien, das heißt dem republikanischen Geist zu entwinden, wird ihm niemand abstreiten. Mit bedeu= tenden Gesten sortierte der Reichsrundfunkkommissar die schwarzweißroten Schafe von den roten oder schwarzrotgoldenen Böcken. Farblose murden, ihrem rassischen Format entsprechend, mit abwaschbaren Farben angetuscht.
Mit
Bei dieser allgemein politischen Betätigung ergab sich eine scharfe Trennung von jeglicher Kulturpolitik von selbst. Diese fiel unter die Hoheit der Länder und ward nicht mehr gesehen. furchtsamen Herzen sahen viele Sendegewaltige auf den Mann, dem eine freie, herrliche Macht verliehen hatte die Gabe des Rundfunkreinigers. Mancher Kopf rollte höher. Die neuen Mannen des Herrn Scholz begannen ihr Werk. Die Sender erstrahlten in christlich- nationaler Geistigkeit.
Aber irgend etwas stimmte in den Spielregeln des für Herrn Scholz so reizvollen Rundfunkzusammensetzspieles nicht. Herr Scholz schien sich nie sicher zu sein, wann, wo, wie oft er den schwarzweißroten Hintergrund durch Krone, Hakenkreuz und Hugenberg beleben sollte. Nur das Schingderassa- Bumderassassa des Herrn von Schleicher war als christlich- nationale Kriegsund Friedensflagge unzweifelhaft in möglichst großer Menge einzufügen. Herr Scholz gab sich heftige Mühe, es seinen Auftraggebern von rechts und von ganz rechts zu Dank zu machen, und doch wird er nun über furz oder lang als schlech= ter Spieler ganz ausscheiden müffen.
Scheinbar ist er noch heute Rundfunkdiftafor; in Wirklichkeit war er es nie, sondern nur ausführende Kraft einer Diftatur, die sich auch den Rundfunk erobert hat. Jezt sind seine Mannen wohl schon zum größten Teil an seine Stelle getreten; es scheint, daß man nur die Blamage der außerordentlich fostspieligen Umwandlung der Sende-.- G.'s in G. m. b. H.'s, die alllein für Notariats und ähnliche Abgaben Hunderttausende Mark erfordern dürfte, noch Herrn Erich Scholz überlassen will. Dann wird ihn wahrscheinlich ein sanfter Wind herabwerfen auf das sanfte Lager der in weiser Voraussicht aufgeschütteten Staatssetretärs= Pension. Werden seine Mannen, die ja vorläufig eigentlich alle nur an provisorischen Bosten stehen, sich alle halten können? vielleicht, vielleicht auch nicht...", fang einst Marcellus Schiffer .
„ Wer weiß,
Wie steht es übrigens mit den Verträgen dieser neuen Herren? Wir haben wiederholt darauf hingewiesen, daß bereits im Juli der ,, Bayerische Kurier" behauptete, die Freiherrenregierung hätte ihnen allen außer ordentlich langfristige Verträge zu= gedacht. Wenn man das hartnäckige Schweigen der maßgebenden Stellen zu dieser Behauptung als Antwort nehmen soll, so besagt sie wohl, daß allen diesen Herren im gegebenen Falle der Ab
Theater, Lichtſpiele ufw.
schied durch besonders hohe Abfindun gen versüßt werden müßte. Die Entscheidung Städt. Oper über Bleiben oder Nichtbleiben einzelner Regierungsbeamter im Rundfunk wird entgültig jedenfalls frühestens nach den maßgebenden Sizungen des Reichsrates und nach den Reichstagswahlen fallen.
Vorläufig werden fortlaufend noch immer Bersönlichkeiten abgebaut, die der Freiherrenregierung nicht genehm sind, oder sie werden wenigstens, wie der frühere künstlerische Leiter des Frankfurter Senders, Schön, auf einen völlig einflußlosen Posten abgeschoben. Wo liegt der Spannpunkt für die Fäden dieser Rundfunfdiftatur, welche Kräfte üben neben Herrn Scholz, vielleicht sogar schon über ihn, die Funktionen der Freiherrendiftatur im Rundfunk aus? Es scheint, als habe sich ein sehr wesentlicher Kräftepol in der Reichsrundfunk= gesellschaft fonfolidiert. Mit der Haltung von Dr. Joseph Joseph Räuschers Nachfolger, Beumelburg, haben wir uns ja bereits mehrfach beschäftigen müssen. Der Leiter der Programmabteilung, Dr. Sta pelfeldt, zeigt eine besondere Neigung, im Verborgenen zu blühen. Trotzdem hat die Presse sich das interessante Naturschauspiel seines raschen parteipolitischen Farbenwechsels nicht entgehen lassen. Außer durch diese Eigenart ist Dr. Stapelfeldt für seinen jezigen Posten vor allem dadurch qualifiziert, daß er bis vor kurzem für das besonders lederne Programm des Hamburger Senders verantwortlich war.
20 Uhr
DieEntführung aus dem Serail
Berger, Pfahl, Ludwig, Kandl, Gombert, Guttmann Dirig. Landeker
Deutsches Theater Weidend. 5201. Letzte Tage!
8 Uhr
Rosc Bernd
von
Gerh.Hauptmann
mit
Kammerspiele
8 Uhr
Die
Brautschau
Erster Klasse
Bendows Bunte Bühne
Kottbusser Straße 6 früher ,, Elite Sänger"
Dieser Mann besitzt, wenn uns nicht alles täuscht, außerordentliche Vollmachten. Alle Programme müssen ihm mindestens vier Wochen vor ihrer Sendung vorgelegt werden, auf B. B. B. Anforderung auch alle Terte. Bon seinem Büro aus wird redigiert und verboten, wobei offensichtlich selten irgendwelches Wissen, aber immer christlichnationale Gesinnung die Entscheidungen dirigiert. Die Zurückweisung einzelner Personen megen verdächtig demokratischer Einstellung oder jüdischer Namen soll durch einen Vermerk auf Programm oder Manuskript geschehen, daß die Beschäftigung der angezeichneten Personen ,, unerwünscht" sei.
Mit einem Wort: der Rundfunk in Deutschland iff eine Waffe der Diktatur geworden, eine Waffe. gegen das Volk. Die Regierung Papen ist be= müht, mit seiner Hilfe aus den geistig stumpf Gewordenen, aus den Leichtgläubigen, den politisch Blinden sich eine Partei zu schaffen. Direkt und indirekt muß fast ununterbrochen dieses Regierungssprachrohr feine Frei Wahlpropaganda für die herrenregierung ausschütten. wachungsausschüsse und Kulturbeiräte, die ein. gewisses geistiges Niveau noch dem schlechtest geleiteten Sender sichern konnten, die eine politische Einseitigkeit und jede Parteipropaganda verhinderten, sind verschwunden. Für ihre fachliche Arbeit ist kein Raum mehr. Die Diktatur regiert!
leber.
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