Vapen, wie Zange noch! Die gut geschützte Verfassung
Krise nach den Wahlen? Schon aus Anlaß des Luther-Briefs zur Kontingentierungspolitik hat der„Vor- w ä r t s" darauf hingewiesen, daß die Grundlagen der Papen -Regierung unter- miniert sind Jetzt, ein paar Tage später, ist in der ganzen Presse ein Geraune von einer kommenden Regierungskrise, die sich nur noch bis über die Wahlen, dann aber auch nicht mehr länger vertagen lasse. Es ist kennzeichnend für den gegenwärtigen Zu- stand, daß bei diesen Krisengerllchten vom kommenden R e i ch s t a g so gut wie garnicht die Rede ist. Und doch muß ein wiederholt mißglückter Versuch des Kanzlers, sich durch Wahlen eine Mehrheit zu sichern, zu seinem Rücktritt führen, wenn der Sinn der Ver- fassung noch einigermaßen beachtet wird. Es ist jetzt wieder ganz wie in der kaiserlichenAera.wobei Regierungs- krisen auch nicht viel vom Reichstag die Rede war, aber desto mehr von Ministern, die ein- ander nicht über den Weg trauten, von Flügeladjutanten, militärischen und zivilen Kabinettchefs und anderen Hofchargen. Wo das parlamentarische System ausgeschaltet ist, hängt Werden und Sturz der Regierun- gen von unkontrollierbaren Faktoren ab. Kanzler stürzen über Fäden, die im Dunkeln geschlungen wurden, neue Regierungen wer- den in irgendwelchen Vorzimmern zusammen- geschoben. Das Volk hat auf alle diese Vorgänge keinen Einfluß und beschränkt sich auf die resignierte Feststellung:„Es kommt nichts besseres nach!" Unter denen, die Papens müde geworden sein sollen, nennt man jetzt wieder den stets betriebsamen Herrn von Schleicher. Die Besuche, die er in Badenweiler erhält, werden sorgfältig registriert und kommentiert. Alle möglichen und unmöglichen Regierungs- kombinationen tauchen auf, und die kommu- nistische Sensationspresse läuft mit der bürgerlichen um die Wette nach dem größten Unsinn. Das sind unoesunde Zustände, und wenn das noch eine Weile so weitergeht, wird sich im Volke ein Schrei nach der Rückkehr zum parlamentarischen Regierungs- s y st e m erheben Schon jetzt zu den kom- Menden Wahlen sollte jeder wissen, daß man diese ungesunden Zustände nicht durch die Wahl von Leuten beseitigen kann, die sie her- beigeführt haben, Nazis, Kommu- nisten und Deutsch nationale haben den Parlamentarismus zerstört, sie haben die Schuld an der P a l a st r e g i e r u n q, unter die das deutsche Volk jetzt gestellt ist!
Das Veickabren gegen Dr. Best, dem Verfasser der Boxheimer DoKumente, wurde eingestellt.
beigeholt und trieb die Menge mit Gummi- knüppeln auseinander. Weitere Zusammenstöße ereigneten sich In Str a ts o r d-o n-A v o n, wo 30l> Demonstranten, die mit 1700 anderen von Manchester nach Lon- don marschierten, Fleisch verlangten. Die Arbeits- losen begannen alles in der Umgebung zu demo- lieren. Die Polizei mußte mit der Feuer- spritze gegen sie vorgehen.
R.eichsZericht:„Ich werde den Hochverrat nicht über diese Schwelle lassen," Heftiges Gekicher von hinten:„Ist auch gar nicht nötig, kommen so rein!"
Nazi als Klassenkämpfer Mit kommunistischem Flugblatt Während selbst der linksstehende Gregor Ctraßer dem Kapitalismus beruhigende Er» klärungen abgibt, daß er jeden Gedanken an Enteignung, Planwirtschaft und ähnliche„bolsche- wistische" Dinge weit von sich weist, werden in Düsseldors nationalsozialistische Flugblätter folgen- den Inhalts verteilt: Deutscher Arbeiter der Stirn und der Zaust! Ihr höret immer den Ruf:„Nieder mit dem Kapitalismus !" Was heißt Kapitalismus ? Kapitalismus heißt: Enteignung! Kapitalistische Wirtschast heißt: Cnteignungs- Wirtschaft! Kaoitalismus heißt: Enteignung des Rechts aus Arbeit! Enteignung des Ertrages der uns noch verbliebenen Arbeit! Kaoitalismus ist Enteignung der Freude am Leben! Kapitalismus nimmt vielen Menschen alles und gibt wenigen Menschen viel! Darum: Nieder mit dem Kapitalismus ! Nieder mit der Enteignunn! Nieder mit Papen ! Nieder mit der Reaktion! Aus in den Kampf mit der nationalsozia- listischen Betriebszcllenorganisation gegen Lohnabbau und weitere Vergewaltigung. Für das Volk! Mit dem Volk! Es lebe Adolf Hitler ! Verantwortlich kür die Flugzettel, die im Eigen- verlag der NSDAP gedruckt sind, ist der bis- herige Abgeordnete Börger-Reuß. Er war früher Kommunist und scheint da einige Flug- blätter mitgenommen zu hoben, in denen er nur den Namen Thälmann mit Hitler vertauscht
Naziplette droht Vorsichtige Geschäftsleute sichern sich Einen tiefen Blick hinter die Kulissen der Kommuni st en und Nazis läßt ein Rundschreiben zu, das die Kartro-A.-G. Berlin , eine größere Spezialsirma in Büromaterial, die im ganzen Reich Zilialen und wiederverkaufec unterhält, vor kurzem an ihre Herren im Außen- dienst gerichtet hat. Wir geben das Schreiben im Wortlaut: „Generaldirektion. Berlin . 21. September 1932. Die in Kürze bevorstehenden Wahlen geben uns Anlaß, Sie darauf aufmerksam zu machen, daß leider die Bezahlung der Fakturen der an die KPD . und NSDAP , gelieferten Waren entweder überhaupt nicht oder mit erheblichen Schwierig- keiten, in den seltensten Fällen glatt erfolgt. Es hat sich herausgestellt, daß wir sogar ein gut Teil dieser Rechnungen einklagen mußten. Die Gründe hierfür sind folgende: Ein Parteisekretariat ist keine juristische Person, welche für den Eingang des Betrages haftbar ge> macht werden kann. Haftbar ist lediglich der be- stellende Sekretariats- bzw. Gauleiter. Da andererseits diese Herren aber oft nur den Stempel Parteisekretariat aufdrücken, nicht aber eine eigene rechtsverbindliche Unterschrift leisten, entstehen dadurch bei der Abwicklung der G«> schäfte Schwierigkeiten. Tatsache ist jedenfalls. daß ein großer Teil der Fakturen für die an diese Parteien gelieferte Ware eingeklagt werden mußte. Bezahlung ist auch dann nur oft mit Schwierig- keiten und mit erheblichen Spesen durch die Parteileitung zu erhalten. Wir müssen natürlich aus diesen Tatsachen die Konsequenzen ziehen und Sie bitten, L i e f e r u n- gen an die KPD . und NSDAP , nur gegen Nachnahme des Betrages abzu- schließen. Gegen offene Rechnung würden wir Bestellungen nicht ausführen. Wenn wir nun- mehr das eine erwähnen, daß Lieferungen an die anderen Parteien anstandslos bezahlt wurden, so sind wir gewiß, daß Sie uns auf Grund dieser Feststellung keine einseitige Stellungnahme zu- muten werden. Es scheint lediglich, daß bei den beiden genannten Parteien in dieser Beziehung ein Organisationsfehler vorliegt oder einzelne Gauleiter auf eigene Faust bestellen und die Partei dann die Bezahlung ablehnt." Der Grund, warum die Nationalsozialisten die Rechnungen für gelieferte Waren nicht bezahlen, liegt auf der Hand. Es ist die Finanzkalamität dieser Partei!
1Z0 000 Yen Lösegeld sind an mandschurische Räuber für die Auslieferung der britischen Frau Pawley gezahlt, davon 3S 000 von England. 93 000 von„Mandschukao". Auf acht Tage verboten wurde das Zentral- organ der ungarischen Sozialdemokratie, die „Neßszada"(Volksstimme). Hauptgrund:„Be- leidigung Italiens ".
eine wohlbegründete Heidenangst vor der Neuwahl, die die Sozialdemokraten fordern und die beschlossen werden kann, wenn die Groß- deutschen dafür stimmen. Der Berliner Gesandten- Posten soll sie davon abhalten. Dabei ist Dr. Frank selbst großdeutscher Abgeordneter gewesen!!
Gämng in England hleue Arbeitslosenunruhen London , 21. Oktober. Die Verhandlungen gegen drei Arbeiter, die gestern bei der Eröffnung eines Seemannsheimes gegen Prinz Georg von England demonstrierten und daraufhin verhaftet wurden, hatten heute im Osten Londons neue Zusammen st öße zwischen Polizei und Arbeitslosen zur Folge. Eine große Menge Arbeitsloser versammelte sich vor dem Polizeigerichtshof und bombardierte die Polizei mit Steinen und Flaschen. Die Geschäfte und Läden wurden aus Furcht vor Plünderungen geschlossen. Polizei zu Pferde und auf Kraftwagen wurde zur Verstärkung her-
Mißverstandener Shaw Das Theater in der Stresemannftraße zerspielte maßstablos, ein Bekenntnis zur Posse herab- würdigend, das letzte Stück von Bernard Shaw :„Zu wahr, um schön zu sein". Nur Oskar Sima , der einen moralisierenden Feldwebel gab, erkannte das Wesentliche: er sprach den Dichter so, daß man verstehen konnte, was der Philosoph gemeint hat. R. Er.
Milde für Verleumder Eigener Bericht des„Vormärts" Limburg , 21. Oktober. Mit der sehr geringen Strafe von zwei Monaten Gefängnis wurde ein Nazi- Wanderredner namens Bruckmann aus Bad Homburg von der großen Strafkammer in Limburg verurteilt. Bruckmann hatte in zwei Naziversammlungen im Unterlahnkreis den preußischen Innenminister Carl Seoering in unverschämter Weise beschimpst. Das Limburger Gericht hatte den Nazi-Bruck- mann seinerzeit wegen seiner Unverschämtheiten zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten hin hob das Reichsgericht das Urteil auf und verwies die Sache an das Limburger Gericht zurück. Das Reichsgericht begründete diesen Beschluß mit dem mehr als originellen Hinweis, daß der Ange- klagte seinem Bildungsgang nach gar nicht die Tragweite und den Inhalt seiner Behauptungen habe ermessen können. Unter dem Wort„Kor- ruption" verstehe man, daß irgend etwas nicht in Ordnung sei. Die Ausdrücke„Faules System" und„Schacher" könnten eine geschichtliche Be- trachtungsweise darstellen. Es komme nicht darauf an, was der Redner sage, sondern wie es von den Zuhörern verstanden worden sei. Eine Be- leidigung Eberls müsse ausscheiden, da das Land- gericht hierüber keine Feststellung getrofsen habe. Der Vorsitzende des Limburger Gerichts, Land- gcrichtsdirektor Dr. Lehr, machte in der neuen Verhandlung die für die Sorgfalt des Reichs- gerichts außerordentlich peinliche Feststellung, daß das Reichsgericht ein auf die Ebert-Beleidigung bezügliches Akten st ück übersehen habe... Der Angeklagte Bruckmann bestritt, Severing beleidigt zu haben, obwohl er das in der ersten Instanz zugegeben hatte. Der Staatsanwalt lehnte die Stellungnahme des Reichsgerichts ab und bean- tragte acht Monate Gefängnis, da jedes Kind hierzulande wisse, was unter den Aus- drücken, die der Angeklagte gebraucht hätte, zu verstehen sei Der Angeklagte habe selbst gesagt, daß„Korruption" Bestechung sei. Das Gericht hielt sich an die Entscheidung des Reichsgerichts gebunden, daß der Angeklagte seinem Bildungsstand nach gar nicht Tragweite und Inhalt seiner Beleidigungen habe ermessen können. Das milde Urteil von zwei Monaten Gefängnis erfolgte lediglich wegen übler Nachrede und öffentlicher Beleidigung. In der Urteils- begründung wird ausgeführt, daß nur eine Ge- fängnisstrafe in Frage komme, da gegen die moralischen Qualitäten des Mi- nisters Severing nicht das gering st e bekannt geworden sei.
Noch mehr Splitter! Im Reichstagswahlkreis Ostsachsen hat sich trotz des gänzlichen Miß- erfolges der zahlreichen Splitterlisten bei der letz» ten Reichstagswahl die Zahl der bisher ein- gereichten Wahlvorschläge noch vermehrt Es sind 23 oder 24 Listen eingereicht worden gegenüber 19 am 31. Juli
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Gesandter Dr. F. Frank Handel um seine Nachfolge Warum der langjährige deutschösterreichisch« Gesandte in Berlin , Dr. Felix Frank , von diesem Posten abberufen worden ist, war bisher nicht bekannt, so erstaunlich gerade diese Maß- nähme der Wiener Regierung gegen einen mit Recht so hochangesehenen Mann und den ehe- maligen Vizekanzler der Republik Deutschösterreich ist. Nun scheint sich herauszustellen, daß der Berliner Gcsandtenposten freigemacht werden mußte, um mit seiner Neubesetzung ein politisches Geschäft zu treiben D'c Wiener„Neue freie Presse" berichtet nämlich, daß der Bundeskanzler Dollfus den Großdeutschen diesen Posten angeboten habe, wenn sie dafür ihre Opposi- tion gegen die Regierung aufgeben; andernfalls solle der Landbündler T a u s ch i tz Gesandter in Berlin werden. Die Regierung und ihre Parteien, die Christlich - sozialen, Landbündler und Hetniwehrler, haben
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