ERSTE BEILAGE
Vorwärts
Die Jagd nach Kartoffeln
Tägliche Wettfahrt der erwerbslosen Kartoffelstoppler
Wer in der abendlichen Dämmerstunde beispielsweise in Tegel steht, kann eine nur selten unterbrochene Prozession beobachten: Hunderte von Radfahrern mit kleinen Salzsäden voller Kartoffeln fahren müde vorbei. Sie waren bereits um 5 Uhr morgens aus den Betten, denn für den Kartoffelstoppler gilt noch mehr als für alle anderen: wer zuerst tommt, mahlt zuerst.
Die Kartoffelstoppler, die heute in Scharen auf allen Feldern der Umgebung Berlins ſizen, leben von der Rationalisierung der Landwirtschaft. Als die Kartoffeln noch mit der Hade geract wurden, bekamen die Buddlerinnen für die Kiepe oder die Rubbel 20 Pf. Heute werden die Kartoffeln jedoch ausgepflügt und für die Kiepe erhalten die Frauen nur noch 10 Pf. Denn sie brauchen die Kartoffeln nur noch aufsammeln. Jetzt wollen aber die Kartoffelbuddler das alte Geld wie früher verdienen und schuften nun mit dem Ergebnis, daß nicht so sauber gelesen wird. Den Gewinn davon haben die Berliner Arbeitslosen, die die liegengebliebenen Kartoffeln sammeln.
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Dabei erzählte ein Stoppler neulich folgendes: ,, Vor allem", sagte er, ,, bekommt man einen Hunger beim Stoppeln. Wir nehmen nun schon drei Paar Stullen mit, aber frühmorgens um 9 Uhr haben wir längst alles aufgegessen und dann schieben wir Kohldampf. Das macht die
frische Luft und die ungewohnte Arbeit. Denn wo bisher der Pflug war, da kommen wir jetzt mit der Hacke und wühlen nochmal das ganze Feld um."
Geschickte Stoppler mögen pro Tag einen halben 3entner zusammenbekommen. Es gibt fogar Spitzenleistungen mit 70 Pfund am Tag. Nur ist die Konkurrenz groß, auf einem Kartoffelacker wühlen oft genug Hunderte von Arbeitslosen herum. Dann gibt es natürlich bei Hermsdorf oder bei Erkner nichts mehr zu stoppeln, mer noch ein gutes Feld finden will, muß mindestens zwei bis drei Stunden mit dem Fahrrad trampeln. Das macht für die Hin- und Rückfahrt also schon durchschnittlich fünf Stunden und es kommt hinzu, daß die Stoppler je den Tag weiter hinaus fahren müssen, um überhaupt noch einen lohnenden Acker zu finden. Die Stoppler erleben hier gewissermaßen ihr Sondergesetz vom abnehmenden Bodenertrag.
Die größten Konkurrenten der Radfahrer sind aber die Motorradfahrer. Frühmorgens sausen sie an den Radfahrern vorbei, und wenn dann die Radfahrer glücklich bei Kremmen angefeucht kommen, haben die Motorradfahrer ihre Säcke schon voll. Allerdings ist das auch wieder nicht so einfach, denn die Schnelligkeit der Motorradfahrer muß erkauft werden mit dem Preis des Brennstoffs. Aber diese eine Mark erst einmal besigen!
Man soll das kleine Flüßchen nicht unterschäzen. Es hat der Berliner Straßen- und Wasserbauverwaltung viel Arbeit gemacht. Am Wedding zum Beispiel teilt sich das muntere Wässerlein, das seinen Lauf im lieblichen Wiesental bei Bernau beginnt und dem Schloßpart von Niederschönhausen zur besonderen Zierde gereicht, in zwei Arme.
Der eine von ihnen stürzt sich in das Schönwalder Becken des Nordhafens: Ein Wasserfall von einem Meter Höhe setzt seiner Munterfeit ein Ende. Es ist wie ein Abschiednehmen, ein lautes Betonen einstiger Selbständigkeit. Und der andere Arm fließt still und bescheiden meist unter Ausschluß der Deffentlichkeit dahin. Teilweise haben die Straßenbauer geschlossene Asphaltdecken über diesen Arm gelegt, so daß ihn der eilfertige Berliner kaum noch erkennen fann. Aber zeitweise tritt er dann wieder in Erscheinung. So an der Hannoverschen Straße. Und hier zeigt sich ein Stadtbild, das man überall, nur nicht in Berlin vermuten würde. Alte baufällige Fachwerkhäuser mit langen schiefen Ziegeldächern, hohe Ufermauern und mühselig abgestütztes Bohlwerk begrenzen die Ufer dieses Armes der Pante. Dazwischen recken sich frumm und gebückt frühzeitig entlaubte Bäume, die ihren Tribut der Großstadt zahlten. Sie spiegeln sich in den trüben Fluten des einst so hellen Wassers. Zwischen hohen Häusermauern drückt sich das Bächlein durch bis in die Nähe der Weidendammer Brücke. Prosaisch und zweckmäßig ließen die Wasserbauer in die Ufermauer der kanalifierten Spree ein vierediges Loch einfügen, das gerade groß genug ist, den zweiten Arm der Banke hindurch zu lassen, um auch hier eine traurige Hochzeit mit der in ein strenges Bett gezwungenen Spree zu feiern. Früher, da galt
Emit
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die Panke noch etwas bei den Berlinern. Am Gesundbrunnen und in Pankom drehte sie flappernde Mühlräder. Aber Dampf und Elek
Die Panke in der Hannoverschen Straße
trizität und nicht zuletzt der Verbrennungsmotor verstehen das Drehen von Grund auf viel besser. Und darum hat man auf die weitere Arbeit der fleinen Panke verzichtet.
Die alten Berliner aber, die sich noch der seligen Zeiten des Wasserrades entsinnen fönnen, sehnen
So müssen sich denn die arbeitslosen Motorradfahrer in die Schuldknechtschaft begeben und einen erheblichen Teil ihrer Ausbeute für das geborgte Markstück abgeben. Ein Vorteil bleibt jedoch: sie brauchen sich nicht zu schleppen. Denn obwohl es sich um dreißigjährige Männer handelt, die abends in dichten Kolonnen durch Tegel kommen, sehen sie doch aus wie Greise: vor Morgengrauen noch aus den Betten, dann 60 Kilometer treten, den ganzen Tag einen alten Acker durchwühlen und dann mit einem halben Zentner auf der Lenkstange 60 Kilometer wieder nach Hause treten. Das ist eine schwere Arbeit, bei der vielleicht ein Stundenlohn von 15 Pf. herauskommt.
Keine Straßenbettelei!
Die allgemeine Straßenbettelei der Nationalsozialisten und Kommunisten veranlaßt Schwindler zu wilden Sammelaktionen, wobei fie angeben, für die Sozialdemokratische Partei , bzw. für den Republikanischen Wahlfonds zu jammeln. Weder die Sozialdemokratische Partei noch das Reichsbanner haben eine Sammelaktion auf den Straßen durchgeführt. Wir bitten unsere Anhänger, solche wilden Sammler sofort durch die Polizei feststellen zu lassen, da es sich hier um notorische Schwindler handelt.
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fich zurück in die Zeit, die unwiederbringlich verloren ist. Nur ein kleiner Rest der Idylle, die dem Berliner die Panke bot, ist in unserem Bilde noch erhalten. Aber auch das wird in nicht zu ferner Zeit verschwunden sein.
Eine photographische Führung durch die malerischen Winkel Alt- Berlins mit Besichtigung der Stadtvogtei veranstaltet H. Starfe am Sonntag, 23. Oktober. Treffpunkt U.- Bahnhof Inselbrücke, Ausgang Roßstraße, 11 Uhr.
Elektrizitäts- Union
Das Interesse der öffentlichen Hand
Der Magiftrat läßt der Stadtverordnetenverjammlung eine Borlage über die Gründung einer „ Berliner Elektrizitäts- Union" zugehen.
Die Stadt besitzt von der Berliner Kraftund Licht A.-G.( BKL.), in die im vorigen Jahr die Städtischen Elektrizitätswerke und die Aktien der Bewag eingebracht worden sind, nom. 4 Millionen Mark A- Aktien und nom. 30 Millionen Mark B- Aktien. Sie verfügt mithin über ein Stimmrecht von zusammen 80 Millionen Mark Aktien, d. h. über ein Viertel der Ge= samtstimmen.
Ueber die nom. 80 Millionen Mark B- Aktien mit doppeltem Stimmrecht, an denen die Stadt mit nom. 38 Millionen Mark, die Reichselektrowerke und die Preußische Elektrizitäts- Aktiengesellschaft( Preußenelektra) mit je nom. 21 Millionen Mark beteiligt sind, ist anläßlich der Gründung der BKL. zwischen diesen drei Konforten unter dem 2./9. Mai 1931 ein Konsortialvertrag geschlossen worden, der genaue Bestimmungen über die etwaige Veräußerung der B- Aktien an Dritte, über die Ent
SONNABEND, 22. OKT. 1932
sendung von Aufsichtsratsmitgliedern und über die Ausübung des Stimmrechts in der Generalversammlung bei gewissen Gegenständen der Tagesordnung, so bei der Frage der Erhöhung des Strompreises, trifft.
Die gesamten B- Attien sollen nun in eine neu zu gründende Berliner Elektrizitäts- Union G. m. b. 5. eingebracht werden, um hierdurch eine noch wirk= samere gemeinschaftliche Wahrnehmung der Interessen der öffentlichen Hand zu erreichen.
Freispruch für Caro?
Vom Staatsanwalt beantragt
Nach einem dreistündigen Plädoyer beantragte gestern der erste Staatsanwalt Jäger im Prozeß der Millionäre Caro- Petschef Freispruch für Caro. Es sei, erklärte er, dem Geheimrat Caro Unrecht geschehen. Allerdings habe er sich durch seine Haltung in der Quittungsangelegenheit zum Teil selbst 3 u3zuschreiben, daß er auf die Anflagebant gekommen ist.
Wenn seine Darstellung über das Verschwinden der Quittung und das spätere Auffinden auch reichlich phantastisch erscheine, so habe sich diese Darstellung doch in vielen Punkten als richtig erwiesen. Gefälscht sei die Quittung nicht. Die 15 Sachverständigen hätten 15 verschiedene Auffassungen. Doch sei dem Urteil das Gutachten von Professor Brüning zugrunde zu legen, der die Unterschrift von Ignaz Petschek auf der Quittung für echt gehalten habe. Die Zeugen Ignaz Petschek wie auch seine Söhne Dr. Ernst und Franz Betscheck, die von Haß gegen Caro erfüllt seien, dürften nicht ausschlaggebend sein. Der Angeklagte Caro hat nach der Art seiner ganzen Persönlichkeit seiner Tochter die Mitgift gegeben, das haben Zeugen aus dem Munde Ignaz Petschefs selbst gehört, und auch die Existenz dieser Quittung sei durch Zeugen be= glaubigt worden. Wenn Caro in der eidesstattlichen Versicherung auch erklärt habe, die Original= urkunde sei von ihm vernichtet worden, so sei dies allerdings objektiv unrichtig gewesen; eine strafbare Handlung habe er sich aber nicht zuschulden kommen lassen, weil er sich bei der Abgabe der Versicherung in einer Erregung befand, in der er überhaupt nicht gewußt habe, was für einen Unsinn er sagte.
Staatsanwaltschaftsrat Dr. Jäger beantragte, die Kosten des Verfahrens dem Nebenkläger Dr. Petscheck aufzuerlegen, da dies für ihn, eines der reichsten Leute Europas , keine unbillig finanzielle Härte bedeute und die Strafverfolgung Caros nicht im öffentlichen Interesse gelegen habe. Am Mittwoch beginnen die Plädoyers der Nebenkläger.
Straßenräuber
Kolonne verfolgt Warentransport
Ein aufregender Vorgang spielte sich in den gestrigen Abendstunden im Norden Berlins in der Wattstraße bei der Festnahme eines der berüchtigsten Diebe Berlins ab. Dort wurde der 22 Jahre alte Paul Klaus von dem Fahrer eines Berliner Lieferwagens nach heftigem Kampfe festgehalten und der Polizei übergeben. Klaus war auf den fahrenden Wagen gesprungen und hatte dem Kutscher die Ledertasche aufgeschnitten, aus der er mehrere hundert Mark nahm.
Paul Klaus hatte schon mit 15 Jahren begonnen, in Gemeinschaft mit Komplicen systematisch Berliner Kutscher zu berauben. Im Mai 1925 wurde er bei einem solchen Diebstahl festgenommen und erhielt eine Gefängnisstrafe mit Bewährungsfrist. Er tat sich mit jungen Burschen zusammen
Stück 20 Pfg.
ME
Wo man prüft, raucht man, Saba
Ja, ja, der Berliner ist ein besonders anspruchsvoller und kritischer Raucher.
Wie gut muß also ,, Saba ohne" sein, wenn sie Berlins meistgerauchte Cigarette ist.
KÖNIGIN VON
KOMIGIN VON SABA)
GEST GE
Saba
Flugzeugbilder mit Hoheitszeichen
ohne