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tragene, sondern eine deutsche Angelegenheit. Tausende der besten Deutschen haben für sie gestritten und gelitten, haben für sie geblutet und in den Gefängnissen geschmachtet!

Aber wenn auch der Kampf gegen die Reaktion eine deutsche Angelegenheit ist, so doch bestimmt keine Angelegenheit der Herr­schaften, die sich heute ,, Nationalsozialisten " nennen. In ihrem Munde wird der geschicht­liche Ruf ,, Gegen die Reaktion!" zum reinen Hohn und Voltsbetrug. Denn der National­sozialismus selbst ist eine durch und durch reaftionäre Bewegung.

Hitlers Kampf gegen die November­verbrecher", sein Märchen vom ,, wohlgeord­neten Staatswesen", das die Sozialdemo­

Die Arbeitslosigkeit ist das Problem des Tages. Sie wird in unserm neuen Roman

Schicksal Maschine

von STEFAN POLLATSCHECK

als Folge der Maschinenherrschaft be­handelt. Der Roman erscheint vom Mittwoch an im ,, Vorwärts".

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traten im November 1918 übernommen hätte, was sind sie anders, als eine offene Parteinahme für das reaktionäre Regiment Wilhelm II. ? Der Kampf gegen Demokratie, Menschenrechte, Meinungsfreiheit, der über­higte Nationalismus, das Abschwören der Vernunft, die Verherrlichung des Mythos, der Blutaberglaube, der Rassenwahn- was sind sie anders als Ausbrüche einer ultra­reaftionären Gesinnung? Wer jahrelang alle antireaktionären Kräfte im Lande als volksfeindlich und landesverräte­risch bekämpft und beschimpft, wer in einer stupiden Rassenheze mittelalterliche Instinkte hochgepeitscht hat, der hat wahrhaftig keinen Grund, über Reaktion zu flagen, er erntet die Früchte seines eigenen Tuns!

Warum sind denn die Prinzen, Fürsten , Grafen , Barone , Offi­ziere a. D. usw. in hellen Haufen der Hakenkreuzfahne zugeströmt? Etwa um gegen die Reaktion zu fämpfen? Nein, sie sind ge tommen, weil, wo ein Aas liegt, sich die Raben sammeln. Sie haben ganz richtig herausgespürt, daß hier für ihre Sache, für ihre Zeit, für ihre alte Herrschaftsstellung ge­arbeitet wird. Und wie richtig sie dabei kalkulierten, das zeigt eben die Regierung Papen !

Wenn ein Dieb nicht gefaßt sein will, läuft er und schreit aus Leibeskräften: Haltet den Dieb"! Wenn die schlimmsten Reaktionäre Deutschlands , die Nationalsozia­listen, Angst haben, vom Volte als das er­kannt zu werden, was sie sind, dann brüllen sie: ,, Nieder mit der Reaktion!" Daß sie da­mit die Parole ihrer Feinde übernehmen und in bedenkliche Nähe von Juden und Fran­zofen geraten, stört sie nicht. Denn sie sind ohne Skrupel und ohne Scham!

Wenn die Sozialdemokratie von der bürgerlichen Demokratie den Kampfruf ,, Gegen die Reaktion!" übernommen hat, so durfte sie das, weil sie auch die Gedanken der Demokratie übernommen und über das Politische hinaus ins Soziale weitergeführt hat. Die Sozialdemokratie hat um so mehr Grund, dieses geistige Erbgut sorgfältig zu bewahren, als von der alten bürgerlichen Demokratie in Deutschland faum eine Spur noch vorhanden ist. Die Last des Kampfes gegen die Reaktion liegt ganz auf ihren Schultern, und so ist es auch ihre Aufgabe, den Volksbetrug zu entlarven, den die Leute verüben, die ,, Gegen die Reaktion" schreien und für die Reaktion fechten. Auf den trüge rischen Kampfruf der Nationalozialisten: Gegen die Reaktion!" antworten wir: Jawohl, gegen die Reaktion! Das aber heißt: Gegen Hitler und Hafentreuz!

Es ist zu spät

Herriots Besuch in Madrid

Paris , 22. Oktober.

Sichere Informationen befagen, daß bei dem be­vorstehenden Besuch Herriots in Madrid von französischer Seite vor allem zwei Fragen be­handelt werden sollen. Die erste ist die erneute Bitte Frankreichs um das Durchfahrtsrecht seiner Truppen im Kriegsfall aus Nordafrika durch Spanien nach Frankreich , da die Mittelmeerlinie Marseille - Algier durch Italien ständig bedroht sei und der englische Schutz im mittelmeer als fraglich angesehen wird. Im Zu­fammenhang damit steht die zweite, die Tanger­bzw. Gibraltarfrage. Praktisch beherrscht heute nicht mehr England, sondern Spanien die Gibraltarposition. Frankreich verlegt seine Ein­schiffungsbafis jetzt nach Casablanca, wo Hafen­erweiterungen vorgenommen worden sind. Auch die Bahn von Algier und Oran nach Casablanca ist jetzt als Vollbahn ausgebaut. Frankreich ver­langs, daß Spanien die Straße von Gibraltar im Kriegsfall vor italienischem Zugriff unbedingt neu­tral hält, damit die französische Transportverbin­dung Casablanca- Mutterland aufrecht erhalten bleiben kann.

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Die Annäherung Frankreichs an Spanien be­deutet einen Schritt mehr auf dem Wege der po= litischen und moralischen Isolierung, in die Deutschland durch die Regierung des Herrenklubs hineinmanövriert worden ist.

Deutschland hat es großartig verstanden, sich die starken Sympathien, die es in Spanien genoß, zu verscherzen und das spanische Volk in die Arme Frankreichs zu treiben. Diese Entwicklung begann gleich nach dem Umsturz mit der widerwilligen An­

Frankreichs strategische Wünsche

erkennung der spanischen Republik durch das deutsche Auswärtige Amt, während Paris sich beeilte, als erste Macht den Sturz der Bourbonendynastie offi­ziell zu bestätigen. Die republikanische Bevölkerung Spaniens erblidt in der von der Regierung Papen geförderte monarchistische Offensive eine indirekte Bedrohung ihrer eigenen Errungen­schaften Frankreich hingegen nußt das wachsende Mißtrauen der Welt gegen die nationalistische Junterherrschaft in Deutschland , um sich überall neue Freundschaften zu sichern. Noch nie ist die Stellung Frankreichs in Europa so start, noch nie die Stellung Deutschlands so trostlos gewesen wie jezt, wo Papen unter Berufung auf die göttliche Vorsehung die Geschicke des deutschen Volkes gegen den klaren Willen seiner erdrückenden Mehrheit lenkt.

Vor der Parlamentseröffnung in Frankreich

Eigener Bericht des Vormärts"

Paris , 22. Oftober. Kammer und Senat treten am Dienstag wieder zusammen. In der Kammer wird wahr­scheinlich noch am gleichen Tage gemäß einem von Herriot in einer Sigung des Auswärtigen Aus­schusses gegebenen Versprechen eine Inter pellationsdebatte über die Außen= politik beginnen, die bis Ende der Woche dauern wird. Bisher sind acht Interpellationen über dieses Thema angemeldet, von denen die wichtigsten die des Sozialisten Léon Blum , des Nationalisten Louis Marin , des Radikalen Bergery und des zur Zeit feiner Fraktion ange­

Nazifput im Rundfunk

Wilde antisemitische Hetzrede

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Der Name des Hetzers wird verschwiegen

Der Deutschlandsender und die Berliner Funk­stunde haben zum Wochenende eine regelmäßig wiederkehrende Veranstaltung eingeführt, die den Titel trägt ,, ezereien am Wochen ende"; sie begann an diesem Sonnabend.

Der Redner wurde nicht genannt, auch auf telephonische Anfrage bei der Funkstunde wurde. die Nennung seines Namens verweigert. Dieser geheimnisvolle Unbekannte durfte sich vor dem Mikrophon nach Herzenslust in nationalfozia­listischen Pöbeleien ergehen.

Der ungenannte Sprecher unternahm es unter anderem, einen fürzlich vor dem Arbeitsgericht ge führten Prozeß völlig zu verdrehen, um seine antisemitischen Pöbeleien auf den Markt zu brin gen. Er beklagte sich über Liberale und Juden, die angeblich in Bersen die deutsche Frau und Mutter ungestraft beschimpften. Auch den Fall Daubmann zog der Ungenannte in den Kreis

Das Leipziger Urteil

Dienstag Verkündung

In dem Prozeß der preußischen Staats­regierung gegen das Reich ist der Termin zur Berfündung der Entscheidung auf Dienstag, 25. Oftober, mittas 12 Uhr, anberaumt worden. Die Sigung findet wiederum im Haupt­saal des Reichsgerichts statt.

Die Nazi- Gaalschlacht

Neun Monate Gefängnis

Das Sondergericht verurteilte gestern unfer Borsih des Landgerichtsdirektors Tolk die achtzehn­jährigen SA.- Männer Schäfer und Wilte, die sich wegen der Vorfälle am 6. Oktober in der Neuen Welt" anläßlich der deutschnationalen Bersammlung zu verantworten hatten, wegen ver­fuchter gefährlicher Körperverlegung zu je neun Monaten Gefängnis. In der

Urteilsbegründung

führte

zur Kontrolle der Wählerlisten, wenn du nicht heute noch zwischen 10 bis 4 Uhr- hingehst und nach­siehst, ob du eingetragen bist. Wenn du das ver­säumst, darfst du dich nicht beklagen, wenn du am 6. November bei der Wahl zurückgewiesen wirst, weil

dein name fehlt!

seiner Erörterungen, jedoch in der Form, daß er aus ihm immer noch ein Plus für die ,, nationale Bewegung" herausrechnete. Es bleibt doch immer angenehm, für eine nationalistische Heze wenig stens einen Vorwand zu haben.

Von Geist zeigte der Vortrag nicht die geringste Spur. Er war nichts als ein Sammelsurium plattester Gemeinpläge, wie es die nationalfozia listische Presse alle Tage liefert. Nun braucht die nationalsozialistische Presse teiner lesen, der fie nicht will. Wenn aber Millionen deutscher Rund­funfhörer für ihr Geld solche Dinge ins Haus bekommen, die die erdrückende Mehrheit von ihnen entrüstet ablehnt, so ist das ganz einfach eine Unverschämtheit. Die Telephone unserer Redaktion waren gestern abend nach dem Vortrag des geheimnisvollen Unbekannten hur Anfragen und Proteste entrüsteter Hörer nahezu blodiert. Auch wir fragen: Wer war der Sprecher dieser unverschämten Sendung? Wer ist für diese standalöse Veranstaltung verantwortlich?

Landgerichtsdirektor Tolf aus, daß den Ange­flagten nicht widerlegt werden konnte, daß sie nicht in der Absicht, die deutschnationale Versamm­lung zu stören, in die Neue Welt" gekommen seien. Es war ihnen auch nicht nachzuweisen, daß sie mitverantwortlich zu machen seien für die gefährlichen Körperverlegungen, die verschiedene Versammlungsteilnehmer davongetragen haben. Sie haben sich also der versuchten gefähr­lichen Körperverlegung schuldig gemacht. Und zwar haben sie die Tat aus politischen Motiven begangen. Die Mindeststrafe laut Notverordnung ist ein Jahr Zuchthaus. Das Gericht hat aber die Möglichkeit, da es nur bei einem Versuch geblieben ist, auch auf Gefängnisstrafe zu erkennen; es hat deshalb die für jeden der Angeklagten festgesetzten sechs Monate Zuchthaus in neun Monate Ge­fängnis umgewandelt. Gegen dies Urteil gibt es feine Rechtsmittel; die Strafe ist sofort zu voll streden.

Die Wahl in USA .

Sozialistische Beleuchtung Washington , 22. Ottober. Auf Einladung des Nationalen Presseklubs sprach hier vor der Presse der sozialdemo tratische Präsidentschaftskandidat Norman Thomas . Er erklärte, es bestehe tein wesent­licher Unterschied zwischen Hoover und Roosevelt . Es sei ein leeres Gerede, menn Roosevelt jezt behaupte, er hätte die Farmer und Bergleute nicht in die gegenwärtige Berelendung geraten lassen. Als Gouverneur in seinem eigenen Staat New York habe Roosevelt weder in der Frage der Arbeitslosigkeit noch bezüglich der Aussaugung der Verbraucher durch die Elektrizitätsmerke irgend etwas durchgesetzt. Genau wie Hoover im Jahre 1928 nur gewählt worden sei, weil man seinen demokratischen Gegner, den Ratholiten Alfred Smith , ablehnte, so werde diesmal Roosevelt gewählt werden,

hörenden Abgeordneten Franklin Bouillon sind. Es besteht kein Zweifel darüber, daß die Außen­politik der Regierung mit einer sehr großen Mehr­heit von der Kammer gebilligt wird. Die Kammer dürfte sich dann bis nach dem radikalen Partei­fongreß vertagen, der vom 3. bis 6. November in Toulouse stattfindet.

Frankreichs neuer Abrüstungsplan Von unserem Korrespondenten

Paris , 22. Oftober.

Die Studienkommission des Obersten Lan desverteidigungsrates hat am Sonn­abendvormittag unter Vorsitz Herriots die Prü­fung des neuen französischen Ab­rüstungsplanes fortgesetzt. Mehrere Minister, die sich sonst durch hohe Ministerialbeamte ver­treten lassen, wohnten der Sigung bei. Das ist darauf zurückzuführen, daß der Text des Planes noch nicht vollkommen fertiggestellt ist und die Mir.ister der Landesverteidigung daher um ihre Ansicht befragt werden müssen. Nach der Sitzung erklärte einer der beteiligten Minister gegenüber Bressevertretern: ,, Diese vollkommen technisch e Beratung verfolgt hauptsächlich den Zweck, unsere Truppenbestände und Rüstungen zu verteidigen. Wenn man einen Unterschied zwischen einer Angriffs- und einer Verteidigungsarmee machen will, so ist das ein Scherz. Eine Armee ist offensiv oder defer.siv, je nach den Absichten des= jenigen, der sie verwendet."

Nach dieser Aeußerung fann man darauf ge= faßt sein, daß sich der neue französische Ab­rüstungsplan von dem Tardieuschen Plan nicht sehr unterscheiden wird.

weil man Hoovers überbrüssig sei. Der Verlauf des Wahlkampfes zeige das völlige Fehlen von Glauben an politische Grundsätze. Die einzige Jdee sei, daß Roose= velt dem Land schnellstens wieder zum Biers genuß verhelfen werde. Fälle wie der von Jvar Kreuger und Samuel Insull seien ein Beweis für das morsche tapitalistische System in Amerika , das ganz unnötigerweise gegen Deutschland in den Krieg gezogen sei, nur weil J. P. Morgan seine großen Anleihen an die Alliierten hätte retten wollen. Thomas forderte am Schluß die graduierte Kapitalsteuer zur Be­schaffung von 40 Milliarden Dollar, um Zwangs­versteigerungen, Arbeitslosigkeit und Lohnkürzun­gen zu verhindern.

Schleicher dementiert

Er versichert Papen seine Freund­

schaft

Bon dem in Badenweiler weilenden Reichs­wehrminister von Schleicher geht dem W. T. B. folgende Erklärung zu:

In Berlin wird die Nachricht verbreitet, daß ich meinen Aufenthalt in Badenweiler zu poli­tischen Besprechungen benuße, die den Bestand des jezigen Rabinetts gefährden könnten. Eine geradezu absurde Idee! Abgesehen davon, daß ich mit dem mir befreundeten Reichskanzler von Papen sachlich und politisch völlig übereinstimme, habe ich während meines Aufenthalts in Badenweiler noch keine politische Persönlichkeit größeren oder kleineren Formats gesehen oder gesprochen und gedente das auch in Zukunft nicht zu tun.

gez. von Schleicher.

In Wien ist die Zahl der unterstützten Arbeits­losen in der ersten Hälfte des Monats September um 2491 auf 109 146 gestiegen und damit um 27 413 höher als im Vorjahr, in welchem in der gleichen Zeitperiode ein Aufstieg um 857 zu verzeichnen war.

,, Der Studentenprinz "

Revue im ,, Großen Schauspielhaus " ,, Der Studentenprinz ", das ist natürlich das altvertraute Rührstück Alt- Heidelberg, du feine, du Stadt an Ehren reich" angeblich zu einem Singspiel, in Wahrheit zu einem Monstrestüd, einer Revue vom ach so schönen Studentenleben und lieben umgearbeitet und mit sehr an gemessener Musik von Romberg versehen; einer Musit, die zwischen Im Volksliedton" und Schlagerschmiß eine wunderliche Mitte hält. Maria Elsner gewinnt ihrer tragenden Rolle mehr menschliche als musikalische Töne ab, Domgraf Faßbender singt schön und mimt den Titelhelden mit Anstand.

Trog aller aufgewandten Mühe aber, aller Regiefunststüde und netter Einzelepisoden nur matter Erfolg man freut sich des verständigen Publikums. A. W.

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