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Papen auf Agitation

Reaktionäre   Rede vor den Handwerksmeistern

Reichskanzler von Papen sprach am Montag­nachmittag auf der Obermeistertagung des Ber­liner und märkischen Handwerks über die politi­schen und wirtschaftspolitischen Ziele seiner Re­gierung.

Weder der Ton noch der Inhalt der Rede hat sich seit der Kriegserklärung, die der Reichskanzler am 12 Oktober in München   an die Weimarer Verfassung   richtete, geändert. Auch die Erklärung des Reichskanzlers zu den monarchistischen Um­trieben in Deutschland   bleibt in ihrer ausweichen­den Art höchst unbefriedigend. Herr von Papen fand sich zwar zu der Feststellung bereit, daß diese Frage bei der Fülle von ungelösten Problemen nicht zur Debatte steht. Mit einer solchen nichtssagenden Erklärung können die republika­nischen Massen in Deutschland   aber nichts an­fangen. Der Reichskanzler hat sich mit seiner Er­flärung nur auf die unmittelbare Gegenwart fest­gelegt, hat sich aber gehütet, zwischen seiner Re­gierung und den monarchistischen Treibereien einen deutlichen Trennungsstrich zu ziehen.

Wenn Papen zum Schluß seiner Rede die Taten feines fünf Monate alten Kabinetts aufzählte, so fann man ihm für diese Auffrischung des Gedächt­nisses nur dankbar sein. Auf den Hinweis des Kanzlers, daß zu den Verdiensten seiner Regie­rung auch die Aufhebung von Sonderbestimmun gen gegen einzelne politische Bewegungen( Auf­hebung des SA.- Uniformverbotes) gehöre, rea­gierte die Versammlung der würdigen Handwerks. meister nicht. Draußen im Lande aber wird sich ein einziger Aufschrei der Tausende von Opfern, ihrer Angehörigen und Gesinnungsfreunde er­heben, die unter dem Terror Leben und Gesund­heit hingeben mußten! Was der Reichskanzler im übrigen als besondere Taten seiner Regierung anpries, wird für die Millionenarmee der Repu= blikaner ein nur um so größerer Ansporn sein, alle Kraft für die Entscheidung am 6. November einzusetzen und dieses Kabinett der Barone und der Reaktion fortzujagen!

Die Papen  - Rede

In seiner Rede führte der Reichskanzler unter anderem aus:

Man wirft der Regierung vor, daß sie die Rechte des Volkes antaste. Wir denken nicht daran, das zu tun! Vielmehr sind wir der Ueber­zeugung, daß über Parteigezänk und Machtfragen die eigentlichen Rechte des Volkes vergessen wor den sind. Ist das etwa das höchste Volksrecht, daß die Parteibürokratie nach Belieben Minister wählen und stürzen und die Staatsfinanzen ruinie­ren tann? Man hat solange geglaubt, hierin(!) den wahren Inhalt der Verfassung sehen zu müssen, bis schließlich von der ganzen Gesetz­gebungsmaschine nichts mehr übriggeblieben ist als der Artikel 48. Die wahren Rechte des-Vol­fes, die Rechte auf Arbeit und Brot, auf die Frei­heit des staatsbewußten Bürgers, auf die Familie. christliche Erziehung und öffentliche Mitwirkung der Berufsstände aber hat man vergessen.

Nicht die Regierung hat diese Krise, die zu einer Erschütterung des Rechts geführt hat, herbei­geführt, nicht die Leute haben die Wesensgrund­lage des Staates unterwühlt, die sich jetzt seit fünf Monaten unter Einsetzung ihrer ganzen Kraft bemühen, den Schutt der letzten dreizehn Jahre megzuräumen, sondern diejenigen Führer und die Parteien, die in jenen dreizehn Jahren Deutsch­ land   mit ihrem Streit erfüllt haben, sind es ge= wesen, die die Grundlagen der Verfassung ins Banten gebracht haben."

In seinen weiteren Darlegungen setzte sich von Papen mit der Rede des Zentrumsführers Dr. Kaas in Münster   auseinander. Es hieße, so erklärte der Kanzler, die Dinge auf den Kopf stellen, wenn der Führer des Zentrums behauptet, die Regierung habe am 12. September, dem Tage der Reichstagsauflösung, eine Aussprache gescheut und sei dem offenen Kampf im Parlament aus­gewichen. Es sei ein unmöglicher Zustand, daß eine Mehrheit im letzten Reichstag, bestehend aus zwei ertremen Parteien, entgegen der ausbrück­lichen Berfassungsbestimmung, wonach die Abge ordneten nur ihrem Gewissen unterworfen sind, Befehle für ihr politisches Handeln von Stellen erhielten, die mit dem Reichstag nicht das ge­ringste zu tun haben. In einem Reichstag, der nur in der Verneinung einig ist, fann der Wille des Volkes keinen Ausdruck finden. Das Volk muß daher befähigt werden, neben dem Reichstag  seinen Willen auch durch andere Ver. tretungen geltend zu machen, zu denen die Organisationen der wirtschaftlichen Selbstverwal tung gehören.

Bom Auslande werden mit besonderer Auf­merksamkeit die Methoden verfolgt, mit denen eine gemisse deutsche Presse den Wahlkampf führt. Darunter fällt das Geschrei von der bevorstehen den Restauration der Monarchie in Deutschland  . Die Auslandspresse hat diesen Ball geschickt auf­gefangen, um darzutun, daß bei solch bevorstehen­der Gefahr Europa   erneut in Unruhe versetzt werde und es deshalb notwendig sei, die Fesseln von Versailles   nicht nur nicht zu lockern, sondern noch enger zu ziehen. Ich möchte nicht den ge­ringsten Zweifel darüber lassen, daß wir nie. mandem im Auslande das Recht zuerkennen darüber zu urteilen, welche Staatsform für Deutschland   die geeignetste sei. Darüber hat allein das deutsche   Volf zu entscheiden. Aber ich betone noch einmal: Wir haben eine solche Fülle von Problemen zu lösen, daß wir froh find, uns nicht

auch noch um Fragen der Staatsform forgen zu müssen Diese Frage steht nicht zur Debatte.

Das Handwerk

und die Wirtschaftsankurbelung

Die wirtschaftspolitischen Forderungen, die das Handwerk Herrn von Papen präsentierte, bildeten einen wahren Blütenfranz von fozialreaktionären Tendenzen. Weg mit den starren Tariflöhnen" aus dem Handwert, insbesondere Ausschaltung der Lehrlinge aus dem Tarifvertrag, radikaler Abbau der Soziallasten, schnellere Beseitigung der Hauszinssteuer und beschleunigter Abbau der Gewerbe- und Umsatzsteuern sind nur eine kleine Auslese. Des weiteren folgten heftigste Ausfälle gegen Warenhäuser und Genossenschaften, wobei natürlich die Forderung nach einer neuen Sonder­steuer nicht fehlen durfte.

Der fetteste Bissen, den Herr von Papen den Handwerkerorganisationen vorwarf, war die An­fündigung einer Verordnung, welche die öffent= lichen Betriebe einer besonderen Prüfung ,, unabhängiger" Stellen unterwirft und eine ,, Einschränkung der privatwirtschaftlichen Betäti­gung" der öffentlichen Betriebe zum Ziel hat. Außerdem kündigte der Kanzler noch ein aus­drückliches Verbot der Schwarzarbeit an. Die Wünsche, auch auf die Einkommensteuer das System der Steuergutscheine zu übertragen, lehnte Herr von Papen wegen technischer Undurch­führbarkeit ab. Die übrigen wirtschaftspolitischen Erflärungen boten im wesentlichen nichts Neues.

Die Bauernrevolte Gefängnis und Zuchthaus für SA.- Leute

Eigener Bericht des Vorwärts"

Kiel  , 24. Oftober.

Das Kieler   Sondergericht verkündete am Mon­tag abend in dem Prozeß gegen die Kelling husener Bauernrevolte vom 12. Sep­tember folgendes Urteil: Der SA.- Mann Sievers wird wegen Verbrechens gegen die Terrornotver­

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Wildererdrama in Preußen

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ordnung vom 9. August 1932 zu einem Jahr Zuchthaus, der SA.- Mann Niedorf zu acht Monaten Gefängnis, der SS.- Mann Krahl zu vier Monaten Gefängnis verurteilt. Die übrigen SA.- und SS.  - Leute werden freigesprochen. Staatsanwalt und Gericht waren sich einig in der Feststellung, daß Aufruhr und Land= friedensbruch nicht vorlägen. Diese Fest­stellung ist um so merkwürdiger, als ganz zweifels­frei durch die Beweisaufnahme festgestellt wurde, daß die Menschenmenge mit vereinten Kräften Gewalttätigkeiten begangen hat. Es sind nicht weniger als fünf Bolizeibeamte niedergerissen, niedergeschlagen und mit Steinen beworfen worden. Bei diesem Tat­bestand, der noch durch viele Feststellungen ver­starkt wurde, Landfriedensbruch zu verneinen, be­deutet weitestgehendes Entgegenkommen für die Angeklagten.

Der Beantwortung der durch die Reichsgerichts­rechtsprechung so atut gewordenen Frage des ,, übergeseglichen Notstandes" ist das

GORING  das Recht, Böcke zu schießen!"

KERRL  

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Gericht damit ausgewichen, daß es den Land­friedensbruch verneinte. Auch bei diesem Prozeß fonnte wieder festgestellt werden, daß die Haupttäter und besonders die Drahtzieher der ganzen Revolte nicht gefaßt wurden. Die hier Verurteilten sind Naziproleten, die gar nicht einmal genau wußten, für was man sie miß­brauchte. Sie bezahlen ihren blinden Gehorsam mit Gefängnis und Zuchthaus!

Hitler   fällt durch. In ümbrecht, einer Gemeinde mit einer nationalsozialistischen Mehr­heit im oberbergischen Land, sollte Hitler  Ehrenbürger werden. Im Gemeinderat wurde bald ein entsprechender Antrag gestellt. Aber wer trotz der Nazimehrheit durch­fiel war Hitler  ! Einige seiner Getreuen haben ihm bei der Abstimmung die Gefolgschaft. versagt.

Die Krücken des Kabinetts der Barone

Regierung ohne Volk- aber mit Splittern

Eine Regierung, die über den Parteien steht und in ihren Bemühungen, das arme deutsche  Volk von der Parteiwirtschaft zu be= freien, nicht nachläßt, wird sich trotzdem freuen, wenn sich Parteien finden, die sie zu stüßen be= reit sind.

Dieses Glück ist dem Kabinett Papen am Sonn­tag widerfahren. Zu den Deutschnationalen find als Hiltstruppen der gegenwär= tigen macht haber zwei weitere Parteien gestoßen.

Sie find allerdings rein ziffernmäßig gesehen von feiner Bedeutung, aber der gegenwärtige Reichskanzler, dem die Demokratie ein Dorn im Auge ist, hält es natürlich mit dem Grund­fah, daß man die Stimmen wägen und nicht zählen soll.

Da ist zunächst der Bayerische   Bauern

Aber auf jeden Fall: Herr von Papen wird sich seiner neugewonnenen Bundesgenossen freuen und aus den Treueschwüren des Häufleins Bekehrter wahrscheinlich den Schluß ziehen, daß das Volk in immer größeren Scharen zu seinen Fahnen ströme.

Bielleicht tröstet ihn der Gewinn der beiden Grüppchen auch über die Unfreundlich­teit hinweg, mit der ihn die Tägliche Rundschau", das Blatt, das zwar kein Geld vom Reichswehrminifterium erhält, aber unver­fennbar auf Schleicher- Wegen wandelt, an diefem ereignisreichen Sonntag fozufagen schon zum alten Eisen warf, und jeden Tag als ver­loren bezeichnete, den er nach dem 6. November noch im Amte bleibe.

Auch das mag ihn ermutigen, daß ihn die bund. Das war einmal eine ganz demokratische, Deutsche Allgemeine Beitung" zur

sogar ein bißchen revolutionäre Organisation, die die Bayerische Volkspartei   als reaktionär be= fämpfte. Jezt ist sie für die neue Staats­führung" gewonnen und stellt ein Programm ganz in deren Sinne auf: Präsidialherrschaft, Reform der Weimarer Verfassung  , Heraussetzung des Wahlalters. allgemeine Wehrpflicht, Privatkapita­lismus, Stärkung des Binnenmarktes- Sozialab­bau. Gründlicher kann man sich schon nicht wan­deln. Aber du lieber Gott, was find Demokratie und Republik  , wenn die Abkehr von diesen einst­maligen Hochzielen mit Subventionen für die Be­völkerungsschicht bezahlt wird, deren Stimmen der Bauernbund einfangen will? Das ist eben deutscher Idealismus.

Und da ist ferner die Deutsche Bolks. partei. Sie hat in Dresden   durch den Mund des Abg. Dr. Schneider verkünden lassen, daß sie geschlossen hinter dem Papen- Programm stehe.

Herr Dr. Schneider galt einmal als linfer Flügelmann der Partei, und er betrachtete es außerdem als seine besondere Aufgabe, den auf handels. und 30llpolitische Ab. fchließung Deutschlands   gerichteten Bestrebun­gen entgegenzutreten. Jetzt wiegen für ihn und feine Partei wohl die Stimmscheine schwerer als die Befürchtungen wegen der Rontingentierungs­politik. Oder nimmt Herr Dr. Schneider etwa an. es werde mit der Autarkie nicht so ernst werden? Nun, ein Parteivorstandsmitglied der Deutsch  nationalen, Herr von Winterfeldt, hat eben­falls am Sonntag in Stettin   auf Grund einer Unterhaltung mit dem Reichstanzler mitgeteilt, daß an der Kontingentierungspolitif festgehalten werde, und daß die Kontingente sehr bald bekanntgegeben werden sollen.

Anwendung der brutalsten Mittel auf­fordert, um die Linke zu schwächen. Doch er soll sich nicht täuschen, wenn er auch berechtigt sein mag, die Wichtigtuer der Täglichen Rundschau" nicht zu hoch einzuschäßen, so find die Grüpplein. die sich jetzt zu ihm bekennen, doch bei weitem noch nicht das deutsche   Volk. Das Bolt steht in seiner überwältigenden Mehrheit gegen ihn, und daran wird er auch dann nichts ändern, wenn er dem Rat zur Anwendung brutalster Mittel folgt.

Der Bankerott der Politik aus dem Glauben" d. h. aus dem Glauben an die Unüberwindlichkeit der Cliquen, mit denen Papen regieren will, ist unvermeidlich.

TEAT

Der Kampf der Sozialdemokratie auf politi. schem Gebiet gelte im Hinblick auf die kürzlich vom Reichskanzler in München   gehaltene Rede allen Kräften, die an den Grundpfeilern der Weimarer Verfassung   zu rütteln versuchten, ferner einer Reichsreform, die eine Ver selbständigung der Länder zur Folge haben würde. Auf wirtschaftlichem Gebiete sage die Sozialdemokratie vornehmlich den Förderern der Autartie schärfften Kampf an, da die bereits durchgeführte Kontingentierung der Ein­fuhr die schwersten Schäden für das schaffende Volk zur Folge gehabt habe.

Die Kundgebung verlief ruhig, kommunistische Störungsversuche wurden durch den eigenen Saal­schutz vereitelt.

Breitscheid   an das 3entrum Breitscheid   an

Düsseldorf  , 24. Ottober.

In einer Wahlkundgebung der Eisernen Front in der Tonhalle erklärte Reichstagsabgeordneter Dr. Breitscheid mit Bezug auf die Ausführungen des Prälaten Dr. Kaas in Münster  , die Zentrums= partei, die nicht ganz mit Unrecht von sich sage, daß ihre Klugheit traditionell sei, müsse wissen, was sie tue. Für die Sozialdemokraten gebe es feine Möglichkeit, die Verfassung und die Demo­tratie in einer gemeinsamen Front mit den nationalsozialistischen Anhängern der Diktatur zu verteidigen oder wiederherzustellen. Ebenso set der von Gregor Straßer   geäußerte Gedanke einer Gewerkschaftsfront für die Sozialdemo­fratie eine glatte Unmöglichkeit. Ein Bersuch, die freien Gewerkschaften von der Sozialdemokratie zu lösen, werde nie gelingen. Im weiteren Ver­lauf seiner Rede tritisierte Dr. Breitscheid scharf

Otto Wels   in Senftenberg   die Maßnahmen und Absichten der Reichsregierung

Für Demokratie

gegen Autarkie

Conti- Meldung

Senffenberg, 24. Ottober

Im großen Saale des Gesellschaftshauses sprach heute abend der sozialdemokratische Parteiführer. Otto Wels  , der mit der kommenden Reichstags: periode für den Unterwahlbezirk Kalau- Luckau seit 20 Jahren kandidiert. Der Redner setzte sich zu­nächst mit dem Kabinett Papen   und der NSDAP  auseinander. Um eine positive Beeinflussung der Geschicke Deutschlands   im Sinne der demokratischen Weltanschauung zu erreichen, werde die SPD.   ein Boltsbegehren einleiten, welche das deutsche  Bolt wieder zu feinem eigenen Gesetzgeber mache.

auf den verschiedensten Gebieten der Wirtschaft und Politik. Die angekündigte Verfassungs autonomie für die Länder bebeute die Möglichkeit der Rückkehr zum Dreitlaffenwahlrecht sowie zu Ländermonarchien. Die Zentrumspartei  , die diese monarchistischen Pläne ehrlich ablehne. müsse sich in dieser Beziehung etwas mehr um ihre bayerische Schwesterpartei fümmern. Auf die Abrüstungsfrage eingehend, erklärte Breitscheid  , die Sozialdemokraten verurteilten es auf das schärffte, daß die anderen Länder ihren Verpflichtungen aus dem Bölkerbundspakt und dem Bersailler Vertrag nicht nachgekommen seien. Auf einen kommu nistischen Zwischenruf eingehend, erklärte der Redner, der Sozialismus fönne nur auf dem Boden der republikanisch- demokratischen Staats­form erfämpft werden.