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Papens große Niederlage

Tatsachen, die nicht vergessen werden dürfen

Der preußische Ministerpräsident Otto Braun   hat dieser Tage vor der Presse ironisch bemerkt, daß er nicht so bescheiden sei wie die Reichsregierung und durch das Urteil, des Staatsgerichtshofes feineswegs so befriedigt sei, wie die Herren Papen   und Bracht zu sein vor geben. In Wirklichkeit ist die Selbstzufriedenheit, die in den Kreisen der Barone zur Schau ge­tragen wird, nur aus propagandistischen Gründen vorgetäuscht. In ausländischen Kreisen ist man fogar so refpeftlos", den unmittelbar nach der Berkündung des Urteils von der Reichskanzlei herausgegebenen Siegesbericht mit jenen Siegesmeldungen Ludendorffs zu vergleichen, durch die das deutsche Bolk jahrelang darüber hinweggetäuscht wurde, daß die deutschen  Heerführer fein einziges strategisches Ziel zu er reichen vermochten.

Um die schwere moralische Niederlage Papens ganz zu ermessen, muß man sich in dieser kurzlebigen Zeit daran er­innern, wie sich die Reichsregierung noch bor drei Monaten, also unmittelbar nach ihrem Streich gegen Preußen, gebärdete. Damals war in ihren Erklärungen von einer Darübergehenden Amtsenthebung der preu Bischen Minister feineswegs die Rede, sondern nur von einer endgültigen Absetzung. Als ein Beispiel unter vielen sei nur an folgenden be= zeichnenden Borfall erinnert: Die Notverordnung vom 20. Juli wurde an jenem Vormittag vor der versammelten deutschen   Presse durch den Staats­fekretär Pland, also durch Papens rechte Hand, offiziell verkündet. Damals wurde sofort aus der Mitte der Versammlung der Wunsch geäußert, daß der Pressereferent des preußischen Innenministeri­ums, Ministerialrat Hirschfeld, Gelegenheit er. halte, den Standpunkt der preußischen Minister darzulegen.

Herr Planck aber erhob dagegen mit den Worten Einspruch: Es gibt keine preußische Staatsregierung mehr: Herr Minister Severing ist abgefekt."

die gewaltsam entfernten Minister nachträglich Belastungsmaterial zu sammeln.

Ueberall in der Welt gibt es nur eine Meinung darüber, daß eine Regierung, die eine derartige moralische Katastrophe erlitten hat, in jedem anderen Lande teinen Tag länger im Amte verbleiben würde.

Die Regierung Papen   spekuliert auf die Urteilslosigkeit und die Gedächtnisschwäche breiter Wählerschichten. Wir müssen dafür sorgen, daß alle diese Tatsachen, durch die allein man die Größe der Leipziger   Niederlage des Papen­Regimes ermessen tann, nicht vergessen werden!

Ganz wie Wilhelm!

Türme, Mensch, Türme!

Mussolini   hat in Mailand   den Rohbau des Kunstpalastes besichtigt. Der Bauplan sieht dabei einen Turm vor, der höher als alle an­deren Türme Mailands   sein soll. Mussolini   hat dagegen Einspruch erhoben und hat befohlen, daß der Turm des Kunstpalastes einen Meter niedriger zu fein habe als der Turm des Mailänder Domes. Die Symptome

Stahlhelm gegen Auwi

Renega

-

Au wi so trügerisch

Drückeberger

-

sind Stahlhelmherzen

des Cäsarenwahns find bei allen Sub DA3. gegen Henderson gerechnet in der offiziöſen Deutschen AII­

jetten, die ihm verfallen sind, die gleichen. Wilhelm II.   zeigte dieselben Symptome wie Mussolini  . Was Mussolini   in Mailand   angeord­net hat, hat sein Vorgänger Wilhelm in Berlin  schon vor ihm befohlen. Die Kuppel des Reichstagsgebäudes mußte niedriger sein als die Kuppel des Berliner   Schlosses, damit der Größe der Krone durch das Symbol der Volkssouveränität kein Abbruch geschehe. Und als die Spitze der sogenannten Kaiser- Wilhelm­Gedächtniskirche im Berliner   Westen ihm nicht hoch genug war, mußte befehlsmäßig ein sinn­loser, flogig prunthafter Stern auf die Turm­spige gesetzt werden, um sie künstlich zu ver längern. Das Ende vom Lied war bei Wil­ helm II  , dem Borgänger Mussolinis im Größen­wahn, die Flucht nach Holland  . Wie wird es bei Mussolini   enden?

Das Unternehmerblatt wird gestäupt Eigener Bericht des Vormärts'

Zürich  , 27. Oftober.

Die Neue Züricher Zeitung  " schreibt heute unter dem Titel Deutscher Dant" an Henderson": Während die Abrüstungs­fonferenz wegen der weltpolitischen Lage und nicht zuletzt wegen der neuen deutschen   Wahl­fampagne die Beratungen ihrer größeren Kom­missionen bis in den November hinein vertagen mußte, sezten einige technische Sonderausschüsse ihre Tätigkeit fort. Auch der Konferenzpräsident weilt noch in Genf  , um die Wiederaufnahme der Aktion durch das Konferenzbüro vorzubereiten und die Ausarbeitung einiger Teilberichte sicherzu­stellen. Dafür wird nun Herr Henderson aus.

Demokratie und Geistesfreiheit

Daß die Herren von Papen und Genossen das preußische Staatsministerium als völlig erledigt und nicht mehr existierend betrachteten, geht auch aus der Tatsache hervor, daß sich der Reichs­innenminister von Gayl ausdrücklich weigerte, die erste Reichsratsfißung nach dem 20. Juli zu eröffnen, weil der stellvertretende Ministerpräsiisti. dent und Wohlfahrtsminister Sirtfiefer feinen Siz ais Vertreter Preußens im Reichsratssaal vor Beginn der Sigung eingenommen hatte. Es kam damals zu einem peinlichen Zwischenfall, den die Reichsregierung bald darauf bemüht war, vor der Deffentlichkeit abzuschwächen.

Daraus geht eindeutig hervor, daß die Reichsreglerung sogar in jener Frage, die verfassungsrechtlich zweifellos am bedenklichsten war, nämlich bezüglich der Reichsratsvertretung Preußens, aufs Ganze zu gehen entschlossen war und die Regierung Braun auch in diesem Punkt für abgesetzt und erledigt erklärte. Später ist sie so weit gegangen, sogar vollendete Tat fachen durch Ernennung eigener Reichsratsver treter schaffen zu wollen, was eine glatte Brüskie­rung des Staatsgerichtshofes bedeutete. Aber ge­rade in diesem Punkt bedeutet das Leipziger  Urteil eine hundertprozentige Nieder­lage für Papen, Gayl und Bracht und eine hundertprozentige Rechtfertigung von Otto Braun  und Hirtsiefer  .

Es darf auch nicht vergessen werden, womit der Reichskanzler am Abend des 20. Juli im Rund= funt seinen Streich begründete: innere Abhängig keit der preußischen Regierung von den Kommu­nisten, geheime Abmachungen des Staatssekretärs Abegg mit fommunistischen Reichstagsabgeord neten und ähnliche Erzählungen.

Der Staatsgerichtshof hat mit einer Handbewegung dieses gesamte ,, Beweis material" der Papen  - Regierung beiseite geschoben

und ist darüber hinaus von den Methoden deut­lich abgerückt, die Dr. Bracht innerhalb der preu­Bischen Ministerien angewendet hatte, um gegen

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Tagung der republikanischen Hochschullehrer

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In Leipzig   führte der Weimarer Kreis", eine überparteiliche Vereinigung verfassungs= treuer republitanischer Hochschul. lehrer eine Reichstagung durch, die aus allen Teilen des Reiches beschickt worden war. Zu Vorsitzenden der Tagung wurden die Professoren Radbruch Heidelberg, Göz Leipzig und Meinecke Berlin gewählt. Auf der Tages­ordnung stand ein Referat von Prof. Hol. born Berlin über die Reichsverfassung und ihr Verhältnis zur Freiheit von Forschung und Lehre. Er führte u. a. aus, daß freie Wissenschaft nur in einem demokratischen Staate zu voller Ent faltung tommen fönne. Der Weg zurück zum Obrigkeitsstaat, der heute von amtlichen Kreisen gegangen zu werden scheine, bedrohe das not­wendig innige Verhältnis von Staatsaufbau und freier wissenschaftlicher Forscherarbeit.

Ueber Verfassungstreue und Ber fassungsänderung" sprach Prof. Giese München  , der zu den Fragen der Verfassungs­reform feine grundsäglich ablehnende Haltung ein. nahm, jedoch mit aller Entschiedenheit betonte, daß jede Reform lediglich der Verfassung dienen müsse, sie aber nicht aufheben dürfe. Es gehe bei der Reform niemals um eine Aenderung, son= dern um notwendige Ergänzungen, die der Er­haltung des Rechtsstaates zu dienen haben. Mötig ist ein Ausgleich zwischen Demokratie und Autori­tät. Aber es ist, unrichtig, zu glauben, man tönne in Deutschland   Autorität ohne Demokratie herstellen."

In einem weiteren Referat sprach Dr. Ruoff­Leipzig über Lage und Ziele der gegenwärtigen akademischen Jugend. Seine tiefempfundenen Ausführungen, die die materielle und geistige Krise der heutigen Jugend aufzeigten, gaben zu einer recht eingehenden und fruchtbaren Diskussion zwischen Professoren und eingeladenen Bertretern der Studentenschaft verschiedener Hochschulen An­

Schafft Munition!

FÜR DEN WAHLKAMPF!

und

laß. Dabei setzten sich die sozialistischen  Studenten Böttcher, Gleize Krüger besonders für eine umfassende Hochschul­reform im demokratischen Geiste ein.

Allgemein von Prefessoren und Studenten ab­gelehnt wurde das akademische Werkjahr in der von der Reichsregierung geplanten Form. Einmütig wurde betont, daß eine Besserung der Hochschulverhältnisse und eine Ueberwindung der Hochschulüberfüllung mur durch eine der Leistung angepaßte, aber sozial gerechte Auslese zu er warten ist.

Zum Abschluß der Tagung wurden von dem Weimarer Kreis drei Entschließungen angenommen. Die eine Entschließung befaßt sich mit der Frage der Reichsverfassung und ihrer Reform.

Darin bekennt sich der Weimarer Kreis von neuem zum Geiste von Weimar  , zu den Gedanken des Volksstaates, des Rechtsstaates und der sozialen Gerechtigkeit.

Er verschließt sich nicht der Notwendigkeit ge­wisser Verbesserungen unserer Verfassung. Die Weimarer Verfassung   hat sich von vornherein nicht als einen unabänderlichen Endzustand angesehen, sie hat vielmehr selbst den Weg zu ihrer Abände­rung offen gelassen. Der Weimarer Kreis fordert jedoch gegenüber offenen oder versteckten Be. strebungen ungeseßlicher Verfassungsänderung mit Nachdruck, daß die notwendige Reform auf dem Wege der Verfassung durchgeführt werde. Nur durch die Verfassung hindurch führt der Weg zu neuem Verfassungsleben, an ihr vorbei nur der zum Staatsstreich.

In einer weiteren Entschließung wendet sich der Weimarer Kreis an die Deffentlichkeit und die deutschen   Hochschullehrer,

,, in dem Kampf um die Freiheit der Wissen. schaft nicht nachzulassen. Mit großer Sorge er­füllen die Hochschullehrer die Versuche, der Wissenschaft durch Notverordnungen die unge­hinderte Vertretung ihrer Ueberzeugung in der Bresse   zu nehmen. Das sind Anschläge gegen die von der Weimarer Verfassung   gewährleistete Freiheit von Forschung und Lehre. Der Wei­marer Kreis verlangt Achtung vor den Rechten der akademischen Selbstverwaltung, zu deren Sicherung ein Disziplinarrecht der Hochschul­lehrer zu fordern ist."

In einer dritten Entschließung setzt sich der Wei­marer Kreis für die Erneuerung der studentischen Selbstverwaltung ein und begrüßt ein neues Stu­

Unterstützt den Kampf für Freiheit und Beot enteredt, das im Sinne eines fachſchaftlichen

Ausbaues die fachliche Mitarbeit der Studenten am Hochschulleben auf überparteilicher Grundlage

Freiwillige Spenden auf Postscheck- Konto 14 157( Adolf Holz) garantiert

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gemeinen Zeitung" mit einem nicht weiter zu charakterisierenden persönlichen Angriff bes dacht. Das Blatt richtet an ihn die Frage, was er denn jetzt, wenn auch noch so still und unauf fällig, in Genf   zu tun habe? Dann wird mit deutscher Gründlichkeit vorgerechnet, was Hender­son und sein Privatsekretär und seine Steno­graphistin für Tagesentschädigungen beziehen und sonst für Auslagen verursachen mit fast ver teppelter Uebertreibung gelangt man dabei auf 400 Franken pro Tag-, und die Schlußfolge­rung daraus lautet, daß in einer Zeit allgemeiner Sparnotwendigkeiten Henderson als Präsident der Abrüstungskonferenz damit mehrere tausend Fran fen nuglos verbrauche. Es ist gewiß nicht nötig, die Persönlichkeit Hendersons gegenüber solchen Angriffen in Schuß zu nehmen. Es gibt in allen Staaten der Welt zu viele sachkundige Leute, die genau wissen, daß, selbst wenn die Abrüstungs­fonferenz in einem vollen Fiasko enben sollte, auf ihren Präsidenten dafür keine Schuld fallen würde. Merkwürdig nimmt es sich jedoch aus, wenn man gerade in einer deutschen   Zeitung, die als offi­3iös gilt, Henderson dafür verdächtigt, daß auch er während der gegen seinen Willen er zwungenen Konferenzpause seine schwere Aufgabe nicht aus den Händen läßt. Daß er gerade jetzt in Genf   weilt, ist sehr begründet, weil ja, mie alle Welt weiß, der Generalsekretär des Bölfer­bundes eben mit dem italienischen Regierungs­chef und der deutschen   Reichsregierung Be­sprechungen gehabt hat, die sich zweifellos auch auf die Abrüstungskonferenz bezogen haben, und deren Ergebnis bei der Rückkehr Sir Eric Drum­monds sofort persönlich zu erfahren, gewiß nicht nur zu den Rechten, sondern sogar zu den Pflichten des Präsidenten der Abrüstungs­fonferenz gehört. Das Erstaunlichste an den An­griffen der DA3." gegen Henderson liegt aber wohl darin, daß damit von einer der deutschen  Regierung nahestehenden Seite derjenige Mann zum Zielpunkt einer gehässigen Polemik gemacht wird,

der sich seif Monaten, wie fein anderer, für die deutsche Gleichberechtigung eingefeht hat."

Die Neue Züricher" verweist nun auf einen Ar­tikel Hendersons über den Stand der Abrüstungs­fonferenz, der in ihren Spalten erschienen ist, in dem Henderson, mit voller Namenszeichnung und eindringlich den Anspruch Deutschlands   auf militärische Gleichberechtigung" unterstützt, die ihm auf der einen Seite ebensoviel Bewunderung, wie von den Gegnern Deutschlands   zahlreiche und harte Anfechtungen eingetragen hat. Aber nicht wenige Leute in der Welt dürften beim Lesen dieses Angriffs der DA3." gegen den Präsidenten der Abrüstungskonferenz fich topfschüttelnd fragen: Ist das der Dank aus Berlin  ?"

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Die ,, Deutsche Allgemeine Zeitung" ist nicht nur, wie die Neue Züricher Zeitung  " mit Recht betont, als Papen offiziös anzusprechen, sondern auch, was viel schlimmer ist, ein Blatt, das ohne Subventionen teine drei Tage er­scheinen könnte. Sie wird fubventioniert teils durch Unternehmungen wie die Reichsbahn­gesellschaft, auf die das Reich stärksten Ein­fluß ausüben tann, teils durch Unternehmungen, die nur durch Rettungsaktionen größ. ten Stils mit öffentlichen Mitteln vor dem Bankrott gerettet werden konnten.

Und ein solches Blatt wagt es, Henderson und seinem engeren Stab vorzurechnen, was ihr Aufenthalt in Genf   kostet!

Friedrich Karikas, der aus Rußland   nach Ungarn   heimgefehrte Kommunist, dessen Genossen Fürst und Szallai standrechtlich gehenkt wurden, ist vom ordentlichen Gericht zu vier Jahren Zuchthaus und anschließender Staats Landesverweisung verurteilt worden. anwalt und Verteidiger haben Berufung eingelegt.