fhuBe 86 bei Streit. Die Zilsammeutiinfte beginnen regel-mäßig jeden Sonntag Vormittag 10 Uhr. Kameraden! Wirhoffen, daß Ihr Euch recht rege daran betheiligt. Also alleMann ans den Posten, jeder habe offenes Aug' und Ohr fürdas Gedeihen unserer Bewegung! Franz Leo»Hardt,Memelerstr. 7.Achtung, Kollegen und Genosse»! Vom Schuh-mache v st reit dieses Frühjahrs stehe» noch eine AnzahlSammelliste» aus, sowohl von ikollegen wie verschiedenen Ge-werkschaftsdelegirte». Wir ersuchen, die Liste» in kürzester Fristabniliefern, damit wir nicht zu der unangenehmen Maßregel ge-drängt werde», die Säumigen öffentlich bekannt zu geben.A g i t a t i o n s- Kommission der S ch n h in a ch e rBerlins.Aus Flensburg. In einer äußerst stark besuchte» öffeutl i ch e n Versammlung berichtete am 27. August der Werst--arbeiter Leese«, Mitglied des Komitees der streikende» undausgesperrten Werftarbeiter, über die Unterhandlungen, die amMittag desselbigen Tages mit den» Vorstände der FlensburgerWerft gepflogen worden waren. Die Unterhandlungen warendurch das Anfsichtsrathsmitglied Herrn A n d r e s e n angeregt.Dieser hatte durch eine» Boten zu verstehen gegeben, es sei er-wünscht, wenn das Komilee der Arbeiter noch einmal eine Ein-gäbe an den Vorstand mache, zu dem Zwecke, daß verhandeltwerde. Das ist geschehe», und das Komitee der Arbeiterentsandte dann seine Mitglieder L e e s e n und Kohlsz» den Verhandlungen mit dem Vorstand. Da dieser aberdie Hauptforderung der Arbeiter, den Stundenlohn auf 30 Pf.zu erhöhen, absolut nicht bewilligen wollte, sonder» sich nurbereit erklärte, betreffs der Bezahlung der Ucbcrstunden eineKpnzesston zu machen, auch die ungleiche Bezahlung einer undderselben Arbeit nicht abstellen wollte, die z. B. dahin führt,daß, wie angegeben wird, der eine Arbeiter jährlich 1000 bis1100 M. verdient, während der andere Arbeiter bei derselbenBeschäftigung es auf 2500—2600 M. bringt, so kam es zu keinerEinigung. Die Versammlung beschloß deshalb, und zwar ein-stiinnüg, die Fortsetzung des Streiks.Wie gut der Zusammenhalt der Werftarbeiter ist, wirdfolgende Mittheiluug der liberalen„Kieler Zeitung" darthun:„Da dem evangelischen Arbeiterbunde etwa 200 Werftarbeiterangehören, so glaubte man allgemein, daß eine nicht unbeträcht-liche Anzahl von Arbeitern ain Donnerstag Morgen wieder sichin den Werkstätten der Schiffsbaugesellschaft einfinden würden.Die Slraße» und Zugänge zu der Schiffswerft boten Donnerstagfrüh ein sehr belebtes Bild, die Straßenausgänge waren sowohlvon Polizeibeamten wie von kontrollirenden Streikenden besetzt.Die Schornsteine des großen Etablissements rauchten, dieMaschinen waren in TI)ätigkeit gesetzt, allein beimBeginn der Arbeitszeit st e l l t e sich keineinziger Arbeiter ein. Nach der Frühstückspause,um 8V2 Uhr, gingen vereinzelte Arbeiter in die Fabrik,aber nur in sehr geringer Zahl, sodaß nur ein sehrkleiner B r u ch t h e i l der zum Arbeiterbunde sich haltendenArbeiter die Arbeit wieder aufgenommen haben."Die Arbeiter Deutschlands, insbesondere diebo» Berlin, werden nun dringend ersucht, die kämpfenden Werft-arbeiter Flensburgs thatkräftig zu unterstützen. Die klassenbewußtenArbeiter Berlins sind durch die diesjährigen Lohnbewegungenfinanziell zwar selber äußerst stark in Anspruch genomnienworden, aber sie werden für ihre Brüder im hohen Norden wohlnoch ein Scherflein übrig haben. Die Gelder sind zu senden anO. Wustrack in Flensburg, Norderstr. 40.Die Tabakarbeiter Schwedens stellten an die Fabrikantendie Forderung, einen einheitlichen Lohn von mindestens 8 Kronenpro Mille einzuführen. Die Fabrikanten verlangten hierauf vonden Arbeitern den Austritt aus der Gewerkschaft, was dies«natürlich verweigerten. Nun kündigten die Fabrikanten denTabakarbeitcrn, a» Zahl 1200—1300. Die Kündigungsfrist istam 15. August abgelaufen, Die schwedischen Tabakarbciterersuchen nun die deutschen Tabakarbeiter um strengeVermeidung des Zuzugs.Die Buchbinder Hannovers sind schon wieder mit einerpolizeilichen Maßregel beglückt worden. Die dortigeVerwaltungsstelle der Zentral- Kranken- und Begräbnißkasse derBuchbinder und verivandter Geschäftszweige(EingeschriebeneHilfskasse) beabsichtigte am 30. August eine Tanzsestlichkeitabzuhalten. Das ist vom Polizeipräsidenten Grafen vonSchwerin mit der Begründung verboten worden, nach§ 13des Gesetzes über die Eingeschriebenen Hilfskasscn dürsten zuanderen als den im§ 12 bezeichneten Unterstützungen und derDeckung der Verwaltungskosten weder Beiträge vonden Mitgliedern erhoben werden, noch Verwendungen aus demVermögen der Kasse erfolge». Der Polizeipräsident machte nochdarauf aufmerksam, daß Zuwiderhandlung gegen die gesetzlichenBestimmungen unter Umständen die Schließung der Kasse nachsich ziehen kann. Das sollte vermuthlich heißen, daß, wenn dieTanzlustbarkeit dennoch stattfinde, die so segensreich wirkendeKasse aufgelöst werden würde!— Es ist wohl als selbstverständ-lich anzunehmen, daß die Kosten des Tanzvergnügens nicht ausMitteln der Kasse, sondern aus dem Privatsäckel der Mitgliederbestritten werde» sollten. Hiernach wäre also die neueste Maß-»ahme der Polizei Hannovers nicht weniger unverständlich, alsdie gestern von uns gemeldete Auslösung einer Versammlung derBuchbinder. Da Beschwerde erhoben wird, wird man vielleichteinmal hören. wie der Oberpräsident von Hannover, Herrv. B e» n i g s e n. der bekanntlich der Führer der national-liberalen Partei ist, über das Vorgehen des Polizeipräsidentenvon Hannover nrtheilt.AuS Karlsruhe. Der neue Buchdruckertarif istjetzt in fämmtkichen hiesigen Buchdruckereien bewilligt. DieHofbuchdruckerei von Müller entzog mit der Bewilligung desTarifs dein Personal eine llieihe von Vergünstigungen, die bis-her in diesem Geschäft üblich waren. Für die Organisationbedeutet dies einen Vortheil, da gerade wegen dieser Bergünsti-gungen der größte Theil des Personals nicht für die Organisationzu gewinnen waren.Der B r a u e r a u s st a n d und Boykott wurden nachnennwöchiger Dauer bedingungslos ausgehoben.Am Buchbinderstreik in Stuttgart sind, wie in der letztenVersammlung mitgetheilt wurde, 328 Arbeiter und 165 Ar-beilerinnen, zusammen 433 Personen beiheiligt. Von de» Männernsind 124 verheiralhet; die Zahl der Kinder, die sie zu ernährenhaben, beträgt 252. Der Prinzipalverein hat beschlossen, an denfrüher von ihm gestellten Bedingungen festzuhalten. Hiernachsoll die neunstündige Arbeitszeit bewilligt werden, und zwarnicht vom 1. Oktober ab, sondern schon mit dem 5. September,aber— am 1. November soll sie den Arbeitern wiedergenommen werden, wenn bis dahin nicht auch in Berlin,Leipzig und Hannover die gleiche Arbeitszeit eingeführt ist; denWochenloh» von 17 M. sollen die Arbeiter erhalten, die dieArbeitgeber als„brauchbare" bezeichnen. Der Zuschlag fürUeberzeitarbeit soll jetzt nur den Arbeitern, nicht aber denArbeiterinne» gewährt iverden. Die Feiertage sollen erst bezahltwerden, wenn daffelbe an den anderen maßgebenden Orten ge-schieht. Diese Bedingungen weichen sehr weit von den Forderungender Arbeiter ab. Die Streikenden beschlossen, an ihnen festzuhalten,ermächtigten jedoch die Lohnkommission, um bald eine friedlicheBeilegung der Differenzen herbeizuführen, mit den Prinzipalenmündlich zu verhandeln, sofern diese einen dahingehenden Wunschäußer». Die Stimmung der Buchbinder ist sehr zuversichtlich.Da die Buchbinder selbst mit Munition gut versorgt sind, daSerner von anderen Verbänden, wie von den Buchdruckern, großeZeträge zur Unterstützung in Aussicht gestellt sind und selbst vomAuslande Unterstützung einläuft, so brauchen, wie die„Schwöb.Tagwacht" bemerkt, die Kämpfenden in absehbarer Zeit keine Rothzu leiden.In Kladno in Böhmen haben die Arbeiter de- Hammerwertes die Arbeit eingestellt, weil ein Kamerad ohne jedenAnlaß mit 1,50 fl. Strafe belegt worden war. Da in demWerke drakonische Strafen überhaupt an der Tagesordnung sind,war es das Personal müde, unter solchen Umständen noch längerzu arbeiten.Ter Schiffchensticker- Berein in St. Gallen hat an dieUnternehmer der Schiffchenstickerei ein Rundschreiben gerichtetmit dem Ersuchen um Einführung des Zehnstundentages, speziellfür die Arbeiter und Arbeiterinnen, die auf den sächsischenSchnellläufermaschine» arbeiten, welche die intensiveste An-spannung aller Kräfte erfordern. Bereits werden in einzelnenEtabliffements nur 10 Stunden, in anderen 10'/», IG/z undII Stunden gearbeitet. Nach der vorjährigen Fabrikstatistikarbeiteten in 30 Schiffchenstickereien 1056 Arbeiter 65, in 4217 Arbeiter 62»/s Stunden pro Woche.Aus Carlisle in England wird gemeldet, daß der ausführende Rath der Unternehmervereinigung, der die Unternehmeram C l y d e, von B e l f a st und B a r r o w angehören, den Be-schluß faßte, die Mitglieder der Trades-Unions sämmllich vom12. September auszusperren. Dagegen haben die Maschinenbauervon Belfast beschlossen, selbst wenn sie ausgesperrt werden sollten,ihre streikenden Kameraden in G o v a n zu unterstütze».Soziales.Die Unternehmer der Berliner Herren- und Knaben-Konfektion haben sich, wie bürgerliche Blätter berichten, überde» Schiedsspruch des Einigungsamtes noch nicht geäußert. EineUmfrage bei den Konfektionären hat ergeben, daß diese die An-gelegenheit als„erledigt" erachten und diesmal dem Gewerbe-gericht bis auf wenige Ausnahmen gar nicht antworten werden.Berufsgenossenschaftliches. In der Berliner GewerbeAusstellung fand am Sonnabend unter Vorsitz des BergrathsK r a b l e r die von 75 Delegirten aus allen Theilen Deutschlands besuchte G e n o s s e n s ch a s t s- V e r f a m m l u n g derKnappschafts-Bernfsge nossenschaft statt. NachErledignng allgemeiner geschäftlicherAngelegenheiten wurdezur Ver-theilung der bereits 9Millio»enMark betragenden Jahresumlage aufdie einzelne» Betriebe ein neuer voin 1. Januar 1836 ab giltigerGefahrentarif festgestellt. Die Erhöhung der Bausumme desKrankenhauses„Bergmannsheil" ver Sektion IV(Halle a. S.)ans 1 Million Mark und die Betheiligung an Kranlenhausbautenseitens der Sektion VII(Zwickau i. S.) zum Betrage von150 000 M. wurden genehmigt.Besteuerung des Gewerbebetriebes im Umherziehen.Mit Rücksicht auf die Bestimmungen des am 1. Januar 1337 inkrast tretenden Reichsgesetzes vom 6. August d. I. betreffend Ab-änderuug der Gewerbe-Ordnung, hat der Finanzminister durchRunderlaß vom 15. August auf folgende bei der Besteuerungdes Gewerbebetriebes in» U in herziehen zubeachtende Gesichtspunkte aufmerksam gemacht:1. Wer in Deutschland ein stehendes Gewerbe betreibt und außer-halb des Gemeindebezirks seiner gewerbliche» Niederlassung persönlichoder durch in seinem Dienst stehende Reisende Bestellungen aufWaaren suchen oder an andere» Orten als in offenen VerkaufsstellenWaaren aufkaufen will, welche nur behufs der Beförderung nachdem Bestimmungsorte mitgcftthrt werde», bedarf nach den Vor-schriften der Gewerbe- Ordnung eines Wander-Ge werbe-s ch e i n e s, wenn era) nicht für die Zwecke seines Geiverbe-betriebes Waaren auskauft oder Bestellungen sucht,d) bei andere n Personen als Kausleicken oder solchen,welche die Waaren produziren, Waaren a u f k a u s t.c) bei anderen Personen als Kausleuten und solchen, in derenGeschäftsbetriebe Waaren der angebotenen Art Verwendungfinde», oder bei Kausleuten außerhalb ihrer Geschäfts-räume Waarenbestellungen ohne vorgängigeausdrückliche Aufforderung suchen will.Diese Bestimmung findet jedoch auf Druckschriften, andereSchriften und Bildwerke und, soweit der Bundesrath noch fürandere Waaren oder Gegenden oder Truppen von Gewerbe-treibenden Ausnahmen zulaßt, keine Anwendung.2. Für die Steuer vom Gewerbebetriebe im Umherziehe» sinddie unter u, b, c vorstehend angeführten Beschränkungen nichtmaßgebend. Solange dasGesetzvom3.JuliI876nicht etwaabgeändertwird, muß es in betreff der Besteuerung dabei bewenden.daß das Aufsuchen von Waarenbestellungen und das Auskaufe»von Waaren, wenn die sonstigen Voraussetzungen zutreffen, auchin den vorstehend nnter a bis c bezeichneten Fällen nicht derSteuer vom Gewerbebetriebe im Umherziehen unterliegt, sonderndem stehenden Gewerbe zugerechnet wird(K 2 Nr. 1 und§ 4des Gesetzes vom 3. Juli 1376).Der achtstündige Arbeitstag hat sich im britischenPostdepartement bewährt. In dem soeben erschienenenBericht des Generalpostmeisters heißt es:„Der sogenannte acht-stündige Arbeitstag oder genauer die Abkürzung der Arbeitszeitauf 48 Stunden die Woche wurde am 1. März 1835 Versuchs-weise in den beiden Telegraphenfabriken in Mount Pleasant undHolloway eingeführt. Die Einführung hat, wie ich mich freueberichte» zu könne», befriedigende Resultateergeben. Außer in den Fällen, wo die Schnelligkeitder Arbeit von der Schnelligkeit der Maschinen abhängtoder sonstige hinderliche Umstände vorhanden waren.haben die Arbeiter ebensoviel Arbeit in acktStunden geliefert w i e f r ü h e r i n neun... Die Leiterder Fabriken berichten, daß die Arbeiter entschiedenviel Vortheil von der kürzeren Arbeitszeit gehabt habe».Das sei an ihrem Aussehen und ihrem Benehmen zu be-merken." Bekanntlich besteht der achtstündige Arbeitstag auch invielen anderen Zweigen der englischen Staatsbetriebe, so nament-lich in den großen Werkstätten für Heer und Marine. Auch hierfind die Erfahrungen säst durchweg zufriedenstellend gewesen.Auguste Zadow, die erste Fabrikinspektorin inS ü d- itl u st r a l i e n, ist kürzlich in G o o d w o o d gestorben.Sie war eine der besten Vorkämpferinnen des Proletariats. Ge-boren in Deutschland in Runkel an der Lahn, kam sie alsKind nach Wiesbaden, wo sie theils in öffentlichen, theils inIrivatschulen Unterricht erhielt. Nachdem sie dann noch einehöhere Töchterschule besucht hatte, zog sie hinaus in die Welt.Sie bereiste Deutschland, Frankreich, Rußland, das südwestlicheSibirien und ging 1363 nach England. Dort verheirathete sieich mit dem Schneider H. Zadow und ging mit ihm 1877 nachSüd-Australien. Hier verkehrte sie mit Arbeiterfrauen; sie erkanntebald, daß die Arbeiterinnen nur dann ihre Interesse vertretenkönnen, wen» sie organiflrt sind. Sie gründete eine Gewerk-'chaft der Arbeiterfrauen und wirkte iinermüdlich für dieseOrganisation. Ihre Thätigkeit war von solchem Erfolg gekrönt,daß diese Gewerkschaft bald die stärkste Organisation des Landeswurde. Nach Annahme des Fabrikgesetzes wurde Auguste Zadowzur Fabrikinspektorin ernannt. Mit großer Energie trat sie fürdie Rechte der Arbeiterinnen ein, bis der Tod ihrem erfolgreichenWirken ein Ziel setzte. Nicht nur die Proletarier betrauern denVerlust ihrer Vorkämpferin, sondern auch die Beamten haben in~rau Zadow einen der besten und fähigsten Kollegen verloren.ler Ministerpräsident und zahlreiche Mitglieder des Mini-steriums folgten dem Sarge der Verstorbenen. Der„WeeklyGerald" von Adelaide schreibt;„Frau Zadow's Tod ist einnationaler Verlust, aber ihr vornehmes, menschenfreundlichesWerk wird fortbestehen. Die Annen und Elenden, denen sie-derzeit mit Rath und That zur Seit- stand, für deren Interesseie unentwegt wirkte, werden der hochbegabten edlen Frau»indauerndes Andenken bewahren."Goviifzks-Beifung*Die Geschäftsführung des frühere» Kriminal-Schutz«manns Windest, welcher nach seinem Ausscheiden aus den»Dienste ein Privat-Detektiv-Jnstitut gegründet hat,wurde gestern vor der 140. Abtheilung des Schöffengerichts ineingehender Weise erörtert. Er war des wiederholtenBetrugs beschuldigt. Fräulein K., eine reichlich groß-jährige Dame, hatte sich in einen Herrn verliebt, densie in einem Wein- Restaurant gesehen hatte. Um den-selben ausfindig zu mache» und über dessen Verhältnisse etwaszu erfahren, wandte sie sich an den Angeklagten und versprachihm im Falle des Gelingens 100 M. Der Angeklagte nahmden Auftrag an. Er erhielt einen Vorschuß, um damit dieKosten zu bestreiten, welche ihm durch den Besuch derWeinstube», in denen er den Gesuchten vermuthen konnte, er-wachsen mußten. Nach einiger Zeit erblickte Windestauch einen Herrn auf der Straße, dessen Aeußeres aufdie ihm gewordene Beschreibung paßte. Dieser Herr, ein hiesigerRedakteur, wurde nun von dem Angeklagten beobachtet. Esstellte sich allerdings später heraus, daß der Angeklagte einenUnrechten ermittelt hatte, denn als er es eines Tages soeinzurichten wußte, daß seine Auftraggeberin den ahnungslosenRedakteur zu Gesicht bekam, rief sie sofort aus:„Das ist er jagar nicht!" Der Aerger über diese Enttäuschung magwohl dazu beigetragen haben, daß Frl. K. den Angeklagtenwegen Betrugs anzeigte, indem sie die falsche Vorspiegelungdarin erblickte, daß der Angeklagte ihr verschiedene Beträgedurch unwahre Angaben abgelockt hatte. Einmal hatte er zurErmittelung des Gesuchten nach Frankfurt a. O. reisen, einanderes Mal ein Dienstmädchen bestechen müssen. Der Auge-klagte gab zu, zu diesen unwahren Behauptungen gegriffen zuhaben, aber er habe es thun müsse», um seine Auslraggeberinvon der richtigen Fährte abzulenken, da sie durch eigen-mächtiges Eingreifen mehrfach seine Pläne zerstört habe.—Wie der Angeklagte„in eigener Sache" verfuhr, lehrtefolgender Fall: Er kam zum Heirathsvernnttler H., dem er sich,wie dieser behauptete, als Kriminalkommissar a. D. vorstellte,der gern eine Frau mit etwas Geld haben wolle. H-machte ihn mit einer Dame bekannt; welche der An-geklagte wahrheitsgemäß davon unterrichtete, daß er zivarzur Zeit verheiralhet sei, aber mit seiner Ehefrau inScheidung liege. Aus der Scheidung ist nichts geworden und derAngeklagte hat die oberflächliche Bekanntschaft mit der in Aussichtgenommenen zweite» Fran, wie diese selbst im Termin bestäligte.nach keiner Richtung hin ausgenutzt. Der Heirathsvermitilerwollte aber durch die falsche Vorspiegelung des Angeklagte», daßer Kriminalkommissarius a. D. sei, daß er von einem Grafen inPotsdam für einen erledigten Austrag 500 M. zu fordern habeu. s. w. zur wiederholten Hergabe von Darlehen bewogen wordensein. Trotz der Unschuldbetheuerungen des Angeklagten hieltder Gerichtshof vier Fälle des Betruges für erwiesen, erkannteaber mit Rücksicht auf die Geringfügigkeit der erbeuteten Be-trüge nur auf eine Gesannntstrafe von einem Monat G e«fä n g n i ß, während der Staatsanwalt fünf Monate be-antragt hatte.Eine eigenthümliche Uhren- Fuudaeschichte beschäftigteheute die erste Ferienstraskanlmer am Landgericht II.-Ilm7. Juli fand ein kleines Mädchen in Tempelhof»ine Uhr, diesie pflichtschuldigst dem Gendarmen Mielandt übergab. Balddarauf erschien eine junge Frauensperson bei dem Gendarmenund reklamirte die Uhr als ihr Eigenthum. Der Gendarm, einjunger„Probist", ließ sich durch das sichere Austreten des Fräulein?verblüffen und gab die Uhr heraus, ohne sich Legitimation und Er-kennungszeichen geben zu lassen. Bald daraus kam die wirkliche Ver-liereri» und nun stellte sich heraus, daß eine Schwindlerin dieUhr abgeholt hatte. Gendarm Mielandt theilte das den älterenGendarmen mit und diese schloffen aus der Beschreibung, daßsich die unverehelicht« Ida T. die Uhr abgeholt habe. Mangelsjedes weiteren Anhalts ließ sich aber in der Sache nichts thun.Da ereignete sich das Merkwürdige, daß Genbarm Mielandteines Tages einen unfrankirten Brief erhielt, welcher die Uhrund ein Zettel enthielt, mit den Worten:„Herr Wachtmeister!Ich war in großer Roth, nehme» Sie nnr's nicht übel, ichschicke die Uhr zurück!" Eine Unterschrift fehlte. Nunwurde die in Verdacht genommene G. znni Amts-bureau sistirt und mußte den Text des Zettels nachschreibe». Siemachte dabei den Eindruck, daß sie ihre Handschrist verstelle.Der Zettel war nur mit kleinen Buchstaben geschrieben, sie schriebmit große». Es wurde gegen die G. Anklage wegen Betrugeserhoben und die Schriftprobe wurde mit dem Original de?Zettels dem Schreibsachverständigen, Ersten GerichtsschreiberD r o g o l i n, zur Begutachtung übergeben. Dieser ließ die Schrift-zöge in vergrößertem Maßstab« pholographiren und fand nun inder Vergrößerung charakteristische Uebereinstimmungen der Schrift,und namentlich auch solche, wie dieselben häusig bei Prostiluirlenoder durch sittliche Ausschweifungen in einen krankhasten Zustandgeralhene» Personen beobachtet werde». Nun wollte der eineGendarm wissen, daß sich die Angeklagte einem unsittlichenLebenswandel zugeneigt habe, doch vermochte er keinen Beweisdafür zu erbringen. Das Schöffengericht sprach die Angeklagterei, weil die Beweise für eine Verurtheilung nicht aus-reichten. Die Staatsanwaltschaft legte aber Berusungein. Vor der Strasknmmer führte Rechtsanwalt Wreschnerzum Schutze seiner Klienten noch einen Alibibeweis,der zwar nicht durchschlagend war, doch viel Wahrscheinlichkeitfür sich hatte. Im übrigen ergab die erneute Beweisführungdas Bild der Vorinstauz. Der Schreibsachverständige blieb dabeiund suchte dies durch eingehende Erörterungen zu deweisen, daßdie Schriftprobe der Angeklagten init dem anonyme» Zettelnbereinstinime, indessen war aber die Strafkammer der Ansicht,daß das Verdachtsmaterial zur Verurtheilung nicht ausreiche.Die Berufung der Staatsanwaltschasl wurde daher verworfen unddie Angeklagte wieder freigesprochen.Im Frankfurter Schaffner- Prozeß wurde vom Reichs-,ericht aus die vom Skaatsanwalt eingelegte Revision dasIrtheil in den Einzelfällen gegen die Schaffner Müller,Schleuning und Burkhardt aufgehoben. Heim-l i ch und Wolf wurden, auch soweit Bestechung an-genommen war, freigesprochen. Die hiesige Strasknmmerhatte am 16. Mai von 15 Angeklagten nur 5, darunter Müllerzu 14, Burkhardt zu 6 und Heimlich zu 10 Monaten Gesängnißverurtheilt. Wolf und Schleuning waren freigesprochen worden.Depesthen und lekzko Machvichten.Kattowitz, 29. August.(W. T. B.) Wie die„KnttowitzerZeitung" aus Zabrze meldet, ist auf der Königin Luisengrnbeheute Vormittag ein Brand ausgebrochen, bei welchem«inZimmermann und zwei Maurer den Erstickungstod fanden.Fiume, 29. August.(B. H.) Infolge eines Wolkenbruchsist der E i s e n b a h n t u n n« l zwischen den Stationen Loeveund Fuzine eingestürzt.London, 29. August.(W. T. B.) Dem„Reuterschen Bureau"wird aus Konstantinopel vom gestrige» Tage gemeldet: Von den25 Aufständischen, welche die Bank angriffen, wurden fünf inder Bank gelövtet, fünf verwundet; dieselben entstammten alle ausdem Auslande. Die Aufständischen ließen 17 Kilo Dynamit, 87 Bombenund zahlreiche Patrone», welche in einer Geldsäcken gleichendenEmballage eingeführt worden waren, zurück. Die Ueberlebendenhaben sich gestern nach Marseille eingeschifft; dieselben wurden,nachdem sie entwaffnet waren, in Gegenwart des brilischeu,französischen und russische» Dragomans an Bord gebracht.Rio de Janeiro, 29. August.(W. T. B.) Hier herrschtgroße Erregung gegen die Italiener; die Regierung hat strengeMaßregeln ergriffen, um Ruhestörungen zu verhindere_Verantwortlicher Redakteur: August Jacobey, Berlin. Für den Jnseratentheil verantwortlich: Th. Glocke in Berlin. Druck und«erlag von Max Babing in Berlin. Hierzu S Beilagen.