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zu machen. Sie stützt sich auf die Macht, auf Bazonetten, aber wir sagen ihr, daß wir schon einmal mit Bajonetten fertig geworden sind. ( Neuer Beifallssturm.) Wenn sie das anderthalb Dutzend stellungsloser Monarchen wie­der als einzige Anfurbelung in den Betrieb ein­schalten will( Heiterkeit), dann setzen die Arbeiter ihnen den stärksten Widerstand entgegen. Die Reaktion will eine Entrechtung der Frauen. Aber wir Frauen werden uns zur Wehr zu setzen wissen( Anhaltende Zustimmung.) Wir rufen den Baronen zu: Ihr täuscht euch! und wir setzen ihrer Politik den Aufbau willen aller Schaffenden entgegen.( Stürmischer Beifall.)

Franz Künstler

begrüßte sodann mit herzlichen Worten den Führer der deutschösterreichischen Sozialdemokratie, Otto Bauer Wien . Er bringt uns unseren Gruß Freiheit " entgegen, wir willkommen ihn aus freudigem Herzen mit dem Gruß unserer öfter­reichischen Genossen: Freundschaft!" Die Ber­sammlung erhob sich, um in stürmischer Begeiste= rung in die Begrüßung einzustimmen. Dann nahm

Otto Bauer - Wien

das Wort: ,, Euer Kampf gegen die Barone und gegen den Faschismus Hitlers ist ein Kampf, von dem die Zukunft der Arbeiterklasse in allen Län­dern in höchstem Maße abhängt. Die Proletarier aller Länder verfolgen ihn deshalb mit leiden­schaftlicher Spannung, wir Deutschösterreicher aber, wir sind noch in ganz besonderem Maße, wir find doppelt und dreifach interessiert. Am Tage unserer Revolution, am 12. November 1918, verkündeten wir den

Anschluß Deutschöfferreichs an Deutschland . Uebermächtige Siegergewalt hat diesen Anschluß verhindert. Aber wir wissen: Euer Schicksal ist unser Schicksal! Jeder Sieg der Reaktion bei euch schlägt zu uns herüber. Wir haben auch unsere Papen, Schleicher und Hitler gehabt, Männer in fleinerem Format. Dies fleinere Format liegt aber nicht nur daran, daß wir ein kleineres Land sind, sondern daran vor allem, daß bei uns die Arbeiterklasse einig geblieben ist.( Stürmischer Beifall.)

Ihr dürft den 9. November 1918, wir dürfen den 12. November 1918 nicht vergessen. Damals erhob sich das Volk, und die Throne der Hohen­ zollern und Habsburger verschwanden in der Ber­senkung. Die Leute, denen man heute das Märchen vom Novemberverbrecher einredet, waren damals noch Kinder.( Sehr richtig!) Was war denn damals in Wirklichkeit? Viereinviertel Jahre Krieg lagen hinter uns, mir maren durch Uebermacht besiegt, die Lücken murden durch Krüppel, Greise und Kinder aus­gefüllt, während von drüben, aus Amerika , eine Million neuer Kämpfer.tamen. Wir hatten feine Rohstoffe mehr, die auf der anderen Seite in Hülle und Fülle vorhanden waren, wir waren zu­fammengebrochen. Da erhob sich das Bolt, um von denen Rechenschaft zu fordern, die noch 1917 Eroberungen verlangten und den U- Bootkrieg ver= kündeten und dadurch über Deutschland die furcht­barste Katastrophe seit dem Dreißigjährigen Kriege herbeigeführt hatten.( Sehr richtig!) Da= mals erhob sich das Bolt, und die Schuldigen, die jetzt wieder regieren wollen, verkrochen sich. Wir nahmen als Erbschaft den verlorenen Krieg, das Chaos, den Hunger, die leeren Speicher und die Wehrlosigkeit. Damals überließ man uns Sozialdemokraten gern die Verantwortung, die Herren fühlten sich damals nicht so durch Vor­sehung berufen", wie sie es heute tun.( Heiter­feit und Beifall.) Es kam in diesem Zustand des Zusammenbruchs nur zu einer halben Revo lution, und es kam auch nur zu einer halben Demokratie.( Sehr wahr!) Das ist nicht die Schuld einzelner. Nein, das zu behaupten, wäre eine dürftige, allem materialistischen Denken widersprechende Geschichtsauffassung.

Die Schuld an der Halbheit liegt an dem, was wir übernehmen mußten.

( Sehr richtig!) Wir standen in wirtschaftlicher Ab­hängigkeit vom fapitalistischen Ausland. Wir konnten die Demokratie in Staat, Ländern und Gemeinden schaffen, aber wir konnten sie nicht schaffen in den Betrieben! So setzte der Gegenstoß des Kapitalismus, der sich in der Inflation bereichert, der die Rationalisierung aus­genutzt und eine scheinbare Prosperität herbeige­führt hatte, zum Gegenstoß an. Dann kam frei= lich die Weltkrise, diese ungeheuerlichste Blä­mage des Kapitalismus.( Sehr wahr!) Da kamen die Agenten des Kapitalismus im braunen und gelben Hemd und sagten: Dir, Arbeiter, Ange­stellter, Beamter, Bauer und Gewerbetreibender,

Uuwahre Behauptungen über Reichstanzler von Bapen

Der Borwärts" erhält von der Reichspresse­stelle auftragsgemäß" die folgende Auflage nachricht, gegen die nach der Pressenotverord­nung in der gleichen Nummer nicht Stellung genommen werden darf. Schriftgröße und Blazz find amtlich vorgeschrieben.

Unter den Ueberschriften Otto Wels über Papen ", Aus der Vergangenheit eines deutschen Reichskanzlers" bringt die Abendausgabe des Vorwärts " Nr. 522 vom 4. November Behaup­tungen über Reichskanzler von Papen aus einer Rede des sozialdemokratischen Abgeordneten Otto Wels , die in den letzten Tagen verschiedentlich in der sozialdemokratischen Presse auftauchten.

Nach diesen Behauptungen foll Reichskanzler von Papen als preußischer Landtagsabgeordneter auf­gefordert worden sein, von der Tribüne des preu­Bischen Parlaments für das Saargebiet einzu­treten. Er habe die ihm angetragene Rede für das Saargebiet mit der Begründung abgelehnt, daß eine derartge Rede seine Verwandten im Saargebiet schädigen könne.

Diese Behauptung ist falsch. Reichskanzler von Papen hat die Rede über das Saargebiet, die in der Zentrumsfraktion des Preußischen Landtags vor Jahren erörtert wurde, lediglich aus auken­politischen Gründen abgelehnt, um der damaligen Regierungspol fit feine Schwierigkeiten zu be­reiten.

Wenn ferner Herr Wels nach der Wiedergabe des Borwärts" behauptet, Reichskanzler von Papen habe vor dem Untersuchungsausschuß des Preußischen Landtags nicht alles gesagt, was er als Landtagsabgeordneter und Aufsichtsratsvor­fihender der Germania " praktisch über Zeitungs­fubventionen erfahren habe, so ist anscheinend mit dieser Andeutung die in der soz'aldemokratischen Presse erschienene Behauptung gemeint, Herr von Papen habe in seiner Eigenschaft als Aufsichtsrats­vorfikender der Germania " Subventionen aus öffentlichen Mitteln besorgen lassen. Auch diese Behauptung ist völlig aus der Luft gegriffen und ebenso wie andere falsche Anwürfe gegen den Reichstan ler fere'ts am 3. november von der Reichsregierung ausdrücklich dementiert worden.

GA- Putsch in Schöneberg

Barrikaden in der Hauptstraße- Polizei schießt- Verbrüderung zwischen Nazis und Kozis

Die Berliner Straßen des Südens und Süd­westens boten in den ersten Nachmittags= stunden ein außergewöhnlich bewegtes Bild. Die Ankündigung der BVG., daß von 3 Uhr nach­mittags ab ein Teilverkehr für Straßen­bahn und Autobusse aufgenommen wurde, hatten sich besonders in dem gestrigen Un= ruhezentrum Schöneberg National­sozialisten und Kommunisten zunuze gemacht und sich zu Tausenden auf den Straßen angesammelt. Auch am Halleschen Tor und in der Belle- Alliance- Straße wogte ein dichtes Gedränge, doch herrschte hier das von der Arbeit heim­kehrende Publikum vor.

Das Bild änderte sich schlagartig in der Schöneberger Hauptstraße. National­sozialisten und Kommunisten hielten hier diese starke Verkehrsader in dichter Masse besetzt. Wiederholt versuchte die Polizei, zunächst ohne Zusammenstöße, die Hauptstraße zu säubern und die Menge in die Seitenstraßen abzudrängen, jedoch bildeten sich immer wieder dichte Haufen, die auf das Erscheinen der ersten Wagen warteten.

In der Hauptstraße, Ecke Eisenacher Straße, mar vor dem Anrücken des starken Polizei­aufgebots im Handumdrehen

eine Barrikade in einer Länge von reichlich zehn Metern

aus Pflastersteinen, Balken, Pflöden und anderem Baumaterial entstanden, und die Schienen waren durch eingestreuten Kies unfahrbar gemacht. Unter polizeilicher Absperrung wurde ein Laftzug des Berliner Tiefbauamts herangeholt, dessen Begleit­mannschaft sich sofort unter dem Gejohle der Menge an das Freilegen der Strede heranmachte.

Während es bis 4 Uhr nur zu kleineren Blänkeleien und mehreren Verhaftungen von radauluſtigen Jugendlichen gefommen war, er­eigneten sich bei der Anfahrt der ersten Verkehrs­fahrzeuge schwere Straßentumulte. Als der erste,

geht es schlecht. Hat dich die Demokratie satt ge­macht, hat dich die Sozialdemokratie geschützt? Wer Geschichte wirklich begriffen hat, weiß, wie töricht und albern dieser Borwurf ist. ( Lebhafte Zustimmung.)

Toren sind es, die da sagen, es gebe nur eine Wahl zwischen der Demokratie und der Diktatur des Proletariats .

Nein, es gibt nur eine Wahl zwischen der De­mokratie und der Diktatur der Barone oder des Faschismus. Ihr werdet die Macht der De­mokratie nicht in einem Wahlkampf wieder­erobern. Aber ihr werdet sie wiedererobern, wenn die Enttäuschung über die Mißerfolge der Reaktion da ist.( Stürmischer Beifall.)

Weder wird eine altmodische Reaktion die Wirt­schaft ankurbeln, noch auch wird dies eine neu­modische Reaktion mit faschistischer Diktatur können. Die Generalsdiktaturen haben in Jugo= slawien und Polen die Wirtschaftskrise nicht

noch völlig leere, Straßenbahnwagen nahte, erhob sich ein ohrenbetäubendes Pfeifen und Johlen und nur mit Mühe konnte die aufgeregte Menge von der Polizei in Schach gehalten werden. Als nach wenigen Minuten die nächsten Verkehrs­fahrzeuge an der von den Demonstranten beson­ders dicht besetzten Hauptstraße, Ede Eisenacher Straße, vorbeikamen, zeigte es sich, daß hier

unter nationalsozialistischer Leitung fyftematisch Tumulte erzeugt

wurden. Als ein bereits halbbesetzter Wagen der Linie 40 diese Straßenecke kreuzte, wurde er von einigen Dugend nationalsozia= listischer Radfahrer und einer mehr­hundertköpfigen Menge unter dem Rufe Streif­brecher" und Herunter mit den Bluthunden" an­gegriffen. Die Schupoeskorte auf dem Vorder­und Hinterperron zog die Pistolen und gab zu­nächst mehrere Schreckschüsse, darauf

ein Duhend scharfe Schüsse

in die Menge ab, die schreiend auseinanderftob. Biele warfen sich bei den ersten Schüssen auf den Damm und den Bürgersteig lang hin. Da zu gleicher Zeit die Fahrbahn freigegeben war und zahlreiche Autos in schneller Fahrt herantamen, gab es müste Panitszenen. In das Ge schrei der aufgeregten Menge und das Knallen der Schüsse mischte sich der harte Laut treischender Bremsen. Eine Frau wurde mit schwerem Ober­schenkelschuß in das nächstgelegene Krankenhaus geschafft und ein gleichfalls niedergeschossener Mann von mehreren Tumultuanten in einen Hausflur geschleppt.

In diesem Augenblid, als die Polizei, darunter auch die Besatzung eines heranrasenden Flizers, nur auf den Schuß dieses angegriffenen Straßen­bahnwagens fonzentriert war, tam auf der Gegenseite von der Rheinstraße her der erste gleichfalls schon halbbefezte Autobus der Linie 5.

ganzen Sozialismus. Es gibt feinen anderen Aus­weg und darum vorwärts zum Kampf um die ganze Demokratie!

Die packenden Ausführungen Bauers ernteten Beifallsstürme, wie sie im Sportpalast selten er­lebt wurden. Arbeitermännerchöre sangen unter Begleitung des Orchesters und der Spielleute vom Reichsbanner den Marsch der Eisernen Front. Kurt Klawitter sprach hinreißend und mit herzlichem Beifall bedankt Die drei Pfeile" von Clara Henriques.

Franz Künstler hielt eine zündende Schluß­ansprache, dann ertönte die Internationale. Zum Fahnenausmarsch ward der österreichische Schutz­bundmarsch gespielt, aus Tausenden von Kehlen ertönte der Ruf der Zukunft und des Sozialismus, das Kampfwort der Eisernen Front: Freiheit!"

gebannt und in Italien hat das auch der Faschis. Naziüberfall auf Parteilokal

mus Mussolinis nicht vermocht. Die Krisis wurzelt im Wesen der tapitalisti­schen Wirtschaftsordnung.( Sehr richtig.) Nur eine Umwälzung dieser Ordnung kann die Ge= nesung und Lösung bringen.( Stürmischer Beifall.) Es gibt keinen Phrasensozialismus, sondern nur

Schafft Munition!

Vier Genossen verletzt

Gegen 12 Uhr nachts wurde das Berkehrs­lotal unserer 4. Abteilung in der Stralauer Straße 10 von 15 uniformierten Nazis über­fallen. Die anwesenden Genossen sehten sich zur Wehr. Es gelang ihnen, die Nazis herauszu­drängen. Bier Genossen wurden verletzt.

Das Ueberfallkommando fand keinen der Täter mehr vor. Die Nazis waren mit einem Aufo vor­gefahren, mit dem sie dann flüchteten.

KPD. - Zeitungen verboten

FÜR DEN WAHLKAMPF! acht und Bolts echo", die für Stettin und

Unterstützt den Kampf für Freiheit und Brot

Freiwillige Spenden auf Postscheck- Konto 14 157( Adolf Holz), Berlin

Die kommunistischen Zeitungen Volks. Brandenburg erscheinen, sind bis zum 13. No­vember verboten worden.

Nächtliche Schießerei.

In der Weberstraße und am Strausberger Plaz tam es am späten Abend zu einem Kugelwechsel

Als dieser Wagen sich in langsamer Fahrt näherte, fommandierte ein uniformierter SS.- Mann, der innerhalb einer dichten Gruppe von Na­tionalsozialisten stand: Achtung, Fener!"

und ein dichter Steinhagel, darunter eine Anzahl dicker Brocken, prasselte gegen den Autobus, dessen Scheiben in Trümmer gingen, während die Insassen sich zu Boden warfen oder zum Ausgang drängten.

In den gleichen Augenblicken erfolgte ein neuer, organisierter Ueberfall der Nationalsozialisten. Wieder unter dem Kommando unifor= mierter SS. - Leute stürzte sich auf den Befehl: Jetzt ran an die Rampe!" ein Rudel Nationalsozialisten auf den in der Hauptstraße noch haltenden Lastzug des Berliner Tiefbauamts und stürzte einen mit dem Material der abgeräumten Barrikade gefüllten Wagen unter den Zurufen der Menge um. Diese Tat der aufbaumilligen Kräfte" des Herrn von Papen begeisterte die herumstehenden Kom­munisten derart, daß

ein Wahlfondssammler der PD. einen natio­nalsozialistischen Büchsenjungen unterhafte und beide unter den Beifallsrufen der Umstehenden im Taft ihre Bettelbüchsen schwangen mit dem Ruf: Gebt für den Wahlfonds!".

Dieser Berbrüderungsatt zwischen National­sozialisten und Kommunisten blieb nicht der ein­zige seiner Art. So erschien in dem S.- Lotal von Rothbart

hbart in der traße 47 furz vor

3 Uhr ein Mitglied der RGO. und forderte die anwesenden 15 SA.- Leute auf, gemeinsam nach dem Hermannplatz zu ziehen und ein Ding zu drehen".

Gestern noch Braune Mordpest" hüben und ,, Rotes Untermenschentum" drüben! Heute in treuester Bundesgenossenschaft vereint! Welchem flaffenbewußten Arbeiter sollte da nicht die Scham röte ins Gesicht steigen!

zwischen Demonstranten und Polizei­beamten. Ob dabei jemand verlegt worden ist, steht zur Stunde noch nicht fest. Es wird vermutet, daß einige Personen Berlegungen erlitten haben, von ihren Gesinnungsgenossen aber in Sicherheit gebracht worden sind.

Ein neuer Konflikt

Bei der Gasbetriebsgesellschaft Die im Laufe des heutigen Tages bei der Gasbetriebsgesellschaft in der Git­schiner Straße durchgeführte Urabst im= mung über einen neuen Lohnvorschlag der Direktion hat eine Dreiviertel­mehrheit für Ablehnung der ge­planten Lohnregelung ergeben.

Die Direktion und die Gewerkschaften haben noch in der Nacht nach Bekanntwerden des Ergebnisses die Verhandlungen aufgenommen, um ein güf­liches Abkommen zu erreichen.

Falls die Verhandlungen heute nacht zu feinem Ergebnis führen, sollen sie nicht abgebrochen, son­dern morgen fortgesetzt werden. Vorläufig droht keine Streitgefahr, da noch nicht alle rechtlichen Wege erschöpft sind.

Erfolg der Volksbühne

Das Erlebnis einer fleinen verlassenen Mutter, die sich tapfer zurechtfindet, gewinnt schnell und leicht alle Herzen. Heinz Hilpert gestaltet mit Käthe Dorsch , Rosa Baletti, Jakob Tiedtke, Paul Berhoeven und Erhard Siedel das Wesentliche dieser Fanny" des Franzosen Marcel Pagnol : den leisen Atemzug des Menschlichen. R. Br.