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.Herrliche Zeiten" vor 20 Jahren Zur Erinnerung an die Lebensmittelkrawalle 1912
Auf dem Nettelbeckplotz im Norden Berlins  stehen zwei Arbeitslose, von denen einer sagt: Nee, Mensch, weestc, früher waren doch schöne Zeiten: Knobländer kosteten drei Paar einen Groschen, einen Becher Bier gab es schon für einen Sechser und die Sechserstücken von Hanke waren so groß wie ein Teller". Da taut der andere auf:Nun halte aber die Luft an. Du weißt wohl nicht mehr, wie du'vor zwanzig Jahren bei dem Krawall in der Med- d i n g h a l l e in ein Margarinefaß gefallen ist. Du standst doch mit der Nase dabei, als der eine Schlächtermeister sagte, was du in deine Brat- pfanne machen sollst, wenn du Hunger hast. Von wegen herrliche Zeiten!" Die Hungerkrawalle in den letzten Oktober- tagen des Jahres 1912 hatten ihre Ur- sache in der Fleischverteuerung. Gegen- über dem Herbst 1911 waren innerhalb eines Jahres gestiegen: die Rindfleischpreise um 25 Pf.. die für Kalbfleisch um 18)4 Pf., für Hammelfleisch um 17 Pf., für Schweinefleisch um 37 Pf. und für Roßsleisch um 9 Pf. pro Kilogramm. Uebrigens ein beredtes Zeichen für die Kaiferzeit, daß damals Pferdefleisch sogar amtlich notiert wurde. Deshalb forderte die Sozialdemokratie die Oeffnung der Zollgrenzen, vor allem die Einfuhr- freigäbe von billigem australischen und argentini- schem Fleisch. Selbstverständlich lehnte die Agra- riersront im Reichstag   alles ab. Nun hatte der Berliner   Magistrat, um die dringendste Not zu lindern, ein ziemlich beträcht- liches Kontingent russischen Frischsleischs beschafft, mit dessen Berkauf zu billigen Preisen am Mittwoch, dem 23. Oktober 1912, begonnen werden sollte. Zu diesem Verkauf hatten sich 128 Markthallenschlächter in Berlin   bereit erklärt. In der Erwartung, zu billigem Fleisch zu kommen, waren deshalb die Arbeiterfrauen be- reits um 6 Uhr morgens vor den Markthallen angetreten, trotzdem der Verkauf des Russen- fleischs erst für 9 Uhr vormittags angesetzt war. Mit einem Male hieß es jedoch: die Schlächter oerkaufen kein Fleisch! Die 128 Standinhaber waren nämlich von den übrigen Schlächtern dermaßen unter Druck gesetzt worden, daß sie sich weigerten, das Russenfleisch zu verkaufen, trotzdem sie es schon in den Kellern hatten. Sie sagten, der Aerdienst von 8 M. pro Zentner wäre ihnen zu gering, außerdem wolle die Innung sie ausschließen. Nun war die Gl- tuation um so heikler, als an jenem Mittwoch auch kein Seefischverkauf in den Markthallen statt- fand. Inzwischen hatten sich große Massen von 5)aussrau«n in den Marschällen ange- sammelt. In der Weddinghalle standen allein 4l10<) bis ZstOll Frauen. Natürlich fühlten sich die Frauen genassührt und schimpften. Die Schlächter, wütend über das Russenfleisch, schimpften nicht
minder und plötzlich nahm ein Schlächtermeister in der Weddinghalle eine Wurst und warf sie den Frauen an den Kopf. Nun war der Tumult groß, ein anderer Schlächter hieb einer Frau mit dem Räucherstock über den Kopf, in den engen Gängen fielen die Frauen in Kaufmanns- und Blumenstände und die Schlächter waren ganz außer Rand und Band. Unterdessen waren die Schutzmänner gekommen, die die Markthalle räumten und vorläufig für den Verkehr schloffen. In der Markthalle am Grünen Weg, das ist die heutige Paul-Singer-Straße, tobten die Schlächtermeister ebenfalls über das Russenfleisch, ein Meister sagte zu den Frauen:Freßt doch Knochenfleisch!" Daraus mußte er seinen Stand schließen und vier Schutzmänner brachten den Grobian nach Hause. Am schlimmsten war es aber eigentlich in der A ck e r h a l l e. Hier wurde an ein paar Ständen Russenfleisch verkauft, da kamen die anderen Schlächter, stürzten sich auf die Frauen, entrissen ihnen das Fleisch und warfen es in den Rinnstein. Auch in den nächsten Tagen kam es noch zu erregten Szenen. An sich hatten die Fischfrauen herzlich wenig mit der ganzen Sache zu tun, aber eine Fischhändlerin in der Andreas- halle konnte es nicht unterlassen, den Hausfrauen nachzurufen:Freßt Fischköpfe und Kaldaunen, wenn ihr Hunger habt!" Natürlich ging der Krach wieder los und nur mit Mühe gelang es der Polizei, die Fischfrau nach Hause zu bringen. Auf dem Wedding wurde es am Donnerstag ernster. Hier wurde das bekannte Schlächtergeschäft von Morgenstern in der Schererstraße gestürmt, der Geschäftsführer, der bereits 1919 organisiert« Fleischergesellen entlassen hatte, sollte die Menge mit einem Revolver be- droht haben, worauf ein Bombardement mit Ziegelsteinen gegen seine Schaufensterscheiben ein- setzte. Erst allmählich trat in den einzelnen Stadt- gegenden wieder Ruhe ein, nachdem der Berkauf von Russenfleisch endlich in Gang gekommen war. Die Teuerungskrawalle hatten am Freitag und Sonnabend dann noch ein zweitägiges Nachspiel vor dem preußischen Dreiklassenparlament, das natürlich wie das Hornberger Schießen auslief. Auf die Interpellation der Sozialdemokraten ant- wartete der Landwirtschaftsminister von S ch o r- l e m e r:Von einer allgemeinen Notlage kann man nicht sprechen, denn wir haben reichliche Vor- räte an Gemüse und Kartoffeln, deren Preise so günstig sind, wie wir sie lange nicht gehabt haben. Leider verstehen viele Frauen nicht die Zubern- tung dieser Nahrungsmittel und werfen sich ledig- lich aus diesem Grunde aus die Zubereitung des Fleisches und dann gibt es Fleisch, Fleisch und immer wieder Fleisch. Eine Förderung der Kaninchenzucht würde dem Fleischmangel vor- beugen, in Paris   werden jährlich 399 099 und in London   599 999 Kaninchen verzehrt". Das war die herrliche Kaiserzeit!
Der Rausch ist verflogen Ein Leser schreibt uns: Für den Sonntag hatte derAngriff" in großen Ankündigungen die SA. nach Schloß Schönholz und dem Neuköllner   Stadion gerufen. Der Stabs- chef in Person, Herr Hauptmann R ö h m, war der Redner. So konnte man denn am Vormittag die SA.- Leute durch die Stadt marschieren sehen, aber wie dürftig war das gegen früher! Wer die Aufmärsche der SA. noch vor einigen Monaten. vor dem 13. August, sah, der konnte auch als Gegner nicht bestreiten, daß die Hitler  -Mannen äußerst selbstbewußt und siegessicher einher- stolzierten.Wir sind die Herren von morgen. uns gehört die Straße!" Und heute? Stim- mungslos, müde, langweilig latscht die Kolonne einher. Es ist kein Zug mehr drin! Die zum Betteln Abkommandierten klötern mit den Sammelbüchsen, aber auch das Publikum ist sehr zurückhaltend. Man gibt nicht mehr oft, man ist entweder schroff abweisend oder man tut, als ob man die Bittenden übersähe. Dabei ist gerade Kirchgangszeit, doch auch diese Schicht, von der gewiß viele bis vor kurzem für Hitler   waren, hat scheinbar genug. Hitler   ist die Parole von gestern und vorgestern! Früher marschierte Zivil mit der braunen Garve mit, heute kümmert sich kaum noch einer um sie. Man hat wirklich den Eindruck: Der große Rausch ist verflogen!
parkanlagen-Bandalen Unter großen finanziellen Opfern ist von der Stadt Berlin   der zugeschüttete Luisen- städtische Kanal zu einer schmucken Park- anlag« umgestaltet worden. Alles mögliche ist getan worden, um der Bevölkerung inmitten der Häuserwüste eine Erholungsstätte zu schaffen. Mit großer Mühe sind Blumenbeete geschaffen und die ehemaligen Böschungsmauern mit rankenden Pflanzen und wilden Weinstauden besetzt worden. Bubenhände haben nun, wie uns von Lesern be richtet wird, in den legten Nächten in sinnloser Zerstörungsorbeit zahlreiche Pflanzen und ganze Welnftauden herausgerissen. Erhebliche Werte sind durch diese Vandalen vernichtet worden. Leider
ist. Er hat denn auch seinen Kops durchgesetzt. Heidi E i s l e r wer sonst anders, der Lieb­ling des Ostens, spielte und zwitscherte die Anne- liefe auf reizende Art. Ihr Liebster, der junge Fürst, war Walter K o ch n e r, flott, stattlich und von angenehmen Manieren. Armin Münch   gab in dem Gouverneur Chalisac den aristokratischen Hanswurst sehr drollig. Elsa Verna, Franz H e i g l, Max T o b i e n halsen am Werk, das von Hans Sonden bunt und fröhlich gestaltet worden war und von Franz Richard Haas flott dirigiert wurde. Das Wohltätigkeitsfeft der Berliner Feuerwehr. dessen Reinertrag der Errichtung eines Erholungsheimes für die Berliner   Wehr dienen soll/ hatte sich am Donnerstag im Zoo größten Zuspruchs zu erfreuen Oberbürgermeister S a h in und Oberbranddirektor G e m p p vertraten die Spitzen der Behörden. Die T u r n r i e g e der Berliner Feuerwehr riß mit ihren wirklich brillanten aus ungewöhnlicher Höhe stehenden Leistungen am Reck sowohl wie bei den sehr schwierigen Kürfreiübungen die Zuschauer immer wieder zu Beifall hin. Verdienten Sonderapplaus holte sich der Herkules unserer Berliner   Feuer- wehr, der Feuerwehrmann M a l l o n, der Zwei- zentnerscheiben stemmte, eine schwere Kette zerriß
und mit der bloßen Faust wie mit einem Schmiede» Hammer harten gewachsenen Stein zertrümmerte, eine ganz außerordentliche Leistung. Besonders eindrucksvoll und wirksam waren auch die Leiter- Pyramiden der Turnriege. Jubel löste das heitere Tanzspiel über die Mode von 1919 der Steffi- Nossen-Tanzschule aus. Daß die Berliner   Feuer- wehr, deren Angehörige täglich und stündlich be- reit sind, ihr Leben für das der anderen einzusetzen, bei ihren geselligen Veranstaltungen auf die ganz besondere Sympathie der Bevölkerung rechnen dürfen, zeigte sich bei diesem Wohltatigkeitssest erfreulich deutlich, das dank vorzüglicher Bor- bereitung, in jeder Beziehung wohlgelungen war. Winterhilfe der Schupatz. Die Schultheiß- Patzenhofer-Brauerei-Aktiengesellschaft wird auch in diesem Notjahr, wie schon in den beiden letzten Jahren, sich in größerem Urpsange an der Hilfs- aktion zugunsten der durch die Krise besonders hart betroffenen Bevölkerungskreise beteiligen. Die Brauerei wird auf ihren zahlreichen Abtei- lungen in Groß-Berlin und innerhalb ihres sonstigen bis nach Mitteldeutschland   und Ober- schlesien   reichenden Absatzgebietes Anfang Na- vemder Wohlfahrtsspeisungen einrichten, wodurch an den Arbeitstagen die unentgeltliche Abgabe eines warmen, kräftigen Mittagessens an etwa 799 Bedürftige ermöglicht wird.
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war es bisher nicht möglich, die Täter zu fassen. An die zuständigen Polizeireviere und nicht zuletzt an das Publikum in dieser Stadtgegend ergeht darum der Aufruf, die Anlagen unter scharfer Beob- achtung zu halten und vor weiteren Zerstörungen zu schützen, weil eines Tages die Gefahr entstehen könnte, daß die Stadt, besonders in dieser Zeit der Finanznot, die weitere Ausschmückung und Instandhaltung der Anlage ganz einstellt.
SPD.  - Huiaäac&eiiec! Montag, 7. November, 19 Uhr, Sophien- Säle, Sophienstr. 17/18, Versammlung aller im Deutschen   Metall­arbeiterverband organisier­ten SPD.  - Metallarbeiter. Tagesordnung: Stellungnahme zur General­versammlung. Mitgliedsbuch der Partei und des Deutschen Metallarbeiterver­bandes muß am Saaleingang vorgezeigt werden. Der Besuch anderer Versamm­lungen muß an diesem Tage unterbleiben. Der Fraklionsvorstand.
Die Lotterie der Arbeiterwohlfahrt Wie alljährlich veranstaltet auch in diesem Jahre die Zlrbeiterwohlfahrt ihre Weih- nachtslotterie. Ihr Reinerträgnis kommt den vielfachen sozialen Einrichtungen dieser großen Selbsthilfeorganisation der deutschen   Arbeiterschaft ausschließlich zugute. Wer durch Abnahme eines oder mehrerer Lose(zum äußerst niedrigen Einzel- preis von 59 Pf.) zum guten Gelingen dieses Werkes beiträgt, hat damit einen bescheidenen Teil seiner Verpflichtungen gegenüber der Allgemein- heit erfüllt.
Die Plaza am K ü st r i n e r Platz hat das alte von Richard Keßler vertonte Volksstück von Hirsch, Die Anneliese von Dessau, neu herausgebracht und heimste damit im Berliner  Osten einen beachtenswerten Erfolg ein. Es geht ja in dem Stück darum, daß der junge Fürst Leopold von Dessau  , der später in der Geschichte als deralte Dessauer" figuriert, sich in den Kopf gesetzt hat, partout die kleine Apothekertochter Anneliese zu heiraten,«ine Episode, die historisch
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