Boykott der Sowjetseier Krankentransport angehalten Eine kommunistische Reisegesellschaft von 70 Per- sonen, die zur Reoolutionsseier nach Moskau fuhr, ist gestern in T i l s i t an der Weiterreise ge- hindert worden. Die Pässe wurden den Besitzern abgenommen. Wie die kommunistische„Rote Hilfe" weiter mitteilt, ist heute sogar ein Transport von E r- holungsreisenden nach dem Kaukasus in Tilsit ebenso behandelt worden. Der Reisezweck ist durch ärztliche Zeugnisse nachgewiesen. Roch gestern aber ist dem Reisekomitee vom preußischen und vom Reichsinnenministerium erklärt worden, daß der Krankentransport nicht gehindert werden würde.
Der Mordkomplize Das Verhreehen in der Lutherstraße Der Mord an der 74 Zahre alten Frau Sön'cke in der Lutherstr. 13 hat jetzt durch die Fest. nähme des Komplicen des haupltäters Mann seine völlige Aufklärung erfahren. Der Festgenommene ist der 2S Zahre alte Alfred Schulz, der früher in der Gubener Straße wohnte. Im Laufe des gestrigen Abends wurden Schulz und Mann eingehenden Verhören unterzogen. Sie legten jetzt ein umfassendes Geständnis ab. das in seinen Einzelheiten mit den Ermittlungen und Feststellungen am Tatort über- eintrifft. Schulz war nach der Bluttat aus seiner Woh- nung verschwunden. Als sein Komplice, der 29 Jahre alte Friedrich Mann, am Sonntag, dem 39. Oktober, in der Lange Str. 59 festgenommen wurde, lieh er sich auch in den Lokalen, in denen er sonst verkehrte, nicht mchr blicken. Die Mord- konnnisston ermittelte, daß er von dem Blutgeld sich bei einer Herrenkonfektionsfirma am Köllnischen Fischmarkt einen Mantel bestellt hatte, der geändert werden sollte. Als Schulz den Mantel abholen wollte, wurde er verhaftet. Auf Schulz entfielen von dem geraubten Gelde etwa 1499 M. Bis auf 49 M., die man bei seiner Verhaftung noch bei ihm fand, hatte er alles durchgebracht.
„?aprlka" Qoria-Palast Der Schwank„Der Sprung in die Ehe" von Max Reimann war längst filmreif, wie ja alle Schwänke silmreif sind. B. E. L ü th g e hat nach seinen eigenen bewährten Mustern das Manu- skript verfaßt und Karl Böse, ohne seine bessere Vergangenheit daran teilnehmen zu lassen, die landesübliche Regie besorgt. Es wäre nicht viel darüber zu reden, wenn nicht«ine neu« Dar- stellerin sich hier zum erstenmal gezeigt hätte. Franziska(Baal , die Favoritin des Budapester Unterhaltungscheaters, debütiert hierin als„echte Ungarin", die den Teufel im Blut hat staher der Name Paprika). Sie führt einen Wirbel auf, der alles durcheinanderschaufelt, sie steht immer im Mittelpunkt und wenn ihr Bühnentemperament auch noch manchmal mit ihr durchgeht, so ist sie doch eine neue werwolle Figur auf dem Schach- brett unserer Filmdarsteller. Wie sie, um einen sanften Trottel von Gelehrten zu gewinnen, das Stubenmädchen spielt, wie sie alle Verführungskünste an ihm in der Bar ausläßt(sie tanzt fortreißend Csardas ), wie sie das Derbe nicht scheuend«in an- mutiges Kätzchen mimt— das alles zeugt von echter Bühnenbegabung. Hoffentlich wird man sie eines Tages etwas Moderneres und Echteres als diese Schwankrolle spielen lassen. Alles andere ordnet sich im Film der Ungarin unter. Paul H e i d e m a n n ist der Ehemann, der gern auf Abwege geht, Paul H o r b i g e r läßt seine Hu- more als schrulliger Gelehrter spielen und Hugo F i s ch e r- K ö p p e, der eben sein 2öjähriges Bühnenjubiläum feierte, gibt seinem Geschäfts- diener eine eigen« Note. r.
Die erste Tanzmatinee der Volksbühne findet Sonn- tag, 13. November, vorm. 11.89 Uhr, im Theater am Bülowplatz statt. Diese Tanzmatinee ist dem Gc- dächtnis der jung verstorbenen Vera Skoroncl gewidmet. E- wirken mit Berthe Trümvv und Mary Wigman Platzkarten, auch für Nichtmitolieder. 1,59, 3,— und 2.59 Mark bei Tietz, Werlheim, Bote u. Bock, K. d. W., Karstadt , Dünnbeil und an der Theaterkasse. In den Staatlichen Museen sind wieder eine Reihe neuer Sonderausstellungen zu sehen. Das Kaiser- F r i e d r i ch- M u s e u m zeigt eine Sonderschau „Italienische B r o n; e st a t u e t te n" mit Tierplastiken aus zwei Jahrhunderten. Das K u Pf e r- st i ch I a b i n- t t bringt„D i e t e ch n l s ch e n B c r- fahren der g r a p h i s ch e n Ä un st e und zeigt daneben noch den frühen italienischen Kupferstich und dos graphische Werk Mar Slevogts. Das Deutsche M u! e u m behält seine Sonderschau„Meisterwerke der Landschaftszeichnung" bei und auch im P e r g a m o n- Museum wird das Mosaik nach Leonardcs Abend- mahl noch weiter zu sehen sein. Die staatliche K u n st b i b l i° t h e k stellt neue photographlsche Ar- betten von Renger-Patzsch aus. Maria Jdogün beginnt Sonntag ihre Tätigkeit an der Städtischen Oper als Gilda ,n Verdis „R i g o l e t t o. T-S Rose-Thcater bringt als nächste Nachtvorstellung Sonnabend, u.39 Uhr,„Die un geküßte Eva von Pordes-Milo, Musik von Martin Knopf . Tic Museen sind am Wahlsonntag nur bis 1 Uhr geöffnet
Die Anmhen von Schömberg Z�asarnmenstalA am Stadtpark— Erklärung des Polizeipräsidiums
Der Polizeipräsident teilt als bisheriges Ergebnis der amtlich eingeleiteten Untersuchung über die Vorfälle, die in der Nacht zum 4. November zur Tötung des Oberzollinspektors Reppich sowie zur Verletzung einiger anderer Personen geführt haben, folgendes mit: Nachdem in den Morgenstunden des 4. Novem- der eine vielhundertköpfige Menschenmenge durch Beamte des zuständigen Polizeireviers von dem Straßenbahndepot in der Pelziger Straße abgedrängt worden war, sammelten sich die Demon. stranten erneut auf dem Rudolf-Wilde- Platz. Das zur Verstärkung herbeigerufene Einsatzkommando drängte den Hauptteil der De- monstranten nach der Stadtparkseite zu ab. Von dort wurde das Kommando mit Steinen be- morsen. Gleichzeitig hörten die Beamten aus der Richtung der Demonstranten Schüsse fallen. Die Beamten gaben zunächst Schreckschüsse ab. Da jedoch das Steinwerfen damit nicht unter- Kunden wurde, schössen die Beamten weiter. Hier- durch wurden die Steinwerfer veranlaßt, in den Stadtpark zu flüchten. Die Beamten konnten nun feststellen, daß an der Treppe, an der sie die Steinwerfer beobachtet hatten, laksächlich das Pflosler aufgerissen und Steine herausgenommen worden waren. Ein später zum Schutz gegen erneutes Vor- drängen von Demonstranten an dieser Stelle auf- gestelltes Kommando hat die Beobachtung gemacht, daß mehrere Personen die dortige Umgebung ab- suchten, wobei ein Mann eine Nickelhülse aufhob und sich eiligst danach entfernte. Nach Beendigung dieser Aktion erhielten die Beamten des gleichen Einsatzkommandos den Be-
fehl, die inzwischen erneut auf dem Rudolf-Wilde- Platz angesammelten Demonstranten zu entfernen und nach der Martin-Luther-Stcaße hin abzu- drängen. Da die Menge den wiederholten Aufforderungen der Beamten nicht Folge leistete, vielmehr Droh- und Schmährufe gegen die Beamten ausstieß, waren diese gezwungen, gegen die Demonstranten unter Anwendung des Gummiknüppels vorzugehen Sie drängten die Demonstranten in die Martin-Lucher-Straße. Ein Teil der Menge flüchtete dabei in die Seitenstraßen. Diese Personen sammelten sich dann wieder im Rücken der Be- amten, um den Beamten beim Weitervordrängen durch die Martin-Luther-Straßc hindurch zu folgen. Nachdem die Beamten über die Apostel- Paulus-Straße hinaus vorgedrungen waren, wurden sie vom Rücken her zunächst mit einem Stein beworfen und unmittelbar darauf wurden auch von den Demonstranten, die vor den Beamten hergingen, zahlreiche weitere Steine gegen die Beamten ge- schleudert. Der an der Spitze gehende Führer des Einsahkommandos wurde durch zwei Steinwürfc am Tschako ge- troffen. Auch bei dieser Gelegenheit hörten die Beamten wieder aus der Richtung der Demonstranten Schüsse fallen. Hierauf zogen die Beamten, da auch die Steinwürfe nicht aufhörten, ihre Pistolen. Zwei Beamte, die an der Spitze gingen und sich besonders bedroht fühlten, gaben zunächst einige Schreckschüsse ab. Als trotz- dem die Steinwürfe nicht aufhörten, wurden weitere Schüsse von den Beamten ab- gefeuert. Es bedarf noch der Feststellung, ob durch
einen dieser Schüsse der Obcrzollinspektor Reppich getroffen worden ist. Die bisherige Untersuchung hat ergeben, daß die Polizeibeamten am Stadtpark und in der der Marlin-Luther- Straße erst dann von ihren Schußwaffen Gebrauch gemocht haben, nachdem sie in äußer sie Bedrängnis geraten waren und die unmittelbar aus sie gerichteten Angriffe der Demonstranten auf andere Meise nicht mehr abwenden konnten. „.Angrift"-Lügen widerlegt Zu den Darstellungen des„Angriff" in der Nr. 228 vom 4. November ist folgendes zu sagen: Ein Beamter B e r n y s ch e w s k i ist unbekannt. Ein Beamter mit einem ähnlichen Namen ist an dem Vorfall ganz unbeteiligt, da er zur Zeit beurlaubt ist. Ein Polizeibeamter namens G r ö n i n g befindet sich nicht unter den Be- amten des Einsatzkommandos. Auch ist keinem dieser Beamten ein Kamerad namens Gröning bekannt. Die Behauptung, daß der Polizeiober» leutnant Schönawa betrunken gewesen sein soll, entspricht nicht den Tatsachen. Für die weitere Schilderung, daß der Polizei- beamte Gröning als angeblicher Täter von seinen eigenen Kameraden wegen eines Selbstmord- Versuches gefesselt worden sei und vollkommen zu- sammengebrochen auf dem Polizeirevier gesessen habe, hat sich a u ch n i ch t d e r g e r i n g st e A n- h a l t s p u n k t bei den Ermittlungen ergeben. Gröning ist innerhalb des gesamten Inspektion?- bereiches genau so unbekannt wie ein derartiger Vorfall überhaupt.
Fanny ist die Tochter einer Muschechändlerin aus Marseille ; wir kennen sie aus dem„Gol- denen Anker", dem ersten Teil der dramati- sierten Novelle, deren Fortsetzung nun im Theater am Bülwplatz gezeigt wird. Fanny, ein echtes und rechtes Mädchen aus dem Volke, fest zugreifend und von gesundem Willen, ein bißchen sentimental, aber noch mehr fröhlich und lebens- gewiß, liebte den Wirtssohn; sie liebt ihn noch immer, nur daß der Bengel, den das Meer lockte, inzwischen davongegangen ist, weithin über die Ozeane. Die gute kleine Fanny blieb zurück, aber sie blieb, und das ist die Brücke vom ersten zum zweiten Stück. Nicht allein. Fanny bekommt ein Kind. Das ist ein nicht gerade tragischer, aber immerhin ein Fall, der auf irgendeine anständige Weise gelöst werden muß. Fanny, die tapfere Muschelhändlerin, ergreift gewissermaßen das Ungeborene an der Stirnlocke und denkt nicht etwa daran, einem braven abgerackerten Bürger- lein, das sich feit langem um sie bemüht, Hörner aufzusetzen. Fanny geht zum Segelmacher Panisse, der soeben bei ihrer Mutter, einer großartig explodierenden, verdammt salzläugigen Dame des Fischmarktes, vorgesprochen hat, und sagt ihm offen ins Gesicht, wie es um sie steht; sie könne nicht gut annehmen, daß er sie nun noch wolle. Panisse ist ganz und gar anderer Meinung: er ist geradezu dankbar dafür, daß das Schicksal einen leidlichen Ausgleich geschaffen hat zwischen ihm, dem alten Knacker, und dem jungen Blut der Fanny. So marschiert alles, was hinzugehört, auch der Wirt vom„Goldenen Anker", in die Seligkeit eines ebenso schlichten wie redlichen Familienlebens ein. Da erscheint, wie sich das für die dramatische Knotung einer lyrischen Novelle gehört, eines Abends, während der Segelmacher auswärts ist und das Söhnlein schläft, Marius, der Entflohene und Zurückgekommene. Er weih von der Heirat, er entdeckt auch bald, daß eigent- lich er hier väterliche Pflichten und Rechte habe. Bei diesem gefährlichen Atemzug keimenden Un- heile erscheint der glorreiche Gastwirt und zitiert dee Ahnen seines Hauses, Korsaren, Schmuggler und Rauhbeine aller Art; aber noch nie sei ein Schwein darunter gewesen. Und Fanny, obgleich sie auch jetzt noch den Marius ihrer Liebe ver- sichert, fügt hinzu, daß er wohl einmal der Pater des Kindleins gewesen sei, daß aber Panisse an seiner rechten Hand die Wundmale trage, die ihre Nägel gruben, als sie sich im Schmerz des Ge- bärens an dem pfleglichen Notvater festhielt. Und hiermit vollendet sich der Sieg der moralischen Harmonie, die das beinahe rührsame, beinahe spießbürgerliche, aber immer vom Stolz der Ahnen und Seefahrer gekühlte Volksstück fron - zösischer Kleinromantik umwebt. Pagnols Gedicht, im Kern eine gemütliche Jahr- marktsballade, im Fleisch ein ganzer Fruchtkorb voll saftiger Typen und Kuriositäten, wie sie nun einmal in dieses Daseins Buntheit und erst recht im Hafen von Marseille nisten und herumflatiern, lebt von der Atmosphäre, von der Luft, die Men- schen und Dinge umgibt, von der Luft der ge- mächlichen Kneipe und ihres dösenden Wein- dunstes, in den das Rauschen des Meeres, das Rascheln der Ankerketten, das Knurren der Krane und das Dröhnen der Dampfpfeife schlägt. Von der Luft, die noch immer erfüllt zu sein scheint
vom Klang der Gascogner Ritterschwertcr und von den feurigen Turnieren der Troubadoure, Kreuzfahrer, Löwenjäger, die längst versimpelten. Um diese Atmosphäre handelt es sich; sie ist das eigentliche Thema der kleinen, gut ausgehenden Tragikomödie, und weil Hilpert diese Atmo- sphäre zu gestalten weiß, weil durch seine musi- zierende Leitung die Szenen von dieser robusten und doch so zärtlichen Atmosphäre sich füllen, ist die von ihm flächig entfaltete Aufführung wie ein Spaziergang durch die Gassen, die Stuben und Kneipen, die kecken Leidenschaften und das freund- liche Gemüt eines zwar noch groß träumenden, aber doch noch mehr behaglich schnurrenden und nur noch gelegentlich und ironisch polternden Volkes. Echt und derb, prall und bieder: ein Volksstück in der Volksbühne. Fanny, das Heldenmädchen(viel französischer als der jungfräuliche Panzer von Orleans ), be- kommt durch die reife, in letzten Stufungen des Weibes klingende Kunst der immer wieder Herr- lichen Käthe Dorsch bezwingende Gestalt. Hier ist man der Natur und der gesundenden Gesund- heit näher als sonst. Das gilt um keinen Grad minder für Jakob T i e d t k e, der die väterliche Klucke auf zwei unvergeßliche Elefantenbeine stellt; aus dem speckigen Koloß strömen alle Tu- genden des Herzens, um das Haupt des Zeus - Budiker sprühen die verkohlten Blitze Napoleons . Als Dritter der Musketiere trudelt Rosa V a- l e t t i mit Gemütsschnauze und Mutterliebe. Die lustigste aller rothaarigen Hurien. Sie hat dem Volk aufs Maul gesehen und spukt wie nur irgend- eine Hökerin Glaßbrenners, ein umwerfendes Berlinisch. Dem Marius gab Paul VerHoven die bestürzte Rauheit eines gesunden, je aufs Trockene gesetzten Seemannes; Erhard S i e d e l war Panisse, der Besen, der zwar nicht schießt, aber doch gut und höchst besorglich fegt. st. Breuer.
Kriminalist.Alkreci Braun Titania-Palast Der Raine der F ra t e l l i n i hat internatio- nalen Klang. Es sind Clowns, die bewußt eine uralte Tradition pflegen, bei der Maske, Mienen- spiel und Körperhaltung nahezu statisch berechnet sind. Sie sind die intelligentesten Spaßmacher, die jedes Publikum zum Lachen bringen. Die beiden F r a t e l l i n i s, unterstützt von dem vorzüglichen Gino Colombo, die wir im Film sehen, sind die Neffen der Fratellinis, die in Paris den Lirque ck'kiver und ein großes Restaurant besitzen. Doch beim Publikum zieht jeder Fratellini, und darum heißt auch dieser Film„Die G a l a v o r st e l- lung der Fratellinis". Es ist schon ein sehr alter Filmmanuskriptbrauch, eine sensationelle Verhaftung während einer Gala- Vorstellung vorzunehmen. Diesmal hat man das ganze Drum und Dran stark modernisiert. Man läßt Alfred Braun einen Kriminalisten en minia- iure sein, und während im Theater Lachsalven er- dröhnen, und das Publikum nichts ahnt, wissen bereits'Abertausende von Rundsunkhörern, daß man hinter den Kulissen sich auf aufreibender Per- brecherjagd b«fi«d«t. Das Mitglied einer Jazz»
kapslle wurde von einer verführerischen Spionin zu vielen Schandtaten mißbraucht. Nach manchen Prügeleien wird man des Mannes habhaft, und die Verhaftung der Dame, die im allerletzten Augenblick noch Alfred, den Vielgeliebten, mit dem Revolver bedroht, erfolgt prompt vor dem Mikro- phon. Das alles erzählt Z e l n i k als Regisseur gefällig und unterhaltsam. Jeder Star bekommt die ihm zusagende Rolle, so ist Alfred Abel ein korrekter Diplomat, Olga T s ch e ch o w a eine verführerische Frau, Max Adalbert ein räso- nierender, herzensguter, musikalischer Textdichter, Margot Walter eine nette Braut, Walter Slezak ein sympathischer Liebhaber und Erich K e st i n ein ulkiger Braun -Ersatz. Die F r a- t e l l i n i s als Clowns und Alfred Braun als Rundfunkreporter spielen sich selbst. Da die Militärschwänke jetzt die Konjunktur sind, hat auch Max Ehrlich einen in Regie ge- nommen, in dem Morgan den Stabsarzt spielt. e. b.
Bundkun�-Bietät Die„S t i in m e zum T a g" der Berliner F u n k st u n de wird von dem hellsichtigen Dr. Franz M a r i a u x anscheinend immer auf mehrere Wochen vorgearbeitet. Am Donners- t a g m i t t a g wurde der Tod der so tragisch ums Leben gekommenen Gertrud Bindernagel bekannt. Bor der Sendung der„Stimme zum Tag" teilte man ihn auch den Rundfunkhörern mit; dann aber folgte nicht etwa eine Erinnerung an die große Künstlerin und ihre auf Schallplatten lebendig erhaltene Stimm«, sondern ein Vortrag über— den Verfall altchinesischer Kultur. Am Freitag holten Berlin und der angeschlossene Deutschlandsender die Würdigung der verstorbenen Künstlerin nach; die Veranstaltung wurde sinnig und gesühlvoll in einen„Heiteren A b e n d"«ingebaut. Dafür entwickelt« die Berliner Funkstunde bei anderer Gelegenheit ihre christlich-konservative Seele. Der entsetzlich langweilige allmonatliche „K i n d e r k a l e n d e r", verfaßt von Irmgard von Faber du Faur , gelesen von Maria von F a b e r du Faur, ist im Stil von 1999 gehalten. Er besteht aus sehr frommen und sehr moralischen Geschichten und Berichten; diesmal brachte er noch Ratschläge, wie sich aus den Knochen der Martinsgans Spielzeug anfertigen läßt. Nach der letzten antimarxistischen Rede Dr. Ru- dolf P e ch e l s, der in der Sendefolge der Deut- schen Well«„Fürundwider:Wegweiser durch die Zeit" allwöchentlich vor das Mikro- phon kommt, haben sich wieder zahlreiche Hörer empört bei uns gemeldet; Dr. Pechel solle erst die Lehre von Karl Marx studieren, ehe er darüber rede. Die Forderung geht zu weit; weshalb soll Dr. Pechel seine Vorträge gründlicher fundamen- tieren, als es seine übrigen Kollegen von sreiherr- lichen Gnaden tun? Ob die Lobeserhebungen, die die Funkstunde ihm kürzlich zuteil werden ließ. eine Versicherung auf Gegenseitigkeit darstellen, können wir unseren Lesern leider nicht sagen. Unter den„B a l i a d en u n d L i e d e r n", die am Freitag im Programm der Funkstunde Rolf Ghatberg vortrug, waren wenigstens einige, die uns unmittelbar berührten. Für eine Vortragsdauer von nur 15 Minuten allerdings war das Programm viel zu uneinheitlich. Hatte sich hier die Abneigung der hohen Rundfunk- beamten gegen proletarische Texte ausgewirkt? —U.