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haben wir ui>Z nus den Emzelberichtcn eine Znsammenstellung gemacht und die Zahl der von Elbing   nicht angegebenen Arbeiter nach dem Durchschnitt hinzugerechnet; es ergiebl sich dann, daß 7Sö6 Ziegeleien im Betriebe waren; dieselben heichäftigten 106 488 männliche erwachsene Arbeiter, 11 6(38 A r- b e i t e r inn e n und 6400 jugendliche Arbeiter. Die Zahl der S a i s o n z i e g e l e i e n beträgt in einigen Bezirken 100 pCt. der gesammten Ziegeleien, in einigen S3, 95, 88 und 80 pCl. Bon der Vergünstigung, ivelche die Bnndesraths-Ber- ordnung den Unternehmern gewährt, machten nickt viel Ziegeleien Gebrauch; in manchen Bezirken nur 610 pCt, in andere» 15 und 20 pCt., in W e st p r e u ß e n kaum die Hälfte und zwar meistens in größere Ziegeleien, seltener in den kleineren, und in O st p r e u ß e n an drei Viertel. Daraus aber den Schluß zu ziehen, daß nur bei wenigen jugendlichen Arbeitern und Arbeiterinnen der Arbeitstag länger als 10 resp. II Stunden gedauert hätte, wäre grundsalsck. Wenn, wie es der Fall ist, nur verhältnißmäßig wenig Unter- n e h m e r d a b e i e r w i s ch t wurden, wie sie die Arbeitszeit der jugendlichen Arbeiter und Arbeiterinnen ebenso lang danern ließen wie die der erwachsenen männlichen Arbeiter, so liegt dies daran, daß die Beaufsichtigung der Ziegeleien, wie die Berichte der preußischen Beamten wiederholt zugestehen, eine durchaus ungenügende ist. Und wenn so wenig Ziegeleien von der Vergünstigung, die Arbeitskraft noch länger ans- zubeuten. Gebrauch machten, so liegtdics, wie viele Beamte richtig er- klären, daran, daß die Ziegelmeister, fast durchweg Lente von niedrigster Bildungsstufe, von dem Erlaß der Verordnung zum Glück für die Arbeiter gar keine Ahnung haben, oder, da ihnen das Schreiben zu langweilig ist, sich mit dem Aufzeichnen auf die vorgeschriebenen Tabellen gar nicht erst befassen wollen. Sie haben das auch nicht nöthig, denn bei der durchaus ungenügenden Aufsicht können ste ja doch thun, was sie wollen. Der Beamte für Arnsberg   schreibt: .Die Z i e g e l m e i st e r, die meistens den Betrieb selb- ständig leiten, haben selten eine genaue Kenntniß der bundesräthlichen Bestimmungen. Das einzige, was ihnen meistens bekannt ist, ist die Bestimmung, daß die jungen Leute unter gewissen Voraussetzungen 12 Stunden täglich beschäftigt werden dürfen. Hiervon haben ste dann auch recht hänsig Gebrauch gemacht, sich aber um die übrigen B e st i m m u n g e n weiter nicht gekümmert. In mehreren Ziegeleien war sogar auf den nach§ 138 Absatz 2 vorgeschriebenen Aushängen als Dauer der Beschäftigung 12 Stunden angegeben. Auf diese Weise hat die B u n d e s r a t h s- B e st i m m u n g eher eine Verschlechterung des früheren Zu st an des bezüglich der Beschäftigung der jungen Leute mit sich gebracht." Dieses Urlheil wird noch von anderen Beamten bestätigt; ebenso decken sich deren Anschauungen mit denen des Arnsberger  Beamten hinsichtlich der Aufsicht. Er schreibt: Die Orts-Polizeibehörden haben in vielen Fällen erst durch die eingehenden Revisionen der Gewerbe- Inspektoren von dem Vorhandensein besonderer Bundesraths- Vorschriften Kenntniß erhalten. Auf allen Ziegeleien, welche neben erwachsenen auch jugendliche Arbeiter beschäftigen, liegt der Verdacht nahe, daß eine unzulässig lange Arbeitsdauer der jngend- lichen Arbeiter vorkommt. Die letzteren müssen Hand in Hand mit den Erwachsenen arbeiten. Tie Er- wachsenen dehnen aber im Hochsommer ihre Arbeitszeit regel- mäßig auf 14 bis 15 Stunden täglich aus. An eine Schonung der jugendlichen Arbeiter wird von ihnen um so weniger gedacht, als der Verdienst nach der Anzahl der gemeinsam gefertigten Ziegel berechnet wird. Dem Ziegelmeister fehlt in der Regel jedes Verständniß für ein Rücksichtnehmen auf die jungen Leute." Der Beamte für Arnsberg   hält es für nothweudig, daß die Vergünstigung, welche die Vundesraths-Verordnung bezüglich der Beschäftigung junger Leute gewährt, auf- ?i e h o b e n wird! Der Beamte für D ü s s e I d o r f, der reich- iche Erfahrungen sammeln konnte, ist der Ansicht. daß alle Arbeiten, die während der Arbeitszeit der erwachsenen männ  - lichen Personen nicht unterbrochen werden können, überhaupt für die jugendlichen Arbeiter und Arbeiterinnen verboten werden müßten während die Bundesraths-Vcrordnung die Arbeitszeit auf 12 Stunden verlängerte! Dabei werden die jugendlichen Arbeiter zu sehr schweren, anstrengenden Arbeiten benutzt, denen ein solch jugendlicher Körper nicht gewachsen sein kann, was auch viele Berichte ausdrücklich aussprechen. Verschiedene Be- amte haben die Sl r b e i t s l e i st u n g berechnet, die einem jugend- lichen Arbeiter beim Abtragen der nassen Steine, wozu er fast ausschließlich verwendet wird, zugemuthet ist. Der Beamte für Pommern   schreibt: Ein frisch gestrichener Ziegelstein wiegt etwa 3 Pfund. Ein geschickter Streicher fertigt am Tage 4000 Steine und darüber. Da der Abträger stets zwei Steine trägt und damit 15 Schritt beladen und 15 Schritt leer zurücklegt, so giebt dies am Tage 2000 x 80 Schritt 60 000 Schritt oder die Meile zu 24 000 Fuß und den Schritt zu 2 Fuß gerechnet, 5 deutsche Meilen, davon 21/» Meilen belastet Die Mkopiet von Th. Mloeus. Wenn man die Klage liest, die Kautsky   in seinem Morus   und seine Utopie" äußert, als er aus die deutschen Uebersetzungen der Utopia zu sprechen kommt, da muß man sich eigentlich wundern, daß fast 8 Jahre vorübergingen, bis auf dem Büchermarkt eine neue Ucbersetzung der Schrift erschien. Man bedenke außerdem, daß die Staatsromane inzwischen sehr in Mode waren, so daß dem ersten sozialistischen   entschieden überall das lebhafteste Interesse entgegengebracht worden wäre. DieUtopia" ist der erste Staalsroman, der dem sozialisti- scheu Gedanke» Aeußerung verlieh. Bei ihrem Erscheinen er- regte sie solches Aufsehen, daß sich in kurzer Zeit mehrere Auflagen als nöthig erwiesen. Die ganze damalige gebildete Welt nahm an dem Werke, das sich zum ersten Male für den Kommunismus aussprach, den regsten Antheil. Leider wurde dies gerade zum Verderben des Verfassers. Auch König Hein- rich VIII. von England wurde auf Morus ausnierksam und ruhte nicht eher, bis Morus in seine Dienste ging. In kurzer Zeit, neun Jahren, brachte es Morus bis zum Kanzler des englischen Reiches; aber nur drei Jahre hatte er das Amt inne, das ihm den Tod bringen sollte. Thomas Morus   wurde in London   am 7. Februar 1478 als der Sohn eines Richters am Obergericht geboren. Mit 18 Jahren kam er zu Sir John Morton  , dem Kanzler Heinrich VII.  , dem er bald durch seine ungewöhnliche Begabung ausfiel. Morus   hat ihm in der Utopia ein schönes Denkmal gesetzt. Im Hause dieses bedeutenden Staatsmannes lernte Morus frühzeitig Menschen und Dinge kennen. 1492 ungefähr bezog er auf Veranlassung des Kardinals die Hockschule zu Oxford  , um sich dem Studium der Klassiker deS Alterthums zu widmen. Aber sein Vater war wohl damit nicht einverstanden und nahm ihn daher plötzlich von dort weg. um ihn in einer RechtSschule unterzubringen. 1501 ließ sich MoruS   als Advokat in London   nieder. 1498 kam der berühmte niederländische Humanist Erasmus von Rotterdam nach England. Morus  wurde mit ihm bekannt, und von da ab verband die beiden Männer eine unzertrennliche Freundschaft. Einem Briefe des Erasmus an Ulrich von Hutten au» dem Jahre 1519 ver> danken wir eine vortreffliche und ausführliche Charakteristik Morus und seiner Angehörigen(der Brief ist vollständig bei KautSkp. Seite IIS ff., wiedergegeben). 1505 vermählt» sich und 2'/- Meilen leer. Er befördertdabeiins- g e f a m in t eine L a st v o n 3 2 0 Z e n t n e r n." Daß solche Arbeit zu Plattfußbildungen Anlaß giebt, wie der Bericht für Pommern   hervorhebt, und auch sonst den jugend- lichen Körper schädigt, ist ganz klar. Es ist daher unbedingt zu verlangen, daß die Bundesraths-Verord- nung, soweit sie die jugendlichen Arbeiter und Arbeiterinnen den Ziegeleibesihern zu noch größerer Ausbeutung überliefert, wie sie sonst durch die Gewerbc-Ordnung gestattet ist, aufgehoben wird. Roch besser wäre ein g ä n z l i ch e s V e r b o t solcher Arbeiten für jugendliche Arbeiter und Arbeiterinnen, denn, wie gesagt, mit und ohne Erlaubniß durch eine Buudesraths- Verordnung werden die jugendlichen Arbeiter wieZ die Arbeiterinnen so lange beschäftigt als die erwachsenen männlichen Arbeiter, und zwar deshalb, weil eine genügende Kontrolle der Ziegeleien nicht besteht und zum theil auch kaum durchgeführt werden konnte, wie der Beamte für H ildesheim richtig schildert: Die Annäherung des unifonnirten Gendarmen bleibt selten unbemerkt, eine Ueberraschnng während der Pausen wird ihm schwer gelingen und häufig sind die jungen Lente so gedrillt, daß ihre Aus- sagen wenig Werth haben." Das heißt: sie sind zn Lügen gedrillt! Ja, die Moral geht beim Kampf um den Profit dem Kapitalisnius im großen wie kleinen flöten! Und wenn, schreibt der Hildesheimer   Beamte, die Ge- werbe- Anfsichtsbeamten mit Strenge vorgehen,fo kann mit Sicherheil darauf gerechnet werden, daß die Beschäftigung von jugendlichen Arbeitern in Ziegeleien beträchtlich abnehmen wird"; im Bezirk Breslau   hat sie, wie der dortige Beamte schreibt, ans diesem Grunde schon abgenommen. So schwer das einzelne Arbeiterfamilien treffen wird, bis sie ander- weitige Beschäftigung fanden, so nothivendig ist das im Interesse der Arbeiter selbst. Eine körperlich und geistig verkrüppelte Generation wächst heran, wenn Frauen und jugendliche Arbeiter in den Ziegeleien so ausgebeutet werden können. Die Arbeiter- klaffe muß fordern, daß solche Buudesraths- Verordnungen be- seitigt werden. Zum Schutz gegen die Schlange ihrer Qualen müssen die Arbeiter ihre Köpfe zusammenrotten und als 51 l a s s e ein g Staatsgesetz erzwingen, ein übermächtiges, gesellschaftliches Hinderniß, das sie s e l b st verhindert, durch freiwilligen Kontrakt mit dem Kapital sich und ihr Geschlecht in Tod und Sklaverei zu verkaufen."(Marx, Kapital. Bd. I.) Politische Aebevlrchk. 'Berlin  , 1. September. Bronsart v. Schcllendorff soll doch noch Revanche für seinen Rücktritt erhalten. Auch sein Hauptgegner, der Chef des kaiserlichen Militärkabinets, General v. Hahnke, soll nach derTägl. Rundschau" ans seinem Amte scheiden. Aber während Bronsart v. Schellendorff sich mit der rein dekorativen Stellung eines General- Adjutanten begnügen muß, fällt General v. Hahnke die Treppen hinauf, er soll an stelle des General- Obersten   v. Los Gouverneur von Berlin   und Höchstkommandirender in den Marken werden. Zu de» zahlreichen Schwierigkeiten, die auf die türkischen Staatsmänner von allen Seiten anstürmen, kommt noch ein Konflikt mit Bulgarien  , der, durch eine Ueberschreitung türkischer Truppen über die bulgarische Grenze verursacht, zu einem blutigen Zusammenstoß und einem Rundschreiben an die Großniächte geführt hat. Für den Augenblick scheint in Konstantinopel   die Ruhe hergestellt zu sein, in Kreta  , Makedonien   und Armenien  gährt es weiter. Man muß auf alle Eventualitäten bei der gegenwärtigen Situation im Orient gefaßt sein, wenn auch wohl konstatirt werden darf, daß von den Groß- mächten keine kriegerische Absichten im Schilde zu führen scheint. Chronik der MajestätsbeleidigungS- Prozeffe. An? Breslau   wird gemeldet: Der Arbeiter Heinrick Uhr hatte bei Gelegenheit des Osfizierfestschießens über die Erb- pri n zessin von Sachse n-Mei ningen gröbliche Redens- arten geführt. Er wurde verhaftet und auf grund des Z 97 des Reichs-Strafgesetzbuchs wurde Anklage erhoben.§ 97 lautet: Wer ein Mitglied des landesherrlichen Hauses seines Staates:c. beleidigt, wird mit Gefängniß von 1 Monat bis 3 Jahren b-e- straft. Der Staatsanwalt nahm an. daß die Erbprinzessin   als Schwester des Kaisers noch als Mitglied des landesherrlichen Hauses zu betrachten sei. Vor etwa 14 Tagen stand bereits Termin gegen Uhr an, doch mußte die Verhandlung ver- tagt werden. da Streitigkeiten herrschten, ob die Erb- prinzessiii noch als Mitglied des landesherrlichen Hauses seit ihrer Vermählung mit dem Erbprinzen zu betrackten sei oder nicht. Heute fällte die hiesige Ferienstrafkammer die Entscheidung; Uhr wurde freigesprochen. Auf grund des Hansgesetzes, der Reichsgerichts-Entscheidungen und eingeholten Entscheidungen von berühmten Rechtsgelehrten stehe es fest, daß die Erbprinzessin  , da sie eine standesgemäße Ehe eingegangen sei, nicht als Mit- i Morus zum ersten Male, 1511 zum zweiten Male nach dem Tode seiner ersten Gattin, die ihm 3 Töchter und 1 Sohn hinter- lassen hatte. Als Advokat hatte Morus viel Zuspruch, ohne daß er dabei seine klassischen Studien vernachlässigt hätte. In welchem Ansehen er stand, erhellt daraus, daß er 1504 ins Parlament gewählt wurde. Er lud dort bald den Haß Heinrichs VII. aus sich, als er es durch seine Opposition durchsetzte, daß«ine vom Könige zur Ausstattung seiner Tochter geforderte Summe erheblich gekürzt wurde. 1510 wurde Morus Zivilrichter, 1515 Vertreter der Londoner   Kansmannschast bei einer Gesandtschaft zur Abschließung eines Handelsvertrages mit den flandrischen Kauf- leuten. Bald nach der Rückkehr von dieser Gesandtschaft be- gann er die Utopia, die ein Jahr darauf(1516) in Löwen erschien. 1517 war Morus ein zweites Mal Mitglied einer Gesandtschaft nach Calais  . 1518 ging er an Heinrich's VIII. Hof. Er wurde kurz nacheinander 1518 Referent über einlaufende Gesuche(Mastsr ok Requesto), Ritter(Knight), Gebeimrath (Privy Couneillor), 1621 Verwalter der Schatzkammer(Treasurer of tho Exchequer), 1523 Sprecher des Unterhauses, 1527 be- gleitete er Wolfen   nach Amiens  , 1528 Tunstall nach Cambray  zum Abschluß eines Bündnisses mit Frankreich  , 1529 wurde er schließlich Kanzler von England. Auf diesen Posten gehörte aber ein anderer Charakter, als es der gewissenhafte Morus war. Schon am 16. Mai 1532 legte er fein Amt nieder, nachdem er sich drei Tage zuvor im geheimen Rath gegen ein Gesetz erklärt hatte, durch das Heinrich die Einkünfte, die der Papst aus England bezog, aufheben wollte. Diesen Widerspruch konnte ihm der König nicht vergessen. Er suchte ihn aus jede Weise zu ver- Nichten. Er ging selbst so weit, ihn der engeren Verbindung mit einer betrügerischen politischen Wahrsagerin, dem heiligen Mädchen von Kent, zu beschuldigen. Wem fällt da nicht da? Ende Robespierre's ein, dem ähnliches(Einverständniß mit der Mutter Gottes", Katharina Theot) vorgeworfen wurde, als es galt, ihn zu stürzen? Ende 1538 war im Parlament die Suprematsakte durch- gegangen, die Heinrich VIII.   zum Oberhaupt der englischen Kirche machte, seine erste Ehe für ungiltig erklärte und die Tochter Elisabeth auS seiner zweiten Ehe mit Anna Boleyn   zu seiner Nachfolgerin einsetzte. MoruS sollte dieses Gesetz durch einen Eid anerkennen. Er wollte nur den letzten Theil beschwören und wurde daher 1584 in den Tower geworfen. Räch glied des landesherrlichen Hauses Preußen zu betrachten sei. Man habe nun dem Erbprinzen an heim gestellt, Strafantrag wegen öffentlicher Beleidigung zu stellen, was derselbe aber ablehnte. Es mußte also Uhr straffrei ausgehen. Für die er- littene Untersuchungshaft entschädigt natürlich niemand den Arbeiter. Das gegen den Redalteur derMärkischen Volksstimme", Genossen Schöpflin, eingeleitete Versahren wegen Majestäts- beleidigung ist eingestellt worden. «» Tcntsches Reich. Zu den Aufgaben der nächsten Reichstags- sessi on. Die Nachricht, daß den Bundesrath bei seinem Ende dieses Monats erfolgenden Wiederzusainmentritt außer dem Gesetz- entwnrf, betreffend die Olganisation des Handwerks, ein Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung der Arbeiter- Versicherungsgesetze, beschäftigen werde, und daß dieser Gesetzentwurf nebst umfangreicher Begründung dem Bundes- rath bereits zugegangen sei, wird derNordd. Allg. Ztg." als unrichtig bezeichnet. Wenn weiter die Abänderung der See- mannsordnung vom 27. Dezember 1872 als zu den nächsten Berathungsgegenftänden des Bundesraths gehörend genannt wird, so ist dazu zu bemerken, daß es noch dahin steht, wann eine be- zügliche Vorlage an den Bundesrath gelangen wird. Mit der Um wandet u n g der4prozentigen Reichs- und Staatsanleihen soll nun wirklich Ernst gemacht werden. Der bayerische   Finanzminister, der die Er- mächtignng des bayerischen Landtages zur Konvertirung der An- leihen schon besitzt, hat mit dem Reichsschatzsekretär und dein preußischen Finanzminister über ein gleichartiges Vorgehen ver- handelt. Entsprecheiide Vorlagen sind, wie derRheinisch-West- fälischen Zeitung" aus Berlin   geschrieben wird, für den Sieichstag, für den preußischen Landtag und andere Eiiizellandtage demnächst mit Bestimmtheit zu erwarten. Wie große Interessen bei dieser Umwandlung auf dem Spiele stehen, beweist die Thatsache, daß Preußen allein noch über 4 Milliarden, Bayern   reichlich 1 Milliarde und das Reich 450 Millionen 4prozentige Staats- papiere besitzen, während die 3prozentigeii Anleihen der deutschen Staaten seil Jahr und Tag den Pari-Cours erreicht haben. Mit der Umwandlung der hochprozentigen in niedriger zu verzinsende Staatspapiere sind wir einverstanden; wir wollen nur wünschen, daß die erhebliche Zinsenersparniß nicht in Kriegsschiffen und ähnlichem angelegt werde. Zur Reform der Arbeiter-Bersicherungs. gesetzgebung wird demReichsboten" anscheinend von einem parlamentarischen Berichterstatter geschrieben:Die Regierungs  - kreise scheinen sich endlich dahin schlüssig gemacht zu haben, dem Bundesrath und dem Reichstage eine Vorlage behufs Revision der Gesetzentwürfe betreffend die Unfall- Versicherung, Krankenversicherung, Alters- und Jnvali« ditäts- Versicherung zugehen zu lassen. Eine offiziöse Notiz deutet an. daß der Bundesrath möglicherweise schon im Besitze eines solchen Entwurfs(? Red. desVorm.") sei. Die öffentliche Meinung wird auch in diesem Falle mit recht daraus Anspruch erheben können, über die Grundzüge der beabsichtigen Reform baldigst auf authentischem Wege in Kenntniß gesetzt und namentlich in den Fachkreisen ge- hört zu werden, che die Vorlage an den Reichstag   gelangt sein wird. Man wird sich erinnern, daß im vorigen Jahre vom Reichsgmt des Innern die Initiative ergriffen worden ist, die Gutachten der belheiligten Faktoren einzuholen. Eine Konferenz hat hierauf vom 4. bis 9. November im Reichs- amt des Innern getagt. Den Berathungen war ein vom Präsi- deuten des Reicks-Versicherungsamts Dr. Bödiier ausgearbeiteter Sievisioiisentwurf zu gründe gelegt worden, der von der Idee, die ganze Versicheruiigsgesctzgebuiig zu verschmelzen, getragen war. Die Unvollkommenheil der Gesetzgebung wurde selbst vom Regierungs- tische zugegeben, namentlich Präsident Dr. Bödiker und Handels« minister Frhr. v. Berlepsch wendeten eine scharfe Kritik an. Ersterer hob hervor, daß die Berufsgenoflenschaften und das Selbstverwaltungsprinzip die Probe gut bestanden hätten. An der Krankenverstcherung sei nicht viel auszusetzen. Schlimmer stehe es mit dem Alters- und Jnvaliditätsaesetz. Das Marken- kleben sei unhaltbar. Beim Markenkleben bestehe die Gefahr, daß bewußt oder unbewußt das Gesetz übertreten werde. Es werde auf dies- Weise Jmmoralität hervorgerufen. Die Berussgenossen« schaften könnten nach seiner Ansicht den größten Theil des Allers- und Jnvaliditätsgesetzes dahin übernehmen, daß ein bestimmter Prozentsatz(etwa 1 pCt.) am Schlüsse des Jahres eingelegt und von den Berufsgenossenschaften eingezogen werde. Freiherr von Berlepsch gestand ebenfalls zu. daß über dasKlebe- gesetz" eine allgemeine Unzufriedenheit herrsche. Die Berufsgenossenschaften thäten ihre Schuldigkeit, dagegen mehrten sich bei den Orts- Krankenkassen trotz erheblicher Bei- träge die Fälle der Jusiisfizienz. Gegenüber diesem kritischen Verhalten von Regiernngsmitgliedeni hatten die anderen Mitglieder der Konferenz leichtes Spiel. In der Ver« nrtheilung des KlebesystemS beim Alters- und Invalidität»- gesetz war man einmüthig, konnte aber nicht zu einem greisbaren Vorschlage gelangen, besseres an die Stelle zu setzen. Die Hauptidee, die ganze Versicherungsgesetzgebung zu ver- langer qualvoller Haft begann endlich im Juli 1535 der Prozeß gegen ihn. Gedungene Zeugen besorgten das Nöthige. Morus wurde, des Hochverraths für schuldig befunden, zum Tode verurtheilt und am 6. Juli in Tower hingerichtet. Nach dem oben erwähnten Briefe des Erasmus war Morus von mittlerer Mannesgröße, Heller rosiger Gesichtsfarbe, hatte dunkelbraunes Haar und blaugraue Augen. DaS Hervorstechendste an seinem Charakter war seine durch nichts zu trübende Heiterkeit und seine Sucht zu scherzen, von der man in der Utopia manche hübsche Probe lesen kann. Von den viele» Schriften, die Morus   verfaßt hat, ist die bekannteste und bedeutendsteDie Utopia" oder, wie der eigent- liche Titel lautet:Ein wahrhaft goldenes Büchlein vom besten Stande des Gemeinwesens und von der neuen Insel Utopia. ebenso nützlich wie ergötzlich, versaßt vom vortrefflichen und hochberedten Thomas Morus  . Bürger und Unterfheriff der be- rühmten Stadt London  ." Sie besteht, wie schon der Titel an­deutet. aus zwei Büchern. Das erste, da? nach dem zweiten ver- faßt worden ist, giebt ein Gespräch wieder zwischen Morus. Hythlodäus, einem Reisenden, dem Morus den Bericht über die Utopia in den Mund legt, und Peter Giles  , einem Freunde Morus aus Antwerpen  . Diese Unterhaltung ist«ine strenge Kritik der zur Zeit des MoruS bestehenden Zustände, denen vann im zweiten Buche die Einrichtungen der Insel Utopia gegenüber- gestellt werden: beides meisterhaft in Darstellung und An- ordnung. Die Auffassung, die man über die Utopia hat, ist die ver» schiedenartigste. Bald stellte man sie als eins der bedeutendsten Werke des Humanismus hin, bald hielt mau sie nur für einen wohlgelungenen Ausbau des Platonischen Staates, bald sogar für nichts als den Ausfluß eines geistreichen, witzigen Kopfes, für eine Spielerei. Für uns hat die Utopia die Bedeutung, daß in ihr zum ersten Atale der Versuch gemacht wird, die Ausführung des kommunistischen   Gedanken»»u zeigen, oder wie sich Ziegler treffend ausdrückt:In der Utopia hat Morus ein Programm aufgestellt, das erst heute in allen wesentlichen Zügen das Pro- gramm einer großen und mächtigen Partei geworden ist und zur Stunde uns alle, Feind und Freund, beschäftigt und zur Ent- scheidung ruft." Der Urtext der Utopia ist lateinisch und zwar, wie sich da? bei dem mit klassischer Bildung vollgesogenen Humanisten Morus von selbst versteht,»in gute» Latein  , da» grade au» diesem Grund»