BEILAGE
Vorwärts
Die Versteifung der Wirtschaftskrise hat die in den Großstädten wohnenden Arbeitslosen ausgepowert: alle entbehrlichen Wertgegenstände sind ins Leihhaus gewandert; der Wäsche- und Kleidervorrat ist aufgebraucht; bei den sich häufenden Ermissionen werden die legten pfändbaren Möbelstücke versteigert. Welcher Berliner Erwerbslose hat in diesem Winter noch einen halbwegs anständigen Mantel anzuziehen? Die Wohl= fahrtsjoppen sind die Mehrzahl in den Stempelämtern. Ein Achtel Mariechen!" sagte ein ausgemergelter Mann, der vor mir dran war, als ich neulich in einer Konsumzweigstelle in Berlin N. meine Einkäufe machte. Er warf die fünf einzelnen Pfennige mit trozig- wütender Gebärde auf den Zahltisch. Er schämte sich. Zu Hause liegt noch ein trockenes Brot im Schrank. Morgen erst wird es Stüge" geben. Das vor= handene, Barvermögen besteht aus fünf einzelnen Pfennigen. Also: Ein Achtel Margarine. So lebt der Arbeitslose in Berlin , in Hamburg , in den anderen Großstädten.
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So war es.
In den Kleinstädten und auf dem Lande kam der Erwerbslose bislang immer noch besser durch. Die arbeitslos gewordenen Handwerker und Arbeiter, die auf dem flachen Lande wohnen, haben meist ein Grundstück. Die Miete, die dem Großstadterwerbslosen über die Hälfte seiner Unterstützung verschlingt, fällt fast ganz aus. Denn Ortslasten, Brandkassengeld und Reparaturen erreichen niemals die Höhe der Summe, die der Großstädter( und da vor allem der Berliner !) für Mietegeld in seinen Etat ansezen muß. Dann: das zum Grundstück gehörende Acker- und Gartenland wirft einen ansehnlichen Zuschuß ab. Soviel wenigstens, daß im Sommer fein Gemüse gekauft zu werden braucht und der Winterbedarf an Kartoffeln gedeckt wird. Weiter: die erwerbslosen Dorfinsassen können bei den Bauern in Tagelohn arbeiten. Die Männer verdienten hier( Lüneburg - Land) bislang 3 Mart, die Frauen 2 Mart je Tag bei voller Kost. Niemand hat hier bis jetzt zu hungerr brauchen. Der Erwerbslose in der Kleinstadt fand zwischendurch immer noch wieder Arbeit. Die Haus und Grundbesizer der Umgebung vergaben notwendige Reparaturen in Schwarzarbeit und zahlten mit Lebensmitteln Biele halfen bei den Erntearbeiten. Und: die Bande b: Urbeiisiple.. zwischen Kleinstadt und Land sind enger als die zwischen Großstädter und Landbewohner; der Berwandte vom Lande, der dann und wann ein Futterpaket schickte, erschien im Etat des Kleinstadterwerbslosen als beachtenswerter Attivposten.
So ist es.
Jezt ist die Vorzugsstellung der auf dem Lande wohnenden Arbeitslosen erschüttert. Die von der Papen Regierung verordnete Bedürf tigkeitsprüfung hat die auf dem Lande wohnenden Erwerbslosen auf eine Stufe mit ihren Leidensgenossen aus den Großstädten gestellt. Die von Schiele eingeleitete und von Papen weiter betriebene 301lpolitik zugunsten der Großagrarier läßt den kleinen und mittleren Bauern eine immer magerere Rente aus seinem Boden ziehen. Die in Hannover ehemals gutgehende Schweinezucht liegt infolge der unsinnigen Futtergetreidezölle vollkommen danieder. Kein Wunder, daß die Tagelohnsäge Neigung zeigen, sich dem Vorkriegsstande anzupassen, als Männer 1 Mark und Frauen 50 Pfennig verdienten. Ein lediger Landarbeiter, der zuwenigst 12 Stunden am Tage arbeiten muß, erhält jetzt 6 Mark Lohn je Woche und Kost und Wohnung. Wer bei einem Gemüsebauern in Arbeit steht, muß dreimal in der Woche zu den Markttagen 22 Stunden arbeiten. Dann wird nämlich bis nachts um 2 Uhr Rosenkohl gepugt und Mohrrüben gebündelt. Und um 5 Uhr muß schon wieder das Vieh gefüttert werden... Der Lohn beträgt bei dieser Arbeitszeit auch nur 6 Mark je Woche und Kost und Wohnung. Und die Verdienstmöglichkeiten werden immer weniger
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Eine Kleinstadt, wie Lüneburg , die vor gut einem Jahre noch ein behäbiges Aussehen zur Schau trug ehrwürdig und ein wenig hochmütig fast standen die alten Patrizierhäuser da, mit den Giebeln nach der Straße, abendlicher Bummel der Hängezöpfe vom Lyzeum und der bunten Müzen des Gymnasiums, fonntägliche Kleiderparaden der Kleinstädter, die einander in die Kochtöpfe guden und weiter nichts wissen, als sich darüber aufzu= regen, wer jegt nach Lüneburg kommt, der ist über einige Veränderungen erstaunt. Da ist erst einmal eine allgemeine( und im Gegensatz zu dem Früheren erschreckend auffallende) Herab fegung der Lebenshaltung zu vermerken. Diese sonntäglichen Kleiderparaden, bei denen über den weniger nobel oder„ standesgemäß" angezogenen Mitbürger die Nase gerümpft wurde die haben aufgehört. Man kann jetzt im schlechten Anzuge durch das sonntägliche Lüneburg gehen, ohne Spießruten laufen zu müssen. Dann: an Werktagen sind frühmorgens auffallend viele Männer in den Straßen zu sehen; sie trollen mit Markttaschen ausgerüstet zu den Wochenmärkten:
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Arbeitslose. Am Rande der Stadt ist eine Elendssiedlung entstanden: in fürchterlich primitiven Holzbaracken hausen dort die, denen die Miete in der Stadt unerschwinglich geworden ist. Da herrscht so ungefähr dieselbe Stimmung wie in Berlin N. Und der Geruch des Elends zieht lähmend durch die winkligen Gassen der Stadt... Der Verwandte vom Lande fällt für den Erwerbslosen in der Kleinstadt jetzt aus. Die fortgesetzten Lohn- und Unterstützungskürzungen haben einen fatastrophalen Kauftraftschwund bewirkt, der in erster Linie wieder den kleinen bäuerlichen Besitz den Verwandten vom Lande getroffen hat, der ohne Stügungsaktionen und Subventionen wirtschaften muß. Die Umsätze der Geschäftsleute sind in diesen legten Monaten gleichfalls verheerend zurückgegangen. Die Ladenglocke scheppert und der Inhaber stürzt bedrückt in den Verkaufsraum: es könnte der Gerichtsvoll= zieher sein, der ihm die legte Ware pfänden kommt...( Das ist bestimmt nicht übertrieben!) Man geht jetzt daran, auf eigene Faust das drohende Verhängnis der allgemeinen Berarmung abzuwenden: Bertreter aller Berufe und aus allen Wirtschaftszweigen haben sich zu einer Arbeitsgemeinschaft Niedersachsen " zusammengefunden, um die einheimische Wirtschaft anzufurbeln. Vor kurzem hat eine gutbesuchte Versammlung der Arbeitsgemeinschaft stattgefunden. Den Vorsitz führte übrigens der aus dem Bombenlegerprozeß
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bekannte und später amnestierte Hofbesitzer Becker Rottorf. Der Redner führte aus:
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Die Arbeitsgemeinschaft will durch Belebung der Bautätigkeit die Wirtschaft ankurbeln. Ihr Ziel ist, allen Interessenten ein Eigenheim zu ermöglichen und dadurch Arbeit zu schaffen. Das nötige Kapital wird durch Verrechnungsscheine der Arbeitsgemeinschaft aufgebracht.
Dor.
So wird es.
Beispiel: X will ein Haus bauen. Er hat aber kein Geld. Er tritt der Arbeitsgemeinschaft bei.( Eintrittsgeld 5 M.; Wochenbeitrag. 20 Pf.) Der Bau wird nun begonnen. Der Baumeister legt nach der ersten Woche seine Rechnung Sie soll, angenommen, über 2000 m. lauten. Er bekommt dafür eine Gutschrift von der AG. , die über 2000 m. ausgestellt ist. Damit bezahlt er die Ziegelei und seine Arbeiter. Die Arbeiter er= halten Verrechnungsschecks in Höhe ihres Wochenlohnes. Diese Schecks werden von den der AG. angeschlossenen Geschäften in Zahlung genommen.
Bei jedem Umsatz nimmt die AG. 2 Proz. Nach= laß vom Rechnungsbetrage. Der Baumeister betommt also nicht 2000 M., sondern 2000-2 Proz. = 40= 1960 m. Der Arbeiter erhält nicht 60 M. Wochenlohn, sondern 60 2 Proz. 58,80 m. Der Krämer erzielt für ein Pfund Kaffee nicht den Preis von 3 M., sondern von 3-2 Proz. 0,06
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DIENSTAG, 8. NOV. 1932
= 2,94 M. Nach 50maligem Umsatz ist der Rechnungsbetrag in der Wirtschaft aufgehoben. Das hat den Zweck, die Verwaltungskosten zu beseitigen. Denn: Herr X zum Beispiel hat ein Haus, das 10 000 m. toftet. Er hat diese 10 000 m. in monatlichen Raten von 30 M abzuzahlen. Für je 1000 M. 3 M. im Monat. 30 Jahre lang. Zinsen werden nicht erhoben. Dadurch, daß einerseits die AG. die Forderung von 10 000 m. an X hat( die erst in 30 Jahren einkommt), andererseits die Mitglieder für Leistungen und Lieferungen Forderungen an die AG. haben und berechtigt sind, ihr jeweiliges Guthaben gegen Leistungen oder Lieferungen an andere Mitglieder weiterzugeben, so hat die AG. während der 30 Jahre die Arbeit der Verrechnung der Konten zu leisten. Das würde ziemliche Kosten verursachen. Durch den Umsagnachlaß sind die Schwierigkeiten behoben. Und 2 Proz. Rabatt gibt jeder gern, der Aufträge, Löhne, Barzahlung für gelieferte Ware empfängt.
Das ganze Experiment stützt sich darauf, daß Waren und Arbeitskraft sich in einem geschlossenen Wirtschaftskreis austauschen lassen Je größer der Kreis, desto besser. Im Anfang werden insofern noch Schwierigkeiten auftreten, als verschiedene Stellen: Grossisten, Aemter, Behörden, Verkehrsinstitute usw. usw. keine Verrechnungsscheine annehmen werden. Die Arbeiter sollen deshalb 20 Proz. ihres Lohnes in Bargeld ausgezahlt be= kommen. Die Grossisten werden von der AG. mit Bargeld befriedigt werden. Die AG. muß also zu Beginn solche Bauluſtigen bevorzugen, die bereits einen Bauplatz und möglichst auch 20 Proz. der Bausumme auf der Hand haben. Später wird die Zuteilung nur nach der Reihenfolge des Eintritts erfolgen.
Die Maschine.
In Krefeld stellt man jetzt für eine Million Mart eine höchst komplizierte Maschine auf, die wie ein schweres Geschütz ihre Stellung bezieht... die Mündung drohend über den Rhein in das Herz des Bergischen Landes gerichtet.
Diese Maschnie frißt endlose Bänder dünnen Stahls und gibt in Massen fertiggepadte Rafierklingen von sich. In einer einzigen Stunde soviel, daß ein Mensch sein ganzes Leben damit ausreicht, vom 17. bis zum 72. Lebensjahre, wenn er sich täglich rasiert und jede Klinge nur zweimal benußt: das sind 10 000 Stück. Der Apparat entwickelt eine Fruchtbarkeit, die man nur mit der des Koloradokäfers oder eines Fisches vergleichen kann; die aber selbst diesen Tieren noch dadurch überlegen scheint, daß sie an keine Paarungs- oder Laichzeit gebunden ist, sondern Tag für Tag, Jahr für Jahr von gleichmäßiger Produktion bleibt: 25 Millionen Stüc im Jahr.
Dieser Automat frißt aber nicht nur Stahlbänder, sondern verschlingt auch einen Absatzmarkt, der bisher einer ganzen Industrie Arbeit und Brot gegeben hat; er verschlingt also, falls er sich bewährt, diese ganze Industrie, die älteste dieser Branche, die vor 30 Jahren, gleichzeitig mit der amerikanischen Firma Gillette, die Rasierklinge auf den Markt brachte: die Solin ger Rasiertlingen Industrie.
Der Ort.
Ist man vom Wuppertal nach Höhscheid emporgestiegen, so liegt etwas tiefer ausgebreitet eine ganze Stadt zu unseren Füßen. Aber man ist erstaunt, nichts von dem Wald von Fabrikschloten zu bemerken, den man von einer Industriestadt erwartet. Nur vereinzelt zeigen hohe Kamine größere Werke an. Im übrigen hat man das Bild zusammengewachsener Kleinstädte.
In den Straßen aber fällt bald ein Stampfen auf, ähnlich dem der Dampfhämmer des Ruhrgebiets: die Gesentschmieden. Das ist zunächst alles, was man von der Stahlwarenfabrifation dieser Stadt wahrnimmt, deren Fabrikate in aller Welt getauft wurden. Dann erst be= merkt man auf Schritt und Tritt an fleinbürgerlichen Häusern unauffällige Schilder: Stahlwarenfabrik“,„ Gesenkschmiede"," Rasierklingenfabrit"," Fabrikation feiner Stahlwaren",„ Besteck waren- Fabrik".
Dort also fizzen diese Fabrikanten, deren Erzeugnisse Kontinenten bekannt sind, in Nebenräumen, Anbauten und Werkstatt- Hinterhäusern. Die großen unter ihnen, mit wirklichen modernen Fabriken und einigen hundert Arbeitern, haben etwa eine Million Mark Kapital; die kleinsten eine oder zwei Maschinen im Werte von einigen tausend Mart, eine Werkstatt und zwei, drei Arbeiter.
Eigenartig ist die Arbeitsteilung dieser Industrie. Da stanzt einer dieser kleinen Unternehmer aus einem Stahlband Küchenmesser und härtet sie. Diese rohen, ungeschliffenen Messer kommen dann zu dem nächsten Unternehmer", der sie glatt schleift und poliert. Ein anderer
vernickelt sie. Dann wird die Schneide ge= schliffen, der Holzgriff befestigt, und dann kommen sie zur Ablieferung an den eigentlichen Fabrikanten", der sie kontrolliert, verpackt und versendet.( Das fertige Fabrikat aber fostet heute im Einzelhandel nur 10 bis 20 Pfennig)
Gerade diese halb handwerkliche Organisation der Industrie schuf ihr in der Vergangenheit den großen Namen. Viel länger als in anderen Gewerben fonnten die meisterlichen Spezia listen mit der Maschine tonkurrieren; und sie geben auch heute das Rennen nicht auf. Obwoh! sie Schritt für Schritt an Boden verloren haben. Maschinen und Automaten leisten heute in manchen Artikeln ebenso präzise Arbeit wie individuelle Bearbeitung, ja, einzelne Fabrikate sind erst durch Automaten zu dem geworden, was sie heute sind. So ist die Rasiertlinge, als Massenartikel, ohne Schleifautomaten und Maschinenstanzen kaum noch zu denken. Aber die Solinger Spezialarbeiter, deren jeder früher den Feldherrnstab des Unternehmers im Tornister hatte, verelenden dabei immer mehr und werden proletarisiert.
Die Industrie.
Hier in Solingen wurden einst die ersten Ber= suche angestellt, ein völlig gefahrloses Rasieren zu erreichen, aus denen sich der erste Rasierapparat mit einem Stück Rasiermesser, einer hohlgeschliffenen Klinge, herausbildete. Das war 1902. Wenige Jahre später konstruierte ein Solinger Fabrikant, Robert Middeldorf, den ersten Sicherheitsrafierapparat mit dünner, zweischneidiger Klinge, den gleichzeitig und unter Patentschutz die amerikanische Gillette- Compagnie herausbrachte. Noch heute streiten beide Firmen um die geistige Urheberschaft.
Mit dem Kriege nahm die Zahl der Klingenverbraucher ungeheuer zu. Aber der halbmechanische Produktionsprozeß mit Schleif - und Backautomaten erforderte immerhin ein fleines Kapital. So ging die Rasierklingenfabrikation in die Hände größerer Unternehmer über. Nur das Paden der Klingen wurde lange Zeit an Heimarbeiter vergeben. Als dann der Hessesche Klingenpadautomat" erschien, änderte sich das teilweise. Bemerkenswert aber ist, daß von vielen Firmen der Padautomat außer Betrieb gesezt wurde, da Heimarbeit sich augenblidlich billiger stellt. Billiger als die Arbeit einer nun doch einmal vorhandenen Maschine! Für das Packen von 1000 Klingen erhält der Heimarbeiter heute 50 bis 60 Pfennig. Dazu sind fünf bis acht Arbeitsgänge erforderlich: 1. das Stearinpapier wird gefalzt; 2. die Klinge wird hineingelegt; 3. Zufalzen des Stearinpapiers; 4. Falzen des farbigen Umschlags; 5. Hineinlegen der Klinge; 6. Zufalzen; 7. Falzen des Zehnerfartons; 8. Hineinschieben der zehn Klingen und Schließen. Diese Arbeiten werden meist von ganzen Familien ausgeführt. Je nach der Zahl der Angehörigen werden die Handgriffe des Hineinlegens und Zufalzens auch in einem Arbeitsgang ausgeführt, so daß aber stets mindestens fünf Arbeitsgänge bleiben, für 50 Pf. also 5000 Handgriffe. Von einer vier bis fünfköpfigen Familie werden durchschnittlich 8000 bis 10 000 Stüd für 4 bis 5 Mart
pro Tag bei angestrengtester Arbeit geleistet. Die Preise für Klingen wurden in den letzten Jahren sinnlos unterboten. Für die besten Qualitäten zahlte man 1910 noch 20 Pfennig pro Klinge( Fabrikpreise). 1925 nur noch 8 Pfennig, und 3
Quale nur noch auf etennig. Geringere
find bis
1,2 Pfennig ge=
sunken, ja es sollen schwedische Angebote von 0,7 Pfennig gemacht worden sein. Der Stundenarbeitslohn ist deshalb heute für geübte Arbeiterinnen auf etwa 30 Pfennig gesunken. Die Unternehmer.
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Da tauchte vernichtend für die ganze So linger Rasierklingenindustrie dieser Riesenautomat amerikanisch- schwedischer Erfindung auf, der so vorzüglich konstruiert sein soll, daß er in Verbindung mit einer neuen, außerordentlich feinförnigen Stahlforte von großer Härtefähigkeit eine Klinge erzeugen will, die nicht nur den besten Rafierklingen ebenbürtig ist, sondern sie sogar übertrifft.
Dieser Vollautomat, der sämtliche Arbeitsgänge selbständig in höchster Präzision erledigen soll, wurde im vorigen Jahre von der AEG. auch den Solinger Industriellen angeboten Er forderte eine Investierung von 1 Million Mark.
Für den einzelnen Industriellen in Solingen war dieses Kapital zu groß. Aber auch ein ge= meinsamer Ankauf tam nicht zustande, obwohl die Gefahr, die Erfindung könnte von anderer Seite ausgenutzt werden, auf der Hand lag. In Kreisen der Solinger Industriellen herrschte nämlich die Ansicht, daß die vollständig automatische Her= stellung von Qualitätsschneidewaren nicht mög= lich sei, daß dazu unbedingt eine solche Tradition und Erfahrung gehöre, wie sie nur Solingen be= fäße. Sie vergessen dabei, daß die fortschreitende Technik mit immer präziseren Maschinen tatsächlich individuelle Qualitätsarbeit vollständig ersehen kann. Schon der fabrikmäßig hergestellte Schuh verdrängte den Maßschuh vollstän dig. Eine Rasierflinge ist zudem ein typischer Massenartikel, der nach kurzem Gebrauch fort geworfen wird. Er ist durch diesen Charakter geradezu für maschinelle Massenanfertigung prädestiniert.
Solingen produziert jährlich annähernd 500 Millionen Klingen. Bedeutet schon die Inbetriebnahme eines Automaten, der 25 Millionen Klingen im Jahre herstellt, eine empfindliche Schädigung für diese Industrie, so würden 20 Automaten diese Industrie vollständig vernichten.
Aufgestellt wird der erste Automat von den Krefelder Edelstahlwerfen, einem Tochterunternehmen der Bereinigten Stahla werke, dem Riesenkonzern der westlichen Schwerindustrie, hinter dem ein Kapital von 775 Millionen Mark steht. Im Vergleich dazu sind selbst die größten Solinger Industriellen winzige Kleinunternehmer. Und genau in der gleichen Weise, wie bisher die kapitalfräftigeren Solinger Industriellen immer neue Zweige der handwerklichen Kleinindustrie zum Erliegen brachten, genau so werden sie jetzt selbst durch das Bordringen der kapitalkräftigeren Schwerindustrie bedroht. Paul Schenk.